300 . Amts- »n- Anzeigedlatt für dm Oberamtsdyirk Calw. 8 S.

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Erscheinungstage: Montaa, Dienstag, Mittwoch, Donnerstag, Freitag und Samstag, Jnsertionspreis IS Psg. pro Zeile für Stadt u. Bezirksorte; außer Bezirk 12 Pfg.

Freitag, den 23. Dezember 1910

Bezugspr.i.d. Stadt*/ijahrl.m. Trägerl. Mk. 1.25. Postbezugspr. f.d.Orts-u.Nachbarortsverk. '/ijährl. Mk. 1.20, im Fernverkehr Mk.1.30. Bestellg.in Württ. 30Pfg., in Bayern u. Reich 42Psg.

Tagesnenigkeite«.

Calw 22. D^z. Nachstehend geben wir die anläßlich des Weihnachtsverkehrs ein­tretenden Fahrplanänderunge» bekannt:

a) am 24. Dezember:

1. Zug 874 wird von Weilderstadt nach Calw fortgesetzt, Weilderstadt ab 8,23, Calw an 9,03 mit Halt in Schafhausev, Ostelsheim, Althengstett;

2. Sonderzug 4305 von Pforzheim nach Calw; Pforzheim ab 4,16, Calw an 5,23 mit Halt auf sämtlichen Stationen;

3. Sonderzug 4301 von Pforzheim nach Wildbao; Pforzheim ab 4,10, Wildbad an 5,07 mit Halt auf allen Stationen;

d) am 25. und 26. Dezember:

Sonderzug 3868 CalwPforzheim; Calw

ab 5,40, Pforzheim an 6,40 mit Halt auf

allen Stationen;

e) am 31. Dezember:

1. Sonderzug 4301 PforzheimWildbad; Pforzheim ab 4,10, Wildbad an 5,07 mit Halt auf allen Stationen;

2) Sonderzug 4305 PforzheimCalw; Pforzheim ab 4,16, Calw an 5,23 mit Halt auf allen Stationen.

Stuttgart 22. Dez. Die jährliche Laudesversammlung der Nationalliberalen Partei (Deutschen Partei) Württembergs findet am Sonntag 8. Januar 1911 in de» Sälen der Liederhalle statt. Für die Versammlung ist als Redner überReichspolitik" der Reichstags­abgeordnete Dr. Weber-Löbau gewonnen. Am vorausgehende» Sonntag findet die ordent­liche Vertreterversammlung statt.

Stuttgart 22. Dez, Im Anzeigenteil einiger Zeitungen war neulich zu lesen, daß

ein Teil der Mobiliareinrichtung und der Garde­robe der verstorbenen Kammersängerin Anna Sutter versteigert werde. Dabei sollen recht annehmbare Preise erzielt worden sein. ES mutet nun eigentümlich an, wen» jetzt von Ver­kaufsgeschäften, die einen Teil der Sachen er­worben hatte», ein Handel mit den Kostümen getrieben wird. Die Nachlaß Verwaltung hatte die ganze Hinterlastenschaft um de« gerichtlichen Anschlag der in der Schweiz lebenden Schwester der Künstlerin überlasten und diese Schwester hat den teilweisen Wiederverkauf veranlaßt. Wak> die Kinder der Verstorbenen betrifft, die nach de» Gesetze» da» Schweizer Bürgerrecht haben und von dort requiriert worden waren, so soll jetzt eine Einigung dahin erzielt worden sein, daß diese dem Wunsche der Väter ent­sprechend in Stuttgart erzogen werden. Von der seinerzeit eingesetzten Aktion für die Errich­tung eine» würdigen Denkmal« für Anna Suiter ist nichts mehr bekannt geworden.

Stuttgart 22. Dez. (Strafkammer.) Wegen Wechseifälschung und Betrug» hatten sich die Kommissionäre August und Adolf Jud zu verantworten. Einer der Angeklagten stellte zwei Wechsel über 250 und 200 ^ aus, wäh­rend der andere als Akzeptant fungierte. Die Wechsel verkauften sie unter dem falschen Vor­bringen, der Akzeptant sei ihr Vater, um 230 bezw. 150 Adolf Jud ist wegen Betrug» vorbestraft. Die Strafkammer verurteilte ihn zu 10 Monaten Gefängnis und 3 Jahren Ehr­verlust, August Jud erhielt 3 Monate Gefängnis.

Stuttgart 22. Dez. (Ein Preß- prozeß.) In einem Artikel derSchwäbischen Tagwacht" war die Beköstigung gerügt worden, die im Hause des Privatiers Edenfeld in der Kronprinzstraße dem Dienstmädchen gereicht

wurde. Gegen die Köchin S., die Vorsitzende der Verbände» der Hausangestellten, Frau Vor­hölzer, als Verfasserin de» Artikels, und den verantwortlichen Redakteur Westmeyer hatte Pri­vatier E. Beleidigungsklage angestrengt, die vor dem K. Schöffengericht Stuttgart-Stadt ver­handelt wurde. Die Zeugenaussagen ließen keinen Zweifel darüber, daß die Beköstigung der Dienstmädchen in dem reichen Hause zur schärfsten Kritik herausforderte. Da« Gericht stellte fest, daß die Herrschaft gegen dis Mädchen in bezug auf da« gereichte Esten nicht korrekt gehandelt habe. Daß Urteil ging dahin: Die Köchin S. wird freigesprochen, da sie in Wahrung berech­tigter Interessen gehandelt habe, als sie sich bei der Vorsteherin ihre« Verein« über die ihr ge­wordene Behandlung und die Beköstigung be­schwerte. Wegen formaler Beleidigung wurde Frau Vorhölzer zu 10 Westmeyer zu 30 ^ Geldbuße verurteilt. Der Schutz des ß 195 (Wahrung berechtigter Jnteresten) wurde ihnen abgesprochen.

Stuttgart22.Dez. (Schöffengericht.) Die Wirtsfrau Marie Kaltenbacher war wegen Vergehen gegen das Nahrungsmittelgesetz angeklagt. Sie soll längere Zeit dem vom Faß geholten Wein Master und teilweise auch Most zugesetzt und da» Gemisch als reinen Wein an Gäste verkauft haben. Die Angeklagte bestritt die». Von einem Hausbursche» wurde jedoch unter Eid bekundet, daß er öfter» gesehen habe, wie die Angeklagte dem Wein Master und Most beigemischt habe. Da» Urteil lautete auf eine Geldstrafe von 50

Vom Lande 22. Dez. (Imkerei.) Die Bienen haben in letzter Zeit zweimal einen gründlichen Reinigungsausflug angestellt und sich sogar vielfach ein Stelltichein gegeben. Aber

Am dm Lorbeer der Wissenschaft.

43) Roman von Friedrich Thieme.

(Fortsetzung.)

Reinhart nickte trübe. Er wußte ja, wie lange sich der Unglückliche in der Anstalt befand.

Wie gelangen wir denn hinab?" fragte er.

Leuchten Sie nur es führen einige Stufen hinab."

Da» war in der Tat der Fall und der Greis schritt voran, in die Oeffnung hinab. Bald standen sie in einem nur wenige Fuß hohen, fensterlosen Raume, in dem sie kaum aufrecht zu stehen vermochten. Der Freiherr wußte auch hier Bescheid, er trat sogleich in eine Ecke, in welcher die Trümmer eines Regals sichtbar waren, bezeichnte mit gierigem Ansdrucke eine» Fleck daselbst und befahl dem Doktor, hier zu hacken.

Sie brauchen sich nicht sehr anzustrengen, e» liegt nicht tief."

Was liegt nicht tief?"

Der Kasten", flüsterte der Alte mit unheimlich funkelnden Augen. Ich habe ihn eingegraben, weil er mir nicht mehr sicher erschien."

Reinhart, nicht mistend, was er von der Rede de» Wahnsinnige» zu halten habe, gehorchte willig dem Gebot. Er begann eifrig zu hacken, fand aber de» Lehmboden weich und mürbe. Nach einigen Schlägen schon kam er auf Holz.

Da» ist da« Brett", rief der Freiherr.Schlagen Sie es mir nicht entzwei. Nehme» Sie die Schaufel, werfen Sie die Erde beiseite."

Dr. Hohl willfahrte mit steigendem Interests dem Geheiß. Wenige Schaufelwürfe genügten, die über dem Holz lagernde Erde zu beseitigen. Offenbar war der Bode» hier schon mehrfach ««gegraben worden, wahr­scheinlich durch den Freiherrn selbst und Reinhart brannte vor Wißbegier, zu erfahren, ob sich in der Tat der von letzterem in Aussicht gestellte

Kasten vorfinden würde. Ein Brett oder vielmehr eine Art Kistendeckel enthüllte sich wirklich seinem erstaunten Blicke. Hastig hob er ihn auf, und bemerkte darunter eine flache Grube, welche eine alte Blechkiste von mäßigem Umfange enthielt, die der Irrsinnige vermutlich dem in dem Gartenhäuschen aufbewahrten Gerümpel entnommen hatte. Reinhart hob sie heraus, sie war nicht schwer, doch kam e« ihm vor, als höre er darin Metall klingen. Da der Deckel nur mit einem Bindfaden daran befestigt war, so nahm der Schatzgräber sein Taschenmesser heraus, um ihn zu durchschneiden.

Während dieser Manipulation wandte er seine Aufmerksamkeit von seinem Gefährte« gänzlich ab, er bemerkte nicht die ungeheure Wand­lung, die sich jählings in besten ganzem Wesen offenbarte. Anfang» leuchteten seine Augen, mit zitternder Gier folgten seine Blicke jeder Bewegung de« Grabenden. Als derselbe jedoch die Kiste emporhob, loderte plötzlich ein unheimliches Feuer in seinen Zügen auf, und als er den Doktor gar «ach dem Messer greifen sah, flammte eine unheimliche Wut au« seinem Antlitz; mit einem Wutschrei schleuderte er die Laterne, die er bi» dahin gehalten, auf den Boden, daß ihre gläsernen Bestand­teile klirrend in Scherben zerbarsten und tiefe Finsternis beide umgab, und mit dem zornigen Rufe:Dieb! Schurke! Du willst mir mein Eigentum rauben!" warf er sich auf den keines Angriffs gewärtigen jungen Mann, warf ihn mit einer Kraft, die man kaum in dem gebrech­lichen Mann gesucht, auf den Boden und begann ihn mit seinen knochigen Hände» zu würgen, bi« ReiuhartS Augäpfel hervorquollen und Schaum auf seine Lippe trat.

Hoheit Freiherr was fällt Ihnen ein," stöhnte Reinhart unter den entsetzlichen Griffen der Greises,ich bin e» ja Sie ver­kennen mich"

Ein Dieb bist du, ein elender Betrüger," knirschte der Freiherr