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Amts- und Aiyeige-latt für -en OöeramtsbeM Calw.
85. Jahrgang.
Erscheinungstage: Montag, Dienstag, Mittwoch, Donnerstag, Freitag und Samstag, Jnsertionspreis 10 Pfg, pro Zeile für Stadt u, Bezirksorte i außer Bezirk IL Pfg.
Ireitag, den 7. Oktober 1910.
Bezugspr.i. d. Stadl ^jährl.m. Trägerl. Mk. 1.25. Postbezugspr. 7.d.Orts-u.Nachbarortsverk. ^.jährl. Mk. 1.20, im Fernverkehr D!k. 1.30. Bestellg. in Württ. 30 Pfg., in Bayern u. Reich 42 Pfg.
Aivtlkche Vskairirtniachrrns**
Erlaß des Porstandes der Persicherungsanstalt Württemberg. Nr. 2869.
Da bei einzelnen Abrechnungsstellen für die Beitragsmarkenabrechnnng zur Invalidenversicherung Zweifel hervorgetreten sind, in welchem Jahre die am Sonntag, den 1. Januar 1911, abschließende, am vorhergehenden Samstag, den 31. Dezember 1910, zum Einzug fällige Beitragsperiode zu verrechnen sei, so machen wir unter Hinweis auf unfern Erlaß vom 4. Oktober 1909, Nr. 3681, (Amtsblatt des Vorstands der Vers -Anstalt Württemberg vom 6. November 1909, Nr, 9) hiermit all« in unmittelbarem Abrechnungsverhältnis zu der Versicherungsanstalt stehenden reichs- und landcsgesetzlichen Krankenkassen (Orts-, Bezirks-, Jnnungskrankenkassen, Ge- meindekrankenverficherungen, Bezirks- und Ort?- krankenpflegeverficherungen und Ortsbehörden für dieArbeiterverstcherung wiederhol-darauf aufmerksam, daß das Rechnungsjahr 1910 mit der 13. Beitragsperiode, also am Sonntag, den 4, Dezember 1910, abschließt. Es sind demnach die am 31. Dezember
1910 zum Einzug fälligen Jnvaliden-Versicherungs- beträge als zu der am 1, Sonntag im Jahre 1911 abschließenden ersten Beitragsperiode gehörig im Rechnungsjahr 1911 zu verrechnen. Das Rechnungsjahr 1911 umfaßt somit 14 Beitragsperioden, weil die letzte am Sonntag, den 31. Dezember 1911, endet. Auf dieser Grundlage haben daher auch die EinzuMiellen ihre Rechnungstabellen für das Jahr
1911 anzulegen.
Stuttgart, 16. September 1910.
Der Vorstand der Bers.-Anstalt Württemberg.
Hilbert.
Vorstehender Erlaß wird hiemit zur Kenntnis der obengenannten Einzugsstelle« gebracht.
Calw, 6. Oktober 1910,
K. Oberamt.
Binder.
Tagesneuigkeiteu.
8V. Calw 7. Okt. Am morgigen Abend wird wieder das Fackeln beim Hohen Felsen ausgeführt werden. Auf Grund der im Vorjahr gemachten Erfahrungen sind entsprechend verbesserte Vorbereitungen gemacht worden, so daß bei günstigem Wetter ein schönes Schauspiel in Aussicht gestellt werden kann. Begonnen wird bei einbrechender Dunkelheit mit Abbrennen von Feuerwerktkörpern. Hernach wird ein großes Höhenfeuer gemacht. Erst wenn dasselbe ziemlich abgebrannt ist, sollen die Fackeln daran angezündet werden. Um eine große Beteiligung (auch der Erwachsene») zu ermöglichen, hat der SLwarzwaldvrrein 200 Stück Fackeln anfertigen lassen, die zu 15 Pfg. in der Wanderarbeitsstätte gekauft werden können. Es mag ein eigenartig schönes Bild sein, wenn die vielen brennende» „Fackeln" geschwungen werden. Ehe sie ausgebrannt sind, bewegen sich dann ihre Träger mit ihnen in langem Zug hinab zum Brühl, wo die Fackeln zu einem kleineren Feuer zusammengeworfen werden. — Das ganze Schauspiel wird am besten zu sehen sein von den Höhen link» der Nagold au», insbesondere auf der neuen Straße beim Bezirkskommando.
Calw. Es wird auch an dieser Stelle auf den Vortrag aufmerksam gemacht, den Pfarrer Jaquemar von St. Pölten am Sonn
tag Abend über die evangelische Bewegung in Oesterreich Hallen wird. Die Mitglieder des evang. Bundes und alle, welchen die Ausbreitung des Evangeliums in Oesterreich am Herzen liegt, werden gewiß gerne etwas über die Fortschritte dieses WeikeS vernehmen aus dem Munde eines Mannes, der selbst daran mitarbeitet.
Herrenalb 6. Okt. Ein sich gern als Geistesschwacher aufspielender junger Mensch in Gaistal, der in anderer Leute Häuser einbricht und mitnimmt, was ihm paßt, auch kürzlich einer Frau die einzige Kuh aus dem Stall nahm und hierher zum Verkauf führte, wurde jetzt erwischt.
Stuttgart 6. Okt. Vor der Strafkammer des Landgerichts fand heutabend gegen 9 Uhr nach mehrstündiger Beratung die Urteilsverkündigung in dem BeleidigungSprozeß gegen den Oberleutnant a. D. Gramm statt. Der Angeklagte wurde wegen Beleidigung des Majors Weller zu 3 Wochen, wege« Beleidigung de» Generalmajors v. Berrer zu IV- Monate» Gefängnis, mithin zu einer Gesamtstrafe von zwei Monatrn Gefängnis und zur Tragung der Kosten verurteilt. Ja der Begründung heißt es, daß auch im Brief an Major Weller die Wahrung berechtigter Interessen nicht in Betracht käme. Das Schreiben mit seinem beleidigende« Inhalt laste deutlich erkennen, daß Gramm sich an dem Major habe rächen wollen. Zuzugeben sei, daß Weller ein Benehmen an den Tag gelegt habe, das nicht gebilligt werden könne. Es seien Ausdrücke gefallen, die das Maß des Erlaubten überschreite» und geeignet sind, die Leute in ihrem Ehrgefühl zu verletzen. Was die Beleidigungen gegen Generalmajor v. Berrer anbetrifft, so handle es sich um sehr schwere Vorwürfe gegen eine» Offizier, dessen Verhalten keinen Tadel verdiente und der es nie an Wohlwollen gegenüber dem Angeklagten habe fehlen lasten. Der Vorwurf de» luxuriösen Lebenswandel» habe nicht den Hauptgrund zur Einreichung des Abschiedsgesuchs bilden können. Der Angeklagte habe au» verschiedene» Vorgängen wohl den Schluß gezogen, daß er keine glänzende Laufbahn vor sich habe. Da» Schreiben an den Kriegsminister sei eine Anzeige gegen den damaligen Obersten v. Berrer gewesen. Auch au» anderen Briefen gehe deutlich hervor, daß Gramm sich au dem Generalmajor v. Berrer habe rächen wollen. Bei der Strafzumessung käme in Betracht: das straflose Vorleben des Angeklagten, die verschiedenen Begleitumstände, wie der Streit mit den Schwiegereltern und die irrtümliche Annahme, von Weller ungünstig qualifiziert worden zu sein, andererseits konnte nicht außer Acht gelasten werden, daß e» sich um sehr schwere Beleidigungen gegen den Generalmajor v. Berrer handle. Daftir sei eine empfindliche Strafe am Platze.
Stuttgart 6.Okt. (Mädchenturnen.) Vor einigen Tagen verließ die „Anweisung für Erteilung de» Mädchenturnenr" von Herrn Prof. Keßler hier, die Presse. Bekanntlich ist das Mädchenturnev eine neue UnterrichtsdiLziplin unserer Volksschule. Um nun in sie des näheren einzuführen, werden in de» diesjährigen Turn- kurS nicht nur 33 wettere Volksschullehrer bezw. frühere Kursteilnehmer einbemfe«, sondern erhalten auch die Kgl. Bezirksschulaufseher im
Hauptamt Ordre, an diesem Kur» vom 11.—13. Oktober bezw. an der instruktiven Schlußeinführung teilzunehmen. Außerdem werden auch andere Bezirktschulaufseher diese Gelegenheit benütze«, um sich die nötigen Informationen über diese neue Disziplin anzueignen.
Reutlingen 6. Okt. Der vierjährige Knabe des Strickwarenfabrikanten Euchner in der Albvorstadt wurde von einem angehängten und schwer beladene» Holzwagen überfahren. Vorder- und Hinterrad gingen dem Kind über die Brust und e» mußte mit schweren inneren Verletzungen nach Hause getragen werden. Den Fuhrmann soll keine Schuld treffe«.
Tübingen 6. Okt. (Forstdüngung.) Hier tagte der Sonderausschuß für Forstdüngung der deutschen Landwirtschafts-Gesellschaft. Es wurden von etwa 20 Teilnehmer» die Forst- düngungSversuche in den Gemeindewaldungen von Rotteuburg und Owingen besichtigt, die von der Forstliche» Versuchsanstalt Tübingen bezgl. von Forstrat Lent (früher in Sigmaringen, jetzt in Menstein) eingeleitet wurden. Unter Führung de» derzeitigen Rektors der Universität, Prof. Bühler, wurden sodann die DüngungS- versuche im forstlichen Versuchsgarten im Großholz bei Lustnau besichtigt, worauf mehrere der Herren noch eine» Ausflug nach Bebenhause» unternahmen.
Wiblingen OA. Laüpheim 6. Okt. (Leichenfund.) ImGögglinger Wald, Waldteil Buchau, Markung Wiblingen, wurde von Metzgermeister Battran ein Erhängter aufgefunden. In besten Besitz befand sich eine Schristenmappe mit der Aufschrift „F. Mißler, Bremen, Bahnhofstraße 30". In ihr war ein Notizbuch mit der Photographie de» Erhängte». In dem Notizbuch stand mit Blei geschrieben: Zur Beerdigung befinden sich 91 ^ irr meiner Tasche. Bei der Durchsuchung des Erhängten befanden sich auch 91 ^ in Portemonnaie. Die Leiche wurde hierher verbracht und wird in de« nächsten Tagen beerdigt werde».
FriedrichShafen 5. Okt. I» der Zeppelinlustschiffbauwerft wird angestrengt gearbeitet. Das «eue Luftschiff „Ersatz Deutschland" liegt in seiner Riesenhalle und da» Aluminiumgerippe ist fertig. Mit der Fertigung der Gasballonetthüllen ist begonnen, ebenso mit der Umhüllung des Luftschiffes selbst. Das Ganze macht in dem gewaltigen Raum und mit de» riesigen Dimensionen einen großartigen Eindruck und ist ein Beweis des auf der Werft herrschenden Arbeitseifers. Heute wurden in der Werkstätte Motoren auiprobiert: ihr Getöse drang hinaus in» Freie. In den Kreisen de» Luftschiffbaus ist trotz des letzte« schweren Unglück» in Baden-Oos die Zuversicht auf eine gesunde und gedeihliche Weiterentwicklung de» Zeppelinwerk» nicht geschwunden; sie hat durch die in Bade« errungenen Erfolge und die gute« Einnahmen der so prächtig gelungenen Fahrten eine neue Stärkung erfahren. Auch ist e» jetzt möglich, bei dem „Ersatz Deutschland" weitere Neuerungen und Verbesserungen anzubringen. In alter Frische weilte Graf Zeppelin in den letzten Tagen wieder in der hiesigen Stadt und besuchte auch die Luftschiffwerft. Seine Anwesenheit ist für jeden seiner Vertrauten, wie für den