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immer zuerst in der Lage war, den Ausbruch des Brande« zu melden und die Feuerwehr zu alarmieren. Wenn die Verhaftung aufrecht erhalten werden soll, müssen aber noch greifbarere Verdachtsgründe vorliege», denn es ist nach dieser Sachlage nicht ausgeschloffen, daß der Wächter bei seinen Entdeckungen durch den Zufall begünstigt war. — In der Gemeinde Hohenstaufen besuchten bisher die Kinder einer Anzahl Höfe aus der Umgebung die Schule. Die Bewohner der Höfe haben beschlossen, au« dem Schulverband Hohenstaufen autzutreten und im Ottenbach Tal ein eigenes Schulhaus zu errichten. Sie beantragten einen entsprechenden Steuernachlaß von rund 30°/<>. Die bürgerlichen Kollegien von Hohenstaufen verweigerte« die Entlastung au« dem Schuloerband sowie den Steuernachlaß und haben jetzt den Klageweg im Verwaltungrrecht beschritten.
Kleinglatt bach OA. Vaihingen 8. Nov. (Ueberfahren.) Der 18jährige Sohn des Gutspächters Höne« kam unter seinen mit Zuckerrüben beladenen Wagen und wurde überfahren. Ein Rad ging ihm über die Schulter und den Brustkorb, so daß er schwerverletzt ins Bezirks- krankenhau» nach Vaihingen eingeliefert werden ' mußte. i
Knit Hingen OA. Maulbronn 8. Nov. Zu dem bereit« gemeldeten Unglücksfall, dem der Landwirt Pil« von hier und seine Tochter in der Nähe von Speyer zum Opfer gefallen sind, wird noch bekannt, daß außer dem gelandeten Wage» und den Pferden auch ei» Teil der Ladung in der Nähe von Rheinhausen angeschwemmt wurde. Die Hinterbliebenen der Verunglückte», die Frau mit ihren 4 Kindern, werden gegen den bayrischen Staat eine EntschädiguvgS- klage wegen des Fehlens von Sicherungsmaßregeln, Schranken usw. an der Unglüärstätte erheben. Die Leichen der beiden Verunglückten find immer noch nicht geborgen.
Mainhardt 8. Nov. Der in einer Mühle in Untersteinbach beschäftigte Knecht Kübler wurde in der Nähe der Mühle auf der Landstraße tot aufgefunde». Anscheinend ist der Mann während der Fahrt vom Schlaf übermannt worden und von seinem Wagen herabgefallen und überfahren worden.
Laupheim 8. Nov. (Vogelfänger.) Schon längere Zeit wurden Maffevvogelfänger in der Nähe von Baustetten beobachtet. Nun ist e» gelungen, einige davon zur Anzeige zu bringen. Eine ganze Schar von Distelfinken, Zeisigen usw. wurde vorgefunden und diese armen Tierchen größtenteils in jämmerlichem Zustand, so daß eine exemplarische Strafe angezeigt ist. _
Pforzheim 8. Nov. (Zur Lohnbewegung der Kettenarbeiter.) ES ist
noch immer nicht gelungen, ein völlig klare» Bild von der momentanen Lage und der genauen Zahl der streikenden Arbeiter und Arbeiterinnen zu gewinnen. Nach uns gewordenen Mitteilungen haben sich bis gestern nachmittag 4 Uhr bei der Meldestelle des Metallarbeiter-Verbandes 823 Arbeiter und Arbeiterinnen gemeldet, die in den Ausstand getreten sind. Hierzu sind noch diejenigen zu zählen, die im Lauf der vorigen Woche infolge der verschiedenen Versammlungen die Arbeit schon niedergelegt haben, ohne damals Mitglieder gewesen zu sein; es werden das wohl schätzungsweise 100—150 Personen sein. Man wird also die Zahl der gegenwärtig streikenden Arbeiter und Arbeiterinnen auf rund 1000 schätzen dürfen. Nach Mitteilungen au» dem Arbeitgeberverband sind genaue Ziffernangaben über den Stand der Arbeiterbewegung bis zur Stunde schon deshalb nicht möglich, weil mit dem Nachweis darüber noch zahlreiche Firmen, darunter große, im Rückstand seien. Die vorliegenden Zahlen ergeben, daß in den meldenden Firmen 684 Arbeiter ausgeschieden sind, an den Zahltagen der letzten Woche 367 gekündigt haben , und von den Fabriken 631 Arbeitern gekündigt z worden ist. (Gm.-Anz.)
Vom badischen Schwarzwald 8. Nov. Bei dem letzten Schneesturm gab es auch verschiedentlich Schneewehen. Auf dem Bühl bei Schönwald (Triberg) lag der Schnee 1 Meter hoch, sodaß die Schneeschaufler in Tätigkeit treten wußten.
Berlin 6. Nov. Der Moabiter Krawallprozeß, der am Mittwoch dieser Woche vor der dritten Strafkammer de» Berliner Landgerichts I unter dem Vorsitz des Landgerichtsdirektors Lieber seinen Anfang nimmt, hat ein bemerkenswertes Vorspiel gezeitigt. Es find dem Landgerichtsdirektnr Lieber in den letzten Tagen zahlreiche Drohbriefe zugegangen. Diese Briese sprechen sich übereinstimmend dahin aus, daß Lieber mit der Uebernahme de» Moabiter Krawallprozeffe» sein Leben auf» Spiel setzen werde. Man werde, wenn er nicht vorher zurücktrete, das Kriminalgerichtsgebäude demoliere», bezw. sogar in die Luft sprengen. Landgerichtsdirektor Lieber hat sämtliche Briefe sofort dem Polizeipräsidium übermittelt und die Polizei hat daraufhin ihre Vorkehrungen getroffen. Vom ersten Tag der Verhandlungen ab wird das neue Kriminalgerichtsgebäude in seiner ganzen Ausdehnung durch Polizeikordons abgesperrt werden. Alle acht Portale werden mit je drei Schutzleuten in Uniform und mehrere« Kriminalbeamten in Zivil besetzt werden. Der Eintritt zu der Verhandlung ist nur den Richtern, Staatsanwälten und Verteidigern oder den mit Zeugenladungen, oder besonderen Eintrittskarten versehene» Personen gestattet. Eine besondere Aufmerksamkeit
Seide prangenden Schönheit! Kleider machen doch Leute, und selbst der mit einem durchdringende» Blicke ausgerüstete Mensch wird durch den Schein getäuscht. Dieselbe Bemerkung imponiert mehr aus einem Munde, dessen Besitzerin in stolzer Toilette einher schreitet, als wenn sie einer schlichten Person von den Lippen fließt.
Leopold fühlte sich bezaubert, gefangen, eine Wirkung, die in vielen Fällen um so schneller einzutreten pflegt, je mehr die soziale Stellung de» Gegenstände» unserer Bewunderung, unserer Eitelkeit schmeichelt. Weniger entzückt war er von der Mutter Hermas, einer äußerst prätentiösen Dame mit kalter Miene und blasiertem Ausdruck; wie mau sagte, hatte der reich gewordene Bankier und Spekulant sie nur ihrer distinguierten Allüren wegen geheiratet. Herr von Moris vereinigte in seinem Wese» die praktische Kürze de» Geschäftsmannes mit der Liebenswürdigkeit eine» menschenfreundlichen Gemüts. Von mittlerer Statur und ziemlich korpulent, schaute er mit lebhaft blinzelnden Augen, welche ein goldenes Lorgnon bedeckte, in die Welt. In seinem zu einem freundlichen Lächeln verzogene« Blick mischte sich die zur zweiten Natur gewordene Höflichkeit de» gewiegten Geschäftsmannes mit dem Selbstbewußtsein de» Aristokraten der Handelr- welt. Sein Benehmen, seine Art, sich zu kostümieren, die goldenen, diamantbesetzten Ringe an seinen Fingern, die schwergoldene Uhrkette, alles offenbarte den Wunsch, seinen Reichtum zur Schau zu stellen, aber e» lag nicht» von dem Wesen de» Parvenüs in seinem Auftreten und seine Miene trug eine versöhnende Herzlichkeit zur Schau, die ihn freisprach von dem Vorwurf bewußter Anmaßung.
Natürlich bildete Afrika das Kardinalthema der Konversation. Die Abenteuer Leopolds riefen Sensation hervor. Herma bemitleidete ihn, bejammerte ihn. Die Schilderung der Schrecke« de» Ueberfalls entsetzte sie förmlich. Am meisten beklagte der Reisende, daß er so lange keine andere Musik als da» ohrenbetäubende Getöse des Tamtam» und der
wird die Polizei außerdem den 426 Zeugen zuwenden, die zu dem Prozeß geladen sind und unter denen viele bisher »»entdeckt gebliebene Teilnehmer an den Krawalle« vermutet werde«.
Berlin 8. Nov. Gestern nachmittag führte ein schwerer Zusammenstoß zweier Straßenbahnwagen zu erheblichen Verletzungen von 8 Personen. Der Anprall war so heftig, daß die meisten Paffagiere von den Sitzen geschleudert und durch die umherfliegenden GlaS- splitter der zerschmetterten Fensterscheiben an Kopf und Hände» verwundet wurden.
Berlin 8. Nov. Da» „Berl, Tagrbl." meldet, daß im Anschluß an ein« Versammlung, die der konservative Führer, der Abg. v. Heyde- brand, in Trebnitz (Schlesien) gehalten hatte, sich die Volkterbitterung gegen Konservative und Zentrum in einer demonstrativen Weise gegen Herr» v. Heydebrand Lust gemacht habe. Scho» während er sprach, sei er vielfach von heftigen Zwischenrufen unterbrochen worden. Nach Schluß der Versammlung habe ihn vor dem Versammlungslokal eine große Menschenmenge, darunter die Sozialisten, mit Schimpfreden und Drohungen empfangen, so daß ihn die Gensdarmen mit gezogenem Säbel schützen mußten.
Die Katastrophe des Fünfmaster» Preuße». Au» Hamburg wird gemeldet: Die Reederei Laeisz teilt mit: Dar Fünfmastschiff „Preußen", mit Stückgut von Hamburg nach Valparaiso, passierte am Samstag nachmitt. Dover. Bei Beachy Head kollidierte die „Preußen" mit demTmbinendampfer „Brighton". Die „Preußen" hat dabei den Klüverbaum gebrochen und Schaden am Vorderschiff erhalten. Darauf wollte der Kapitän zwecks Ausbesserung der Havarie «ach Dover zurückkehren. Al» da» Schiff bei Dunge» vor Anker ging, verlor eS beide Anker und Ketten und wurde nun durch den Südwefisturm auf die Klippen östlich Dover geworfen. Schlepperassistenz und Pumpdawpfer find längsseits. Im Raum sind 12 Fuß Wasser. Die ganze Mannschaft ist noch an Bord. Laut telegraphischer Nachricht de» Kapitän» ist alle» wohl. — Bald nach der Katastrophe traf bei der Firma Laeisz folgendes Telegramm de» Kaiser» ein: „Tief betrübt durch die Nachricht von dem schweren Unglück de» stolzen Fünfmaster» „Preußen" spreche ich der Reederei mein wärmstes Beileid aus. Ich bitte um direkte Meldung über den Ausgang der Katastrophe, besonders über da» mich beunruhigende Schicksal der braven Mannschaft. Wilhelm I. R."
Die Rettungsversuche. Vier Schlepper lagen gestern in der Nähe der „Preußen", doch war e» unmöglich, heranzukommen. Ei« Rettungsboot aus Dover versuchte vergeblich, an die „Preußen" heranzukomme». Man rief
Negertrommel vernommen habe, obgleich er zu den leidenschaftlichsten Anhängern der schönen Kunst gehöre.
Herma eilte sofort an da« Piano, sein lauschendes Ohr mit einigen der neuesten Salonpiecrn zu entzücken. Dann sollte auch Wera spielen, sie weigerte sich, ihr Herz war zu schwer. Leopold, Herma, die Eltern vereinigten ihre Bitten.
„Gib uns doch ein ernstes, gehaltvolles Lied", drängte der Bruder, „ein Stück deiner Stimmung entsprechend." ^
Wera, eine, ebenso passionierte, als gediegene Spielerin willfahrte endlich der Gesellschaft und nach kurzer Introduktion entquollen den Tasten und ihrer melodischen Kehle die Klänge eines anmutigen Liede» mit tief zum Herzen dringender Innigkeit:
„Denkst du daran, wie Waldvögelein sang,
Waldvögelein, Waldvögelein,
Morgens im sonnigen Blütengang,
Waldvögelein lieb und klein?
Hielt dich umschlungen in seliger Lust.
Herz lag an Herzen. Brust lag an Brust!
Leis nur mit Zephirhauch atmet der Hain,
Droben im Laub sang das Waldvögelein,
Waldvögelein lieb und klein!"
Leopold erhob sich anscheinend verstimmt von seinem Platze.
„Warum wählst du gerade diese» Lied?" rauute er der Schwester zu.
„Weil du e» früher so liebtest — Reinhart hat es gedichtet und komponiert, wir haben e» doch so oft gesungen."
„Eben deshalb — e» weckt Erinnerungen."
„O bitte, kaffen Sie es mich zu Ende hören", sagte Herma, „es ist so ergreifend und seelenvoll."
„Wenn Sie darauf bestehen, gnädiges Fräulein, bescheide ich mich gern," erklärte darauf Leopold gezwungen. (Forts, folgt.)