AS 299.
Amts- md Anreigedlatt für dm Oderamtsdyirk Calw.
85. Zihrgmg.
Erscheinungstage: Montag, Dienstag, Mittwoch, Donnerstag, Freitag und Samstag. Jnsertionspreis 16 Pfg. pro Zeile für Stadt u. BezirkSorte; außer Bezirk 12 Pfg.
Donnerstag, den 22. Dezember 1910.
BezugSpr.i. d. Stadt^ährl.m. Trägerl. Mk. 1.25. PostbezugSpr. f.d.Orts-u.Nachbarortsverk. '/«jährl. Mk. 1.20, im Fernverkehr Mk.L.ZV. BesteÜg. in Württ. 30 Pfg., in Bayern u. Reich 42Pfg.
NmrMatz« V-rennrtmach«»-»«.
An die Schullheißeuämter. "
Einzeln« Berichte betr. die Verursachung von Bränden durch das Spielen der Kinder mit Zündhölzern und feuergefährlichen Stoffen, oberamtl. Erlaß vom 1. Juli 1910, Calwcr Wochenblatt Nr. 152, stehen noch aus und wollen umgehend vorgelegt werden.
/ Calw, 21. Dezember 1910.
K. Oberamt.
Amtmann Rtppmann.
Tagesnenigkeiteu.
* Calw 23. Dez. Die letzte Nummer de» 18. Jahrgang« der Schwarzwaldverein»- blätt er bringt eine Reisebeschreibung „Im Gebiete de« FeldbergS" von Schweikert-Pforzheim, ein stimmungsvolles Gedicht „Weihnachttklang" von Anton vom Kocher, einen Aufsatz über „Die Turmeinweihung auf der Horni«grinde am Sonntag 30. Oki. 1910", eine sehr anregende und originelle Schilderung de« „Kirchweihbrauch« in Alzenberg bei Calw" von Karl Jäkle-Calw, ein Gedicht über „Weilderstadt" von Robert Oechiler und unter der Rubrik „Verschiedene«" Mitteilungen und Bemerkungen zu „Dorfweiher", „da» älteste Bauernhau» im Schwarzwald", „Flößerzeichen" und „Da« Strohdach im Aargau". Der geschäfisführende Au«schuß teilt mit, daß auf da« erloffene Preisausschreiben zur Erlangung einer künstlerischen Mitglied«karte 42 Entwürfe eingegangen seien. Den 1. Prei« mit 130 ^ erhielt Wilhelm Bühler-Stuttgart. Die Entwürfe waren im Landergewerbemuseum zur Besichtigung aukgestellt. Nachrichten au» den BezirkSvereinen und eine reiche Bücherschan
bilden den Schluß der wiederum mit hübschen Bildern auSgestatteten Zeitschrift.
Bad Teinach 30. Dez. Die in Bad Teinach bestehenden vier Vereine, Kriegerverein, Männergesangverei», Verschönerungsverein und Schwarzwaldbezirksverein, haben sich in lobenswerter Weise auch diese« Jahr wieder zusammengeta», um eine gemeinsame Weihnachtsfeier zu veranstalten. Dieselbe fand am letzten Sonntag im Badhotel statt und der zahlreiche Besuch, namentlich auch von auswärtigen Mitgliedern de» Schwarzwaldverein« bewies, daß diese« Zusammenarbeiten anerkannt wird. Herr Schultheiß Schneider begrüßte im Namen der Vereine die Besucher, worauf Herr Pfarrer Bayha i« einer warm empfundenen Rede der Bedeutung der Weihnachtsfeier gedachte. Reicher Beifall lohnte den mit einem Kö»ig«hoch ausklingenden Vortrag. Einen besonderen Genuß verschaffte uns Fräulein Haasi» von Emberg durch den lebensvollen Vortrag de» melodramatischen Gedichte«: Da« Glöcklein von Jnnirfär; auch die Gesänge von Löwe, Meyer-Helmund und Taubert, die Frl. Haasi« mit ihrer sympathischen Stimme glänzend vortrug, fanden große Anerkennung. Ungemeine Heiterkeit erregte da« vortrefflich aufgeführte Theaterstück: S'Schwitz- gäbele» Erbschaft von Reiff, beim dem alle Mitwirkenden ihre Rolle« treffend zum Ausdruck brachten. Die gesanglichen Leistungen de» Männergesangvereins, wie auch de» Doppel- quartetts, die großen Fleiß und tüchtige Schulung zeigte», ernteten den Dank aller Zuhörer. Eine reiche Gabenverlosung bildete den Schluß de« gediegenen Programm». Mit großer Befriedigung können alle Teilnehmer auf die gelungene Feier zurückblicken. 8.
Göppingen 31. Dez. (Ein teurer Ritt.) Ein Pferdedieb wurde gestern mittag hier eingeliefert. Sonst seine» Zeichen« ein „Fahrender" au« Gundelfingen, wollte er einmal da« Reiten probieren und hatte zu diesem Zweck bei der Naffachmühle ein bespannte« Pferd vom Wagen losgemacht. E» bekam ihm aber sehr übel. Er wurde noch rechtzeitig erwischt und von den ob diesem kecken Stücklein empörten Bauern grün und blau geprügelt.
Unterrot OA. Gaildorf 31. Dez. Al« der verheiratete Sigmund Strohmaier in etwa» angetrunkenem Zustand vom Gaildorfer Markt heimkehrte, geriet er mit seiner Frau in einen Wortwechsel, griff in dessen Verlauf zum Messer und versetzte seiner Frau einen Stich in den Unterleib, sodaß an ihrem Aufkommen gezweifelt wird. Sie wurde heute vormittag in« Gmünder BezirkSkrankenhau« übergeführt.
Heidenheim 31. Dez. (Jugendfürsorge.) In den letzten Tagen wurde hier ein Jugendfürsorgeverei» gegründet mit dem Zweck, unter Ausschluß jeder politischen Tendenz den Lehrlingen nach Feierabend und an den Sonntagnachmittagen durch Vorträge, paffende Lektüre, Spiel und Aehnliche« geistige Anregung und Unterhaltung zu bieten. Die Stadtverwaltung, mehrere Großindustriellen und einige Lehrer, Ingenieure, Kausleute, unterstützen die Bestrebungen de« Verein» durch Ueberlaffung von Lokalen, durch Mittel zur Anschaffung von Büchern, Spielen, eine« Lichtbilderapparate» und durch ihre Mitarbeit.
Bückingen OA. Heilbronn 31. Dez. (Margarine-Vergiftung.) Eine hiesige Familie ist «ach dem Genuß von Backwaren, zu deren Herstellung Margarine verwendet worden
Am dm Lorbeer der Wissenschaft.
42) Roman von Friedrich Thieme.
(Fortsetzung.)
Reinhart folgte ihm ebenso bedächtig — allmählich begann da» Abenteuer sein Interesse zu erwecken und seine Gedanken von dem großen Unheil seine» Dasein« abzuziehen. Vorsichtig, geräuschlos schlichen die beiden Männer an der Mauer hin bi« zu der in den Garten führenden Gittertür, wo der Freiherr plötzlich stehen blieb.
„Sie können doch klettern?"
„O ja — warum da«?"
„Wir müssen über die Tür."
„In den Garten?"
„J-."
„Gibt e» nicht eine bessere Gelegenheit vom kleinen Hofe au«?
* Die Mauer ist dort niedrig —"
„Aber der Hund liegt dort — nein, da» geht nicht. Wir müssen schon den Versuch, da« Gitter zu übersteige», unternehmen. Hoffentlich bleiben wir »«entdeckt."
„Das wäre kaum zu hoffen, so finster es auch ist. Aber ich habe Ihnen zum Glück etwa« anderes vorzuschlagen."
„Was denn?"
„Ich habe natürlich daran gedacht, daß e« sich in erster Linie darum handelte, au» dem Schlöffe zu kommen. Ich weiß ja, wie streng Sie bewacht werden. Außerdem mußte ich ja auch herein — da« haben Sie gar nicht erwogen, Hoheit — Sie haben mich bestellt, aber wie sollte ich hereinkommen?"
„Da haben Sie recht," meinte der Freiherr überrascht. „Wie sind Sie denn hereingelangt?"
„Ich habe dem Doktor Fresen die Schlüffe! fortgenommen," erwiderte Reinhart. „Wenn wir zurückkommen, lege ich sie wieder auf ihren Platz, dann merkt er e» nicht einmal."
„Vortrefflich," lachte der Freiherr, dem e» nicht einfiel, an der Tatsächlichkeit de« von Dr. Hohl behaupteten Akte» zu zweifeln, umsoweniger, da er von den verwandtschaftlichen Beziehungen beider Männer zu einander unterrichtet war.
„Da haben Sie wohl auch den Gartenschlüffel?"
«Ich hoffe e»." Reinhart probierte zum Schein mehrere Schlüffe!, obgleich ihm der richtige von seinem Schwager genau bezeichnet worden war. „So, da« ist er — nun schnell — brauche» wir noch mehr Schlüffe!?"
„Nein, nein, kommen Sie nur!"
Nachdem sie die Pforte wieder leise hinter sich in« Schloß gedrückt, schritten beide in dem großen und schattigen Garten dahin, der weiter hinten in einen regelrechten kleinen Park aurmündete. Der Freiherr wußte hier überall Bescheid, fast unbeschränkt in seiner Freiheit, wenn er eben nur die Anstalt nicht verließ, erging er sich oft in den schönen Alleen des Park« und nach Belieben fast besuchte er tagsüber den Garte».
„Hier sind wir vor jeder Ueberrumpelung sicher," begann er mit seiner normalen Stimme, „wir dürfen uns hier ungeniert unterhalten."
„Befindet sich der Schatz im Park?"
„Warten Sie nur, wir find gleich zur Stelle."
Reinhart zweifelte bisher noch immer, daß der Irre überhaupt ein bestimmte» Ziel im Auge habe; da derselbe aber in der eingeschlagenen Richtung keine« Moment schwankte, so begann er allmählich zu denken, der bedauernswerte Grei« hege wirklich hinsichtlich seines Schatze» eine bestimmte Einbildung, und gespannt harrte er, welchen Ort ihm sein Führer bezeichnen werde. Er selbst war nur wenig in de» Park gekommen und kannte kaum seine Eigentümlichkeiten. Einmal passierten sie