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fügung. I« Monat Januar finden hier zwei Schneeschuhkurse statt, der erste vom 5.-8. Ja­nuar, der zweite vom 19.33. Januar. Bal­dige Anmeldung empfiehlt sich, da vorige» Jahr bei einem Kurse über 300 auswärtige Teil­nehmer sich eingesunden halten die größte Zahl, die ein deutscher Schneeschuhkur» bisher aufzuweise» hatte.

Herrenberg 38. Dez. Am zweiten Weihnachtsfeiertage wurde die Wildschützenwitwe Schiefer tot in ihrer Behausung gefunden. Die näheren Umstände bedürfen noch der Auf­klärung.

Reutlingen 38. Dez. (Elektrische Straßenbahn.) Die Ausführung de» Pro­jekt» der elektrischen Straßenbahn Reutlingen- BetzingenPfullingenEningen dürfte nun doch in greifbare Nähe gerückt sein. Wie der Reut- linger Generalanzeiger erfährt,-"ist bereit» ein Vertrag der beteiligten Gemeinden mit der Württembergischen EisenbahngeWchaft formuliert, wonach dieser Gesellschaft da» ganze Unter­nehmen übertragen werden soll. Der Vertrag soll in der nächsten Zeit den beteiligten Ge­meindevertretungen zur Behandlung vorgelegt werden. Natürlich wird e» nicht an Stimmen fehlen, die gewünscht hätten, daß die beteiligten Gemeinden sich finanziell an dem Unternehmen beteiligt hätten, damit sie einen stärkeren Ein­fluß auf Tarif, Gestaltung de» Bahnmtze» u. s. w. gewinnen könnten und man wird sich auch an die Unannehmlichkeiten erinnern, wie sie andere Städte gehabt haben, die ebenfall» den Bau der Bahnen Privatgesellschaften über­lasten hatten. Bor allem aber wird er sich bei diesem Punkt um die finanzielle Lage der Ge­meinden handeln und da» dürfte eben der aus­schlaggebende Faktor in der Behandlung der Sache sein.

Unterensingen OA.Nürtingen 38.Dez. (Rascher Tod.) Der Schultheiß Christian Kraushaar wurde gegen Mitternacht von vorübergehenden Männern tot auf der Rathaus­staffel aufgefunden. Wie die ärztliche Unter­suchung ergab, hatte ein Herzschlag seinem Leben ein plötzliches Ende bereitet. Er war den letzten Sommer und Herbst längere Zeit kränklich ge­wesen, sodaß er sein Amt etwa ein halbe« Jahr stellvertretend besorgen lasten mußte. Vor kurzer Zeit hat er e» wieder übernommen. Er war 64 Jahre alt und Kriegsveteran von 1870/71.

Kupferzell OA. Oehringen 38. Dez. Unter der Kinderwelt herrscht die Diphtheriti» in hohem Grade, sodaß die Schulen geschloffen werden mußten. Die tückische Krankheit hat bereit« mehrere Opfer gefordert.

Ehingen a. D. 38. Dez. (Rascher

Tod.) Der Major zur Disposition Franz von Miller, langjähriger Bezirkskommandeur in Rottweil, der zuletzt in Ulm lebte, hat hier, al» er an einer Treibjagd teilnahm, einen Herzschlag erlitten, dem er sofort erlag. Er ist nur 56 Jahre alt geworden.

Pforzheim 38. Dez. DerPforzh. Anz." teilt heute folgende» mit: Da« Angebot, die Forderungen der Kettenmacher zurückzuziehen, da» die Stuttgarter Zentralstelle de» deutschen Metallarbeiterve r b an d e » dem hiesigen Arbeitgeberverbande gemacht hat, ist anscheinend über die Köpfe der hiesigen Streikleitung hinweg erfolgt. Wenigstens drängt sich dieser Gedanke auf bei einem Blick in die Freie Presse" vom letzten Samstag. Obwohl der Brief an den hiesigen Arbeitgeberverband schon am Freitag mittag zwischen 1 und 3 Uhr in Stuttgart aufgegeben worden ist, weiß die 34 Stunden später erschienene Ausgabe de» genannten Blatte» noch nicht» von ihm. Da» Blatt enthält dafür eine» Artikel, worin an­gekündigt wird, daßvorerst alle» beim alten bleibe", und in wichtiger Miene von derin der gegenwärtigen Situation einzuschlagenden Taktik" gesprochen wird. Wahrscheinlich hat Herr Vorhölzer den Artikel gerade zur selben Stunde geschrieben, in der die maßgebende Stelle seine» Verbände» die Pforzheimer Arbeit­geber um Verhandlungen ersuchte; und die Ver­spottung der hiesige» Fabrikanten al»Empor­kömmlinge" ist der Redaktion des sozialdemo­kratischen Blatte» vielleicht zu derselben Zeit au» der Feder geflossen, al» man von Stuttgart au» den von derFreien Presse" Verhöhnten in verbindlichen Worten nahelegte, angesichts drr schweren wirtschaftlichen Schäden Entgegenkommen zu zeigen. Herr Vorhölzer und seine Schild­träger waren offenbar nicht recht im Bilde. Ist dem so, ist von der Zentralstelle in Stuttgart aus tatsächlich über die hiesige Streikleitung hinweg eingegriffe« worden, so wäre schon ge­schehen, was der Pforzheimer Arbeitgeberverband möglicherweise als Vorbedingung der Verhand­lungen fordern wird: die Ausschaltung de» Herrn Vorhölzer.

Pforzheim 28. Dez. (Arbeiter­bewegung.) In den letzten Tagen gingen bei den Arbeitgebern die Antworten auf die durch Postkarte an jeden Arbeiter gerichtete An­frage ein, ob er zur Wiederaufnahme der Arbeit am 3. Januar bereit sei oder nicht. Al« Er­gebnis läßt sich feststellen, daß die Unorganisierten sämtlich mitJa" geantwortet haben, was zu erwarten war, da sie mit wenig Ausnahmen ja unfreiwillig feiern. Aber auch von den organi­sierten Arbeitern hat ein ansehnlicher Bruchteil

sich zur Aufnahme der Arbeit bereit erklärt und ist der Aufforderung des Metallarbeiterverbande», die Postkarten an das Streikbüro abzuliefern, nicht nachgekommen. Von einer Firma konnte mitgeteilt werden, daß ihre sämtlichen Organi­sierte» mitJa" geantwortet haben, bei einer anderen haben sich drei Viertel der Organisierten gemeldet; bei einer größeren Firma hatte sich bis heute früh die Hälfte der Organisierten zur Arbeit bereit erklärt. Andere Firmen hatten schon bis gestern Abend die Zusage von einem Drittel der Organisierten erhalten. Bei manchen Firmen ist der Bruchteil der An­meldungen natürlich auch geringer. Manche Organisierte, die ihre Karte« dem Streikbüro ablieferte», weil sie fürchteten, daß sie sonst als Streikbrecher" angesehen und die Streikunter­stützungen einbüßen würden, ließen dem Arbeit­geber sage», daß sie am 2. Januar kommen würden, oder gaben diesen Bescheid auf einer anderen, als der ihnen zugesandten Karte. Die organisierte Arbeiterschaft einzelner Betriebe hielt für sich Versammlungen ab oder sandte Ab­ordnungen an den Arbeitgeber, um mit ihnen über dre Wiederaufnahme der Arbeit zu sprechen. Einzelne Arbeitgeber konaten feststellen, daß gerade Arbeiter, die besonder» für den Streik gewesen waren oder da« Amt eine» Vertrauens­mannes de» Verbandes bekleidet hatten, sich ebenfalls zum Wiedereintritt in die alte Stellung gemeldet haben. Der Arbeitgeberverband gibt bekannt, daß noch bi» zum 30. Dezember An­meldungen entgegengenomme» werden, darüber hinan» die Wiedereinstellung aber nicht zugesichert werden kann.

Berlin 28. Dez. Die Konstituierung der Kaiser Wilhelm-Gesellschaft zur Förderung der Wissenschaften, deren Gründ­ung bei der Berliner Univerfitätsfeier an aller­höchster Stelle in Aussicht genommen wurde, wird sicherem Vernehmen nach in der ersten Hälfte des Januar stattfinden. Sie soll mit einem Vortrag de» Wirkl. Geh.Rat» Prof. Dr. Fischer in der Wohnung des Kultusminister» verbunden werden, welchem auch der Kaiser bei- zuwobnen gedenkt. In den letzten Monaten ist dem Kultusministerium noch eine Reihe weiterer Bereiterklärungen zur Beteiligung an dem Unter­nehmen au« den verschiedensten Teilen der Monarchie und aus den verschiedensten Berufs­kreise» zugegange».

Pari» 28. Dez. DerAviatiker Laffont stieg mit einem Paffagier «amen» Pola heute vormittag zu einem Flug »ach Brüssel auf. Nach 3 Runden über dem Flugfeld Jffy stürzte der Apparat aus einer Höhe von 12 Mir. herab. Beide Insassen wurden getötet.

Etwa etwa nun, gar nicht weit man hat höchsten» zwei Minuten bi» dahin zu gehen."

So, so und wa» machten Sie unter der Laterne?"

Emmy» Farbe wich wie durch Zauberei dem Kolorit de» Schnees."

Ich - <4

Sie standen mit Ihrem Schatz da?" fuhr der unerbittliche Inqui­sitor fort.

Mit meinem Bräutigam", korrigierte Emmy mit einem verstohlen­unruhigen Blick nach ihrer Frau. Da» naive Geschöpf. Sie brauchte diesmal sicherlich keinen Verweis zu fürchten, denn die Frau Geheimrätin achtete gar nicht auf die Nebenumstände, sondern hing an ihren Lippen mit der fieberhaften Erregung einer gefolterten Mutter, deren einziges Trachten darin besteht, den Feind eines teure», heißgeliebten Wesen» ver­nichtet zu wissen, damit er ihrem Kleinod ferner nicht mehr zu schaden vermöge!

Also mit Ihrem Bräutigam gut und da ging Doktor Hohl vorüber?"

Jawohl."

Hat er Sie gesehen?"

Wohl kaum, er starrte nur gerade vor sich hin ich glaube, er kennt mich überhaupt nicht."

Was dachten Sie denn, wa» er bei solchem Wetter und so spät hier daußen Vorhaben möge."

Neue» Erglühen. Emmy ließ ihr bewegliches Auge rasch hinüber nach ihrem Fräulein -schweifen. Wera lehnt am Kopfende de» Bette», da» Haupt auf die Brust gesenkt, ohne anscheinend auf sie und da» Ver­hör zu achten.

Ich weiß e» nicht", versetzte sie nach einigem Zögern.

Vielleicht steht die Wahrnehmung de» Mädchens in Zusammenhang mit dem Gesicht, da» meine Tochter am Fenster bemerkt hat", warf hier Fra« Sekal ein.Ich hielt die Erscheinung aufang» für eine bloße Ein­

bildung, nach dem Geschehenen aber," setzte sie mit fast brechender Stimme hinzu,bin ich geneigt, da» Ereignis für mehr als bloße Täuschung zu halten."

Was war das für ein Gesicht?" forschte aufhorchend der Kommissar.

Wera, willst du dein Erlebnis nicht Mitteilen?"

Wera schreckte auf wie aus einem schweren Traum, aber au» einem Traum, der eine noch schwerere Wirklichkeit widerspiegelt, in welche der Weckruf sie jäh wieder versetzte. Die von Leopold gegen Reinhart er­hobene Anklage hatte in ihrer Seele einen Sturm von Empfindungen hervorgerufen. Mit keinem Gedanken brachte sie vorher den Geliebte» in Beziehung zu dem furchtbaren Ereignis. Als sein Name aber so uner­wartet genannt wurde, entfachte das Wort gewaltiges Entsetzen in ihrer Brust. Hatte sie nicht selbst schon sich gefragt, wa» er hier wollen könne. Hatte sie nicht der wenn auch unbestimmten Idee Raum gegeben, sein Antlitz könne es gewesen sein, das sie am Fenster geschaut? Konnte er nicht nach Leopold Ausschau gehalten haben? Leopold war bi» vor wenigen Tagen fast regelmäßig tag» oder Abends in der Villa gewesen vielleicht hatte Reinhart davon Kenntnis erhalten? In demselben Augenblicke, wo jene Idee in ihr auftauchte, wies das junge Mädchen sie mit Abscheu von sich. Reinhart Hohl mochte, durch eine gewisse Art von Geisteserschütterung getrieben, einen Ruhm für sich in Anspruch nehmen, der ihm nicht zukam Wera wagte kein Urteil in dieser Frage aber Reinhart Hohl war ein Ehrenmann vom Scheitel bi» zur Sohle. Seinen ärgsten Feinden hätte er goldene Brücken gebaut, er konnte nie ander» al» gut und edel handeln! Und nun wagte man, ihn, den Unglücklichen gar de» schrecklichsten, niedrigsten Verbrechens zu beschuldigen, da» wir kennen! Sobald sie daher erfaßt, was die Mutter von ihr begehrte, richtete sie sich mit entrüsteter Gebärde empor und ein vernichtender Blick schoß au« ihre» dunklen Augen.

Was hat mein Erlebnis mit Leopolds Unglück zu tun, Mama?" fragte sie fast schneidend.

(Fortsetzung folgt.)