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Amts- und Aureigedlatt für den Oderamtsbyirk Calw.
85. )chrg«»g.
Erscheinungstage: Montag, Dienstag, Mittwoch, Donnerstag, Freitag und Samstag. Jnsertionspreis 1V Pfg. pro Zeile für Stadt u. VezirkSorte; außer Bezirk 12 Psg.
Bezugspr.i.d. StadtVijährl.m. Trägerl. Mk. 1.25. Postbezugspr. j.d.Orts-u. Nachbarortsverk. ^jährl. Mk. 1.20, im Fernverkehr Mk.1.30. Bestellg.in Württ. 30Pfg., in Bayern u. Reich 42Pfg.
Tagesuerrigkeiten.
X Calw 4. Dez. Gestern fand in der Brauerei Dreiß das Prüfrrngskonzert der unter der Leitung des Hsnn Kapellmeisters Fromm fiehmden Musikschule statt. Der reiche Besuch ließ erkennen, welches Interesse man dem Abend entgegenbrachte, wo die kleine Künstlerschar Proben ihre» Könnens ablege« sollte. — Das Programm war fast zu reichhaltig, denn es bot 35 Nummern und stellte die Zuhörer auf eine lange Geduldsprobe. Und doch wäre eine Kürzung nicht gut angängig gewesen, denn es sollte ja jeder Schüler und jede Schülerin zum Reckte kommen. Die Darbietungen bestanden in Violin-, Klavier- und Gefangsvorträgen. Die Neuaufnahme des Gesanges im Programm wurde lebhaft begrüßt und bot eine angenehme Abwechselung. Die kleine Küvstlerschaar entledigte sich ihrer Aufgabe mit Geschick und Bravour, und alle Nummern ließe» erkenne», daß die Musikschule in guten Händen ruht und die Methode des Lehrer» eine gute ist. Einzelne Nummer« des Programms rühmend hervorzuheben, halten wir nicht für angebracht, denn jeder Vortragende und jede kleine Künstlerin ließ erkennen, daß man bestrebt war, die anwesenden Eltern und Freunde mit dem Könne» zu erfreue». Wir wünsche» der Musikschule ein ferneres Blühen und Gedeihen. Doch die Glanznummer für die Künstlerschar war die letzte Nummer der Programms, welche von Frau Dreiß „Solo" für die Kleinen vorgetragen wurde, denn an den strahlenden und lachenden Gesichtern sah man, daß sie mit ihren Leckerbissen sich da» Herz derselben eroberte. Nun denn Glück auf zum neuen Lernen und Streben.
Calw 5. Dez. Am Mittwoch Abend findet
im „Waldhorn" hier der 2. Vortragsabend von Schriftsteller Richard Urban statt. Hiebei wird der uns bereits bekannte Schriftsteller und Dichter von unseren heimischen Dichtern: Hermann Hesse, Anna Supper, Gertrud I. Klett, ernstes und heiteres zum Vortrag bringen und am Schluffe aus Fritz Reuter's „Hanne Nute" und „Ut mine Stromtid" einig; hübsche Episode» — gleichsam als Nachfeier zum 100. Geburtstag des Dichters — zum Vortrag bringen. Das Programm ist, wie aus der Ar zeige ersichtlich, ein sehr reichhaltiges und dürfte sich der Besuch lohnend erweisen. Der EintrittSerlöS ist zu wohltätigen Zwecken bestimmt.
* Calw 5. Dez. Das Buchbinder Melchinger'sche Haus auf dem Marktplatz ist im ZwangSvollstreckangsverfahren um 11400 ^ i» den Besitz von Friseur Winz übergegange». Früherer Kaufspreis des Hauser 14500
Calw. Die am 1. Dezember 1910 vorgenommene Volkszählung hat nach den vorläufigen Zusammenstellungen 5576 ortsanwesende Personen ergebe». Davon sind 2816 männlichen und 2760 weiblichen Geschlechts. Im Vergleich mit dem Ergebnis der Zählung 1905 von 5196 Personen (2554 männliche und 2642 weibliche) ist eine Bevölkerungszunahme von 380 Personen zu verzeichnen. (Im Jahre 1905 betrug der Zuwachs 266.) Bei der heurigen Zählung ist seit 1875 erstmals zu beobachten, daß die Zahl der männliche» Personen diejenige der weiblichen Personen um 56 überragt.
8 Hirsau Volkszählung 1910: 900 Personen; 49 Personen mehr als 1905.
! Deckenpfron»! Um ihre Veteranen zu ehre», veranstaltete am Andreasfeiertag der hiesige Militärverein zum Andenken an die
Kämpfe von Villiers und Champigny eine erhebende Feier. Vorstand Köhler hielt eine zündende und begeisternde Ansprache. Es folgte eise Reihe Deklamationen und allgemein gesungene Chöre. Die zwei hier noch lebenden Kombattanten trugen ihre Erlebnisse vor. Der Abend verlief deshalb in schönster Weise und mit dem Wunsche, es möge den noch lebenden tapfer« Kämpfern noch manches Jährchen beschicken sein, trennten sich die Vereinsmitglieder zu später Stunde.
Nagold 5. Dez. (Volkszählung.) Nach dem vorläufigen Ergebnis der Zählung beträgt die Einwohnerzahl 4029 gegen 3809 im Jahre 1905, somit Zunahme 220 Personen.
Stuttgart 3. Dez. Da» Königspaar ist gestern nachmittag von Schloß Bebenhause» wieder hier eingetroffe«.
Stuttgart. (Der Beteranenappell vor dem König.) Einen rmposanten Eindruck gewährte der am heutigen Sonntag auf dem Schloßplatz abgehaltene Veteranenappell vor dem König. Wohl an die 10000 Kriegsveteranen, darunter viele Offiziere, Sanitätsoffiziere und Mtliiärbeamte aus allen Teilen des Landes, brachten dem obersten Kriegsherrn ihre Huldigung dar. Schon am Samstag war ein großer Teil der Veteranen hier einge- troffen und der heutige Vormittag brachte immer neue Scharen. Kurz nach 10 Uhr trafen die Veteranen auf den verschiedenen Sammelplätzen ein, von wo aus der Anmarsch auf die Appellplätze unter Vorantritt der Musikkapellen erfolgte. Vor dem kgl. Refldenzschloß bildeten etwa 600 Mitglieder der Kriegervereine Spalier. Am Eingang zum Schloßhof hatten zahlreiche aktive Offiziere, Mitglieder des Präsidiums des Württ. Kriegerbundes und besonders geladene Zuschauer Aufstellung genommen; auch die Fahnen der Stuttgarter Kriegervereine waren dort aufgestellt. Kurz vor >12 Uhr hatten die Veteranen dis Appellplätze in und vor
Am den Lorbeer der Wissenschaft.
27) Roman von Friedrich Thieme.
(Fortsetzung.)
In plötzlich hervorbrechendem wildem Schmerz fuhr Wera fort: ,,e» ist eine grausame Prüfung! Ich darf nicht einmal die Entscheidung dir selbst überlaffe», Reinhart, weil deine Liebe zu mir dich veranlassen würde, unrecht gegen dich selbst, deine Familie und deine Ehre zu handeln, mein Urteil muß so lauten, wie ich gesagt, — wir aber —" sie erhob sich hastig und blickte ihn kummervoll a», „wir dürfen einander nun nicht mehr Wiedersehen!"
„Ich fühle, daß du recht hast, Wera!" rang es sich qualvoll au» dem Munde des bleiche», erschütterten Mannes, indes da» junge Mädchen sich schluchzend an die Brust der Freundin warf und eine kurze Zeit ihren Tränen freien Lauf ließ. Die drei sprachen lange kein Wort mehr. Auch Gertrud verharrte still; des Doktor» Schmerz war stumm und tränenlos, e« war der Schmerz des Mannes, der tief und grundlos ist wie die stille, schweigende Flut.
Nach einer Weile riß die Tochter des Geheimrat» sich los, nachdem sie die Freundin noch einmal in einer stürmischen Umarmung an sich gepreßt — sie nahm mit derselben ja zugleich von der Geliebten Abschied!
„Lebt wohl," rief sie, „lebt wohl und bewahrt mir Eure Liebe!" Von Gertrud geleitet, entfernte sie sich rasch, im Fortgehen noch mit abgewavdtem Blicke Reinhart ihre Hand reichend, die er einige Augenblicke fest und innig gefaßt hielt.
„Leb wohl, Wera, liebe», teure» Mädchen, leb wohl!"
„Tue deine Pflicht," hauchte sie kaum vernehmbar, „und Gott möge alles zum besten leiten."
So schieden sie von einander. . . .
10 .
Freudig erhob sich der Geheimrat Sekal von seinem Arbeitsstuhle, als ihm der Besuch de» Kommerzienrat» von Mori» gemeldet wurde. Da» Mädchen beiseite schiebend, ging er dem Besucher selbst entgegen, ihn zu begrüßen und einzuführen.
Allein sein freundliche» Willkommen blieb ihm beim Anblick der verstörte» Miene des Gaste» im Halse stecken.
„Herr Kommerzienrat — mein Gott, wa» ist denn geschehe«? Ist Ihnen nicht wohl?"
„Nicht doch," erwiderte der reiche Handelsherr erregt. „Aber, nicht hier — kommen Sie hinein, lieber Kommerzienrat."
Beunruhigt folgte ihm Sekal in sein Arbeitszimmer.
Der Kommerzienrat riß mit einer ungestümen Bewegung ein ZeitungSblatt aus seiner Brusttasche und warf er auf den Tisch.
„Sie haben das wohl noch gar nicht gelesen?" fragte er fast heftig.
„Da» — was?"
Und Sekal griff nach dem Blatte.
„ES ist eine Inf. mie, eine Perfidie," gellte die sonst sogleichmäßige Stimme de« Kaufherrn durch den Raum. „Das Unerhörteste, was ich je erlebt —"
„Aber ich bitte Sie —"
„Lesen Sir nur; dieser Doktor Hohl, dieser Intrigant! Er wagt es, einen solchen Skandal zu provozieren! Sie, mich, Leopold, un» alle zu affrontieren!"
Mit hochrotem Gesicht ließ er sich in einen Lehnsessel fallen, beugte sich firberatmend weit zurück und klopfte mit einem seiner Diamanttinge nervös auf die Lehne de« Stuhl«.
Sekal» Blicke schweiften indessen über den blauangestrichenen Zeitungsartikel, erst langsam, dann immer schneller, mit einer gierige» krampfhaften Hast, während seine Züge sich mehr und mehr verzerrte«,