1073

Ueberstunden mehr zu mache», wenn' bis Mitt­woch die Verhandlungen seiten« der Arbeitgeber nicht ausgenommen werden, soll am Mittwoch darüber in einer Arbeiterversammlung beschlossen werden, in welcher Weise und in welchen Firmen die Arbeiter in den Streik treten werden. In den letzten Tagen wurden hier wieder fünf Goldschnipfler verhaftet, darunter auch ein Goldwarenfabrikant, der sich da« gestohlene Gold zutragen ließ. Da« gestohlene Edelmetall hat einen Wert von vielen tausend Mark.

Pforzheim 17. Okt. (Lohnbewegung.) Hier kommt e« wahrscheinlich doch zum Streik in der Goldkettenbranche. Die Arbeitgeber haben e» nun definitiv abgelehnt, mit den Arbeitern «egen der Lohnerhöhung usw. in Verhandlung zu treten. Heute er lasten nun die Arbeiter in den hiesigen Zeitungen gieße Aufrufe zur zahl­reichen Erscheinung in. der großen Versammlung am nächsten Mittwoch, wo wahrscheinlich der Streik beschlossen wird. In dem benachbarten Er singen ereignete« sich zwei merkwürdige Fälle. Am Samstag abend wurde dort der 60jährige Goldarbeiter Ludwig Hoffman« in seinem Keller vom Schlage gelötet. Am nächsten Morgen postierte da» gleiche Unglück seinem Nachbarn, dem 70jähr. Lorenz Krieger. Auch er wurde im Killer vom Schlcge grinsten und llicb tot.

Von der badischen Grenze 15. Okt. In Niedereschach wurden bei Grabarbeiten zur neuen Wcsterleitung mitten im Dorfe in einer Tiefe von ca. einem Meter 2 menschliche Skelette gefunden. Das Loch, in dem die Skelette lagen, war mit einer Steinplatte zugc- deckt. Gestern wurde eine gerichtliche Untersuchung eingeleitet. Die Krochenübernste kommen zur weiteren Fiststellurg der Alter« usw. nachKmlk- ruhe.

Köln 17. Okt. DieKölnische Ztg." meldet au« Konstantinopel von heute: Nach hier von Haifa eingc gangenen Nachrichten scheinen die türkischen Behörden die Untersuchung wegen Verletzung de irischen Eigentum« jetzt mit mehr Nachdruck zu führen. ES hatten gestern gegen Eigentumsbkschädigungen, die schon einige Zeit zurückliegen, eine Reihe von Verhaftungen stctt- gefunden. Die Verhafteten sind den zuständigen Gerichten abgeliefert worden.

Herne 17. Okt. Auf der Zeche Scham­rock, Schacht I, ist da« Seil zweier vollbesetzter Körbe gebrochen. Der eine in die Tiefe gehende Korb mit etwa 3035 Bergleute» dürfte zwei­fellos tief im Sumpfe stecken, über das Schicksal dieser Bergleute läßt sich zur Zeit nicht« genau« s feststellen, der andere Korb schnellte unter die

Seilscheibe; sämtliche Bergleute sin- mehr oder weniger schwer verletzt.

Herne (Westfalen) 17. Okt. Zu dem Unglück auf der Zeche Schamrock teilt die Zechenverwaltung folgende» mit: Auf dem Schacht I der Zeche Schamrock in Herne wurde h«ute mittag gegen 1 30 Uhr au« noch nicht aufge­klärter Ursache bei der Seilfahrt der aufgehende Korb gegen die Seilscheibe gefahren, während der nach unten gehende Korb durch die nach unten verhängten Spurlatten unterhalb der dritten Sohle eingeklemmt wurde. Bei dem Unglück büßten drei Bergleute ihr Leben ein, außerdem sind neun Bergleute schwer und eine Anzahl lei cht verletzt worden. Der Betrieb wird vor über­gehend mit auf den Schacht II übernommen.

Altona 17. Okt. Auf dem hies. Fried­hof wmden mehr al« 200 zum Teil sehr wert­volle Grabdenkmäler beschädigt. Die Polizei konnte mit Hilfe von Polizeihunden fünf halbwüchsige Burschen al« Attentäter ermitteln.

Pari« 17. Okt. Da« Autstandskomite der Eisenbahner hat gestern den Minister­präsidenten Briand benachrichtigt, daß es für heute vormittag eine große Kundgebung im Lois äs VmesvE vorbereitet habe und die Verpflichtung übernehme, dcß die Ordnung nicht gestört werde und kein Umzug in der Stadt Pari« statifinde. Die Regierung beschloß, diese Kundgebung zu verhindern, da der Minister- prcsident der Ansicht ist, dcß ihr die Organisa­toren den Charakter einer Herausforderung geben wollten, offenbar in der Hoffnung, daß der Auistand nicht ohne Störung der Ruhe und ohne Zwischenfall zu Ende gehe. ES sind des­halb strenge Maßnahmen g-troffen worden, um die Kundgebung zu verhindern. Die Pol zei, die in Erfahrung gebracht hatte, daß in den Geschäftsräumen de» anarchistischen Blatte» Libertaire" Leute verkehren, die sich im Besitze von Bombe» befinden, nahm gestern dort eine Haussuchung vor und nahm den Leiter und den Geschäftsjührer diese« Blatte« fest, ebenso einen Mann, der versuchte, ein Paket zu verbergen, da« drei Gefässe enthi« lt, die den in der ^vsnus Xlebsi- und in der Rus äs Lsrri gefundenen Bomben gleichen. Der Verhaftete konnte sich über die Herkunft der Gegenstände nicht aurweisen.

Pari» 17. Okt. Bei Beauvais wurde ein Lokomotivführer der Nordbahn er­hängt aufgefunden. In seiner Rocktasche fand sich ein Brief, in dem er erklärt, infolge der Weigerung, sich an den Streik avzuschlüßen, sei ihm da« Leben unerträglich geworden.

Pari» 17. Okt. (Eisenbahnerstreik.) Nach Mitteilungen de« Ministerium» der öffent­

liche» Arbeiten ist die Beförderung der Post­sachen in den Zügen der staatlichen Westbahn und der Nord bah« von heute abend ab gesichert. Die Regierung hat weitere scharfe militärische Maßregeln ergriffen, um die Freiheit der Arbeit in Pari« zu sichern. Die Sabotage und die Beschädigungen von Maschinen dauern an ver­schiedenen Orten fort, doch ist bis jetzt kein Unglücksfall zu verzeichnen gewesen. Wogen Beeinträchtigung der Arbeitsfreiheit find heute vormittag mehrere Verhaftungen in den Provinzen vorgenommen worden. 3000 Ausständige ver­suchten sich de« Bahnhofs von Vezier« zu bemäch­tigen, sie wu'.den aber von der Polizei zurück- getrieben.

SiaSconset 17.Okt. Eine vonWell- mann« BallonAmercka" um 12'/. Uhr nachmittag« (amerik. Zeit) eingetnffene, durch drahtlose Telegraphie übermittelte Nachricht lautet einfach: Sille« geht gut. Adieu. Bruchstücke einer vorherigen Mi teilung, die von der hiesig«n Station für drahtlose Telegraphie ausgefangen wurde», lassen erkennen, daß die Lustschiffer zuversichtlich auf einen Erfolg ihrer Fahrt hoffen, obwohl dieAmerika" bereit« soweit ist, daß sie keine Möglichkeit der Verständigung mit dem amerikanischen Ftstlande mehr hat. Das Luft­schiff folgt dem Wege der 1ran»atla«tischen Dampfschiffe, die seine Mitteilungen ohne Zweifel entgegennehmen und weiter befördern werden.

SiaSconset (Masse chusett») 17. Ott. Tie hüsige Station für Funkentelegrophie hat heute mit einer Anzahl von Dampfern Tele­gramme gewechselt. Kein Dampfer hat aber von Wellman» gehört. Der Dampfer Finnland meldet, gestern abend habe stundenlang schwerer Sturm gewütet mit starken Blitzen und Regen- fällev, dann habe sich da« Wetter aufgeklärt und es sei glatte See gewesen.

Havanna 17. Okt. Der Sturm, der schon am Sonntag ungeheuren Schaden angerichtet hatte, hat sich gestern nacht zum Orkan verstä: kt. Die See schwemmte einen Zollschuppen weg, Waren im Werte von hundertlausenden Dollars fort führend. Am Har p'zollam t deckte der Wind das Dach ab und die Flut«» drangen in das mit Waren gefüllte Innere ein. Die Schiffahrt ist lahm gelegt. Auch die Stadt Key West ist von dem Orkan betroffen.

RrNameteil.

LeoeZiH

Vorzügliche 3 u. 5 Sfg. cigsverrL.

Seele entgegen wie der Vogel dem Licht. Du hast'« gefühlt vom ersten Tage an, dcß ich dich liebe, und darum bist du mein, ganz mein, und niemand soll mir dich rauben, selbst der Großherzog nicht."

Mit blitzenden Augen stand sie vor ihm, wunderschön in ihrem eifer­süchtigen Zorn. Aber er achtele ihrer Schönheit nicht.

Vergib mir, Gerda," begann er ruhig und kalt,wenn'« zwischen uns beiden ander» steht al« du dcchttst. Ein Brief von dir und jene eine Viertelstunde sind all unsere Geheimnisse. Vergcß ich damals, von dir berauscht, wa« mir Pflicht und Ehre geboten, auf einen Augenblick, so weiß ich'» heute umso besser. Auch du wirst'« einsehen. Niemand raubt mich dir, denn ich bin nie mit freiem Willen und klarem Wissen dein gewesen. E« war der Anfang einer Schuld, nur der Anfang. Aber zur Vollendung soll sie nicht kommen, damit wir nicht unglücklich werden. Du wolltest Gewißheit, ich gab sie dir, und mir selbst. Nun komm, ich bringe dich heim!"

Sie erwiderte kein Wort, sonder» sank auf da« Ruhebett und be­deckte da« Gesicht mit den Händen. Nach einer kleinen Weile erhob sie sich stumm, liiß sich von ihm den Mantel umlegen und schritt hastig neben ihm her. Auf dem ganzen Wege setzte sie seine« beruhigenden Worten ihr starre« Stillschweigen entgegen. Aber al« sie mit Hugo und ihrem Gatten dann in inssen Zimmer saß, da sprühte sie von Witz und Geist, sodaß Hugo fast ein Grauen überkam. Und unter Lachen und Kosen sagte sie, sich an WartnerS Hals hängend:

Karl, übermorgen spielt Herr Mayring den Ferdinand und nächste Woche wieder zwei große, schöne Rollen. Bitte, bitte, besorg' mir dafür Billette, denn da bei euch beide» jetzt doch nicht» mehr für mich zu be­wundern übrig bleibt, mrß ich mich in den kleinen Mayring ein bissel verlieben. Gelt, ich darf doch, Karl?"

Wartver küßte sie lachend.Du liebe«, große» Kind, mußt halt immer jemanden zum Anbeten haben. Siehst du Haffner, jetzt bist auch du von ihr entthront. Solltest am Ende doch wieder öffentlich auftreten?"

Sie strcckte abweisend die Hände au» und rief mit komischem Pathot:Nein, nein der Mayring ist mir lieber, viel lieber als ihr beide zusammen!"

Wieder lachte Wartner von Herzen; und Hugo zwang sich, einzu­stimmen, obwohl e» ihm gar nicht wie Lachen zu Mute war.

XVI.

Für Hallberg hatte sich diepafferde Gelegenheit," dem Freunde von der hoppelten Besetzung der Hauptrolle in seinem Drama Mitteilung zu machen, noch immer nicht eing« stellt. Er fand den Mut umsoweniger dazu, al« Hugo mit Feuereifer sich dem Studium hingab und den Dichter durch gklegentlichen Vorlrag von Bruchstücken der Rolle zu der beglückenden Ueberzeugung brachte, dcß er in ihm für diese tragende Figur den der k- bar besten Darsteller gewonnen habe. Düse Zimmer prob«», bei denen Hallberg die geniale Gestaltungskraft de« Schauspieler» ebenso bewundern lernte wie seinen eisernen Fleiß, seine glühende Begeisterung für die Auf­gabe und seine Fähigkeit, sich die leiscsten Andeutungen des Dichter» rösch zu eigen zu machen, diese Zimmerproben waren für beide Stunde» des reinsten Genusses, der höchsten schöpferischen Freude. War der Dichter hingerissen von der rückhclilosen Hingabe, mit welcher der Schauspieler sein ganze« Sein in die von ihm mit dem geistigen Auge erschaute Helden­gestalt verwob, so beglückte e« Hugo auf« Höchste, zu sehen, wie seine Kunst dem Werke de« Freunde« Leben und Farbe verlieh.

Sie hatten eine« Tage« soeben wieder einige Zeit mit diesem köstlichen Austausch ihrer Geistesgaben zugebracht und rüsteten sich für den gemein­samen Spaziergang, de» sie meist an ihre Arbeit anzuschließen pflegten, da entfuhren dem Munde Hallberg» in der Aufregung de« Augenblick« die Worte:Ewig schade ist'« doch, dcß du die Rolle nach der Sonder­vorstellung abgeben sollst."

(Fortsetzung folgt)