274 . Amts- Md AuMgeblstt für dm Oderamtsbezirk Calw. 85 . Jahrgang

MrWWkn

L / d

^HSKA

MM

lebeniM -

-MW.

-U-M

'«iL*.

MWM

MLLi

!«UA

Erschcinungstage: Montag, Dienstag, Mittwoch, Donncrstag/Kreitag und Samstag. Jnsertionspreis lv Psg. pro Zeile sür Stadt u. Bezirksorte; außer Bezirk 12 Pfg.

N«!;?chr B»r«mrL«,ach«i«KE.

BekasNtmachrmg.

De« OrtsschulrSten aehen in den nächsten Tagen Formulare für Gesuche um Staats beitrage zu den Koste» des Haudarbeitsunterrichts für das Schuljahr 1910/11 zu. Die Tabellen find für alle Schulorte von dem Schulvorstand, ersten oder einzigen Lchrcr anzulegen, von dem Ortsschul­rat zu vrüfen, soweit nötig zu ergänzen und späte­stens bis 15. Dezember 1910 dem gemeinschaftl. Oberamt in Schulsachen einzusenden

Für die Arbeitslehrerinnen im Nebenberuf gilt als Regel, daß die Bezahlung für die einzelne Stunde Nicht unter 50 Pfg. heruntergehen darf. Gemeinden, welche unter diesem Betrag bleiben, können aus einen Staatsbeitrag nicht rechnen.

Calw, 2i. November 1910.

K. gem. Oberamt in Schulsachen:

Binder. Schmid.

Tagesuenigkeiten.

-n. Gechtnge«. Auf Anregung de» hiesigen Ortsschulrats gab Herr OberamtS- baumwart Widmann von Calw in der Fort­bildungsschule der Söhne an zwei Mittagen Be­lehrungen über Obstbaumzucht. I» anschau­licher Weise zeigte er da» Pflanzen und Schneiden, da» Ultipfropfen und Veredeln der Obstbäume. Diesen praktischen Demonstrationen folgten die Schüler mit sichtbarem Interesse. In der nächsten Zeit wird er noch über die Krankheiten und die wichtigsten Schädlinge der Obstbäume sprechen. In dankenswerter Weise hat der hiesige Ge­meinderat die Kosten für diese Vorträge auf die Gemeindekaffe übernommen. Zu wünsche» wäre es, daß auch in anderen Gemeinden die Heranwachsende Jugend durch solche praktische

Mittwoch, den 23. November 1910.

Belehrungen auf den großen Wert einer richtigen Baumpflege hin gewiesen werden könnte.

Zuffenhausen 22. Nov. (Rascher Tod.) Gestern vormittag gelangte von der Behörde in Stuttgart aus die Nachricht an die Julius Löw'scheu Eheleute, daß ihre in Stutt­gart im Dienst bkfindlche 23jährige Tochter Berta in der Frühe tot im Bett aufgefunden worden sei. Ob ein Schlaganfall, oder was sonst ihrem jungen Leben ein Ende gesetzt hat, dürfte sich bei der Sezierung der Leiche ergeben.

Stuttgart 22 Nov. (Beschaffenheit der Marken in den Freimarksnheftchen.) Beim Beschneiden der Freimarkenheftchen kann er Vorkommen, daß ein Teil der zur Marke ge­hörigen Bohrlöcher angeschnitten wird. Ueber derartige geringfügigeMängel, bei denen in keinem Falle das Markenbild angeschnitten ist, haben die Postanstalten beim Verkaufe der Heftchen an das Publikum sowie bei Prüfung der Echtheit und Gültigkeit der Wertzeichen hinwegzusehen; es ge­nügt als EchtheitSmerkmal, daß wenigstens zwei Ränder der Marken ordnungsmäßige Durchlochung aufweisen.

Stuttgart 22. Nov. (Strafkammer.) Die Fabrikarbeitersehefrau Katharine Kurz von Feuerbach wurde in Hedelfingen in der Wohnung eines WeingärtnerS angetroffen. Sie war während der Abwesenheit der Bewohner einge- druvgen, hatte einen Kasten erbrochen «nd nach Geld durchsucht. Sie hatte sich nach Hedelfingen begebe», um zu stehlen; in Anbetracht ihrer vielen DiebstahlLvorstrafen schloß das Gericht mildernde Umstände aus und erkannte gegen sie auf 1 Jahr Zuchthaus.

Stuttgart 22. Nov. (Kostkinder­wesen.) Zufolge de» am 1. Januar in Kraft

Bezugspr.i.d. Stadl ^ährl.m. Trägerl. Mk. 1.25. Postbezugspr. f.d.Oris-u.NachbarortSverk. ^jährl. Mk. 1.20, im Fernverkehr Mk. 1.30. Besteüg. in Württ. 30Pfg., in Bayern u. Reich 42Mg.

getretenen neue» Kostkindergcfttzes sind im lau­fenden Jahre bi» j-tzt beim hiesigen Stadtpolizei­amt 900 Gesuche um Erlaubnis zum Halten von Kost- und Pflegekinder angebracht und behandelt worden. Irr 25 Fällen mußte die Erlaubnis versagt werden.

Eßlingen 22. Nov. (Selbstmord­versuch.) Heute früh machte der etwa 30 Jahre alte verheiratete P. Bocher einen Selbst­mordversuch mit Lysol. Er wurde bewußtlos in» Krankenhaus geschafft, doch dürfte er mit dem Leben davon kommen.

Heilbronn 22. Nov. DaS Schwur­gericht hat die 29 Jahre alte Dtenstmagd Anna Rostne Hirsching von Oberfischbach OA. Gaildorf von der Anklage der Kindstötung freigesprochen. Die Sachverständigen-Aerzte, die die Angeklagte beobachtet hatten, widersprechen sich in ihren Gutachten. Der Staatsanwalt hielt den Beweis, daß fie bei Begehung der Tat zu­rechnungsfähig gewesen ist, für erbracht und beantragte die Bejahung der Schvldfrage, zumal die Angeklagte völlig geständig ist. Die Ge­schworenen verneinten jedoch die Schuldfrage und so erfolgte dir Freisprechung. Mit diesem Fall find die Schwurgerichtsfitzungen für diese» Quartal beendet.

Kleiningersheim OA. Besigheim 22. Nov. (Leichenländung. Grabfund.) Ungefähr 500 Meter unterhalb der Mühle in dem Neckar wurde von hiesigen Einwohnern eine männliche Leiche geländet. Nach der gerichtlichen Untersuchung wird angenommen, daß es fich hier um ei» Verbrechen handelt, da bei dem Leichnam die Hirnschale zertrümmert war. Der Verlebte dürfte dem Arbeiterstande angehören und im Alter von ca. 40 Jahren stehen. Dieser Tage

Am den Lorbeer der Wissenschaft.

19/ Roman von Friedrich Thieme.

(Fortsetzung.)

Seine Genesung machte nunmehr sichere und im ganzen rasche Fortschritte. Die zunehmende Klarheit seine» Geistes zeigte fich in feinen Fragen und Antworten, in dem Verkehr mit seinen Aerzte» und Mit­leidenden. Sein freundschaftlicher Verkehr mit dem Freiherrn von

Ottstädt-Nohringen dauerte fort «nd liebevoll ging er auf dessen merk­

würdige Illusion ei«. Der Irrsinnige vertrante ihm immer wieder da» Geheimnis feines Schatzes an, mit dem Zusatze, daß er, Doktor Hohl, denselben mit ihm heben müsse. Der Doktor versicherte dem Kranken jedermal herzlich seine Bereitwilligkeit.

Frefen, aufs äußerste entzückt hierüber, gestand Gertrud, daß er im Grunde doch nicht ohne Befürchtungen sei und fügte hinzu:

Ein ernster, ja kritischer Moment steht noch bevor: Die Rückkehr

des Gedenkens an seine Reise und da» Renkontre mit seinem Begleiter

und Rivalen. Sobald die Erinnerung an jene Vorgänge wiedelkehrt, wird fich offenbaren, ob Reinhart von seiner fixen Idee inbetreff Leopold SekalS geheilt ist oder an derselben ftsthält, in letzterem Falle ist ein Rückfall in die alten ÄvfregungSzustände nicht ganz außer Betracht zu lassen."

Da» wäre entsetzlich", seufzte Gertrud.

Die Befürchtung de» Arzte« sollte fich eher erfüllen, als er gedacht. Al» Gertrud am anderen Morgen dem Bruder ihren gewöhnlichen Wochenbesuch machte, fand sie ihn gedankenvoller al« während der ganzen letzten Zeit.

Beunruhigt forschte fie ihn au».

Das Buch wo ist da» Buch?" erwiderte er und warf eineu durchdringenden, aber durchaus nicht verwirrten Blick aus die Schwester.

Welche» Buch?" rief fie erschreckt, da fie die Frage für den Ausfluß einer neuen fixen Idee hielt.

Mein Skizzen- und Tagebuch da» Buch, da» ich von meiner Reise mitgebracht und welche» de» Beweis für die Wahrheit meiner Behauptung «nd die Lüge jene» Betrüger» enthält, der mir den Ruhm meiner Tat freventlich rauben will!"

Dem jungen Mädchen gab e» einen Stich durch die Brust, sie suchte ängstlich in seine« Zügen nach jenem unbeschreiblichen Ausdruck, welcher da» Entschwinden de» geistigen Bewußtseins zu begleiten pflegt, aber fie begegnete nur einer Miene natürlicher Unruhe und Besorgnis.

Hast du denn ein solches Buch besessen?" erklang ihre bestürzte Erkundigung.

Gewiß, zwei, ein große», welche» eine ausführliche Darstellung meiner Erlebnisse enthielt und da» ich, um für den Fall eine» Ueber- falle« durch die Wilden gesichert zu sein, Leopold in Verwahrung gegeben hatte, und woraus der Betrüger die Kenntniffe geschöpft hat, welcher er zur Durchführung seine» Schurkenstreiche» bedurfte, und ein kleinere», welches ich selbst behielt und das außer verschiedenen wichtigen Notizen und einigen meteorologischen, geologischen und topographischen Beobach­tungen, die von mir entworfenen Zeichnungen der entdeckten Seen, Flüsse, Berge u. s. w. enthält. Und diese» letztere ist e», da» ich vermisse!"

Gertrud betrachtete erstaunt ihren Bruder. Seine Stimme klang so überzeugend wahr, so klar und sicher. War e» möglich, daß auch jetzt eine Selbsttäuschung an» ihm sprach? Sie wußte nicht, wa» ste denke« sollte, «nd winkte ihren Bräutigam herbei, der fie absichtlich mit Rein­hart allein gelassen hatte und auf einer anderen Sette de» Garten» in gewohnter Weise mit dem Pseudoprinzen promenierte.

Albin, bttte," rief ste dem eilig Herzukommenden entgegen im selben Augenblick aber überzog eine dunkle Röte Stirn und Wange». Noch kannte ja der Rekonvaleszent ihre Beziehungen z« seinem Arzte nicht.