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Erscheinungstage: Moni««., Dienstag, Mittwoch, Donnerstag. Freitag und Samstag. Jnfertwnspreis TO Pfg. pro Zeile für Stadt u. BeKirksorte; außer Bezirk 12 Pfg.

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A« die Ortsbehörden.

Seitens des K. Oberamtsphyfikats ist die Beobachtung gemacht worden, daß die in dem Min.-Ertaß vom 7. Februar 1898 M.-A,-Blatt S. 51 und 52 vorgeschriebenen Leichenzettel nicht in allen Gemeinden benutzt werden.

Im Hinblick auf den oberamtlichen Erlaß vom 1. März 1898 Calwer Wochenblatt Nr. 26 erhalten die Schultheißenämter den Auftrag, den Bedarf an Leichenzetteln auf etwa 5 Jahre hieher binnen einer Woche anzuzeigen, worauf ihnen die Zettel durch die Amtspflege zugehen werden.

Veraltete Leichenzettel sind zu vernichten.

C,alw, 11. Oktober 1910.

K. Oberamt.

Amtmann Ripp mann.

Bekanntmachung.

Einstellung von Dreijährig-Freiwillige« für das IH. Seebataillon (Marine-Infanterie) in Tfingta« (China).

Einstellung: Oktober 19l1, Ausreise nach Tsingtau: Januar 1912, Heimreise: Frühjahr 1914. Bedingungen: Mindestens 1,65 m groß, kräftig, gesunde Zähne, vor dem 1. Oktober 1892 geboren (jüngere Leute nur bei besonders guter körperlicher Entwicklung).

In Tsingtau wird außer Löhnung und Ver­pflegung täglich 0,50 Mark Teuerungszulage gewährt.

Meldungen mit genauer Adresse sind unter Beifügung eines vom Zivilvorsitzenden der Ersatz- kommisfion ausgestellten Meldescheins zum freiwilligen Diensteintritt auf drei Jahre zu richten an:

Kommando des HI. Stammseebataillons» Wilhelmshaven.

Donnerstag, den 13. Oktober 1910.

Bekamltmachrmg.

Einstellung von Drei- und Vierjährig-Frei­willigen für die Matrosenartillerie-Abteilung Kiautschou (Küstenartillerie) in Tsingtau (China.)

Einstellung: Oktober 1911, Ausreise nach Tsingtau: Januar 1912 bzw. 1913, Heimreise: Frühjahr 1914 bzw. 1915. Bedingungen: Mindestens 1,64 m groß, kräftig, gesunde Zähne, vor dem 1. Oktober 1892 geboren (jüngere Leute nur bei be­sonders guter körperlicher Entwicklung).

In Tsingtau wird außer Löhnung und Ver­pflegung täglich 0,50 Mark Teuerungszulage gewährt.

Meldungen mit genauer Adresse sind unter Beifügung eines vom Ztvilvorfitzenden der Ersatz­kommisston ausgestellten Meldescheins zum freiwilligen Diensteintritt auf drei bzw. vier Jahre zu richten an:

Kommando der Stammabteilnag der Matrosenartillerie Kiantschou, Cuxhaven.

Auf vorstehende Bekanntmachungen werden die Interessenten htemit hingewiesen.

Calw, 12. Oftober 1910.

K. Oberamt. Binder.

Tagesneuigkeiten.

V Calw 13. Oft. Die Arbeiten zum städtische» Elektrizitätswerk schreiten gegen­wärtig rasch von statten. Die Wafferarbeiten sind zum größten Teil beendigt und bei der günstigen Witterung ohne größere Schwierigkeiten ausgeführt worden. Auch das Elektrizitätsgebäude selbst strebt kräftig in die Höhe und bald wird dasselbe im Rohbau fertig dastehen. Gegen­wärtig werden die Ständer und Verteilungsmasten aufgestellt, die LeitungSdrährte gezogen und die Kanäle zur Legung der unterirdischen Kabel ge-

Bezugspr. i. d. Stadt'/zjährl. m. Trägerl. Mk. 1.25. Posibezugspr. f.d. Orts-u.Nachbarortsverk. ^ährl. Mk. 1.20, im Fernverkehr Mk.1.30. Bestellg. in Württ.30Pfg.. in Bayern u. Reich 42Pfg.

graben. In der Bahnhofstraße wird da» Kabel in das Trottoir gelegt, dasselbe wird in der Lederstraße der Fall sein. Die Aufstellung der VerteiluugSmasten ist schwierig, zumal genaue Abstände von den Häusern eingehalten und sonstige Bestimmungen berücksichtigt werden müssen. Da» Calwer Städtebild hat dadurch etwa» notgelitten und e» ist dies sehr zu bedauern, namentlich hat der obere Teil der Lederstraße entschieden an einem schönen Abschluß und Anblick verloren. Da» fortschreitende Interesse de» Verkehr», der Industrie und de» Gewerbe» erfordert aber dringend die neuen Einrichtungen und so muß sich eben auch ein Stadtbild eine ungünstige Aenderung gefallen lassen, wenn kein anderer Ausweg gefunden werden kann.

Calw 12. Ott. Am gestrigen Markttage war wieder ein Taschendieb tätig, wodurch einige Marktbesucher empfindlichen Schaden er­litten; einer Frau von Stammheim wurde da» Portemouaie mit 26 Mark Inhalt entwendet und ein Bauersmann von Wildberg vermißt den an­sehnlichen Betrag von 500 Mark. Auch ein in der Lederstraße verloren gegangenes Portemoaaie scheint der unehrliche Finder behalten zu wollen.

Zuffenhausen 12. Oft. Al» heute morgen ein Zug mit Rekruten aus dem Schwarzwald hier einlief, begaben sich junge Leute, da der Zug Aufenthalt hatte, in die Stadt. Ein Teil von ihnen besuchte den SchnapSauS- schank de» Bäcker» Schwarz an der Ecke der Friedrichstraße. Im Uebermut warf dort ei» Rekrut seine Reisetasche durch die offene Laden­türe auf die Straße und traf dabei das zwei­jährige Kind de» Schreiner» Reck in» rechte Auge, sodaß dieses sofort auslief. Das Kind wurde in da» Olga-Hospital nach Stuttgart verbracht.

Beifall.

Eine Novelle von F. A. Geißler.

(Fortsetzung.)

Da die Hoftheaterleitung einen Ersatz für ihn beschaffen mußte, so hatte sie einen blutjunge«, kaum zwanzigjährigen Anfänger probeweise verpflichtet, für dessen Talent sich namhafte Fürsprecher, darunter ein ehe­maliger Hofschauspieler von großem Rufe, verbürgten. Herr Mayring, so hieß der Jüngling, kam, wurde gesehen und siegte so schnell, daß er bald der erklärte Liebling der Theaterbesucher war. Und da er, ganz im Gegensätze zu dem in sich gekehrten ernsten Wesen Haffnerk, von leb­hafter Art, schnell anschließender Geselligkeit, persönlicher Liebenswürdigkeit und strahlender Heiterkeit war, so stand er schnell inmitten einer zahl­reichen Anhängerschaft, die ihn mit lautem Beifall überschüttete und ihn auch außerhalb de« Theaters in jeder Weise verzog, während sich Haffner, sobald seine bevorstehende Ernennung zumSchauspieler de» Großherzogs" bekannt geworden war, sehr vernachlässigt sah.

So kam es, daß Hugo, wenn er ab und zu vor da» Publikum trat, dieses teilnahmslos und kalt fand. Und wenn er sich auch bald mit einem Lachen darüber hinwegsetzen konnte, weil er vom Anfang seiner dritten Kronburger Saison an sich im Dienste seine» Fürsten vor viele große und schöne Aufgaben gestellt sah, so wurmte es ihn doch im Stillen, sich so rasch ersetzt und vergessen zu sehen.

In dieser Stimmung ging er an einem kalten Winterabend vor die Stadt hinaus, um sich einen freien, klaren Kopf für die abendliche Arbeit de» Memorieren« einer neuen, umfangreichen Rolle zu schaffen, die er in einer der nächsten Sondervorstellung verkörpern sollte. Bald lagen die letzten Häuser hinter ihm, und er schritt, wie er das so sehr liebte, auf einem schmalen, wenig betretenen Pfade den Fluß entlang, der sich in

viele« Windungen durch da» Hügelland zog, an einzelnen Stellen durch Felspartien eingeengt und vertieft. Al» Hugo sich einer schmalen Brücke näherte, die an einer der tiefsten Stellen den Fluß überspannte, sah er einen Mann auf dem Geländer fitzen, der Anstalten machte, sich in da» Wasser zu stürzen. Er hatte den Ueberrock und Hut schon abgeworfen und starrte, weit vornüber gebeugt, in die Strömung, offenbar schon im Banne jener unheimlichen, zauberischen Gewalt, mit der die rauschende Flut jeden unwiderstehlich anzieht, der lange hineinschaut. Atemlos, mit leisen Schritte» nahte sich der Schauspieler dem Fremden, der kaum seine Annäherung bemerkte, als er sich auch schon über da» Geländer schwang. Doch mit raschem Griff ihn fassend, verhinderte Hugo seine» Todessprung und zog ihn unter fast übermenschlicher Anspannung seiner Kräfte wieder über da» Gitter zurück. Dann gab er ihm, ohne seinen Arm loszulassen, Hut und Rock und sagte:Kommen Sie, hier ist kein Ort für Sie." Dabei faßte er ihn kräftig unter und führte ihn auf den Weg, um zur Stadt zurückzukehre».

Da blieb der Gerettete plötzlich stehen, machte sich mit einem Ruck lo» und hob ein bleiches, abgezehrte», von dunklem Barte umrahmte» Antlitz zu Hugo empor, indem au» seinen schwarzen, müden Augen ein anklagender Blick hervorbrach.

Warum rissen Sie mich zurück, al« ich mich frei machen wollte, und warum führen Sie mich wieder zu den Menschen? Wer gibt Ihnen das Recht, mich zum Weiterleben zu zwingen? Sie bilde» sich vielleicht ei«, mich gerettet zu haben, aber ich fürchte, Sie haben mich nur zu neuem Elend aufbewahrt. Ach, e« ist so schwer, sich da» Leben zu nehmen, selbst wenn man die Tat als Notwendigkeit, al» Befreiung erkannt hat. Zehnmal wollt' ich'» schon tun, aber im entscheidenden Augenblicke ver­sagte stets mein jämmerlicher Mut. Heute halt' ich die Kraft de« letzte» Entschlusses, das Wasser lockte so süß zur Ruhe, schon setzt' ich zum er­lösenden Sprunge an, da muß der Teufel Sie herführen."