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Getreideverkehr keine erhebliche Veränderung eingetreten ist und der schleppende Geschäfts­gang. welcher seit Monaten besteht, weiter fort­dauert. Wenn auch bet uns die Preise nicht zurückgegangen sind, und ebenso Nordamerika seine seitherigen Preise ins neue Jahr über­tragen konnte, so bröckeln dagegen an der Donau die Preise für effektive und Lieferungswaare immer mehr ab, so daß ungarischer Weizen, welcher wegen zu hohem Preisstand bisher nur sparsam auf unserer Börse umgesetzt wurde, in der nächsten Zeit als gewichtiger Konkurrent auf unserem Markte auftreten dürfte. Die heutige Börse war sehr besucht aber der Ge­schäftsgang war träge und der Umsatz nicht erheblich.

Wir notiren per 100 Kilogr.: Prima-Weizen bayer. 20 M. 75 bis 20 M. 80 Weizen bahr. . . 19 M. 50 bis 20 M. 50

dto. russ. Sax . 20 M. 50 bis 20 M. 80

Dinkel . . . . 13 M. bis 13 M. 25

Gerste, württ. . . 18 M. bis M.

Haber gewöhnl. . 13 M. 40 bis 14 M. 20

Durchschnitts-Mehlpreise pro 100 Kilogr. incl.

Sack pro Dezember 1883.

Mehl Nr. 1 . . 31 M. 50 bis 32 M. 50

Nr. 2 . . 29 M. 50 bis 30 M. 50

Nr. 3 . . 26 M. 50 bis 27 M. 50

Nr. 4 . . 20 M. 50 bis 21 M. 50

Stuttgart, 7. Janr. (Mehlbörse.) Im Geschäft ist seit der letzten Börse eine er­hebliche Aenderung nicht eingetreten und der Verkehr in Mehl war der Festtage halber sehr spärlich. An heutiger Börse sind von inländ. Mehlen 935 Sack als verkauft zur Anzeige ge­kommen zu folg. Preisen: per Sack von 100 Kilogr., Brutto für Netto, bet Abnahme größerer Posten:

Mehl Nr. 0 . . 33 M. bis M.

Nr. 1 . . 31 M. bis 31 M. 50

Nr. 2 . . 29 M. bis 30 M.

Nr. 3 . . 26 M. bis 27 M. 50

Nr. 4 . . 21 M. bis 22 M. 50

Nagold, den 5. Januar 1884.

Neuer Dinkel ... 6 80 6 41 6 20

Kernen..9-

Haber. 6 5 87 5 80

Gerste. 8 30 8 11 8

Mühlfrucht ... 8-

Bohnen. 8 7 59 7

Waizen. 9 80 9 41 8

Roggen..... 8 80, 8 71 8 60

Linsen-Gerste ... 7 50 -

Roggen-Weizen . .-- 9 35 --

Calw, den 5. Januar 1883.

Kernen .... - 9 50 -

Gerste... 8 50 -

Dinkel alter ... 7 20 7 4 6 90

Haber alter ... 6 5 81 5 56

Landwirtschaftliches.

Ein Rückblick auf das Jahr L88S.

Es war im Ganzen ein gutes Jahr, das Jahr 1883, Gott seis gedankt. Im vorange­

gangenen Herbst konnte zwar die Saat nur un­ter ungünstigen Witterungsverhältnissen ausge­führt und vollendet werden. Fortwährender Regen machte die Bearbeitung des Bodens sehr schwer und dazu kam noch die geringe, oft auf dem Felde ausgewachsene Frucht des Jahres 1882, die, als Saatfrucht verwendet, zu großen Befürchtungen Veranlassung bot. Denn wie von dem Fundamente die Sicherheit des ganzen Hauses abhängt, so von der Qualität der Saat­frucht die Ernte. Immer und immer muß man dem Landmann zurufen:Säe nur guten und reinen Samen aus!" So kamen nur viele Saa­ten schwach in den Winter und wenn derselbe für die Felder im Ganzen genommen nicht un­günstig war, sowinterte" doch viel aus und die Bestockung blieb mangelhaft auch deßhalb, weil manches Saatkorn nicht keimte. Nimmt man ein Durchschnittsbild, so gaben schwerere Kalkböden eine reiche und qualitativ vortreffliche Ernte, während leichtere Lehmböden oft ganz geringe Erträge in jeder Hinsicht lieferten. So stellten sich manche Gemeinden bei Waizen, Dinkel, Gerste, Haber, Ackerbohnen sehr gut andere haben wenig geerntet. Wohlthuend ist es, sagen zu können: Eine Hauptfrucht, die Kar­toffeln gaben nicht nur einen außerordentlich reichen Ertrag, sondern dieselben sind auch quali­tativ so gut ausgefallen, daß sie in den ver­schiedensten Arten der Zubereitung aufs Ange­nehmste befriedigen. Nicht nur die Wiesen lieferten in Heu und Oehmd eine entsprechende Ernte, sondern auch die verschiedenen Kleearten gaben aus" und bei Aufmerksamkeit und Fleiß konnte Alles gut eingeheimst werden. Die Qua­lität ist vortrefflich und für den Viehstand ist gesorgt. Der Wein ist nur in einzelnen Ge­genden gerathen, doch kann das Jahr 1883 als eines der besseren Weinjahre betrachtet wer­den. Es gab doch ziemlich viel Wein; derselbe ist trinkbar undmacht sich im Faß", d. h. die Sonnenstrahlen des Vorsommers haben den Bo­den gründlich erwärmt und wenn dann auch leider der Monat August nicht günstig war, so konnten die Trauben dochsortmachen" und bei vorsichtiger Lese wurde größtentheils ein recht guter Wein erzielt. Der Hopfen gab eine Glücksernte: die Einen ernteten viel, die Andern wenig und Viele hatten einen verschwindend kleinen Ertrag. Es war einBlattlausjahr," hervorgerufen durch steten Temperaturwechsel: heiße Tage mit kalten Nächten bis 5 und mehr Grad unter Null bewirkten, besonders in der Niederung, Saftaustritt bei den üppigen Pflan­zen und in diesem süßen Pflanzensafte vermehr­ten sich die Läuse in das Unzählbare. Jede Gemeinde kann sich nach diesem Jahre ein ge­naues Bild machen, in welchen Lagen man Hopfen pflanzen soll und kann. Immerhin hat die Hopfenpflanze große Summen ins Land gebracht und bet Preisen von 140190 Mark ist sie eine sehr lohnende Kultur. Reiche Er­träge lieferte der Obstbau. Denn wessen Auge war nicht entzückt über den herrlichen Stand

der Bäume, besonders der Apfelbäume und des Steinobstes. Konnte man doch das Württem­bergs!: Land einenGarten Gottes" nennen. Freilich hat der kalte Winter von 1880 auf 81 viele Bäume und damit viele Hoffnungenge­knickt". Doch ist Eines bemerkbar, daß durch dieses Unglück ein größeresLeben", daß mehr Liebe undZug" in die Obstkultur gekommen ist. In weiteren Kreisen steht man ein, daß das Land gerade für diese Kultur vortrefflich geeignet ist, man steht ein, daß in den letzten Jahren große Summen in das Ausland ab­gingen, anstatt dieselben selbst zu erwerben und noch mehr: Das Obst kann und soll eia Aus­fuhrartikel werden und den Retchthum des Landes heben helfen. (Schluß folgt.)

Vermischtes.

(Einem bekannten, in München dozirenden Professor der Aesthetik), dessen Vorträge sich durch sprichwörtlich gewordene Langweile aus­zeichnen, ist, wie dasMtgol." berichtet, eine ganz lustige Geschichte passtet. Wie gewöhnlich waren auch im vorigen Wintersemester die Kol­legien des Herrn Professor recht schlecht besucht. Der ursprünglich geringe Stamm von ganzen fünf Zuhörern schmolz von Woche zu Woche mehr zusammen, so daß schließlich noch ein der Aesthetik Beflissener den Offenbarungen, welche vom Katheder herab ertönten, lauschte. Der aber hielt auch mit rührender Pünktlichkeit aus, mit so gewissenhaftem Eifer, daß der Herr Professor beschloß, in der das Semester beendenden Ab­schiedsvorlesung einige Worte an den jungen Mann zu richten und ihn nachNam' und Art zu fragen."Wie heißen Sie denn mein junger Freund?" Keine Antwort.Wo sind Steher?" Alles umsonst. Kein Wunder, der Zuhörer war taubstumm und wollte sich, wie die bösen Stu­denten behaupten, während der kalten Winter­zeit im warmen Kollegtensaal nur wärmen . . .

(Auch eins Jubiläumsgabe.) Ein Kauf­mann tritt am Morgen in das Kontor und be­grüßt seinen Buchhalter, welcher vor gerade 25 Jahren in das Geschäft getreten ist, mit den wärmsten Worten, indem er ihm ein ver­schlossenes Kouvert überreicht mit der Bemerkung: Dies zur Erinnerung für Sie an den heutigen Tag!" Dankend nimmt der Jubilar das Kouvert entgegen, wagt aber dasselbe erst auf freundliches Zureden des Gebers zu öffnea, und siehe da, das Kouvert enthalt die Photographie seines Prinzipals! Der also Beschenkte ist sprachlos vor Erstaunen!Nun", sagt der Chef, was sagen Sie dazu?"Sieht Ihnen sehr ähnlich." erwidert der Buchhalter.

(Ein Ungar und ein Norddeutscher) plauder­ten über die deutsche Sprache.Wir haben so manchen Buchstaben," sagt der Norddeutsche, in unserem Alphabet, den wir entbehren könn­ten. Zum Beispiel das X!"O, meint der Ungar,dies ist doch wohl nicht gut zu ent­behren; wie sollte man sonst schreiben:Xund- heit" oderxegnete Mahlzeit?"

an dem kleinen Thierchen, das, auf einem Zweige über dem See sitzend, die süßesten seiner Töne erschallen ließ. Diese Stimme der Natur, aus der tiefsten Tiefe heraufklingend und Himmlisches und Irdisches, Gött­liches und Menschliches, die höchste Lust und den tiefsten Schmerz in ihren wunderbaren Lauten verschmelzend, enthielt auch Elemenre, die dem unglücklichen Zustande der armen Marie entsprachen. Ihr Gemüth, er­griffen von einer sympathischen Gewalt, und sich mehr und mehr hin­gehend, wurde ruhiger, klarer und weicher, so daß bald Thräne an Thräne über die weichen Wangen hinabrollte.

Ueberlassen wir nun Marie diesem Tröste und der liebenden Sorg­falt unsichtbarer Genien, um erst zu sehen, was während der Zeit auf der Vogelwiese vorgegangen.

Im größten und schönsten der vielen Zelte, die hier aufgeschlagen waren, entfaltete sich eine Pracht, wie ein Fremder sie von dem beschei­denen Städtchen nicht erwartet haben würde. Reichthum und Geschmack wetteiferten miteinander und es blieb unentschieden, welchem von beiden der Preis zu ertheilen war.

Die Jugend, durchweg geschmückt mit den Reizen einer blühenden Gesundheit, belustigte sich am Tanz, während das Alter dem Becher fleißig zusprach und sich an heiteren Gesprächen erfreute. Einzelne Paare schwank­ten auch wohl nach der Melodie eines modernen Walzers umher, um sich indeß bald zum allgemeinen Ergötzen zurückzuztehen.

An einen Tischchen, reichlich mit Wein besetzt, saßen .drei Männer, die, nach dem Verhalten der übrigen Gesellschaft zu urtheilen, eine her­vorragende Stellung in Freithal einnehmen mußten. Sie ^trugen keine Uniform, zählten also auch nicht zu den Schützen.

Am interessantesten von ihnen war jedenfalls der Amtsrichter Vel­ten, ein kleines kugelrundes Männchen, aber, wie er von sich selber zu sagen

pflegte, durchaus nicht aufgeblasen, sondenu massiv und fest. Er hatte die drolligste Physiognomie, eine große, stark geröthete Nase, kleine, im­mer gutmüthig lächelnde blaue Augen und graues buschiges Haar. Hunderte der schwierigsten Prozesse waren durch sein glänzendes Talent und seine liebenswürdige Persönlichkeit für beide Parteien befriedigend zu Ende geführt worden. Kurzum, der Herr Amtsrichter galt freilich nicht für den schönsten, wohl aber mit Recht für den klügsten und besten Mann in Frcithal.

Ihm gegenüber saß der würdige Pfarrer Bernhard, ein hochge­wachsener schöner Greis. Ich will von seinen mancherlei Eigenthümltch- keiten nur die hervorheben, daß er sich der Pflege des Volksliedes mit unermüdlichem Eifer unterzog. Sonntags theilte er seiner Gemeinde die Lehren des göttlichen Wortes mit und in den Wochentagen zeigte ec ihr, wie man dieselben zur Anwendung bringt. Diese Art der christlichen Seelsorge trug denn auch die herrlichsten Früchte.

Zwischen dem Amtsrichter und dem Pfarrer saß der Bürgermeister Friedberg, eine gedrungene, untersetzte Gestalt, weder schön noch häßlich, aber sehr sauber und elegant. Man sah es diesem Herrn an, daß er über eine ganze Stadt und, was noch mehr sagen will, über ein be­deutendes Vermögen zu verfügen hatte. In seiner Haltung trat ein gewisser Stolz hervor, der indeß ein unmittelbarer Ausfluß, gleichsam eine Glorie der vortrefflichsten Eigenschaften war. Sein Streben ging dahin, die Bevölkerung von Freithal zu sich emporzuziehen, statt, wie seine beiden Freunde, zu ihr hinabzusteigen und sie bei der Arbeit auf­zusuchen. Obgleich er dieserhalb weniger populär war als jene, so wurde er doch selbst in den untersten Schichten der Bevölkerung mit großer Achtung genannt und seinem Verdienste nach gewürdigt.

(Fortsetzung folgt.)