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Amts- »nd AnMgeblait für dm OberamtsWrk Calw

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Erscheinungstage: Montag, Dienstag, Mittwoch, Donnerstag, Freitag und Samstag. Jnsertionspreis IS Pfg. pro Zeile für Stadt u. Bezirksorte; außer Bezirk 12 Pfg.

Donnerstag, den 26. Zannar 1911

Bezugspr.i.d. Stadt^ährl.m. Trägerl. Mk. r.25. PostbezugSpr. f.d.Orts-u.Nachbarortsverk. ^jährl. Mk. 1.20, im Fernverkehr Mk. 1.30. Bestellg. in Württ. 30Pfg.» in Bayern u. Reich 42Pfg.

TagesLemgkeiten.

Calw 26. Jan. Auf dem B ühl fand gestern nachmittag eine Feuerlöschprobe mit dem neuen Feuerlöschmittrl, benanntTheo Trocken - seuerlöscher" statt. Derselben wohnte eine größere Anzahl hiezu Eingeladener an Während die meisten bisher im Gebrauch befindlichen Lösch­apparate mit Flüssigkeiten arbeiten, verwendet derTheo" ein Pulver, das aus einer Blech­röhre, einer Art Fackel, in die Flammen ge­schleudert wüd. In einer großen Wolke zerstäubt das Puloer, und der Stickstoff, den es verbreitet, erstickt ras Feuer. Der Apparat wird an einem Nagel aufgehängt, bei Gebrauch abgerissen, wo­durch er geöffnet und gebrauch!!fertig wird. Ei» mit Teer, Petroleum und Benzin begossener Holzstoß, der entzündet worden war, wurde mit dem Feuerlöschpulver überraschend schnell gelöscht. Bei einem Preis von 15 ^ ist die Anschaffung auch für kleinere Haushaltungen ermöglicht. Nach einem Brande wird die verbrauchte Füllung wieder gratis ersetzt. Vertreter am Platze, sowie für Freudrnstadt, Nagold und Neuenbürg ist Herr Hch. Gaßner, Calw.

Stuttgart 25. Jan. (Landtag) Die zweite Kammer begann heute nachmittag in Gegenwart sämtlicher Minister die General­debatte zum Etat. Sie wurde, wie üblich, von dem Finanzminister mit einem Expose einge­leitet, da« inhaltlich an den schon veröffentlichten Finanzvortrag anklang, aber doch auch manchen neuen Gedanken brachte, so die Erwartung, daß das Jahr 1910 einen Urberschuß von mindestens 3 Millionen ergeben werde, und die Feststellung, daß ohne Zustandekommen der Relch»finanzreform das günstige Etatsergebnis nicht möglich gewesen wäre, weil dann die Leistungen an das Reich sich

unerträglich gestaltet hätten. Der Minister be­tonte besonders das Bestreben nach weiser Spar­samkeit und die Notwendigkeit der Beamtengehalls- aufbefferung, deren Lasten vom Laude getragen werden könnten, aber auch an die Grenze der Leistungsfähigkeit gingen. Bezüglich der Deckungs- frage stellte der Minister für den Fall der Ab­lehnung eines der Regierung! Vorschläge die Ein­führung der Postzustellungsgebühren für Pakete und Postanweisungen in Aussicht. Bei Erwähnung der StaatSlotterie erhob sich im Hause vielfacher Widerspruch. Der Minister «xemplificierte aber auf die Beliebtheit der Lotterien bei den berufenen Hütern der Moral: den Kirchen. Ministerpräs. Dr. v. Weizsäcker ergänzte die Ausführungen des FinavMinisters in zwei Richtungen: er sprach über das Arbeitkprogramm der Regierung und über die Stellung des Gesamtministerium» zur Gehaltsordnung. Die in Aussicht genommene Vereinfachung der Staatsverwaltung soll eine jährliche Ersparnis von 2 578 000 Mark er­geben, wovon 1306 000 allein auf sein Ressort entfallen. Die Aufhebung des Geheimen Rats werde von der Oeffentlichkeit nicht ge­nügend gewürdigt. Zunächst müsse für die Be- amtenaufbefferung gesorgt werden; damü verliere aber die Regierung das Endziel, die Förderung der Kulturaufgabe», nicht aus dem Auge. Der Ministerpräsident erinnerte an die Entwicklung des Landes als. Glied des Reicher und betonte dabei, wer die Zukunft des Reicher auf die direkten Stenern basieren wolle, verlange die Einschlagung eines Weges, dessen abschüssige Bahn direkt auf den Einheitsstaat zuführe. Er halte sich für verpflichtet, hierauf um so nach­drücklicher hinzuweisen, als schließlich die Steise- rung der direkten Steuern des Landes auch ihre Grenzen haben müsse. Wen« die württembergische

! Regierung gegen die ReichSfinanzreform auch schwere Bedenken hatte, so müsse doch anerkannt werde», daß die ReichSfinanzreform der Finam- reform des Landes die Wege geebnet habe. Der Wohlstand des Landes sei größer als je zuvor. Möge das Haus die Opfer bringe», die das Wohl des Landes erfordere. Die Sitzung wurde sodann mit Rücksicht auf die Fraktionsbrratungen nach fünfoiertelstündiger Dauer abgebrochen.

Stuttgart 25. Jan. (Der Blumentag zur Feier der silbernen Hochzeit des Königs- paare».) Das Stuttgarter Zentralkomitee hatte für letzten Sonntag vormittag» 11 Uhr die Ver­treter der Organisationen in den Oberamts- bezirken zu einer Versammlung im Königsbau einge laden, um in gründlicher Aussprache über Zweck und Ziel und Arbeitseinteilung zu einer Klärung aller schwebenden Fragen zu kommen und Wünsche und Vorschläge entgegenzunehmrv. Schon die überaus stattliche Zahl der erschienenen Damen und Herrn aus allen Teilen des Schwaben­landes bewies das Interesse, das der Blumentag überall geweckt hat; und in fast zweistündiger Beratung unter dem Vorsitz des Herrn Dr. G. v. Dörtenbach kam es erst recht zum Ausdruck, daß der Gedanke, de» Tag der silbernen Hoch­zeit des Königspaars durch diese das ganze Land umfassende Wohlfahrtsaktion würdig zu begehen und den Majestäten in dem Resultat eine wahre Volkssprnde zur Bestimmung der dem ganzen Lande zugute kommenden Verwenduug zu über­reichen, ungeteilten, freudigen Beifall gefunden hat. Es wurde milgeteilt, daß der Verkaufstag Stuttgart auf den Hochzeitstag selbst, also auf den 8. April, endgiltig festgesetzt sei, und dann stellte der Vorsitzende namens des Zentralaus- schuffes den Antrag, für da» ganze übrige Würt­temberg die Wahl des Termins vor dem 8. April

Irrungen.

4) Roman von G. W. Appleton.

' , Fortsetzung.)

Er hatte sich etwas gedreht, und sei» Auge fiel auf den geflochtenen ägyptischen Schirm, an dessen Rande er die Spitze eines gerade noch darüber hinausragenden Frauenschuhs deutlich hervorgucken sah. Er pfiff leise vor sich hin und lächelte.

Aha! Der Schlaumeier; das also war der Grund seiner Erregtheit und seines Unwillens. Ein Modell, natürlich.

Er blickte wieder hin, diesmal etwas genauer. Es war kein Irrtum, er hatte richtig gesehen. Nicht nur ein Schuh, sondern auch der Saum eines Kleides hing herunter der Schuh etwas nachlässig, als ob seine Trägerin friedlich in einem bequemen Lehnstuhl schlummerte.

Sonderbar, sagte er. Sie muß schlafen; aber weshalb ist Dixon weggegange» und hat sie hier gelaffen mit mir zusammen? Das kann ich, weiß Gott, nicht schön finden. Wenn sie nun aufwacht und er sah wieder nach dem Fuße hin. Sie schläft wie 'a Ratz er muß sie ordentlich mit heißem Whisky getränkt haben. Daher der Kessel mit kochendem Wasser. Ich bin neugierig, ob ich von der anderen Seite etwa» sehen kann und er schlich auf den Fußspitzen in da» äußere Atelier und erblickte, als plötzlich gerade im Kamin eine Flamme auf­flackerte, durch einen kleinen Riß im Vorhang ganz deutlich die Umrisse einer weiblichen Figur, die, wie er vermutet hatte, in einem Lehnstuhl zurückgebeugt lag; die Lage, welche die Dame eingenommen hatte, erschien ihm freilich, so weit er fie bestimmen konnte, recht merkwürdig.

Ha! sagte er, 's ist wie ich mir dachte; ich wußte, daß ich mich nicht versehen hatte. Ich hoffe wahrhaftig, daß Thornhill bald kommt. Diese Situation paßt mir gar nicht. Es war nicht sehr anständig und

rücksichtsvoll von Dixon, mich in dieser Weise hier zu laste«. Was in aller Welt würde GladyS sagen? Ich hätte gescheiter getan, wenn ich zu Hause geblieben wäre. Ich will nur noch 'ne Zigarette rauchen, und wen» daun keiner von den beiden Frank da ist, werde ich meiner Wege gehen. Mit diesen Worten setzte er sich in Dixon» Stuhl, von dem aus er de» ägyptische» Schirm vor Augen hatte hinter dem der weibliche Fuß noch immer sichtbar war und zündete seine Zigarette an.

Nachdem er ein paar Züge getan hatte, sprang er plötzlich auf, beugte sich über den Tisch und starrte gespannt auf ein kleines Ding, das sich bewegte und unter dem Schirm hervorgekcochen kam. Es wand sich wie ein Wurm. Es wurde länger und länger, schlängelte sich über eine schmale Stelle unbrlrgten Fußbodens und grub sich mit dem Kopfe unter den Teppich, auf dem er stand. Es kroch immer weiter, dehnte sich endlich in die Breite aus, wurde breiter und breiter, bis es barst und eine rote Lache bildete, die in dem Feuerschein wie ein großer Rubin leuchtete.

Blut! keuchte er und wurde von einer schrecklichen Seelenangst erfaßt. Er ergriff den Leuchter und schob den Schirm beiseite. Da bot sich ihm ein Anblick, der ihn bis ins Mark erschütterte, ein so furchtbarer, so entsetzlicher Anblick, daß er ihm, wenn so eiwaS möglich wäre, tausend Jahre hindurch bei Tag nnd bei Nacht stet» vor Augen stehen würde: ein schönes Weib, in einen Ledersessel vergraben, den einen Arm herab­hängend, die weißen Finger zusammengekrampft, die Augen weit aufge­rissen und starr, ein bleiches, verzerrtes Gesicht mit dem Stempel de« Todes darauf; - ein roter Blutstrom, der aus ihrer Brust quoll seine eigene geliebte Gattin Glady»!

Drittes Kapitel.

Mit einem furchtbaren Schmrrzeusschrei warf er den Schirm um und kniete vor dem ausgestreckt daliegenden Körper seiner Fra« nieder.