243.

Amts- UN- ArlMgMM für den OderamtsbrMk Calw.

85. Jahrgang.

Erscheinungslage: Montag, Dienstag, Mittwoch, Donnerstag, Freitag und Samstag. Jnsertionspreis 1V Pfg. pro Zeile für Stadt u. Bezirksorte; außer Bezirk 12 Pfg.

Dienstag, den 18. Oktober 1910.

Bezugspr.i.d. StadtV^jährl.m. Trügerl. Mk. 1.25. Posibezugspr. t.d.Orts-u.Nachbarortsverk. ^jährl. Mk. 1.20, im Fernverkehr Mk. 1.R). Bestellg. in Württ. 30 Pfg., in Bayern u. Reich 42Pfg.

AmtNstze Vskanntmarhnng»«

«n sämtliche Schulstellen des Bezirks Calw

Die diesjährige Hinptkanfereuz wird am Mittwoch, de» 26 Oktober ds. IS., in Calw im Saal des evang. Veretnshauses stattfinden und vormittags 9 Uhr beginnen.

Tagesordnung:

1. Lehrprobe.

2. Zwei Referate überRichtlinien für Auswahl der Lesestücke in den neuen Lesebüchern.

3. Vorführung der Werner'schen Lesemaschine.

4. Besprechung des Konferenzaufsatzes von 1909.

Die Konferecizvfl'chttgen wollen Ecöffnungs- bescheinigung vor der Konferenz an den Unterzeich­neten einsenden. Es empfiehlt sich, die neuen Lesebücher zur Konferenz mitzubringen.

Liebenzell, 16 Oktober 1910.

K. Kouferenzleitung:

Marquardt.

Bekanntmachung deS MtnisterinmS -es Innern, betreffend den Verkehr mit Kraftfahrzengen.

Als amtlicher Sachverständiger für die Prüfung von Kraftfahrzeugen und der Führer von Kraftfahrzeugen gemäß den §8 5 und 14 sowie der Anlagen ^ und 8 der Verordnung des Bundesrats über den Verkebr mit Kraftfahrzeugen vom 3. Februar 1910 (Reichs- Gesetzbl S. 389) ifi außer dem Bauinspektor Klaiber bei der K. Zentralstelle für Gewerbe und Handel (zn vergl. die Bekanntmachung vom 30. Mai d. I. Staatsanzeiger Nr. 121, Amtsblatt des Ministeriums des Innern S. 331) in widercufltcher Weise weiter­hin der Baurat Nallinger, Direktor beim Württe mb ergischen Dampfkesselrevisions- verein in Stuttgart, anerkannt worden.

Dis Anträge auf Prüfung von Kraftfahr­zeugen find oom 15. Oktober d. I ab bis auf weiteres ausschließlich an den letztgenannten Sach­verständigen, Baurat Nallinger, Direktor beim

Württ.mbergischen Dampfkess clrevisionSverei n, Sinti« gart Bismarckstraße Nr. 1, zu richten.

Die Gebühren des Sachverständigen sind in Z ff-r XIV der Anlage ^ und in Ziffer IX dkl Anlage 8 der erwähnten Bundesratsverordnung geregelt.

Die zwecks Vornahme der Führerprüfnng an den amtlich anerkannten Sachverständigen wiizn- teilenden Anträge auf Erteilung der Erlaubnis zum Führen eines Kraftfahrzeugs find von der K. Stadt­direktion Stuttgart und den K. Oberämtern vom 15 Oktober d. I. ab bis auf weiteres ausschließlich an den Baurat Nallinger unter der oben angeführten Adresse zu übersenden.

Stuttgart, 14 Oktober 1910

Pischek.

Bekantttmachttng der K. Zentralstelle für die Landwirtschaft, betreffend die Abhaltung eines vierzehntägigen Kurses über Weingiirnug, Hefereinzucht, Krankheiten der Weine u. s. w. an der Weinvanversnchsanstalt zu WeinSverg.

Gemäß 83 Ziff. 5 lit. s der Verfügung des Königlichen Ministeriums deS Kirchen- und Schul­wesens, betreffend die Weinbauversuchsanstalt in Weinsberg, vom 30. Julr 1901 (Reg.Bl. L. 2i.3), wird in dem mikroskopischen Laboratorium der Wetn- bauversuchsanstalt vom 28. November bis 10. De­zember d. I. ein Kurs über Weingärung, Heferein­zu ht, Krankheiten der Weine u. s. w. abgehalten.

In diesem für Weingutsbesitzer. Weinhändler, Küf-rmeister rc berechneten Kurse, zn dessen Teil­nahme besondere Voiksnntnisse nicht erforderlich find, werden durch tägliche theoretische Vorträge und daran sich anschließende praktische Uebungen behandelt w:rden:

Wesen, Verlauf und Kontrolle der Gärungs­vorgänge des Traubensaftes. Die verschiedenen im Traubensaft, Most und Wein auftretenden Lebe­wesen ; ihre Entwicklung, Tätigkeit und ihr Einfluß ans die Eigenschaften der Gärprodukte. Die ver­schiedenen Arten der Wein Hefen, die Wirkung ver­

schiedener Heferassen, die Hefereinzucht. Die prakt­ische Verwendung reingezüchteter Weinhefen für die Trauben-, Obst- und Beerenweinbereitung, sowie für die Schaumweinbereitung. Die Abstiche der Traubenmoste. Die praktische Verwendung der H-fen beim Umgä en fehlerhafter oder nicht durch­gegorener Moste. Die Infektionskrankheiten der Moste und Weine (Esstgstich, Kah michwerden, Zähe- werden, das Umschlagen) Die Behandlung t-über Weine auf Grundlage der mikroskopischen Unter­suchung. Die wichtigsten Ptlzkrankheiten der Rebe, wie Blattfallkrankheit, Meltau, schwarzer Brenner u. s. w., und ihre Btkämpfung.

Von Württembergern wird ein Honorar für den Besuch des Kurses nicht erhoben. Für Nicht- württemberger beträgt das Honorar 25 Im übrigen hat jeder Kursteilnehmer 10 Ersatzgeld für Materialverbrauch u. s. w. und 1 für Be­dienung zu bezahlen. Das Honorar und die sonstigen Gebühren find vor Eröffnung des Kurses an das Kafsenamt der K. Weinbauschule Weinsberg zu entrichten.

Gesuche um Zulassung zu dem Kurs, welche das Alter und den Beruf deS Gesuchstellers enthalten müssen, find spätestens bis zum 12. No­vember d. I. an den Vorstand der Wein­bauversuchsanstalt zu richten, der sie mit seinen Anträgen der Zentralstelle für die Landwirtschaft zur Entscheidung vorlegen wird.

Stuttgart, 11. Oktober 1910.

Sting.

Tagesnenigkeiten.

Calw 18. Okt. Die Obstpreise habe» rasch angezogen. Auf dem Lande werden für den Ztr. jetzt 5.20 ^ gefordert und bezahlt. Der Vorrat ist noch klein und in den meisten Orten ist alles verkauft. Zu dem rasche« und teueren Verkauf trugen besonder» badische Händler bei. Dieselben kauften ganze Wagenladungen von Obst auf, um sie an Weinhandlungen in

Beifall.

Eine Novelle von F. A. Geißler.

(Fortsetzung.)

Und al» die Personen de« Stückes nach jedem Akt gar artig an der Rampe erschienen und sich verbeugten," fuhr Fräulein Eva de» Justiz­rat« Tochter fort,da war e» mir, als ob in den Kleidern mit einem Male ganz andere Menschen steckten, die mich bisher mit all' ihrem Tun getäuscht, hatten. Matter hat mir oft erzählt, daß ich erst wie entgeistert dasaß, dann mit lauter, klagender Kinderstimme rief: Das ist ja Lüge! und endlich in wilde» Weinen ausbrach, so daß sie mich vor dem letzten Akt «ach Hau« bringen mußte."

Sie schwieg und schaute den Gast mit einem fragenden Blicke an. Hugo war durch ihr Geständnis zunächst betroffen. Die Theaterleute find dermaßen davon überzeugt, daß sich jede» Menschenkind, zumal jedes weibliche Wesen, unendlich von ihrer Kunst de» Scheins angezozen fühle« muffe, daß sie'» kaum glaube« können, wenn die» einmal nicht zutrifft. Aber er faßte sich bald und sagte nach einem Blick in die klaren, guten stahlgrauen Augen de» Mädchen«:

Merkwürdiger Fall. Aber gerade für mich nicht so unglaublich, al« Sie vielleicht meinen. Ich erkläre mir den inneren Vorgang leicht: Ihre Wahrhaftigkeit war größer als die Einbildungskraft, die doch sonst gerade Kindern über all' die Ungereimtheiten und Albernheiten der Bühnenmärchea alten Stils so leicht hinweghilft. Sie glaubten zunächst, Lebe» zu sehen, und als Sie erkannten, daß alle» nur gemacht war, da wurde Ihrem Wahrheitsfanatismu» die Täuschung der Bühne, die tausend anderen hold und lieblich erschien, zur Lüge. Dem Kinde kann ich das alles leicht nachfühlen aber"

Eva dankte ihm mit den Augen und nahm den Faden seiner Rede auf.

Aber wie eine erwachsene junge Dame so hartnäckig an diesem Jugendeindruck festhalten, sich von ihm beherrschen und um die schönsten Genüsse bringen kaffen kann, da» ist Ihnen unerklärlich."

Ja, Fräulein, da« wollt ich sagen."

Der Justizrat rieb sich die Hände.Jetzt, Eochen, verteidige dich gut, denn sonst hast du'» mit unserm Gast verspielt."

Das befürcht' ich nicht, Vater. Wer sich so, wie Herr Haffner, in die Seele eine» Kinde» versetzen kann, der wird auch das weitere ver­stehe», ja ich möchte fast glauben, daß er im tiefsten Innern ähnlich empfindet wie ich. Dank meinem gute», lieben Vater, der in den Werken unserer Dichter zu Haus ist wie selten einer, wurde ich früh in ihre Wunderwelt eingeführt. Vor allem war e» Schiller, deffe« Dramen ich mit Heller Begeisterung in mich aufnahm. Ich erlebte sie, ich sah im Geiste jede Szene vor mir, alle Gestalten und Oertlichkeiten standen lebendig vor meiner Seele, ich war Sn Dichters Land daheim. Darum könnt' ich mich nicht entschließen, ins Theater zu gehen und, von tausend anderen Menschen umgebe» und beobachtet, mir dprch bemalte Leinwand und Pappe, Schminke und Kostüme mein herrliches, eigenpersönliches Bild der Dichtung zerstören zu lasse». Ich würde, so künstlerisch hoch eine Vorstellung auch steht, doch immer da» Gefühl der Täuschung, der Unwahrhaftigkeit haben und mag mich nicht der Gefahr anssetzen, vielleicht, wie einst al« Kind, mit dem heimlichen Rufe,das ist ja Lüge", da» Theater verlassen zu müssen."

Hugo hatte mit lebhafter Teilnahme zugehört.Ach wie oft" sagte erhaben wir Schauspieler selbst, wenn wir nur ehrlich gegen uns selbst sind, dieselbe peinvolle Empfindung! Aber glücklicherweise er­fahre» wir an uns auch da» Gegenteil. Ich darf Ihnen versichern, daß ich an den Tagen, da ich mein Beste» geleistet habe, nach dem Ende de»