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Samstag, den 1. Oktober 1910.

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Tagesuenigkeiten.

Am 30. d. M. wurde in den Ruhestand ver­setzt: Hauptlthrer Bartholomäi in Althengstett.

Böblingen 30 Sept. Gestern nach­mittag ist die Wirtschaft zumRitter" in der Mitte der Stadt sowie eine anstoßende Scheuer vollständig abgebrannt. Ein angrenzendes Gebäude wurde durch die.Waffermc.ssen schwer beschädigt. Die Ursache des Brandes ist noch nicht ermittelt; wahrscheinlich liegt Brandstiftung vor.

Stuttgart 30. Sept. Der König kehrte heute früh von Bebenhausen hieher zurück und fuhr alsbald «ach Friedrichshafen weiter, um dort noch 3 Wochen zu verweile».

Stuttgart 30. Sept. Die Lohnbewegung der hiesigen Damenschneider ist mit einem Erfolg der Arbeitnehmer beendigt. Es kam ein auf unbestimmte Zeit mit vierteljährlicher Kün­digung abgeschlossener Tarif zu stände, der eine Lohnerhöhung von 50 Pfg. im Tag, sowie eine Verkürzung der Arbeitszeit enthält.

Stuttgart 30. Sept. Im Gewerkschafts­hau» fand gestern eine stark besuchte Versamm­lung der sozialdemokratischen Partei statt, in der Redakteur Westmeyer den Bericht über den Parteitag iu Magdeburg erstattete. Die Versammlung nahm gegen etwa 13 Stimmen und zahlreichen Stimmenrnthaltungen eine Reso­lution an, in der sie ihre volle Uebereinstimmung mit den Beschlüssen des Parteitage» ausspricht, und jeden Genoffen verpflichtet, im Sinne dieser Beschlüsse zu wirke». Da» Abstimmungsresultat wurde mit stürmischem Beifall begrüßt. Damit waren zwei weitere Resolutionen erledigt, in denen ausgesprochen wurde, einmal, daß die un­nötige Verschärfung in der taktische» Auffassung der Budgetfrage, die zweckmäßigerweise de» ein­

zelnen Landesorganisationen zur Entscheidung überwiesen werden sollte. Bedauert wird so­dann, daß die Versammlung sich nicht mit allen Beschlüsse» des Parteitages einverstanden erklärt, trotzdem aber die Beachtung dieser Beschlüsse fordert.

Stuttgart 30. Sept. In der Backstube eines Camftatter Bäckermeisters stellte sich zur nicht geringen Verwunderung der Bäckergeselle» in der Nacht zum Donnerstag gegen 2 Uhr ein junger Bär ein, der anscheinend seinem Eigentümer, der in der benachbarten Wirtschaft Einkehr gehalten hatte, entwischt war. Es war ein eigenartiger Anblick, als der Bäckermeister zwischen 6 und 7 Uhr früh den lebhaften Meister Petz, nur mit einem primitiven Strickchen um den Hals, auf der Straße Sprünge machen ließ zum Gaudium der Paffanten. Der biedere Bäcker­meister hat sich durch diese» kleine Abenteuer den SpitznamenBära-Bäck" zvgezogen.

Weinsberg 30. Sept. Im hiesigen Be­zirk trieb sich in letzter Zeit ein Schwindler herum, der sich als amerikanischer Farmer Fried­rich Keller au» Prevorst ausgab. Er besuchte Leute, die in Amerika Verwandte haben, ließ sich Gastfreundschaft erweisen und versprach als Gegengeschenk Kaffee, für tun er nur Ersatz des Zolls verlangte. Alter ca. 5060 Jahre, trägt Gamaschen, grünen Hut mit Feder, Rucksack, hat weiße Haare und weißen Vollbart.

Heilbronn 30. Sept. Einen sehr er­freulichen Nachklang erhält das Heilbronner Lied er fest 29. Allgemeine Liederfest de» Schwäbischen Sängerbundes am 3. und 4. Juli durch die Mitteilung, daß da» Fest voraus­sichtlich ohne Defizit abschließen wird. Diese» günstige Resultat ist in erster Linie auf den

außergewöhnlich guten Besuch de» Feste», sowohl von Gästen als auch von Sängern selbst, zurück­zuführen. Eine vom BundeSauischuß erfolgte Zusammenstellung ergibt, daß im Ganzen 275 Vereine 10 486 Sängern entsandt hatten (wovon 3403 sich am Wettgesang beteiligten), da» find 48 Vereine mit 1867 Sängern mehr- als 1907 in Gmünd. Die Bundesleitung ist denn auch im September-Heft ihrer offiziellen Mitteilungen, da» ausschlirßlich dem Heilbronner Lirderfest ge­widmet ist, de» Lobe« voll über dessen Verlauf.

Vom Zabergäu 29. Srpt. Die Cichorienernte ist in Sicht. Die Firma H. Frank Söhne in Ludrm'gtburg nimmt die ganze Ernte ab und hat für die Ablieferung der Wurzeln 4 Tage in Güglingen und 8 Tage in Lausten vorgesehen. Der ganze Monat Oktober wird durch die Ernte in Anspruch genommen. Der nass« Jahrgang, der auf das Felgen manch­mal störend einwirkte, hat auf verschiedenen Aeckern das Schieße« der Wurzeln verursacht, wodurch für die Cichorienbauern Heuer die Ernte erschwert wird. Geschossene Wurzeln werden nicht abgeromme», auch wird auf gute» Putzen und richtige» Abschneider» gesehen. Bei der Lie­ferung kommt der Betrag für den seitens der Fabrik gelieferten Samen in Abzug. Ein Preis ist roch nicht bekannt. Im Vorjahr wurde für de» Doppelzentner gute Ware 3.10 ^ bezahlt.-

Eßlingen 30. Sept. Die Arbeiterschaft hat bekanntlich beschlossen, daß in den Betrieben, in denen den 60°/» gekündigt wird, die übrigen 40°/° ihrerseits kündigen und den Arbeitgeber» erklären, daß die Kündigung keine Geltung haben wird, fall» eine Einigung im Werftarbeiterstreik zu Stande kcmmt. Heute und morgen werden nun in den verschiedene» Betriebe» die Kündi-

Beifall.

»Eine Novelle von F. A. Geißler.

sFortsetznng.)

Wenn Hugo dann an manchem Morgen nach einem Theaterabend er­wachte, sich ins Gedächtnis zurückrief, welcher Beifall ihn am vorigen Abend umbraust hatte; wenn er dann auf seinem Frühstückstisch Dutzende von zarten Briefen und Zeitungsblätter mit überströmerden Lobes­erhebungen vorfand; wenn die Seinigen von daheim Worte de» Stolzes schriebe» und alte, längst von ihm abgesprungene Genoffen sich der ehe­maligen Jugendfreundschaft wieder entsannen; wenn Wohltätigkeitkvereine um seine Mitwirkung bei ihren Veranstaltungen baten und die ersten Gesellschaften der Residenz ihm für den Vortrog weniger Gedichte hohe Summen boten; wenn die Agenten ihn besuchten und auswärtige Theater ihn zu Gastspielen avfforderten, da faßte er sich oft an die Stirn urd fragte sich allen Ernstes, ob er denn wirklich der sei, dem alle diese Ehren galten. Doch an nichts gewöhnt man sich leichter als an Lob und An­erkennung; zumal beim Künstler, dem da» starke Gefühl de» eigenen Werte» in den harten Zeiten der Entbehrung den Rückhalt geben mußte, stellt sich naturgemäß in den Tagen de» Erfolg» jene Selbstüberschätzung ei», die ihm da» rechte Augenmaß raubt und ihn zu einer selbstverschul­deten Isolierung führt.

So war auch Hugo sich seiner Küustlerschaft voll bewußt. Dennoch blieb er bei Wartner gern der Lernende. Denn dessen geistige Ueber- legerrheit übte im Verein mit der ruhigen, gefestigten Persönlichkeit einen um so stärkeren Einfluß auf ihn au», je gleichmäßiger da» Wohlwollen war, mit dem der gereiste Künstler die Entfaltung de» jungen Talent» begleitete. Ohne jede» Ueberschwang, ja oft mit allerlei Einschränkungen, gab Wartner jederzeit eine so ehrliche Wertschätzung von Hugo» Leistungen

zu erkennen, daß dieser sich oft wahrhaft beglückt fühlte. Aber es wurde ihm doch mit der Zeit unbequem, wenn Wartner Kleinigkeiten tadelte oder nach einigen Worten de» Lobe» mit der oft wiederholten Warnung schloß: Lassen Sie sich'S nicht zu Kopfe steigen; am großen Haufen darf Ihnen nichts gelegen sein."

Doch den reichsten Ersatz für die gerruffene Zurückhaltung Wartner» fand er bei Frau Gerda. Sie trieb einen wahren Kultus mit ihm. Alle seine Bilder hatte sie, in einem Stehrahmen vereinigt, in ihrem Zimmer; so oft er auftrat, war sie im Theater, und aus ihrem Munde klang ihm am nächsten Tag jene» uneingeschränkte Lob entgegen, besten Wirkung noch verstärkt wird, wenn e» nicht nur von Begeisterung für die Kunst­leistung, sondern auch von Zuneigung zu dem Künstler erfüllt zu sein scheint.

Frau Gerda selbst suchte sich mit aller Kraft über die Erkenntnis der Tatsache hinwegzutäuschen, dcß ihr Herz dem jungen Freund ihres Gatten gehöre. Mit allen Künsten jener Beredsamkeit, die man gegen die warnende Stimme in der eigenen Brust aufzubieten pflegt, redete sie sich ein, daß ihre Teilnahme nur dem großen Talent Hugo» gälte, d-ffen Entfaltung mit Freude zu beobachte» ihr um so eher vergönnt sein müsse, als er ein Freund ihre« Eheherrn sei. War sie schon seit Jahren der Freude beraubt, de» Gatten Kunst zuschauend bewundern zu dürfen, so stand ihr sicherlich das Recht zu, von den künstlerischen Erfolgen Hugo» einen Teil für sich in Anspruch zu nehmen. Wer durfte sie tadeln, wenn sie im Glanze seine» stetig wachsende» Ruhme» sich sonnte, sie, in deren Haus Hugo seinen einzigen Verkehr suchte und fand? So breitete sie über ihn ihre stumme, noch ««erkannte Liebe wie einen goldene« Schleier aus, als eine von den Frauen, die dem Ban» der Bühne unwiderstehlich verfallen sind und bei denen Bewunderung die tiefste Wurzel der Liebe ist. Wenn sie spät abends au» dem Theater heimkehrte und dem Gatten mit strahlenden Augen und begeisternden Worten berichtete, wie Hugo wieder