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^ 269. Amts- und AnMgMatt für den Oderauitsbylrk Calw. 8S. ZahkM,.
Erfcheiinniq^tc.qe: Montaq. TienStaq. Mittwoch, l'onttcräro.st.Freltars und Scirnsla§. Iltsertionsvleis lO Pfg. pro Zeile süc Studr u. VezirkLorle; archer Bezirk l 2 Psg.
Donnerstag, den 17. November 1910.
Bezugspr.i.d. Stadt Vijährl.m. Trägerl. Mk. ä.2S. PostbezugSpr. s.d.Orts-u.Nachbarortsverk. l/^jährl. Mt. 1.20, im Fernverkehr Mt. 1.30. Befteüg. in Würlt. SV Pfg., in Bayern u. Reich 42 Wg.
Amtlich« AeSsAntMarhEge«.
Kgl. Overamt Calw.
Kars Ln autogener Metülldearbkitllug.
Die K Zentralstelle für Gewerbe nnd Handel beabsichtigt, im Fall genügender Beteiligung im Januar des kommenden Jahres im Landcsgewerbe- Museum in Stuttgart einen Kurs zur Unterweisung in den verschiedenen Verfahren der autogenen Metallbearbeitung abzchalten.
Näheres im Gewerbeblatt Nr. 46
Das Gewerbeblatt kann u a. bei den Schult- heitzeuSmter« eingesehen werden, welche zu diesem Zwecke hiemit angewiesm werden, den Gewerbetreibenden auf Wunsch Einficht in das ihnen mit dem Staatsanzeiger zugehende Gewerbeblatt zu gewähren.
Den 16. November 1910
Reg.-Rat Binder.
Urrtererrilihrrwg auf dem Laude.
Die Frage der Unterernährung auf dem Lande ist noch nicht zur Ruhe gekommen, besonder« die Regierungen von Württemberg, Bayer«, Preuße» «nd einigen thüringischen Staaten haben sich dieser Frage angenommen und die Sammlung eine« großen Tatsachenmaterials unterstützt, da«, zum größten Teil au« den Erhebungen der jüngsten Zeit genommen, jetzt von vr. msä. I. Kaup im Aufträge der Zentralstelle für Volkswohlfahrt in einem stattliche« Bande verarbeitet vorliegt. E« muß in der Tat alt feststehende Tatsache gelten, daß eine grundlegende Aeuderung in der Ernährungsweise der ländlichen Bevölkerung eingetrete« ist und zwar hauptsächlich aus dem Grunde, weil die ländliche Bevölkerung sich selbst die Nahrungsmittel Milch und Butter entzieht, um sie direkt
oder auf dem Wege der Sammelmolkereien in die Stadt abzuführen. Während normaler Weise 60°/o der Milchprodukrion von der ländlichen Bevölkerung verbraucht werden müßten, und nur 40 °/° in die Stadt wandern dürften, ist das umgekehrte Verhältnis eingetreten, daß 60 °/» in die Stadt abgeführt werden und nur 40 °/o auf dem Lande bleiben. Wenn man des weiteren vergleicht, daß die Milchkühe von 1890—1900 von etwa 8 700 000 auf nur 9 300000 Stück gestiegen sind, während der Milchkonsum in diesem gleichen Zeitraum von 1870 auf 5130 Millionen Liter angewachsen ist, so fragt man sich, auf welchem Wege dieser vergrößerte Milchkonsum herbezogen, bezw. durch welche Aenderungen der Verbrauchsstatistik er in Augenschein getreten ist. Auch seit 1900 ist die Steigerung der Anzahl des Milchviehs keine wesentlich größere gewesen, da es 1900 nur 19 Millionen Stück, 1907 20,6 Millionen Stück Rindvieh gab, davon Kühe 1900: 10,4 Millionen, 1907: 11,0 Millionen, d. h. auf 100 Einwohner 1900:19,5 Kühe, 1907: 17,5 Kühe. Da« ist also ein bemerkenswerter Rückgang. Freilich ist nun die Einfuhr der Milchbutter ganz bedeutend gestiegen, nämlich, während im Jahre 1895/96 die Mehrausfuhr in eine kleine Mehreinfuhr übergegangen war, seit 1902 von 28,4 Mill. Mark auf 98,1 Mill. Mark im Jahre 1909, — eine prozentuale Steigerung, die kaum irgend eine andere Warengattung aufzuweisen hat. Einstweilen also behelfen wir uns schon, so gut es eben geht, mit der ausländischen Produktion, aber die» genügt trotzdem bei weitem nicht. Die verbrauchte Menge von Milch stieg in einer Reihe von großen Städten (1896—1903) von 93 auf 115 Liter, während sie nach Roth („Ländliche Hygiene") ans dem Lande von 115 Liter (1890) auf 54 Liter (1900) zurückgrgangen
ist. Die Folgen machen sich denn in der Tat auch schon aufs deutlichste bemerkbar. In erster Linie ist es die Säuglingssterblichkeit, die durch diese Verschiebung der Ernährungsweise beeinflußt wird. Die SterblichkeitSziffer der Säuglinge sinkt in der Tat in der Stadt bereits mehr al« auf dem Lande «nd beträgt, während sie noch in den 50er Jahren im allgemeinen Durchschnitt in der Stadt 3,15 °/°, auf dem Lande 2,98 °/„ betrug, jetzt (1906—1908) in der Stadt 1,78 °/°, auf dem Lande 1,82 "/<>. In Preußen sind, nach Kaup, die Unterschiede noch größer. Eine andere Folgeerscheinung, die ebrnso bedenklich ist, ist diejenige, daß bei den Militäraut- hebungrn bei gleichem Heeretbedarf, gleichen Untersuchungsmethoden, gleichen Ansprüchen ein stängiger Rückgang der körperlichen Tauglichkeit, auch der ländlichen Jugend, und in manchen Corpsbezirken nur der ländlichen Jugend sich eingestellt hat. Auch die allgemeine Sterblichkeit ist in den letzten 20 Jahren in den Städten in erheblichem Maße zurückgegangen, viel mehr als auf dem Lande, nämlich 6,1 pro 1000 in den Städten und nur 3,4 pro 1000 auf dem Lande. ES ist also ein ganzer Komplex von Erscheiunngen, der uns einen Anhaltspunkt gibt über die bereits eingetretenen und noch zu erwartende« Schädigungen der Unterernährung auf dem Lande, verbunden mit der mangelhaften ländlichen Hygiene. Von der bayrischen Regierung wird berichtet, daß sie bereit» Maßnahmen ergriffen hat, um dieser Gefahr zn steuern. Sie sucht durch Vorträge in landwirtschaftlichen Vereinen, durch Gründung von Wanderhaushaltschulen, Bekämpfung der Säuglingssterblichkeit, sozial hygienische Betätigung der Bezirksärzte und andere» zunächst ein größere« Verständnis für hygienische Erfordernisse
Am den Loröeer der Wissenschaft.
14> Roman von Friedrich Thieme.
(Fortsetzung.)
Noch am selben Abend erfolgte die Ueberführuag des unglücklichen Forscher» in dir Nervenheilanstalt de» Dr. Wittekindt. Von seiner Schwester, dem Arzte «nd einem Wärter begleitet, lag der arme Dr. Hohl in den Kiffen de« Krankenwagens, mit den hohle» Augen irrend umher- fahreud und dann «nd wann ««zusammenhängende Worte vor sich hin- sprechend. Der Kranke erkannte weder seine Umgebung noch seine Schwester, er sah nicht» al» die Bilder seines kranken Hirn», und da» war gut für ihn, denn dadurch erblickte er auch den feingekleideten Herrn nicht, der in einem offenen Wagen an ihm vorüberfuhr Aber Gertrud bemerkte ihn wohl und purpurne Röte übermalte für einen Moment ihr Antlitz. Der Herr sah weder sie noch ihre» Bruder, er war offenbar in tiefe, aber — dem seine Züge verklärenden Lächeln nach — nicht gerade unangenehme Gedanken versunken.
E» war Leopold Sekal, und er begab sich nach der Villa des Kommerzienrat» Moris, wo diesen Abend seine Verlobung mit der schönen Herma durch eine glänzende Feier begangen werden sollte.
5.
In dem schattigen, wohlgepflegten Garten der Nervenheilanstalt de» Professor» Wittekmdt in Connewitz promenierte der erste Assistenzarzt Doktor Albin Fresen, den Rauch seiner Zigarre behaglich in die Lust blasend, langsam auf und ab. An seiner Seite gingen zwei Männer, Reinhart Hohl in seiner Sommerkleidung, stumm und melancholisch, und ein vornehm gekleideter alter Herr von aristokratischer Haltung, dessen schwarzer Gehrock in reicher Fülle mit seltsamen phantastischen Orden bedeckt war und der seinen eisgrauen Kopf so hoch trug, daß er tat
sächlich nicht einen Schimmer de» sauber asphaltierten Fußbodens zu erkennen vermochte und sicherlich mit der großen gebogene« Nase gegen da» erste beste Hindernis angerannt wäre, wenn die Aufmerksamkeit der Anstaltsleiter nicht für die gänzliche Abwesenheit aller gefährlichen Gegenstände gesorgt hätte.
Der alte Herr, der wohl kaum mehr als 60 Jahre zählte, stolzierte würdevoll und gespreizte» Schrittes dahin, die rechte Hand in eine durch den Verlust eine» Knopfe» im Verschluß seine» Rockes entstandene Oeffnung versenkt, die Linke leicht auf dem Kreuz aufliegend. Der Arzt und Dr. Hohl gingen ehrerbietig an seiner linken Sette, al» wenn der Greis eine hochgestellte Persönlichkeit wäre, und der alte Herr schien da» ganz in der Ordnung zu finde« «nd vollkommen daran gewöhnt zu sei«.
Doktor Fresen erzählte, während seine gutmütigen Blicke zugleich beobachtend bald nach dieser, bald nach jener Sette de» Garten» wunderten, wo zahlreiche Insassen der Anstalt entweder arbeiteten oder sich belustigten, eine lustige Anekdote, worauf der alte Herr ein heitere» und im Verhältnis zu seinen sonstigen distinguierten Manieren vielleicht etwa» übermäßiges Gelächter anstimmte.
„Ausgezeichnet, lieber Doktor, ausgezeichnet," applaudierte er vergnügt, „ein sublimer Witz, auf Ehre! Wenn mein königlicher Vater mich nicht so knapp hielte, würde ich Ihnen für diesen Einfall ein angemessene» Douceur anweisen lassen. Aber Sie wissen ja —"
Der alte Herr zog sein blaffe», durch einen etwa« eigentümlichen Ausdruck auffallende» Gesicht in kummervolle Falle«.
„Ich weiß wohl, Hoheit," versetzte der Doktor im Tone de» Bedauern«. „Indessen, wa» können Sie dagegen tun? Sie müssen sich fügen."
„Leider, leider," seufzte der andere. „Aber Sie müssen mir zu- geben, daß es eine unwürdige Lage ist für eine» Mann, welcher dereinst der Erbe eine» der mächtigsten Reiche der Erde sein wird."