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beanspruchte, umsoweniger, al« die Angaben de« Angeklagten, soweit er sich in der Verhandlung von jeder Schuld reinzuwaschen suchte, von den früheren Angaben des Angeklagten ganz erheblich abweichen und der Angeklagte früher selber ein­geräumt hatte, daß ihm kein Recht zustand, über den ihm gewährten Kredit hinaus Geld der Dar­lehenskasse zu entnehmen. Da» ist doch auch ganz selbstverständlich. Es wäre um Vereins- und ähnliche Kaffen Übel bestellt, wenn der, dem sie anvertraut find, nach Belieben ihnen heimlich für Privatzwecke Geld entnehmen dürfte. So faßte auch, trotz den eifrigen Bemühungen des Verteidigers, Rechtsanwalt Dr. Spröhnle von hier, eine Freisprechung des Angeklagten zu er­zielen, da» Gericht die Handlungsweise des An­geklagten auf und verurteilte ihn in der oben genannten Weise.

Heilbron« 15. Dez. (Beraubte Ein­käufer.) In den letzten Tagen wurden in der Sülmerstraße abends zwischen 7 und 8 Uhr 2 Kinder, die von ihren Elter» fortgeschickt waren, um Einkäufe zu machen, von einem Manne in ein Seitengäßchen gelockt, woselbst ihnen ihr Geld mit Gewalt abgenommen wurde. Der Täter ist bis jetzt nicht ermittelt. An der­selben Stelle wurde vor einigen Tagen von einem 10jährigen Mädchen einem andern gleich­altrigen Mädchen das Geld au» der Hand ge­rissen. In diesem Falle ist die Täterin fest­gestellt.

Reutlingen 15. Dez. (Da» ver­schwundene Kind.) Die Vermutung, daß an dem plötzlich verschwundenen Kind ein Ver­brechen verübt wurde, bestätigt sich nicht. E« spielte mit anderen Kinder» und fand schließlich den Weg zurück nicht mehr. E» lief in entgegen­gesetzter Richtung und verirrte sich »ach Reicheneck, wo e» am ander» Morgen von einem Milch - bauern weinend aufgefunden wurde. Glücklicher­weise war die Nacht nicht kalt, fodaß es unver­sehrt seinen besorgten Eltern wieder zugesührt werden konnte. Der Vater war die ganze Nacht auf der Suche gewesen.

Nürtingen 15. Dez. In der Trocken­abteilung der Bleicherei Schott ist gestern Feuer ausgebroche», durch da» da» Gebäude zerstört wurde. Da» Feuer griff so schnell um sich, daß die Arbeiter nur mit knapper Not sich retten konnten. Die Feuerwehr mußte sich auf den Schutz der Nachbargrbäude beschränken.

Hochdorf OA. Kirchheim 15. Dez. (B e i lebendigem Leibe verbrannt.) Da» 4 Jahre alte Mädchen de» Joh. Kunzmann kam in Abwesenheit der Mutter dem geheizten Ofen zu nahe, so daß seine Kleider Feuer fingen. Da» geängstigte Kind schlüpfte ins Bett, das sofort in Brand geriet. Al« Nachbarleute hin- zukame», und da» Feuer erstickten, hatte da» Kind so schwere Brandwunden erlitten, daß e» bald »ach Verbringung in» Krankenhaus «ach Plochingen unter qualvollen Schmerzen starb.

Treffelhausen OA. Geislingen 15. Dez. (Musterwähler.) Gestern sollte hier von 9 bi« 11 Uhr Bürgerausschußwahl sein; e» kam von 120 Bürgern aber nicht 1 Wähler auf» Rathaus. Abends von 6 bis 7 Uhr wurde des­halb die Wahl wiederholt, diesmal mit besserem Erfolg: 19 Mann schritten zur Urne. Ueber den Ausfall der Wahl verlautet noch nicht». Vielleicht ist da» Zählgeschäft noch nicht beendet. In Barg au wurden von zirka 180 Wahl­berechtigten ganze 12 Stimmen abgegeben.

Durlangen OA. Gmünd 15. Dez. (Räuber.) Eine hiesige Bürgerstochter, die im Begriff war, nach Gmünd zu gehen und Einkäufe zu besorgen, wurde zwischen Dur­langen und Durlangermühle bei der Wald­parzelle Stockhalde von einem aus dem Wald kommenden unbekannten Havdwerksburschen an­gefallen, zu Boden geworfen und ihrer Hand­tasche beraubt. Der Täter flüchtete sodann mit der geraubten Tasche, in der sich aber kein Geld, sondern nur ein Paar graue Frauen­handschuhe befanden, in den Wald in der Richtung gegen Spraitbach. Wie di«RemS- zeitung" von Spraitbach erfährt, ist am gleichen Nachmittag vom gleichen Handwerksburschen ein

Schulmädchen angehalten und ihr 3 Mark ab­genommen worden. Der Täter wurde von Sprait- bacher Bürgern verfolgt, jedoch ohne Erfolg.

Tuttlingen 15.Dez. (Schadenfeuer. Diebstähle.) Im Oekonomiegebäude der Bahnhofrestauration m Wurmlingen brach gestern abend ein Brand aus, dem das ganze Gebäude zum Opfer fiel. Da» Feuer fand in den Holz- und Futtervorräten reichlich Nahrung und die Feuerwehr hatte alle Mühe, das Wirtschafts­gebäude zu retten. Wie man hört, ist das Feuer durch die Explosion eine» Benzinmotors verur­sacht worden. In letzter Zeit wurde hier eine große Reihe von Diebstählen verübt. In der Rieker'schen Schuhfabrik wurden 4 Paar Schuhe gestohlen, in Privathäusern, Metzger- und Kon­ditoreiläden wurden Eßwaren und Geld gestohlen. Ein Dienstmädchen stahl in einer Wirtschaft kleinere Beträge bis zu 170 ^ zusammen. Sämtliche Langfinger konnten ermittelt und zur Anzeige gebracht werden.

Ravensburg 15. Dez. (Junger Einbrecher.) In letzter Zeit wurden hier rasch nacheinander in mehreren Geschäftshäusern jeweils zur Nachtzeit und unter Anwendung von Dietrichen oder Nachschlüsseln Diebstähle verübt bezw. versucht. Endlich ist es gelungen, de» Diebe» beim Versuch eine» neuen Diebstahls hab­haft zu werden. ES ist ein erst 15 Jahre alter Schlofferlehrling, der durch seine frühere Tätig­keit al« MilchauLträger in vielen Häusern be­kannt ist.

Leutkirch 14. Dez. Auf der gestrigen allgemeinen Wählerversammlung wurden für den Bürgerauischuß, entsprechend der hier üblichen Praxis, 2 Protestanten und 4 Katholiken vor­geschlagen. Wie alljährlich, so wurden auch diesmal die wichtigeren Rathausangelegenheiten des zu Ende gehenden Jahre» besprochen. Ueber den neu erbauten Schlachthof, der mit einem Kostenaufwand von rund 165 000 ^ erstellt wurde und seit Oktober im Betrieb ist, teilte Stadtschultheiß Fischer mit, daß der Bau sich selbst durch Schlachtgebühren, die in mäßiaer Höhe angesetzt sind, zu bezahlen habe. Die Stadtgemeinde hat dazu den Baugrund im Wert von mindestens 20000 unentgeltlich abge­treten. Nu» steht die Stadt vor dem Neubau eine» VolkSschulgebäudeS, das an einen landschaftlich hervorragend schönen Platz kommt, an die Wilhelmshöhe, mit Aussicht auf die Alpen und die Leutkircher Heide. Der Bau soll bis zum Herbst 1912 bezogen werden. Der außerordentlich günstige Waldgrund unserer städtischen Waldungen, ein Areal von über 2000 Morgen, machte es der Gemeinde möglich, in Verbindung mit einem intensiven, rationellen Betrieb, die Betriebszeit von 100 auf 80 Jahre herabzusetzen. Die Stadt ist jetzt in der Lage, da» neue Schulhaus aus Baarmitteln bestreiten zu können. Mit Befriedigung wurden diese Mitteilungen seitens der Bürgerschaft entgegen­genommen. Befriedigt sind auch unsereNutzungs­bürger", die neben einem Almandteil »och jährlich 3 Rm. Scheiterholz beziehen, von dem unlängst gefaßten Beschluß, daß vom 29. Nov. ab sich kein Nutzungsbürger mehr einkaufen kann.

Pforzheim 15. Dez. (Aufklärung.) Der schwerste Verstoß gegen die öffentliche Ord­nung seit Beginn de» hiesigen Goldarbeiterstreiks war der vor 14 Tagen in Enzberg in der Dunkelheit erfolgte Ueberfall auf den Kabinett­meister Jdler, der mit einem Stock zu Boden geschlagen wurde. Man nahm seither an, daß dieser Ueberfall da» Werk eine» Streikenden sei. Jetzt scheint sich da» als ein Irrtum heraus­zustellen. Gestern wurde nämlich wegen de» Verdacht», diesen Ueberfall verübt zu haben, der 30jährige verheiratete Maurermeister Schwarz von dort von zwei Landjägern verhaftet. Die Ursache de» UeberfalleS soll in privaten Zwistig­keiten liegen. Jdler ist noch immer nicht wieder hergestellt.

Von der badischen Grenze 14. Dez. Ueber eine seltsame Zufälligkeit wird au» Meßkirch berichtet. Dort wurden kürzlich die Stellen de» Amtsrichters und de» Notars neu besetzt. Beide Beamte führe« den gleichen Namen

Dr. Otto Müller. An und für sich wäre an dieser Sache nicht» besonders auffälliges. Inte­ressant ist aber, daß beide Herren nicht nur den gleichen Namen und Titel haben, sondern auch im gleichen Jahr und am gleiche» Tag geboren sind.

(Warnung vor Kirchenbettel.) Gegenwärtig wird Württemberg mit Bettelbriefen überschüttet, die von Würzburg in ungezählten Exemplaren ausgehen und deren Ertrag für eine Kirche in Altstetten bei Zürich bestimmt ist. Beigelegt sind acht verschiedene Glückwünschkarten für die man 1 Mark (das Minimum!) rinfchicken soll und zwar nicht nach Altstetten direkt, sondern »ach einem deutschen Grenzort, dann das Geld abgeholt werden soll. Dem Bettelbrief selbst ist eine Empfehlung des Bischöflichen Ordinariats von Chur beigedruckt. Alle, die diesen Brief erhalten (vorsichtigerweise wird er in Pfarrhäuser nicht geschickt), seien eindringlich gewarnt. Es handelt sich um überaus bedenk­liche Manipulationen, die von einer Gesellschaft in Würzburg ausgehen. Bei einem früheren Fischzug hat die Gesellschaft neben 56 000 Mk. Spesen einen Geschäftsgewinn von rund 50 000 Mk. erzielt. Darum Vorsicht! Wer übriges Geld hat, schenke er zu wohltätigen Zwecken im eigenen Land.

welche Forderungen verjähren am 3l. Dezember 1910?

Bei folgende», im täglichen Leben am häufigsten vorkommenden Forderungen, welche im Jahre 1908 entstanden sind, tritt die Verjährung am 31. Dezember 1910 ein:

1. der Kaufleute, Fabrikanten Handwerker und Kunstgewerbetreibenden für Lieferung von Waren, Ausführung von Arbeiten und Be­sorgung fremder Geschäfte, soweit die Leistung nicht für den Gewerbebetrieb de» Schuldner« erfolgte;

2. der Land- und Forstwirtschafttreibenden für Lieferung von land- und forstwirtschaftlichen Erzeugnissen, wenn die Lieferung zuL.Ver­wendung im Haushalte des Schuldner» erfolgt;

Wenn bei den Ansprüchen Ziffer 1 und 2 die Leistung oder die Lieferung für den Gewerbebetrieb des Schuldner« erfolgte, so verjähren nur die im Jahre 1906 entstandenen Forderungen.

3. der Frachtfuhrleute, Lohnkutscher und Boten, wegen de« Fahrgelde», der Fracht, de« Fuhr- und Botenlohns, einschließlich der Auslagen;

4. der Gastwirte und derjenigen, welche Speisen und Getränke gewerbsmäßig verabreichen, für Gewährung von Wohnung und Be­köstigung, sowie für andere den Gästen zur Befriedigung ihrer Bedürfnisse gewährte Leistungen der Auslagen;

5. der gewerblichen Arbeiter, Gesellen, Gehilfe», Lehrlinge, Fabrikarbeiter, der Taglöhner und Handarbeiter, wegen des Lohnes und anderer an Stelle oder al» Teil de» Lohne» ver­einbarter Leistungen, mit Einschluß der Aus­lagen, sowie die Ansprüche der Arbeitgeber wegen der auf solche Ansprüche gewährten Vorschüsse;

6. der Lehrherrev und Lehrmeister wegen de» Lehrgelde» und anderer im Lehrvertrage vereinbarter Leistungen, sowie wegen der für die Lehrlinge bestrittenen Auslagen;

7. der öffentlichen Unterricht»-, Erziehung»-, Verpflegung»- oder Heilanstalten, sowie der Inhaber von Privatanstalten solcher Art, für Gewährung von Unterricht, Verpflegung oder Heilung und für die damit zusammen­hängenden Aufwendungen;

8. derjenigen, welche Personen zur Verpflegung oder Erziehung aufaehmen, für Leistungen und Aufwendungen der in Nr. 7 bezeich- neten Art;

9. der Aerzte, Wundärzte, Geburtshelfer, Zahn­ärzte, Tierärzte, sowie der Hebammen für ihre Dienstleistungen, einschließlich der Aus­lagen;

10. der Rechtsanwälte, Notare und Gerichtsvoll­zieher, wegen ihrer Gebühre« und Aus-