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Esoeinen.

Mr. 3.

Aktenstaig, Dienstag den 8. Januar.

1884

Derinnere Friede" in den europäischen Staaten.

In nur zu grellem Gegensatz zu dem äuße­ren Frieden der Völker Europas unter einan­der stehen die vielfachen Meldungen der jüng­sten Tage über allerlei revolutionäre Gährun- gen und Thaten, die den inneren Frieden der Völker bedrohen.

Das jüngste Petersburger Attentat, dem der Polizeichef Sudejkei und sein Gehilfe zum Opfer fielen und das in einen thatsächlichen Zusammenhang mit der jüngst gemeldeten Ver­wundung des Kaisers gebracht wird, zeigt deut­lich die noch immer ungeschwächte Thatkraft des fürchterlichen Feindes, der in Rußland auf Zerstörung alles Bestehenden ausgeht, um auf den Trümmern eine neue Welt zu errichten, eine Welt, von deren Aussehen sich die Terro­risten selber schwerlich einen rechten Begriff machen können. Alle bisherigen Mittel, das Schreckgespenst des Nihilismus zu bannen, ha­ben sich als erfolglos erwiesen, und wenn vor etwa einem Vierteljahre in russischen Zei­tungen der Nachweis zu führen versucht wurde, daß die Bewegung zu Ende sei, daß alle her­vorragenden Führer in Haft genommen, die Gelder der Partei erschöpft und ihre Organi­sation sich aufgelöst hätte, so zeigt das neueste Attentat die Hinfälligkeit dieser Behauptungen.

Es muß uns mit Sorgen erfüllen, daß auch unser befreundetes Nachbarland Oesterreich in den Strudel der sozialen Gährungcn hinein­gezogen worden ist. Der Wiener Kirchenskandal ist nur ein Sympton davon, wie eben auch der Mord des Polizeikommissars Hlubek. Nicht diese einzelnen Thatsachen an sich haben eine politische Bedeutung; aber sie zeigen, wie tief die Erbitterung einzelner Volkskreise bereits Wurzel gefaßt hat.

England laborirt so stark wie nur je zuvor an der irischen Frage. Das Ministerium Glad- stone und mit ihm die Mehrheit der Volks­vertreter haben der Partei der Unzufriedenen in ' Irland die weitestgehenden Zugeständnisse ge­macht; ja sie sind sogar soweit gegangen, den Grundbesitzern die freie Verfügung über ihren Landbesitz zu Gunsten der Pächter zu entziehen. Dasarme, ausgesogene" Irland konnte zwar seinem tzouptverlreter Parnell eine Million schenken, aber es gibt sich der Welt gegenüber den Anschein, als hungere es weiter, und müsse noch wett mehr Rechte erhalten, um nur zu einer menschenwürdigen Existenz zu gelangen. Da nun in diesem Punkte die Interessen hart aneinander gerathen, so wird in England weiter gemordet und der rothe Hahn auf die Dächer mißliebiger Eigenthümer gesetzt.

Die Kronprinzenreise schien auf das spa­nische Volk einen beruhigenden Einfluß geübt zu haben; derselbe hat aber nicht lange un­gehalten. Die neuesten Meldungen aus dem Lande Alfonsos sind wieder höchst bedenklicher Natur. An der Pariser Börse war sogar am Freitag das Gerücht verbreitet, im nördlichen Spanien hätten abermals einige Garnisonen revoltirt. Die Parteien in den Cortes können sich nicht einigen, und obwohl man im Lande selbst der fast siebzigjährigen Bürgerkämpfe und der häufig wechselnden Regierungsformen müde ist, lauert doch der Dämon des Umsturzes, der nicht zugleich der des Fortschritts ist, auf den Wink, um sein Zerstörungswerk zu beginnen.

Nur wenig bester steht es in dem Lande aus, das mit Spanien das Schicksal der revo­lutionären Erhebung eines Theils seiner Be­wohner gemein hatte: Serbien. Zwar ist im Lande die Ruhe überall ganz wiederhergestellt,

aber mehrere der Hauptführer haben ihre heile Haut in das Ausland gerettet und versuchen nun von dort aus ihre Ziele zu erreichen.

Wenn wir die Reihe der staatszerrütten­den Handlungen durchgehen, dürfen wir auch den Mmiflerprozeß ln Norwegen nicht außer Acht lassen; gehört der letzte auch, wie so manche anderen staatspolitischen Aktionen erst in die zweite Reihe in den Vorkommnissen politischer Bedeutung, so vervollständigt er doch das Bild von den Umtrieben, die gegenwärtig gegen die einmal bestehende staatliche Ordnung und Europa gerichtet sind.

Tagespolitik.

Auf der Meerfahrt des deutschen Kron­prinzen nach Spanien begegnete den deutschen Fahrzeugen ein französisches Kriegsschiff, das nicht nur gegen alle Regeln seine Fahrt mitten durch das Geschwader nahm, sondern auch keine Salutschüsse abgab, obschon die kronprinzltche Flagge gehißt war. Diese Unhöflichkett, deren Absichtlichkeit nicht zu verkennen war, mußte auf­fallen, der Kronprinz berichtete über das Vor- kommniß nach Berlin und von hier aus kam die Sache zur Kenntniß des Reichskanzlers, der darüber eine Unterhaltung mit dem französischen Botschafter hatte. Die französische Regierung hat die Sache untersucht, der deutschen Regie­rung ihr Bedauern darüber ausgesprochen und den Kapitän des betr. Schiffes sofort aus dem Dienste entlassen.

Bekanntlich ist in den letzten Jahren nach und nach eine strategische Ostsee-Küstenbahn von Hadersleben bis nach Memel entstanden, von der am 22. v. M. die 54 Kilometer lange Sekundärbahn von Wismar über Doberan nach Rostock eröffnet worden ist. Nur die etwa 74 Kilometer lange Strecke von Rostock bis Stralsund ist bisher noch ohne direkte Küsten­bahn, und die preußische Regierung beabsichtigt deshalb den Bau einer direkten Sekundärbahn an der Küste über Ribnitz und Damgarten. Wenn diese Strecke erbaut sein wird, so können alsdann Geschütze und Truppen von der jüt- ländischen bis nach der russischen Grenze längs der Ostseeküste ununterbrochen befördert werden.

Die französische Politik bezüglich Ton- kins ist zur Zeit an einem tobten Punkte an­gelangt. Admiral CourbeLs militärische Opera­tionen ruhen bis zum Eintreffen der unterwegs befindlichen Truppennachschübe, welche den Stand des Expeditionskorps auf rund 15000 Mann zu bringen bestimmt sind. Auch in diplomati­scher Hinsicht scheint das Pariser Kabtnet sich aufs Abwarten zu verlegen. DerFigaro" bringt einen Bericht, demzufolge im Großen Rathe Chinas die Friedenspartei die Oberhand gewonnen habe.

Die Nachrichten aus Madagaskar lauten sehr ernst. Sieben Häfen waren von der Flotte des französischen Admirals Galibert bombardirt, ebensoviele Städte angezündet, eine große Menge Eigenthum zerstört und der ganze Handel auf­gehalten worden. Lord Granville beabsichtigt deshalb im englischen Ministerrath den Antrag zu stellen, daß die englische Regierung Frank­reich Vorstellungen wegen des Schadens mache, den die englischen Unterthanen infolge der fran­zösischen Operationen auf Madagaskar fortwäh­rend erleiden.

Die Zustände inIrland zeigen beim Beginn des neuen Jahres ein recht unerfreuliches Bild. Protestanten (Orangisten) und Katholiken stehen sich auf der grünen Insel so erbittert gegenüber, daß der Ausbruch von Feindselig­keiten zwischen den beiden Parteien bet jeder persönlichen Berührung beinahe unabwendbar

scheint. Die Regierung befindet sich den beiden streitenden Parteien gegenüber in einer üblen Lage; sie will, um den liberalen Traditionen nicht ganz ungetreu zu werden, die Meetings in der Grafschaft Ulster nicht ganz untersagen, da das Versammlungsrecht und die Redefreiheit verfassungsmäßig hochgehalten werden müssen. Gerade diese Meetings bilden aber die größte Gefahr für den Frieden des Landes; denn wo die Partiellsten eine Versammlung anberaumen um in Ulster Proselyten zu machen, sind die loyalen Orangisten gleich bet der Hand und be­rufen ein Gegenmeeting ein. Beide Parteien erscheinen dann gewaffnet u. kamps- oder rauf­lustig, und es ist ein Helles Wunder zu nennen, daß bet diesen Anlässen bisher nicht noch mehr Blut geflossen ist.

Der bekannte Eidverweigerer Bradlaugh hat ein Manifest an seine Wähler erlassen, wo­rin er diesen ankündigt, daß er bei Zusammen­tritt des Parlaments nochmals den Versuch machen werde, seinen Platz im Unterhause ein­zunehmen. Er läßt durchblicken, daß im schlimm­sten Fall sein ihm vom Unterhause gekürztes Recht durch die Volksgewalt wiederhergestellt werden müsse.

Lavdesmchrichtell.

Stuttgart, 3. Jan. Einen sehr inte­ressanten Vortrag hielt in der letzten Sitzung deS Vereins für Baukunde der Baurath Hoch- stetter über die Verkehrsverhältnisse zwischen Rhein und Donau und über den von Jahr ;n Jahr fühlbarer werdenden Rückgang des Durch­gangsverkehrs auf den württembergischenStaats- eisenbahnen. Diese Erscheinung ist bekanntlich der partikularistischen Eisenbabnpolittk Bayerns und Badens zuzuschreiben, welche nebst den Reichseisenbahnen fast den ganzen Verkehr zwi­schen dem Norden und der Schweiz, Oberitalien dem südlichen Bayern und Tyrol an sich ge­rissen haben, obgleich in vielen Fällen der Weg durch Württemberg erheblich kürzer wäre, als auf allen anderen nach dem Süden führenden Routen. Der Redner meinte, Württemberg werde darauf angewiesen sein, um sich den ihm seiner geographischen Lage nach gebührenden Durchgangs-Verkehr wieder zu sichern, eine Wasserverbindung zwischen dem Rhein und der Donau einer- und zwischen der Donau und dem Bodensee andererseits herzustellen mit Benützung des Neckars bis Neckarrems und Anlage eines Kanals durch das Murr- und Roththal, das Brenz- und Schussenthal. Sehr bezeichnend für die in maßgebenden Kreisen dem Verein für Baukunde gehören viele hohe Eisenhahn­techniker an - herrschenden Ansichten über unsere in Zukunft einzuschlagende Eisenbahn­politik war nun die Debatte, welche sich an diesen Vortrag knüpfte. Verschiedene hervor­ragende Techniker wiesen darauf hin, daß eine Wasseroerbindung des Neckars mit dem Boden­see sich nie als eine rentable erweisen werde, da einerseits die Regulirung des Neckars von Mannheim aufwärts große Kosten verursachen werde, dann aber auch zu erwarten sei, daß Bayern Angesichts eines Konkurrenz-Projekts den Main-Donau-Kanal jedenfalls besser als bisher ausnützen werde. Man war vielmehr der Ansicht, daß Württemberg sich bestreben solle, das Erreichbare durchzuführen und dah?r seine Bemühungen auf die unzweifelhaft im Interesse des Landes gelegene Kanalisation des Neckars zwischen Heilbronn und Plochingen rich­ten. Die Versammlung war schließlich darin einig, daß eine jBesserung des Güterverkehrs auf unseren Staatsbahnen nur von dem Ueber- gang derselben an das Reich zu erwarten sei.