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Stromnetz, die Stadtgemeinde nimmt Licht für Straßenbeleuchtung ab und erhält einen Vorzugs­preis. Das für die Goldwarenfabrikation nötige Ga» erzeugt die interessierte Firma selbst.

LudwigSbur g 19. Dez. (Gleislose Straßenbahn.) Zwei Wagen für die gleis­lose elektrische Straßenbahn nach Oßweil bezw. Aldingen sind am Samstag aus Bremen hier eingetroffev und haben sofort eine Probefahrt, die sich glatt vollzog, abgelegt. Gestern wurden die Probefahrten fortgesetzt, die ein durchaus sichere» Funktionieren in allen Teilen zeigten. Man hofft, am Mittwoch den vorläufigen Betrieb bis zur Brücke bei Neckarrems aufnehmen zu können.

Von d er Jagst 19. Dez. (Elektrische Ueberlandzentrale.) Eine große Ueber- landzentrale, die gemeinsam mit dem Elektrizitäts­werk Klepsau das ganze badische Bauland bis in den Taubergrund mit elektrischer Energie versorgen wird, wird nun, lautUnterländer Volkßzeitung", sicher erstehen. Eine diesbezügliche Vereinbarung mit Klepsau und der Bergmann A.-G. kam jetzt zustande.

Pforzheim 19.Dez. (Streikbeweg­ung.) Da» hiesige Gewerbegericht hat fast alle Streikenden zu Entschädigungen verurteilt, die die Arbeit kündigungslos verkästen haben. Auch diejenigen Goldarbeiter wurden verurteilt, die die Arbeit niedergelegt halten unter Bezugnahme darauf, daß der Arbeitgeberverband am 31. Okt. beschlossen hat, allen Organisierten zu kündigen, die aber bei erfolgter Nachfrage auf Anweisung des Verbandes geleugnet hatten, daß sie dem Verband angehören.

Pforzheim 19. Dez. (Eisenbahn­unfall.) Gestern nacht, stieß der in Stuttgart 10.22 Uhr abgegangene Schnellzug Stuttgart Pforzheim auf der Station Mühlacker auf einen, trotz des freien Einfahrt»signal» auf dem Gleise stehen gebliebenen kleinen Eisenbahnfrachtwagen. Glücklicherweise hatte der Lokomotivführer kurz vorher bei einer Kurve die Fahrt verlangsamt, sodaß eine Entgleisung vermieden werden konnte. Der Frachtwage» wurde zertrümmert und etwa 30 m vor dem Zuge hergeschoben. Die Maschine wurde erheblich beschädigt und mußte durch eine andere ersetzt werde». Der Zug erlitt 40 Min. Verspätung. Die Reisenden wurden gehörig durcheinander gerüttelt.

Dresden 19. Dez. Heute nachmittag gegen vier Uhr schleuderte ein gut gekleideter etwa 25jähriger Mann einen Stein in da» Schaufenster de» Juweliergeschäft» von Elimeyer, wodurch die Schaufrvsterscheiben zer­trümmert wurden. Der Täter raubte Schmuck­sachen im Wert von etwa 36000 ^ und entfloh damit. Von Zivilpersonen verfolgt und in die Enge getrieben, flüchtete er in da» Gebäude der kgl. Kreishauptmannschaft, wo er sich auf der Treppe vom ersten zum zweiten Stock, da er keinen Ausgang fand, erschoß. Der Täter trug eine Maske. Die geraubten Gegenstände find sämtlich wieder zur Stelle geschafft.

Hamburg 19. Dez. Bei dem Sturme der letzten Tage haben die Nordseeinseln beson­der» hart leide« mästen. Zwischen Helgoland und Westerland ist ein Fischerboot untergegange». Seine Mannschaft ist ertrunken. Im Kanal wurde gestern eine große Menge schwimmender Wrack» angetroffen.

Hamburg 19. Dez. Auf dem Dampfer Alexandra Wörmann", der am Peter- senquai festgemacht hatte, brach gestern abend 11 Uhr Feuer au», das sich in kurzer Zeit auf das Zwischendeck, die 1. Kajüte und die Kohlen­bunker ausbreitete. 4 Zügen der Feuerwehr gelang es mit Unterstützung zweier Dampfer, da» Feuer soweit zu bekämpfen, daß die Gefahr, dar ganze Schiff könnte dem Feuer zum Opfer fallen, beseitigt ist. Der Dampfer hat stark gelitten. Der Schaden ist sehr beträchtlich. Die aus Palmöl bestehende Ladung de« Dampfers war vor Ausbruch de» Feuer» an Land gebracht worden.

Rom 16. Dez. Eine tragikomische

Hochzeitsreise machte vor wenigen Tagen ein junger piemontefischer Bauer mit seinem 18jähr. Frauchen. Die beiden jungen Leute waren de» Fahrens auf der Eisenbahn noch ganz unkundig und überhaupt sehr weltfremd. Daher fühlten sie sich trotz ihre» frischen Eheglücks unbehaglich, als im Abteil bei ihnen ein Unbekannter von bösartigem Gesichtkautdruck und verdächtigem Wesen einstieg. Mann und Frau gerieten nun in eine solche Angst vor dem Fremden, daß sie insgeheim miteinander zu entfliehen beschlossen, und als der Zug etwas langsamer fuhr, sprang er link» und sie rechts aus dem Zug hinaus. Ueber dem Frauchen waltete ein Schutzengel, es gelangte ohne Schade« zur Erde, der Hochzeiter aber blieb mit einer Verletzung am Kopf liegen und mußte von der weinenden Gattin und dem herbeigeeilten Bahnpersonal in» Krankenhaus zu Mondovi gebracht werden, wo er die Flitterwochen vertrauert.

New-Jork 19. Dez. Eine heftige Ex­plosion hat sich in dem N-ubau der Kraft­station der New-Uorker Zentralbah» ereignet. Das Gebäude stand sofort in Flamme». Zahlreiche Unglücksfälle sind ge­meldet. Polizeimannschafte« und Arbeiter helfen bei den Rettungsarbeiten. Die Explosion war so stark, daß sie jede Scheibe in der Nachbar­schaft zertümmerte und einen mit Pastagieren besetzte» Wagen der elektrische« Bahn umwarf, wobei verschiedene Leute verletzt wurden.

New-Aork 19. Dez. Das Unglück in der Kraftstation der New-Dorker Zentralbahn ist durch eine Gasexplosion verursacht worden, der eine Dynamitexplosion unmittelbar folgte. Zwölf Menschen wurden getötet und 30 verletzt. Der bereit» erwähnte Wagen der elektrischen Bahn wurde durch den Luftdruck der Dynamitexplosio» vom Boden emporgehoben und stürzte auf ein vorbeifahrender Automobil nieder. Vier Personen wurden getötet, die anderen verletzt.

Da» Los de» Fremdenlegionärs. Die Fremdenlegion, die ewige Schmach derglor­reichen Republik", war dieser Tage auf der An­klagebank. Die französische Kammer behandelte die Interpellation über den empörenden Fall des Elsässers Weisrock, der vor ein paar Wochen so großes Aufsehen erregt hat. Zwar errang die Regierung äußerlich ein Vertrauensvotum, aber einen moralischen Siea hat sie nicht er­rungen. Den» die Entschuldigungen de» KriegS- ministerS, nach denen der ganze unglückselige Fall, von dem die Regierung nicht da» Geringste abstreiten konnte, bloß auf eine Kette vonUn­erfahrenheiten" zurückzuführen wäre, sind so wenig stichhaltig, daß selbst der offiziös« Draht den geringsten Eindruck feststellt, den sie machten. Zur Ergänzung des traurigen Bilde», da» der Fall Weisrock bietet, erscheint gerade in diesen Tagen die Schilderung der Erlebniste eine» an­deren deutschen Fremdenlegionär», de» im Sept. 1908 wegen seiner tollkühnen Desertion während der Operationen vor Casablanca mit 75 Mann vielgenanntenGrafen Rhoden" (Mox Bischof, 6 Jahre Fremdenlegionär; Leipzig, Verlag Julius Püttmann). Man glaubt sich bei diesen Fällen in die Zeit längst vergangener Barbarei versetzt. Die Nation, die sich so gern als das führende Kulturvolk, als Pächterin der wahren Humanität brüstet, sollte wahrlich recht bescheiden sein, so lang man ihr auf all ihr Rühmen noch mit der furchtbaren Anklage der Fremdenlegion ant­worten kann.

Vermischtes.

Zur Tätigkeit de» Evavg. Arbeiter­sekretariat» und Volksbureaus,öffentliche gemeinnützige Rechtsauskunftsstelle, in Stuttgart, Gerberstraße 2 8, wird un« geschrieben: Da» Büro, welche» an jedermann, besonders aber an Minderbemittelte, auch nach auswärts, Rat und Auskunft in allen Rechts- und Verficherungs- angelegenheite» erteilt, wurde in den Monaten Oktober und November in 724 Fällen in An­spruch genommen. Diese verteilen sich auf das Gebiet der Unfall-, Invaliden- und Kranken­versicherung, de» Arbeit»- und Dienstvertrags,

des Miete- und Wohnungswesens, des bürgerl. Recht», des Armenwesenr, der Steuergesetzgebung, der Gemeinde- und Staatsangehörigkeit u. a. Von den Instanzen für Arbeiterversicherung und anderen Behörden wurden eine größere Anzahl von Fällen persönlich vertreten. Der Wert und die Nützlichkeit des Instituts wird erst erkannt, wen» in Betracht gezogen wird, daß durch die Beihilfe der Sekretariats den wenig bemittelten Volksgenossen da« Jahr über tausende von Mark im Ganzen zugeführt bezw. erhalten werden. Da» geschieht schon wenn e» gelingt durch eine richtige wohlbegründete Berufung einem Ver­unglückten und mit dem Rentenanspruch Abge- wiesenen zu seiner Rente zu verhelfen. Vor wie viel Verlusten wird die das Büro besuchende Arbeiterschaft allein schon bewahrt durch eine sachgemäße Belehrung über die Pflichten und Rechte dcS bei der Invaliden- oder Kravken- verstcherung Versicherten! Durch Vermittlung bei Streitigkeiten aus dem ArbeitS- und Dienstvertrag wird nicht nur viel Aerger und Zeit erspart, sondern es werden auch unter Hochhalrung der Grundsätze der Gerechtigkeit die Inter sten Unterdrückter und Betrogener energisch wahrgenommen. E» ist nur auf wenig Gebieten oder überhaupt nicht möglich, die Erfolge de» Büro» ziffcrmäßig zu berechnen. Doch da» darf wohl ruhig gesagt werden, eine derartige Einrichtung stellt ein Volkswohlfahrtsunternehmen dar, da» in seinem positiv?« und nachhaltigen Erfolg nicht leicht über­troffen werden kann. Wie mancher Vielbeschäf­tigte reicht dem Armen, der ihn um Rat und Auskunft angeht und von seinem Eirfluste oder seiner Intelligenz Hilfe erhofft, um die Sache kurz zu machen, ein Geldstück. Damit ist aber dem armen Manne nicht geholfen, er wollte kein Geld, er wollte Rat und Beistand haben. Hier hätte eine Anweisung an da» evang. Volksbüro bessere Dienste getan. Weihnachten steht vor der Türe, das Fest der Freude und des Gebens, man glaubt nur »och fröhliche Gesichter zu sehen! Und doch tritt in diesen Tagen, oft noch in den letzten Stunden de» heil. Abend», mavche Frau, mancher Mann mit sorgendurchfurchtem Gesicht in« Büro und bitten noch um Hilfe, möchten ihr Recht, möchten Versorgung, möchten Frieden haben und gerne wird diesen Bitten noch ent­sprochen. Wir erinnern un» aufs Christfest so gern der Armen und lassen sie teilnehme» an unserer Freude, sollen wir da zurückstehen bei den Arme», die nur unsere Hilfe, unseren Rat wollen? Nein! Deshalb gibt e» keine schönere WeihnachtSfreude für einen wahren Volksfreund als da» Bewußtsein durch seine» Beitritt zum Verein für da» Evang. Arbeitersekretariat und Volksbureau in Stuttgart (Mindestbeitrag jährl. 2 ^) beizutragen, Verbitterung zu beseitigen. Recht zu schaffen, Frieden zu stiften und Tränen zu trockne».

Da» neue Luftschiff Schütte-Lanz. Ueber das seit lärgerer Zeit nach den Plänen de» Professors Schütte in den Lanz'schen Werkstätten in Mannheim im Bau begriffene eigenartige Luftschiff, das sich hauptsächlich durch das au» Holz konstruierte Gerippe von den seit­her erbaute» lenkbaren Luftschiffe« unterscheidet, machte Professor Schütte jetzt in einem Vortrage nähere Angaben. Ueber da» Schiff selbst teilte der Vortragende mit, daß e» eine Breite von 28, eine Höhe von 14 und eine Länge von 125 Metern habe. Der Rauminhalt beträgt über 20 000 Kubikmeter. Bisher seien von der Firma Lanz in uneigennützigster Weise etwa IV- Mil­lionen Mark an den Ballon gewendet worden. Zur richtigen Beurteilung der Koste», die auch wiederholt in der Presse des In- und Auslandes falsch wiedergegeben worden find, wurde erwähnt, daß allein die Ballonhülle einen Wert von 236000 ^ habe. Wen» der Bau de» Ballon» noch immer nicht vollendet sei, so rühre da» hauptsächlich daher, daß jede, auch die kleinste Verbesserung erprobt worden sei und daß die Lieferung der von der Firma Daimler zu stellenden Motors sich seit April d. I. hinziehe, wobei allerdings berücksichtigt werden müsse, daß die Schwere de» Motor» sich inzwischen infolge der gesteigerten Leistungsfähigkeit auf fast da» dreifache erhöht habe.