1245
noch nie um Unterstützung angerufen. Der jetzige Hilferuf ist auch kein Bettel». ES handelt sich um eine Angelegenheit, die die Allgemeinheit interessiert. Spindler (Ztr.): Reichsgesetzliche Maßnahmen zur Bekämpfung der Rebschädlinge find dringend nötig. Lehmann (Soz,): Die preußische Regierung hat in dieser Frage nicht das nötige Interesse gezeigt. Die Reichsregierung hat uns mit Redensarten abgefertigt. Zehnter (Ztr.): Der Anbau der amerikanischen Reben ist keineswegs gefahrlos. Die Reblaus findet dadurch ihre gefährliche Verbreitung. Becker- Köln (Ztr.): Auch im Siebengebirge bestehen große Mißstände. Die Bevölkerung wenM sich anderen Berufkzweigen zu und die Landflucht nimmt zu- Baumann (Ztr.): Den kleinen Besitzern fehlen oft die Mittel zu einer wirksamen Bekämpfung der Rebkrankheiten. Der Notstand ist dringend. Die Erwägungen sollten möglichst beschleunigt werden. Damit ist die Tagesordnung erledigt. Nächste Sitzung morgen vormittag 11 Uhr: Mittelstandsantrag der Konservativen.
Berlin 2. Dez Ucber den furchtbaren Sturm auf dem kaspischen Meer wird dem „Berl. Tagebl." telegraphiert: Der Sturm, der 5 Tage wütete, hat 300 Menschenleben gefordert. Als er losbrach, lagen auf der Reede vor dem Wolgadelta außer mehreren großen Seedampfern 15 zur Umladung bestimmte vollbeladene große Barken mit einer Besatzung von 180 Mann; außerdem befanden sich auf einer Barke 200 persische Lastträger. Von den Barken find 10 im Sturm untergegangen und mehr als 300 Mann der Besatzung ertrunken. Alle andere Barke» und Dampfer zeigten die Notflagge. Infolge des gewaltigen Sturmes wagten die großen Dampfer nicht, die Anker zu lichten und den in Not bifindlichen Barken zu Hilfe zu eilen. Nur Kapitän Maesoak auf dem Dampfer Jmperatrice hatte den Mut, mitten in die rasende, mit tausenden von Trümmern bedeckte Flut hineinzufahren und den mit dem Tode ringenden Seeleuten zu Hilfe zu eilen. ES gelang ihm, 20 Mann, die im Frost fast erstarrt waren, zu reiten.
Hamburg 2. Dez. 4 Personen, die «ach dem Genuß von Margarine erkrankt waren, sind gestorben. Die Zahl der bis jetzt gemeldeten Erkrankungsfälle beläuft sich auf 175.
Paris 1. Dez. (Vom Kronprinzenpaar.) Nach einem Telegramm des „Newyork- Herald" nahm das deutsche Kronprinzevpaar gestern wieder an einer großen Elch-Jagd im Innern von Ceylon teil. Die Jagd, die von mehreren Notablen der dortigen Gegend veranstaltet wurde, fand in dem Gebiet zwischen
Nuwarro, Aija und Uakgalla und auf der großen Elchwild-Haide von Blackpool statt. Der Kronprinz und die Kronprinzessin fuhren im Automobil eine Strecke von 3 englischen Meilen bis zu dem Punkt, wo die Dschungeln begannen. Zahlreiche Zuschauer hatten sich eingefundrn. Daun stieg das Kronprinzenpaar zu Pferde und ritt, den Hunden auf dem Fuß folgend, in die Dschungeln hinein. Die Hunde bemühten sich indessen, da beständig ein feiner Regen niederrieselte, 5 Stunden lang vergeblich, einen Edelhirsch aufzuspüren und die Jagd wurde gegen Mittag ergebnislos abgebrochen._
Mkrttderichk.
Waiblingen 30. Nov. Dem heutigen Viehmarkt waren 68 Ochsen, 82 Kühe, 111 Kalbinnen und Rinder und 6 Kälber zugetrieben. Der Verlauf des Marktes war ein mittelmäßiger und kamen bei steigenden Preisen zum Verkauf: 42 Ochse» für 400—700 Mk, 36 Kühe für 250—550 Mk., 75 Kalbinnen und Rinder für 120—500 Mk. und 6 Kälber für 60—80 Mk. das Stück — Auf dem Schweinemarkt betrug die Zufuhr 30 Läuferschweine und 108 Milchschweine. Verkauft wurden: 22 Läuferschweine Um 25—65 Mk. und 108 Milchschweine u m 10—18 Mk das Stück. _
Calw 2. Dez. 1910.
Rathausbericht.
Der Waldnutzungsplan für 1911 sieht 2100 Festm. Nadelholz-Hauptnutzung und 290 Festm. Zwischennutzung vor; nach dem Kulturplan sind 29600 verschütte Nadelhölzer und Buchen in den Wald und 10000 Buchen- fämlinge in die Saalschule einzubringen. Die bessere Beforstung des MuckbergS soll nochmals einer sachverständigen Begutachtung unterstellt werden. Die Holzhauerlöhne wurden in einzelnen Positionen auf die gleiche Höhe mit den in Staatsforsten bezahlten gebracht. Mehraufwand 300 der sich auf 17 Holzhauer verteilt. — Zum Marktmeister wurde an Stelle des f Eichmeisters Feldweg Glasermeister und Schrannenmeister Schwämmle gewählt. (Belohnung 7 50 ^ für den Markt.) — Die
Feldschützenstelle soll aus der Liste der mit Militäranwärtern zu besetzenden Stellen gestrichen werden. — Verhandlungen mit mehreren Grund- stückjbesitzern über die Führung der elektrischen Leitungen. — Der Wintersportverein erhielt die Erlaubnis zur Beleuchtung der neuen Altburger Straße bei Schlittenbahn. — Durch Vermittlung der Vereinigung kleinerer württ. Gaswerke wurde bei der K. Preuß. Bergwerksdirektion Saarbrücken die Kohlenlieferung zu 14^ f. d. t, für 1911/13 vertraglich sicher
gestellt. — Regelung des Umfangs des GaSbezugS als BesolduvgSteil» für den Maschinenmeister Feldweg und die Georgenäumshausverwalterin Pfrommer. — Hierauf: Nichtöffentliche Sitzung.
Letzte Nachrichte«.
Calw 3. Dez. Von der K. Eisenbahnbetriebsinspektion werden wir ersucht, folgendes bekanntzugeben:
Vom Montag, 5. d». MtS. an, werde» ferner bi» auf Weitere» nicht mehr ausgeführt:
Zug Nr. 900 Calw ab 5.30, Pforzheim an 6 30 vorm.,
Zug Nr. 921 Pforzheim ab 4 55, Unterreichen- bach an 5.26 nachm.
Zug Nr. 929 Pforzheim ab 5 53, Calw an 7.02 nachm.
Hirsau 3. Dez. Bei der gestern unter mäßiger Beteiligung stattgehabte» Bürger- ausschußwahl wurden die bisherigen Mitglieder B e e r i, Boley undHolzäpfel wiedergewählt, al» neues Mitglied trat hinzu Conditor Wirth.
LtandeAamI Cat».
G eborene.
26. Nov. Emilie, T. d. Heinrich Wangner, Telephonarbeiters hier.
26. Nov. Emil Otto, S. d. Franz Heilemann, Fabrikarbeiters hier.
1. Dez. Frida Klara, T. d. Friedr. Pfrommer jr., Bäckermeisters hier.
Gestorb ene.
25. Nov Anna Maria Kalmer. geb. Holzäpfel von
Gültlingen, 45 Jahre 4 Mon. alt.
26. Nov. Emilie Luise Klöpftr, ledige Privatiers
hier, 74 Jahre 10 Monate alt.
30. Nov. Hugo Rau, Kaufmann hier, 58 I. alt. 30. Nov. Hermann, S. d. Paul Bauerschmidt, Hilfsbremsers hier, 3 I. 4 Mon. alt.
«sttesdierrfte.
2. Advent 4. Dez. Vom Turm: 98. Predigtlied: 640. Wir warten dein rc. 9'/, Uhr: Vormitt.- Predigt Dekan Roos. 1 Uhr: Christenlehre mit denSöhnen. ö Uhr: Bibelstunde im Vereinshaus, Stadipfarrer Schmid.
Nonnerstag, 8. Dez. 8 Uhr abends- Bibelstunde im Vereinshaus, Dekan Roos.
Reklameteil.
Taschenbuch für Besitzer von Wertpapiere«
(1911). Die Bankfirma Baer S Elend, Karlsruhe, Karlfriedrichstr. 26 (Filiale in Stuttgart, Königstr. 62) versendet nächstens wieder ihr Taschenbuch — 5. Jahrgang — welches für alle Besitzer von Wertpapieren und für Börseninteressenten beachtenswerte Mitteilungen enthält. Es sei besonders darauf htnge- wiesen, daß die Firma Baer Elend ihr Taschenbuch Interessenten auf Verlangen kostenlos zugehen läßt
selbst und die Deinigen, nicht nur dein eigene», auch ihr Geschick hängt an deinen Erfolgen. Wenn du schon bereit wärest, deine eigenen Ansprüche aufzugeben, wer gibt dir die Berechtigung, die Deinigen zu opfern? Ich selbst kan», darf dich von nichts entbinden, was du der Ehre, der Wahrheit und deiner Familie schuldig bist, da» wäre vermessen, denn meine Augen dringen nicht auf den Grund! Soll ich dir mehr glauben als ihm, ihm mehr als dir? Ich liebe Euch beide und darf nicht wollen, daß einer von Euch betrogen werde — warum sollte mein Bruder unrechtmäßig besitzen, was einem anderen gehört? Hat er seine Ehre so weit vergessen, so mag er auch die Folgen tragen — wa» nützt mir der falsche Schein eine» Ruhmes, dessen ganze Erbärmlichkeit ich durchschaue? Ist er schuldig, soll er, der Betrüger, sich in den Strahlen de» Feuers wärmen, das du, der Betrogene entzündet hast? Oder umgekehrt?
Wie egoistisch und schlecht wäre ich, sollte ich demjenigen von euch alle Ehren de» Verdienstes gönnen, der sie nicht verdient? Um die Ehre meiner Familie zu bewahren, soll ich dich anflehen, diejenige deiner Familie preis zu geben? Nein, Reinhart, Wahrheit und Gerechtigkeit auch im Interesse der Wissenschaft!"
„Auch so bliebe stets ein Zweifel an der Ehrlichkeit der Tat meine» Bruders übrig, weil du ihn doch schon einmal beschuldigt hast — es ist heilige Pflicht, da« Dunkel zu lichten. Denke, wir erwählten die Resignation, du schwiegst, ich würde die deine — mit welchem Bewußtsein würden wir leben? Wähnst du, du oder ich würden je wahrhaft glücklich sei» können? Der Schalten jener Unterlassung würde auf jeden unserer Tage fallen und die Sonne de» Glücks ihn kaum je zu durchdringen vermögen — selbst ich würde mit der Zeit als dein Weib einen Entschluß schwer empfinden, den ich jetzt egoistisch zu Gunsten meiner gegenwärtigen Familie von dir forderte.
Weiß ich denn nicht auch, wie ganz anders ein Mann solche Dinge empfindet und beurteilt? Der Verlust deine» Rechte» ist die Zerstörung deines Leben» — nein, Rijyhart, du mußt kämpfen um da», wa» dir
gebührt, ohne Rücksicht auf mich, auf da» starke Gefühl der Neigung, denn diese» Gefühl wird vergehen, die Verbitterung aber wird bleiben und al» nagender Wurm der Zerstörung an deinem Herzen, deinem Geiste fressen! Habe ich nicht recht, Gertrud?"
Die Angesprvchene antwortete, sie fürchte sich ja zu sagen, weil ihr Urteil viemal» ein ganz objektives sein könne.
„Mein inneres Gefühl stimmt dir zu, nur weiß ich nicht, ob ich ihm unbedingt vertrauen darf."
„Du darfst, ich kenne dein ausgeprägte« Gerechtigkeitsgefühl."
„Du hast mich heute an Selbstlosigkeit weit übrrtroffe», Wera, ich muß dich bewundern, so sehr ich euch bemitleide."
„Wenn ich dich richtig verstand," nahm Reinhart in dumpfem Tone da» Wort, „so geht drin Anspruch dahin, daß du mir nicht einmal die Qual der Welt selbst überlässest? Du forderst mich auf zu kämpfen?"
„Ja, Reinhart, — Ehre, Wahrheit und Wissenschaft stehen höher als die Liebe!"
„Und du — weißt auch, daß du mich durch diese« Spruch von dir scheidest?" '
Wera atmete schwer, ihre dunklen Augen erglänzte« feucht. Gewaltsam suchte sie die stürmische Bewegung ihres Innern zurückzudrängen. E« gelang ihr, sich zu beherrsche», äußerlich wenigstens — und doch klang ihre Stimme gebrochen und unnatürlich, als sie nach kurzem, aber schwerem inneren Kampfe entgegnete:
„Vielleicht, Reinhart, — aber — ich kann nicht ander»! Die Alternative ist zu furchtbar! Wa» würde die Welt von mir sage«, wenn ich, die Schwester, in solchem Zwist nicht auf Seite der Meinen stände? Ich werde fortfahre», dich zu liebe», ich werde zu Gott beten, daß er, der allmächtige, uns einen Ausweg der Rettung zeigen möge — ich bin nur ein Weib und weiter steht nicht» in meiner Macht: ich will mit Leopold sprechen, ihn auf» Gewissen ergründen und in ihn dringen, auch seinerseit» der Wahrheit die Ehre zu geben!" (Fortsetzung folgt.)