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Amts- und Aiykigeblatt für den Oderamtsbyirk Laim

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Erscheinungstage: Montag, Dienstag, Mittwoch, Donnerstag, Freitag und Samstag. Jnsertionspreis 1V Psg. pro Zeile für Stadt u. Bezirksorte; außer Bezirk 12 Psg.

Kreitag, den 30. Dezember 1910

BSzugspr.i. d. Stadt I/Ziihrl. IN. Trägerl. MI. 1.25. Postbezugspr. f.d.Orts-u.Nachbarortsverk. '/^jährl. Mk. 1.20, im Fernverkehr Mk. 1.30. Bestellg. in Württ. 30 Psg., in Bayern u. Reich 42Psg.

Tagesumigkeiten.

Bei de? kürzlich vorgenommenen ersten höheren Justizdienstprüfung ist unter and. Kandidaten für befähigt erkannt worden- Zöppritz, Hermann, von Calw.

Das im Nov. stattgehabte xbarwarsutb. Staatsexamen Hai unter and. Kandidaten bestanden - Albert Stroh-Calw.

V. Gechingen 28. Dez. Aus denSaal- fenstern des Gasthauses z. Hirsch grüßte gestern Abend Heller Lichtschein in die Winternacht und mancher, der die stille Dorfstraße entlang gehend zu ihnen emporblickte, mochte sich fragen,, was in den gastlichen Räumen dort oben sich ereigne. Wem es aber vergönnt war, in den Saal zu treten, der traf da an den festlich gedeckten Tischen eine Tafelrunde, auf die jeder Deutsche mit berechtigtem Stolz blickt, unsere Veteranen. Um sie aus Anlaß des 40jährigen Kriegs- jubiläums zu ehren und seinen Gefühlen der Dankbarkeit für die alte» tapferen Krieger, die mit Einsetzung ihres Lebens zum stolzen Bau des deutschen Reiches manchen Baustein herbei­gelragen, Ausdruck zu gebe«, hatte Herr Rech- nuvgsrat Ziegler in Weinsberg, au» Gechingen gebürtig, m opferwilliger und patriotischer Weise, dem hies. Veteranenverein einen namhaften Geld­betrag gespendet, mit der Bestimmung, dafür ein festliches Mahl zu veranstalten. Nachdem Herr Hirschwirt Ziegler, der Bruder de» leider am Erscheinen verhinderten Herrn Spenders, dessen von patriotischem Geiste erfüllte» Be­grüßungsschreiben verlesen hatte, begann da» Liebesmahl, welches einen würdigen und er­hebenden Verlauf nahm. Küche und Keller boten Vorzügliches. Auf den gebührenden Dank seilen» de» Vorstands des Veteranenverein« an den warmherzigen Spender folgten noch eine Reihe

von Ansprachen, Gesänge erschollen, KriegS- erinnerungen wurden ausgrtauscht und man mußte staunen, wie jugendfrisch und warm er dabei den 20 Veteranen um» Herz wurde. Man trennte sich erst in sehr vorgerückter Stunde und jeder Teilnehmer wird dieses schöne, in echt kamerad­schaftlichem Geiste verlaufene Fest in bester Er­innerung behalten. Möge» die Jungen von diesen Alten lernen, wie man Kameradschaft pflegt und jung bleibt.

Mag stadt OA. Böblingen 29. Dez. (Wilderer.) Gestern wurden zwei hiesige Ein­wohner an da» Amtsgericht Böblingen eingeliefert, die des Wildern- beschuldigt werden.

Stuttgart 29. Dez. (Weihnachts­verkehr in Stuttgart.) Bei den Post­anstalten in Groß-Stuttgart wurden vom 15. bi» 24. Dezember ds. IS. 228060 Pakete (10492 mehr al» im Vorjahre) aufgegeben; angekommen und beliefert worden sind vom 15.24. Dezember 134389 Pakete (12418 mehr al« im Vorjahre).

Stuttgart 29. Dez. Seit einer Reihe vor Jahren sorgt rin unter dem Vorsitz de» Fabrikanten Fritz Müller stehende» Wärmestuben­komitee in Göppingen für die Bereitstellung er­wärmter Räume für auswärtige Arbeiter, die dort ihr zugebrachter Mittagessen, ohne dabei etwa» trinken zu müssen, einnehmen können. Die Arbeiter machen von dieser Einrichtung gern Gebrauch. Die Kosten werden von Göppinger Industriellen gedeckt. Die Räume werden dem­nächst wieder eröffnet.

Stuttgart 29. Dez. (Der erste Rodelunfall Brand.) Gestern nach­mittag wurde auf der alten Weinsteige ein 11 Jahre alter Knabe, der mit seinem Schlitten an einem Fuhrwerk vorbeifuhr, von dem ausschla­

genden Pferd an die rechte Hüfte getroffen. Er trug eine Quetschung davon und mußte nach der Wohnung seiner Eltern gebracht werden. Auf dem Westbahnhof geriet heute früh ein heizbarer Geschirr- und Unterkunftiraum aus bi» jetzt unbekannter Ursache in Brand. Das Feuer wurde von der Feuerwache II und Bahn­angestellten gelöscht.

Stuttgart 29. Dez. (Fleischpreise.) Der Streit, ob auch in Württemberg die Zu­lassung von Schlachttieren notwendig war, geht weiter und ruft immer neue Kämpfer auf den Plan. Die eine Tatsache steht wohl fest, Würt­temberg ist ein Vieh ausführendes Land. Daran wird nichts geändert, auch wenn Stuttgart zeit­weise das nicht angeboten erhält, wa» e« ver- verlangt. Von der Neckar- und Hohenloher- Gegend geht nicht nur die beste Ware rhein- «nd neckarabwärt«, sondern auch Farren und Kühe. Letztere sind in Stuttgart fast unverkäuf­lich. Würden gut gemästete Kühe und Farren auch in Stuttgart Liebhaber finden, so würde sich jedenfalls mancher Händler veranlaßt sehe», den dortigen Markt zu beschicken. Aber nur die Rinder dorthin zu schicken und Farren nach Mannheim oder Frankfurt bringen, das kann man keinem Händler zumuten, um so weniger, als er dem Landwirt sämtliche» anfallende Vieh da» ganze Jahr hindurch abnehmen soll. Der Zwischenhandel wirkt aber sehr verteuernd auf die Preisbildung ein. Auf dem platten Lande erfolgt der Verkauf fast ausschließlich an Zwischen­händler, in erster Linie bei den Schweinen. Da ist z. B. in einer Oberamtsstadt ein Schweine­händler, der an einen Händler in der Großstadt abliefert. Der Händler in der Oberamtsstadt hat auf dem Land draußen seine Unterhändler. Jetzt will der Unterhändler verdienen, der Händler

Mm den Loröeer der Wissenschaft.

48) Roman von Friedrich Thieme.

(Fortsetzung.)

Darüber soll eben der Herr Kommissar urteilen", entgegnete der Geheimrat ihr scharf.Rede, Wera, was ist's mit diesem Gesicht?"

Ich weiß nicht vielleicht habe ich mich getäuscht."

Vorhin hast du mir gegenüber die Realität des Phänomens aufs äußerste verteidigt", verwies die Mutter sie gereizt.

Mit Unrecht ich bin mir selbst nicht klar genug, um eine Be­hauptung mit Sicherheit aufzustellen."

Du k »nst also nicht sagen, ob es Doktor Hohl» Züge waren, die sich am Fenster gezeigt?"

Nein!"

Fra« Gk heimrat Sekal erzählte darauf selbst den Anwesende» da» sonderbare Geschehnis.

Jedenfalls", rief der Kommissar,liegen gegen diesen Doktor Hohl dringende Verdachtsmomente vor. Da» Zeugnis de» Dienstmädchens ist von außerordentlicher Bedeutung. Meine Pflicht erheischt, unverzüglich Schritte zu tun, mich seiner Person zu versichern, da nicht» näher liegt al» der Verdacht, er werde sich nach vollbrachter Rache der Vergeltung entziehen. Hier ist für heute Abend doch weiter nicht» zu tun, alle- weitere muß vorläufig den Herren Aerzten überlaffen bleiben. Auch eine Besichtigung de« Tatortes ist unmöglich. Können Sie mir sagen, Herr Geheimrat, wo Doktor Hohl zu finden ist?"

Er wohnt bei seiner Schwester, der Frau Doktor Frese»", erwiderte Sekal und nannte die Adresse, die der Polizeibeamte sorgfältig notierte. Hierauf entfernte er sich eilig mit seinen Leuten, mit ihm empfahlen sich Baron von Lange» und die Aerzte, nachdem letztere Verhaltungsmaßregeln

für die Nacht gegeben, und auch der Kommerzienrat «ahm Abschied, während der Geheimrat in dem Landhause verblieb.

Tiefe Ruhe trat nun in dem Krankenzimmer ein, nur unterbrochen von dem schwachen Stöhnen de» Patienten, der sich, obwohl seiner Sinne nicht mächtig, doch ruhelos auf seinem Lager umherwälzte. Wera be­hauptete stumm ihren Platz zu seinem Haupte, die trostlose Mutter saß auf einem Stuhle am Bett, der Vater ging rastlo« auf und ab.

. Lange schwiegen alle drei, jeder mit seinen Gedanken beschäftigt. Dann sagte Frau Sekal vorwurfsvoll:

Wera, dein schändlich gemordeter Bruder liegt dir also so am Herze» al» derjenige, der frevelhaft gegen ihn die Hand erhoben? Selbst jetzt noch kannst du dich nicht überwinden, deine törichte Liebe auszurotten, wo du erkennst, wie unwürdig er ihrer ist."

Hältst du ihn wirklich für schuldig, Mama?" antwortete da« junge Mädchen traurig.

Ihn für schuldig halten? Seine Schuld ist sonnenklar," brauste Sekal stehenbleibend auf.

Und wenn Ihr alle ihn verleugnet," entgegnete Wera bescheiden, aber mit Festigkeit,ich kenne ihn besser, Reinhart ist einer solchen Tat unfähig! Er ist wahrlich unglücklich genug, um ihn auch noch durch eine so gräßliche Anklage vollend» zu Boden zu schmettern! Glaubt Ihr, Euer Kind könne einen Mörder lieben?"

Entsetzlich," zürnte der Geheimrat.Ich hoffe nicht, daß es so tief bei ihr Wurzel gefaßt! Elter», Bruder, unsere Ehre, alle« gilt ihr nicht», wenn e« sich um ihn handelt! Luise, es ist die höchste Zeit, daß die beiden getrennt werden! Du gehst mit nach Nizza, Wera, um de» Heil» deiner Seele willen!"

Und soll ich jetzt in dieser Not de« Bruder verlassen?"

Er ist in guten Hände», deine Anwesenheit kann nicht» für ihn tun", sprach die Mutter in bestimmtem Tone.Du bist kränker als er