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Amts- und Aiyrigeblatt str -m Oberamtsbyirk Calw

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Erscheinungstage: Montag, Dienstag. Mittwoch. Donnerstag, Freitag und Samstag. Jnsertionspreis 10 Pfg. pro Zeile für Stadt u. BezirkSortc; außer Bezirk 12 Pfg.

Donnerstag, den 3. November 1910

Bezugspr. i. d. Stadt ^jährl.m. Trägerl. Mk. 1.25. Postbezugspr. t.d. Orts-u. Nachbarortsverk. V^jährl. Mk. 1.20, im Fernverkehr W.1.30. Bestellg.in Württ. 30Pfg., in Bayern u. Reich 42Pfg.

Mmrtttche N»r<rnntinach«nss«.

Bekanutmachung,

betr. -er» Ikin-erschultz.

Auf nachsteherde Bestimmungen des Reichs­gesetzes, betr. Kinderarbeit in gewerblichen Be­triebe«, vom 30. März 1903 (R G.Bl S. 113) wird zur Beachtung wiederholt hingewieseu.

1. Als Kinder im Sinne dieses Gesetzes gelten Knaben und Mädchen unter 13 Jahren, sowie solche Knaben und Mädchen über 13 Jahre, welche noch zum Besuche der Volksschule verpflichtet sind.

2. Bei Bauten aller Art, im Betrieb von Ziegeleien, Brüchen und Gruben, in Werkstätten der Steinhaller, der Maler und Anstreicher, beim Mischen und Mahlen von Farben, be m Steinklopfen, so­wie in mit dem Spedüionsgeschäft verbundenen Fuhr- werksbrtrieben dürfen sowohl eigene als auch fremde Kinder nicht beschäftigt werden.

3. Verboten ist die Beschäftigung fremder Kinder «nter 12 Jahren im Handelsgewerbe, in Verkehrsgewerben, im Betrieb von Gast- und Schank­wirtschaften, beim Austragen von Waren und bei sonstigen Botengängen in gewerblichen Betrieben jeder Art.

4. Die Beschäftigung von fremde« Kindern über 12 Jahren in den oben Ziffer 3 genannten Betrieben, sowie beim Austragen von Waren und bei sonstigen Botengängen darf nicht in der Zeit zwischen 8 Uhr abends und 8 Uhr morgens «vd nicht vor dem Vormittagsnnterricht statt­finden. Sie darf nicht länger als 3 Stunden und während der Schulferien nicht länger als 4 Stunden täglich dauern. Um Mittag ist den Kindern eine mindestens 2stündige Pause zu gewähren. Am Nachmittag darf die Beschäftigung erst eine Stunde nach beendetem Unterricht beginnen.

5. Für die Beschäftigung fremder Kinder^ ist die Ausstellung einer Arbeitskarte durch dir Ortspolizetvehörde erforderlich; auch ist, wenn fremde Kinder beschäftigt werden sollen, vor dem Beginn

der Beschäftig»«« der Ortspolizeibehörde eine schriftliche Anzeige zu machen.

Calw, 2. November 1910.

K. Oberarm.

Amtmann Rippmänn.

Tagesueuigketteu.

Freudenstadt 2. Nov. Nachdem am gestrigen Tage und während der Nacht der Sturm mit nur kurzen Unterbrechungen getobt hatte, und größt Regenmengen medergegangen waren, fiel heute früh der erste Schnee. Er ver­schwindet hoffentlich recht bald wieder, damit die überaus rege Bautätigkeit am hiesige» Platze keine zu lange Unterbrechung erleiden muß.

Baiersbonn 2. Nov. (Der Wunder­doktor.) In Mitteltal ist der Holzhauer Jakob Morlok im 75. Lebensjahr gestorben. Er war im weiten Umkreis als Wunderdoktor berühmt, verschrieb Arzneien fast wie ein Arzt und wußte Rat gegen alle möglichen Krankheiten. Aus große« Entfernungen und allerlei Gesellschafts­kreisen kamen die Leute herbei und die ver­schiedensten Kuren wurden im Vertrauen auf sein geheimnisvolles Können unternommmen. Er selbst blieb bis zu seinem Lebensende ein schlichter Schwarzwälderbauer, dem Einfachheit und Uu- eigennützigkeit nachgerühmt wurde.

Stuttgart 2. Nov. (Erschossen.) Beim Krematorium auf dem hiesigen Pragfried­hof hat sich heute vormittag 9 Uhr aus un­bekannte» Gründen der 67 Jahre alte Luka« Böhler erschossen. Er war sofort tot. ^A)S4«448^ur4f-2. Nov. Ueber die Brauch­barkeit des EnztalwasserversorgungS- projektS läßt die Stadt Stuttgart gegen­wärtig neue Versuche anstellen. Wie der

„Schwarzwälder Bote" meldet, wird zur Zeit nämlich nach'Anleitung des BauiuspektorS Riegel bei der Sprollenmühle ein 12 Meter tiefer und 15 Meter langer Erdschlitz auSgehoben, offenbar um Einblick in die Beschaffenheit des dortigen Untergrunds zu bekomme». Bi« jetzt soll sich aber gezeigt haben, daß durchlässige« Sandstein­material vorhanden ist, ein Umstand, durch den die Befürchtungen von Wildbad wegen möglicher Durchbrüche der geplanten Stauseen in da» Wildbader Thermalwassergebiet bestätigt würden^^

Ludwigsburg 2. Nov. (ErwischftZ Ein geriebener Gauner und internationaler Hoteldieb, der im Mai in einem hiesigen Hotel die Generalswitwe v. F. bestohlen und kurz vor­her erhebliche Hoteldiebstähle in Herrenalb und Hirsau gemacht hat, ist von seinem Schicksal er­eilt worden. Nach Verübung mehrerer Dieb­stähle in der Schweiz und in Norddeutschland ist er in Offenburg ertappt und verhaftet worden.

ES ist der Kaufmann Karl Guitz von Mönchs­heim, der noch manches andere auf dem Kerb­holz haben soll.

Söflingen 2.Nov. DaSLagerhau» der Baumwollweberei Steiger und Deschler ist gestern nachmittag aus unbekannter Ursache durch Feuer zerstört worden. Große Vorräte von Gar« und fertiger Ware find mitverbrannt. Die Feuerwehren mußten sich bei dem herrschenden Sturm auf den Schutz der übrigen Gebäulich­keiten der Fabrik beschränken.

Pforzheim 2. Nov. (Zur Arbeiter­bewegung.) Der deutsche Metallarbeiterver­band hat auf heute abend nicht weniger als vier Versammlungen ausgeschrieben um die Arbeiter zum Festhalten an den eingereichtev Kündigungen zu bewegen. Andererseits erlaffen die Arbrit-

ZLm den Lorbeer der Wissenschaft.

2) Roman von Friedrich Thieme.

(Fortsetzung.)

„Und welchen Weg hattest du eingeschlagen?" fragte die Geheimrätin.

„O, es handelt sich vorläufig nur um ein ferne» Projekt — Dr. Hohl — also — hm, hm — nun wollen sehen, wie sich die nächste Zukunft gestaltet. Mir tut nur da» arme Kind leid — wenn ich geahnt hätte —"

Die Geheimrätin erhob sich von ihrem Sessel, trat auf ihren Gatten zu und erfaßte wie bittend seine Hand.

„Also sie tut dir leid?" fragte sie fast schüchtern.

„Selbstverständlich — wie kannst du —"

„Weil ich dir noch eine Mitteilung zu machen habe", unterbrach sie ihn zögernd.

„Noch eine?"

Er schaute ihr erwartungsvoll in die Augen.

Sie sah verlegen zur Seite.

„Und zwar eine unangenehme, wie ich sehe", rief er, die dichten dunklen Brauen fest zusammenziehend, unmutig. „Was ist es?"

„Wie scharfsinnig du bist, lieber Mann — vielleicht ist es etwa« Unangenehmes — wenigsten» habe ich mich davon gescheut, dir davon Kenntnis zu geben. Aber e» ist meine Pflicht, es dir zu unterbreiten, und e» wäre auf alle Fälle noch vor Leopold» Rückkehr geschehen. Ich weiß e» erst seit einigen Tagen aus Wera» Munde."

„Betrifft e» Leopold?"

„Ja, und in seinem Interesse freut es mich, daß du de« Doktor Hohl so hoch schätzest."

„O, gewiß, er war ein junger Man« von großem Talent — nur etwa« weichmütig und sentimental, ein zu großer Idealist —"

„Und da» hältst du für einen Fehler?"

„Für einen außerordentlichen in der heutigen Gesellschaft. Wer keine Ellbogenstöße versetzen kann, bekommt welche. Wa» ist mit Leopold?"

„Du weißt, daß er sich, bevor er mit Dr. Hohl nach Afrika ging, für die Schwester seine» Freunde» lebhaft interessierte?"

Die ernste Miene de« Geheimrat» machte einem Lächeln Platz.

„Bah, Mama, da liegen drei Jahre dazwischen — drei Jahre und das Weltmeer — wenn Leopold zurückkehrt, wird er die flüchtige Neigung vergessen haben."

„Flüchtige Neigung? Wie mir Wera gestand, hat er sich vor seiner Abreise fest mit Gertrud Hohl verlobt und sie beschworen, ihm die Treue zu bewahren", rief die Geheimrätin rasch.

Dr. Sekal trat an da» Fenster, dessen Scheiben er laut mit den Fingern bearbeitete. Bei ihm ein Zeichen beginnender Erregung. Aber er sprach nicht.

„Gertrud Hohl ist ei» ebenso schöne», al« edle» Geschöpf, du kennst sie ja", warf die Geheimrätin nach einer Weile beschwichtigend hin.

„Schön und edel, aber arm", rief Sekal, sich unwirsch nach ihr umdrehend. „ES ist ein anderes, den Dr. Hohl zu heiraten oder seine Schwester. Er repräsentiert ein Kapital in seiner Person, seinem Geiste, seinen Verdiensten, aber seine Schwester —

„Erwirbt in Leopold dasselbe Kapital, welche» Wera an dem Bruder zu eigen wird."

„Du irrst — die Familie Hohl ist arm und unangesehe«, seine Frau zieht in Kreise hinab, die ihm fernstehen müsse«. Hat er sich durch seine Reise einen großen Namen erworben, erhält er eine geachtete, ver- heißungrvod Stellung, so braucht er zu beiden noch eine Frau au» guter Familie, die ihm Vermögen, vornehmen Verkehr und Konnexion mitbringt."