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Amts- und Alyeigeblatl fiir dm Oderamtsdyirk Calw
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Erscheinungstage: Montag. Dienstag. Mittwoch, »onnerstag. Freitag und Samstag. Jnsertionspreis 10 Pfg. pro Zeile für Stadt u. Bezirksorte; außer Bezirk 12 Pfg.
Freitag, den 9. Dezember 1910.
Bezugspr.i. d. Stadt'/ijährl.rn. Trägerl. Mk. 1.25. PostbezugSpr. 7 .d.Orts-u.Nachbarortsverk. V^ährl. Mk. 1.20, im Fernverkehr Mk.1.30. Bestellg. in Württ.ZO Pfg., in Bayern u. Reich 42Psg.
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Kurs für Kaufleute.
Für Prinzipale und Gehilfen von in Württemberg ansässige« kaufmännischen Betrieben der Manufakiurwarenbranche wird im Fall genügender Beteiligung ein Kurs zum Zweck der Unterweisung in Waren- und Materialienkunde am Technikum für Textilindustrie in Reutlingen abgehalten werden.
Der Kurs wird am 9. Januar 1911 beginnen und drei Wochen dauern. Der Unterricht findet an allen Werktagen in den Stunden von 10 Uhr vormittags bis 7 Uhr nachmittags statt. Die Teilnehmer haben ein Unterricht« geld von 20 ^ zu entrichten. Die Anmeldungen, aus welchen Namen, Beruf, Wohnort und Alter der Angemeldeten, sowie die Firme», denen sie an- gehörev, ersichtlich sei« sollen, müssen bis spätestens 30. Dezember 1910 bei der Zentralstelle für Gewerbe und Handel in Stuttgart eingereicht werden.
Stuttgart, 24. November 1910.
Mosthaf.
Kurs für Gipser.
Wir beabsichtigen in der Zeit vom 9. bis 19. Januar 1911 einschließlich in Stuttgart einen Kurs zur Unterweisung von Gipsern zu veranstalten, der außer einer kurzen Besprechung der täglich vorkommenden Arbeiten folgende Abschnitte umfaßt: Theoretische und praktische Unterweisung in den wichtigsten Materialien und Techniken (insbesondere in der Behandlung der verschiedenen Gips- und Kalksorten, in Ausfuhren von Putz- technikrn, Rabitz- und Monierkonstruktio«, Antrag- und Kratzarbeiten, Sgrafsitoarbeiten), im AuS-
führen der neueren Zwischendecken, im Behandeln feuchter Wände, sowie in Preisberechnung. Ex- - kursionev schließen sich an den Unterricht an. Die Oberleitung ist der Beratung-stelle für das Baugewerbe übertragen.
Zu dem Kurs werden im Land ansässige Gipser und alte Geselle», in erster Linie solche, die sich selbständig zu machen im Begriff find, zugrlassen. Ein UnterrichtSgeld wird nicht erhoben.
Anmeldungen zur Teilnahme an dem Kur« find bis spätestens 31. Dezember 1910 an die K. Zentralstelle für Gewerbe und Handel einzureichen. Aus den Anmeldungen sollen ersichtlich sein: Name, Beruf, Berufsstellung (ob selbständig oder Geselle), Wohnort und Alter des Angemeldeten. Auch ist darin anzugebe», ob sich der Anmeldende im Fall seiner Nichtzulassung an einem etwaigen zweiten Kurs vom 23. Januar bis 2 Februar 1911 beteilige» würde.
Die Gemeindebehörden und die Vorstände der gewerblichen Vereinigungen werden ersucht, die Beteiligten auf den Kurs aufmerksam zu machen.
Stuttgart, 30. November 1910.
Mosthaf.
Politische Amschau.
In unserem engere» Vaterlande war die Tagesordnung für de» Disput der großen Oeffent- lichkeit in der abgelaufene» Woche keine sonderlich bedeutungsvolle. Zwar wurde die Volkszählung in ihrem ersten allgemeinen Ueber- schlag zum Abschluß gebracht, aber das Interesse hieran trug zunächst fast nur lokalen Charakter. Dan» kamen in verschiedenen Städten die Bürgerausschußwahlen und hier zeigt e»
sich, daß, je mehr da» Proportionalwahlsystem sich einlebt, an den größeren Plätzen bei derartigen Wahlen der zersetzende und aufreizende Geist, wie er sonst zu tage getreten ist, sich ganz wesentlich gemildert hat. In würdig schlichtem Rahmen ist der Veteranenappell verlausen, dessen wir bereits in unserer letzen Umschau gedacht haben.
Scharfe Zurückweisung verdient ei» Vorgang beim Kgl. Württ. Statistischen Landes amt. Zu den Aufgaben dieser staatlichen Behörde gehört, statistisches Material über Volkszählungen, Berufs- und Betriebszählungen, Viehzählungen, Ernteergebnisse, Grundstück» - bewegung, Fleisch- und Milchpreise und eine Reihe volkswirtschaftlicher und sozialer Fragen zu sammeln und zu verarbeiten. Dieweil aber damit niemand gedient ist, muß da» Material natürlich auch veröffentlicht werden. Das geschah bisher durch die monatlichen „Mitteilungen de» K. Statistischen Landesamts", die seither dem „Staatsanzeiger" beigelegt wurden und aus denen Hera«» es dann für die Tageszeitungen in gemeinverständlicher, zusammenfaffender Weise verarbeitet werden konnte. Nun sollen diese „Mitteilungen" auf einmal den Tageszeitungen nur noch gegen eine ziemlich hohe jährliche Pauschalgebühr zugestellt werden, und damit diejenigen, die nicht abonnieren, davon keinen Gebrauch machen können, soll — der Nachdruck verboten werden! Der Nachdruck von Material, da» der Staat auf Kosten der Steuerzahler sammelt und an dessen möglichst weitgehender Veröffentlichung er ein eminentes Interesse hat. Dazu wird die Arbeit doch nicht gemacht, damit sie in de» Akten schön vergilbt und verstaubt?
Tage von einschneidender Bedeutung hat der Reichstag in dieser Woche hinter sich gebracht
Am dm Lorkeer der Wissenschaft.
31) Roman von Friedrich Thieme.
(Fortsetzung.)
„Wenn du keine Beweise beibringen kannst, wie willst du die Angaben Srkal» entkräftigen?" bedeutete er mitleidig dem Freund. „Ja, wenn du nicht da» Unglück gehabt hättest, bei deiner Ankunft in Wahnsinn zu verfallen — schon an sich wäre dir ohne Beweise der Sieg leicht geworden, so aber — da» Publikum wird von Anfang an deine geistige Integrität bezweifeln."
Professor Emmerich und Dr. Rietz sprachen noch ganz ander». Elfterer bekundigte direkt seine Ungläubigkeit. „Du weißt, Reinhart, wie ich dich liebe und schätze", bemerkte er. „Ein Fall aber, wie der von dir behauptete, ist einfach undenkbar. Leopold Sekal ist ein Ehrenmann, dem ein so unerhörter Betrug nicht zuzutrauen ist. Daß auch du nichts vorspiegelst, weiß ich wohl, du bist selbst fest von der Wahrheit deiner Darlegungen überzeugt; du unterliegst eben einer Wahnvorstellung, von der du dich frei machen mußt."
Dr. Rietz ging nicht ganz so weit, er sprach mehr durch die Blume, sein Rat resolvierte jedoch in der bestimmten Mahnung, den törichten Versuch aufzugeben. Auch er hob die praktischen Bedenken hervor, die er so pessimistisch wie möglich ausmalte. „Du wirst nicht nur," erklärte er, „den größten Teil der Vertreter der Wissenschaft gegen dich haben, sondern auch die in einem ihrer vornehmsten Mitglieder angegriffene Geldaristokratie. So rücksichtslos und mitleidslos auch Herr von Moris seinen Schwiegersohn aufgeben würde, wenn du einen, wenn auch noch so geringfügigen Beweis vorzulegen vermöchtest, so hartnäckig wird er ihn stützen, wenn deine Aktion keine Aussicht auf Erfolg verspricht. Ohne
Not blamiert sich niemand gern. Und wa» es heißt, gegen den Stachel löken, wirst du erfahren, wenn du meine Mahnung verachtest."
„Ich kann nicht ander»," erwiderte Reinhart entschlossen, „ich fühle mich im Recht und nur ein Feigling würde sein teuer bezahltes Eigentum ohne Verteidigung einem Räuber preisgeben."
Der Freund zuckte die Achseln. Reinhart verließ ihn, um trotz der ihm erteilten Ratschläge seine Absicht ins Werk zu setzen. Seine Erklärung war vollständig fertig, sie war mit scharfer Logik unter Verwertung aller ihm zu Gebote stehender Argumente abgefaßt, ohne in irgend einer Weise beschimpfend und kleinlich zu sein.
Der junge Mann zweifelte keinen Augenblick, daß die Spalte» der Zeitungen sich ihm sofort öffnen würden. Er täuschte sich. Zuerst fand seine Mitteilung, daß er der betreffenden Zeitung einen Artikel zur Veröffentlichung übergeben wolle, beinahe enthusiastische» Entgegenkommen, sobald jedoch die Redaktionen vernahmen, worum er sich handle, wurden sie bedenklich. Die Beweggründe verstand und würdigte er gar wohl: der Vorwurf, den er gegen Leopold Sekal erhob, involvierte eine schwere Ehrenkränkung, wie hätten die Zeitungen einen bisher unbescholtenen Mann, den Sohn eine» hochgeachteten Gelehrten, ohne den Schatten eine» Beweise» öffentlich bloßstrllen dürfen, noch dazu, da diese Beschuldigung seit ihrem Auftreten allgemein als die Wahnvorstellung eine» Kranke» bezeichnet war.
Mit Mühe fand er schließlich ein Blatt, da» sich bereitwillig zeigte, den Artikel wenigstens als Annonce seinem Inseratenteil einzuverleiben — Reinhart selbst fühlte gar keine Genugtuung hierüber, ja ohne Frese»» und Gertruds ermutigende Zusprache, hätte er vielleicht noch im letzten Augenblick seine Polemik zurückgezogen.
Unruhig und fast wie schuldbewußt hielt er sich in seiner Wohnung; es überkam ihn eine Deprimation, wie er sie »och nie empfunden. So trat er dem Geheimrat entgegen, der seinerseit» eine Herzlichkeit manierte,