233.

Amt»- und AllzeigebIÄt für den Gberamkbezlrl Lalw.

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Donnerstag, -en 6. Oktober 1910.

S,,ua»pr.t.d.«t-bt'/^!chrI.m.rrLa«-l.Wk. I.«. Postbezug«», s.d. Ort«, u. Nachbarort«»«!. V^LHrl. Mk. I.«o. im Aeriwerlehr »stk. 1.00. »estellg. in Württ. »o Psg., in Sägern u. Reich «s Ps»

»«etliche Bekanntenachring»«.

K. OSeramt Calw.

Vekanntmaehnng, bstr. die landwirt­schaftliche winterschule in Lesnberg.

Den B fach dieser Schule, welche am

Donnerstag, den 10. November ds. IS., vormittags 9'/- Uhr,

wieder eröffnet werden wird, bringe ich der bäuer­lichen Bevölkerung in empfehlende Erinnerung.

Die landw. Winterschule hat die Ausgabe, der Volksschule entwachsene junge Leute, welche später Landwirtschaft treiben wollen, teils in den Kenntnissen, welche sie in der Volks-Schule erworben haben, zu befestigen und weiterzuführen, teils durch geeigneten Unterricht in der Landwirtschaft und ihren Hilfsfächern soweit auszubilden, daß sie die wichtigsten Vorgänge beim Betriebe der Landwirtschaft verstehen und insbesondere die in einer bäuerlichen Wirtschaft vorkommenden Verhältnisse richtig beurteilen lernen.

Diese Aufgabe soll in zwei Winterkursen mit der Dauer von etwa 4*/2 Monaten Anfang November bis Mitte März gelöst werden.

Nach dem Lehrplan gewährt zwar auch der Besuch des einzigen Kurses einen bestimmt abge­schlossenen Unterricht, doch wird der gesamte Unter­richtsstoff erst durch den für einen zweiten Kurs vorgesehenen, in bestimmten einzelnen Fächern weiter führenden Unterricht erschöpft.

Die Unterricht-gegenstände find mit Rück­sicht auf die verhältnismäßig kurze Unterrichtszeit und das dem Zweck der Schule angepaßte Lehrziel ausgewählt, auch werden sämtliche Fächer mit steter Bezugnahme auf die unmittelbare Anwendung in der landwirtschaftlichen Praxis und nur in dem Umfange gelehrt, daß dieselben von den Schülern nach ihrer Vorbildung verstanden und verarbeitet werden können.

Lehrpläne der Schule und Anmeldefor­mulare können von dem Schulvorstand, Herrn

Landw.-Jnsprktor Ströbele in Leonberg, bezogen werden.

Den 5. Oktober 1910.

Reg.-Rat Binder.

Tagesneuigkeiteu.

Stuttgart 5 Okt. Gestern Abend kam in der Turnhalle der Jakobschule ein 14 Jahre alter Lehrling zu Fall, wobei er sich einen Bruch de» linken Vorderarms zuzog. Er wurde in die Olgaheilanstalt übergeführt. Gestern wurde hier ein Betrüg er festgenommen, der in ver­schiedenen Häusern sich dadurch Geld erschwindelt hatte, daß er vorgab, für einen in der Tat jedoch gar nicht bestehenden katholischen Arbeiter­verein angeblich zum Bau eines Wöchnerinnen­heim» Geldbeträge einzusammcln. Zweifellos find dem Betrüger seine Schwindeleien noch in zahl­reichen anderen Fällen gelungen.

Stuttgart 5.Okt. (Militär-Prozeß.) In dem Prozeß gegen den Oberleutnant a. D. Heinrich Gramm wegen Beleidigung de» Major- Weller, Bataillonkommandeur» im prevß. Jnf.-Reg. 132 und de» früheren Oberst», jetzigen württ. Brigadekommandeurs v. Berrer wurde heute die Beweisaufnahme geschloffen. Das Wort ergreift zunächst Staatsanwalt Cu Horst. Er erklärte, sich streng an die Sache Hallen zu wollen. Jeder, der der Verhandlung beigewohnt, werde den Eindruck gewonnen haben, daß für de« Abschied, den der Angeklagte eingereicht hat, nach Gründen gesucht werden mußte. Der An­geklagte habe selbst die Presse für sich in An­spruch zu nehmen versucht. Worauf e» dem Angeklagten ankam, darauf deute die in den sozialdemokratischen Blättern loSgelaffene Polemik hin. Er sei auch jetzt noch fest davon

überzeugt, daß der Angeklagte dazu das Material geliefert habe. Wenn der Angeklagte in seiner Eingabe an den Kriegtminister von einemwider­natürlichen Machwerk" spricht, das jeden mit normalem Empfinden au«gestatteten Mensche« anwidern müsse, so sei das ein Vorwurf von ganz besonderer Schwere. Wa« habe die Schwieger­mutter de» Angeklagten getan? Was Gen.Maj. v. Berrer? Den Beweis sei der Angeklagte schuldig geblieben, daß Berrer auch nur im ent­ferntesten seiner Pflicht nicht nachgekommen ist. Wir haben gehört, daß Berrer für den Ange­klagten noch kurz vor der Einreichung des Ab­schiedsgesuchs eintrat. Wo bleibe da der Nach­weis, daß der Oberst im Verein mit der Schwieger­mutter den Angeklagten zur Einreichung de» Abschiedsgesuch» gedrängt habe? E» sei darauf hinzuweisen, daß niemand etwas von einer Ver­leumdung des Angeklagten gesagt habe. Was sei denn der Einreichung de» Abschiedsgesuch» vorangegange»? Gar nichts! Selbst sein Schwager, der Leutnant Klein, habe den Angeklagten ge­beten, daß, wenn er durchaus sein Abschieds­gesuch einreichen wolle, er diesem eine mildere Form geben solle. Der Angeklagte sei auch heute noch sichtlich verlegen, zu sagen, wer ihn ver­leumdet habe. In seinem Schreiben an den Kriegsminister beschuldigte der Angeklagte ferner im voraus de» Oberst, daß, wenn er wieder ein Schreiben einsende, es zu seinen Ungunsteu ge­färbt sei. Das sei eine besonders schwere Be­leidigung. Der Angeklagte habe sich schmählich an seinem Oberst vergangen und der Grund seine» Vorgehen« sei leicht ersichtlich. Von Wahrung berechtigter Jutereffen könne da keine Rede sein, denn der Angeklagte hat, obgleich er Oberstv. Berrer eine Ehrenerklärung abgab, ihn hinterher ver­leumdet. Man habe auch nicht» gehört, wa» al» eine

Beifall.

Eine Novelle von F. A. Geißler.

l Fortsetzung.)

Bei ruhigerer Ueberlegung aber erkannte Hugo bald, daß die Zurückgabe der Rolle unmöglich sei, weil sie ihm unbedingt da» Mißfallen des Großherzog» zuziehen mußte. Er tat also da», wodurch man sich jede unangenehme Arbeit allein schmackhaft machen kann: er nahm sie ernsthaft vor in dem Bestreben, sie zu bezwingen. Und je mehr er die Rolle durchdachte, desto bester gelang e« ihm, sich in sie hineinzuleben und sie durch seine Eigenart zu ergänzen. So hatte er die Genugtuung, daß er auf der ersten Probe schon durch eine sichere Beherrschung und Erfassung der ihm scheinbar fernliegenden Partie auffiel. Er bemerkte mit stiller Genugtuung, wie der Regisseur den Intendanten bedeutsam anblickte und dieser zustimmend nickte. Und hohe Befriedigung gewährte e» ihm, al» Wartner, der eine andere Hauptrolle de» Stückchen darzustellen hatte, nach der Probe zu ihm trat und mit herzlichem Händedruck sagte:Sie find ja wirklich ein Tausendkünstler, lieber Freund! Wie Sie die Rolle wieder hinlegen, da« ist erstaunlich!"

Der Tag der Aufführung kam rasch Hera«. Da die Vorstellung bereits um 6 Uhr begann, so ging Hugo noch bei Hellem Tageslicht in» Theater. Vor dem Bühneneingang traf er Wartner und seine Gattin. Hugo grüßte höflich, aber mit jener Befangenheit, die man bei Begegnungen mit Leute» zu empfinden pflegt, über deren Gesinnungen mau sich nicht klar ist. Doch Frau Gerda reichte ihm die Hand und begann sofort die Unterhaltung, wobei einem besseren Menschenkenner, al» er e« war, ihre nervöse Erregung sofort ausgefallen wäre.

Nun, heute stehen Sie ja am Ziele Ihrer Wünsche" sagte sie die erste Mitwirkung in einer Sondervorstellung ist ein Ereigni» für

jeden Kronburger Hofschauspieler. Ich weiß auch schon, daß Sie eine ganz aparte Rolle haben und in ihr sich selbst übertreffen sollen. Mein Mann hat mir davon vorgeschwärmt, und in mir die alte Sehnsucht neu erweckt, einmal dabei sein zu dürfen. Aber Erfüllung gibt es für diese» Verlange« freilich nicht. Sogar bei den Generalproben werden keine Zuschauer mehr eingelaffen. Sehen Sie nur, wie der Pförtner mich schon mißtrauisch betrachtet, als ahne er, wie gern ich mich einschleichen möchte. Da will ich nur schnell gehen, damit der gestrenge Türhüter beruhigt ist. Also Hals- und Beinbruch den beiden Herren!" Damit verabschiedete sie sich und ging über den großen, menschenleeren Platz. Die zwei Schauspieler aber betraten das Theater. Auf der Treppe sagte Wartner:Also denken Sie daran, daß heute der Inspizient nicht klingelt, sondern daß alle Mitwirkenden im Bühnenraum sich ständig aufzuhalten haben. Da» ist so Sitte an diesen Abenden."

Sie gingen in ihre Ankleidezimmer und trafen sich nach kurzer Zeit in den schmalen Gängen hinter den Kulissen wieder, wo sich schon die anderen Herrschaften, alle im Kostüm, eingefunden hatte». E» herrschte lautlose Stille, nur vereinzelte Flüsterworte waren hörbar, eine große, fühlbare Spannung lag über allen. Auf Wartner» Aufforderung ging Hugo auf die Bühne und spähte durch da« Loch im Vorhang. Der Zu­schauerraum war fast ganz dunkel, nur wenige elektrische Lampen de» riesigen Kronleuchters gaben ein mattes Licht. Im Hintergründe der großen, der Bühne gegenüberliegenden Hofloge brannte eine einsame Lampe mit grünem Schirm. Ein leise«Pst" Wartner» rief Hugo wieder in den Kuliffenraum, wo altbald der Intendant erschien und die Meldung de» Regisseur» entgegenahm. Kein Laut regte sich. Selbst der Intendant zeigte eine ernste feierliche Mene. Der Regisseur stand, da» Hörrohr am Ohre, an einem Fernsprecher alle Angen waren auf ihn gerichtet. Vom nahe» Turme de» Refidenzschloffe» hörte man die sechste Stunde schlagen, und wenige Augenblicke später vernahm man au» dem