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Amts- und AuMgrdlatt für den Oberamtsbefirk Calw.

85. Zohrgms.

Erscheinungstage: Montag, Dienstag, Mittwoch, Donnerstag, Freitag und Samstag. Jnsertionspreis 10 Pfg. pro Zeile für Stadt u. KezirkSorte ^ außer Bezirk 12 Pfg.

»«ttks-r VrksnntMachi,«-»«.

K. Amtsgericht Calw.

Bekanntmachung.

Die Reihenfolge, in welcher die für das Jahr 1911 gewählten Hauptschöffen an den einzelnen ordentlichen Sitzungstagen Dienst zu leisten haben, wird durch Auslosung in der am

Donnerstag, den 10. November 1910, vormittags 11 Uhr,

stattfiudenden öffentlichen Sitzung des K. Amtsgerichts bestimmt werden.

Den 2. November 1910.

OberamlSrichter Hölder.

Kgl. Oberamt Calw.

Beksnrttmachrmg,

betreffend die Bele«cht«rrg der Fuhr­werke bei Nacht.

Die Verfügungen des Ministeriums des Innern vom 16. September 1888 und vom 29. September 1-09, betreffend die Beleuchtung der Fuhrwerke bei Nacht, werden hiemit in Erinnerung gebracht. Nach derselben muß znr Nachtzeit, d. h. vom Eintritt der Dunlelheit des Abends bis zvm Beginn der Morgendämmerung, wenn die Nacht nicht vollständig mondhell ist, jedes auf öffent­licher Straße sich befindliche Fuhrwerk einschließlich der mit Geläute oder Schelle fahrenden Schlitten, mit Ausnahme bloßer Handfuhrwerke, vorschrifts­mäßig beleuchtet werden. Die Beleuchtung hat zu geschehen;

1. bei Fuhrwerken, welche vorzugsweise zur Per­sonenbeförderung bestimmt find, durch eine oben am Verdeck in zweckentsprechender Weise an­gebrachte Laterne, oder durch zwei Laternen, welche an den Seiten soweit wie möglich nach vorn arizubringen sind;

2. bei anderen Fuhrwerken durch eiue in der Mitte der Vorderseite des Fuhrwerks, wo dies aber

Ireitag, den 4. November 1910.

vermöge der Beschaffenheit oder der Ladung des Fuhrwerks nicht ausführbar ist, durch eine an den Zugtieren, der Deichsei, oder einer sonst geeigneten Stelle in der Weise anzubringenden Laterne, daß das Licht derselben möglichst un­gehindert nach vorn fällt.

Die Laternen müssen in gutem Zustande und mit hell leuchtendem Licht versehen sein. Die Ver­wendung rot oder grün geblendeter Laternen ist durch Verfügung des Ministeriums des Innern vom 29. September 1893 verboten worden.

Verfehlungen gegen vorstehende Vorschriften werden auf G und des Z 366 Z. 10 des R.-St.- G.-B. mit Geldstrafe bis zu 60 ^ oder mit Haft bis zu 14 Tagen bestraft.

Die Ortsbehörden werden beauftragt, ihre Polizeibedieastete« unter Eintragung in das Schulth.-Amts-Protokoll genau hierüber zu in­struiere«, auf tue Beachtung dieser Vorschriften zu dringen und im Nichtbeachtunasfalle unnachstchtlich mit strenge» Strafen eiuzuschreite«. Da diese Vorschrift im Bezirk nicht genügend beachtet wird, so muß die Erwartung ausgesprochen werden, daß die Ortsbehörden dieselben «achdrücklichst hand­haben werden.

Den 3. November 1910.

Reg-Rat Binder.

Bekanntmachung betr. Flotzfperre.

Die K. Kreisregierung Reutlingen hat die Floßsperre auf der Nagold bis 25. November d. I. verlängert.

Calw, 3. November 1910.

K. Oberamt.

Amtmann Rippmann.

Bekarmtmachung

vetr. de« Ausbruch der Maul- uud Klauen­seuche i« Oberamtsbezirk Maulbrouu.

In Pinache ist die Maul- und Klauenseuche in einem Gehöft zum Ausbruch gekommen.

Die Ortspolizeibehörden werden unter Bezug­

Bezugspr. i. d. Stadt^jährl. m. Träger!. Mk. 1.25. Postbezugspr. r.d. Orts-u.Nachbarorrsverk. ^jährl. Mk. 1.20, im Fernverkehr Mk.l.ÄO. Bestellg.in Württ. 30 Pfg., in Bayern u. Reich 42Pfg.

nähme auf den oberamtl. Erlaß vom 26. Okt. d. I. Calwer Wochenblatt Nr. 252, auf den Erlaß des K. Ministeriums des Innern vom 9. Okt. 1908 M.A.BI. S. 273 wiederholt hingewiesen Calw, 3. November 1910.

K. Oberamt. Amtmann Rippmann.

Tagesueuigkeiteu.

Stuttgart 3. Nov. Wie die Württ. Presse-Korrespondenz meldet, wurde i» einer gesteru abend abgehaltenen Voistandsfitzung der Nationalliberalen Partei schärfste Kritik daran geübt, daß in letzter Zeit verschie­denen Staatsbeamten von ihren Vorge­setzten Behörden der Verzicht auf ihre bisherige politische Tätigkeit nahegelegt worden ist. Mau hat sich dahin geeinigt, die Parteileitung und die Landtags- fraktion zu ersuchen, die Fälle weiter zu verfolge».

Stuttgart 3. Nov. (Todessturz.) Heute nachmittag stürzte ein auf dem Dach der K. Münze mit einer Kamiureparatur beschäftigter, 37 Jahre alter Maurer anscheinend infolge eine» Fehltritts etwa 810 Meter hoch ab. Auf dem Transport »ach dem Katharinen-Hospital ist er de« erlittenen Verletzungen erlegen.

Stuttgart 3.Nov. (Obstmarktbericht.) Die Obstpreise ans dem heutigen Stuttgarter EngroSmarkt waren folgende: Aepfel 814^, Birnen 820 Hagebutten 10 Quitten 2528 Trauben 35 je für 50 Kilo.

Zufuhr genügend, Verkauf langsam. Die Preise hielten sich fest für alle Obstarten. Die Zufuhren hielten sich in bescheidenen Grenzen wegen plötz­lich eingetretener kalter Witterung. Die Most­obstpreise waren 66.80 der Zentner,

angefahren waren 900 Zentner.

Am den Lorbeer der Wissenschaft.

3) Roman von Friedrich Thieme.

(Fortsetzung.)

Weiß es nicht? Wer soll es denn sonst wissen?" erwiderte der Geheimrat.

Sie errötete wiederum, antwortete aber nicht.

Ihr habt euch doch förmlich versprochen?

Ueber ihr gramvolles Antlitz ging ein Leuchten, wie ein Sonnen­strahl einen Augenblick einen finsteren Wolkenhimmel verklärt. Es kam und schwand wie ei» Blitz, und machte einer Miene verschämter Bestürzung Platz, welche von dem unwillkürlichen Ausrufe:Um Gotteswillen" be­gleitet wurde.

Sage mir die Wahrheit, Kind."

Ich war ja noch so jung"

Also wirklich nicht? Ihr habt keinerlei Worte zärtlicher Empfindung gewechselt: Du stecktest damals so viel bei seiner Schwester, deiner Freundin galten diese Besuche wirklich nur der Freundin?"

Wera schwieg.

Dein Bruder ist doch ein festes Verlöbnis eingegangen? Und da« vernimmt man auch nur so en passant warum hast du «n» darüber keine Mitteilung gemacht?"

Diesmal blieb die junge Dame die Antwort nicht schuldig. Sie blickte mit großen Augen zu dem Vater ans und entgegnete fest:

Das durfte ich nicht, Papa."

Warum denn nicht!"

Weil Gertrud es mir als Geheimnis anvertraut hatte. Leopold selbst hat mir nie etwa» gesagt. Ich habe es auch der Mama nicht ver­raten, sie hat nur au» einigen Erwiderungen von mir den Schluß gezogen.

Als sie mich direkt fragte, habe ich erst die Erlaubnis von Gertrud eingeholt."

Erstaunt betrachtete der Geheimrat die zarte Gestalt es lag ein Etwas auf ihrem lieblichen Antlitz, da» ihn seltsam berührte. Sanft und zurückhaltend, wie die Mutter, zeigte sie ihm gegenüber stets eine Scheu, die nicht allein in ihrem kindlichen Verhältnis begründet lag. Er hatte in seinen angestrengten Berufsarbeiten zu wenig Muße gefunden, mit seinen Kindern in jener zärtliche« Weise zu verkehre», deren Wirkung ein so inniges Vertrauen, eine so herzliche Vertraulichkeit zwischen Eltern und Kindern zu sein pflegt.

Er hatte nie mit ihnen gespielt, als wäre er ihresgleichen, sie me auf seinen Knieen getragen, oder auf seinen Achseln im Zimmer herum­getragen, ihnen Geschichtchen erzählt oder sie anders als flüchtig geliebkost, dazu war er zu ernst, zu erfüllt von Ideen und Aufgaben deshalb blieb trotz aller Liebe der Kinder z« ihrem Vater immer eine Schranke zwischen ihrem und seinem Herzen; ohne daß sie jemals hart von ihm behandelt worden wären, wagten sie doch nicht in seiner Gegenwart, au« sich herauszugehe«, und als er einmal in einem seltenen Moment freudigen Uebermut» sein damals fünfjähriges Töchterchen emporhob und lachend hi» und her schwenkte, da fing die Kleine ob der ungewöhnlichen Prozedur fürchterlich zu schreien an, so daß er sie ärgerlich und verstimmt wieder niedersetzte.

Zum ersten Male lernte er sie heute von einer anderen Seite kenne». In dem Blicke, den ste auf ihn richtete, sprachen sich Stolz, Festigkeit und Entschiedenheit au«. Und er hatte sie in allen seinen Projekten wie ein willenloses Werkzeug behandelt, wie ein Ding, da» man nach Belieben hier- und dorthin schiebt. Sollte seine sanfte Tochter jemal» imstande sein, ihm Widerstand entgegevzusetzen?

Schon der bloße Gedanke empörte ihn. 'Gereizt trat er dicht vor sie hin.