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dirsen Sturz eine» tödlichen Bruch des Schädels zugezogen hat.

Crailsheim 29. Sept. Nachdem sich schon einige Tage in der Schönbürgstraße in der Nähe des Hauses des Landwirts Freitag ein Gasgeruch bemerkbar gemacht hatte, ohne daß nach der Ursache gesehen worden war, fand man nun gestern früh den im unteren Stockwerk des genannte« Hauses schlafenden Sohn des Land­wirts, den ca. 26 Jahre alten ledigen Schreiner­gehilfe» Fritz Freitag, leblos im Bett vor. Das durch eine schadhafte Straßenleitung entwichene Gas war durch den Keller in das Zimmer ein­gedrungen und hatte de« jungen Mann betäubt. Die Wiederbelebungsversuche waren von Erfolg, doch ist der Zustand besorgniserregend.

Pforzheim 29. Sept. Der Taglöhner Karl Schulz auf dem Karlshäuser Hof bei Pforzheim arbeitete «ach amerikanischem Muster als Pferdedieb. Er schlich sich nachts in den Stall und stahl ein junges Pferd im Werte von 1200 Mark, mit dem er nach Breiten ritt, um e» loszuschlagen. Als er gerade am Verkauf war, wurde er verhaftet. Da» Gericht verurteilte ihn zu 10 Monaten Gefängnis.

Berlin 29. Sept. Von zuständiger Seite verlautet, daß nach amtlicher Feststellung unter den am Dienstag aus Anlaß der Straßen­krawalle in Moabit wegen Aufruhr verhafteten 12 Excedentea sich 9 Personen befanden, welche einer auf sozialdemokratischem Bode» stehenden Gewerkschaft aagehöre». Von diesen sind 3 Personen auch Mitglieder eine» hiesigen sozial­demokratischen Wahlvereins und 4 sind streikende Kohlenarbeiter der Firma Kupfer L Co. Daraus geht am besten hervor, wie falsch die von sozial­demokratischer Seite verbreitete Behauptung ist, daß bei den Streikunruhen organisierte Arbeiter und Streikende der Firma Kupfer L Co. über­haupt nicht beteiligt seien.

Berlin 29. Sept. In Moabit war bi» 9 Uhr abends alle» ruhig geblieben, abgesehen von einige» kleineren Zwischenfällen. So be­schimpfte in der Rostocker Straße eine Frau vom geöffneten Fenster au» die Polizei und wird sich vor dem Strafrichter zu verantworte« haben. Zwischen 7 und 8 Uhr, der Hauptverkehrszeit der Arbeiterschaft, zeigte» die Beuffelstraße sowie deren Nebenstraßen einen sehr starken Verkehr; trotz de« scharfen Vorgehen« der Polizei in den ver­gangenen Tagen und Nächten waren wiederum Neugierige in großen Scharen erschienen. Schutz­mannspatrouillen sorgten dafür, daß alles in Bewegung blieb. An den vier Ecken der Beussel- und Turmstraße liefe» immer wieder Tausende zusammen, die alle zehn Minuten von den be­

rittenen Schutzleuten zerstreut wurden. Für da» Gefängnis in Plötzensee sind besondere Maßnahmen getroffen worden; um einem etwaigen Angriff der Menge auf die Strafanstalt vorzubeugen, ist dort eine Wache von 20 Gendarmen aufgestellt worden. Um 9 Uhr wurde au» dem Hause Turmstraße 56 ein Blumentopf auf die Beamten geworfen. Ans Befehl wurden nach oben zwei Schöffe abgegeben, die jedoch keinen Schaden anrichteten. Darauf wurde die ganze Straße gesäubert. Hierbei hat es wiederholt Verletzte gegeben, doch anscheinend nur leichter Natur. Ein Teil de» zurückgedrängten Publikums traf auf die an der Ecke der Beuffel- und EraSmuS- straße angesammelte Menschenmenge. Sie wurde von beiden Seiten, von der Charlottenburger Polizei und den übrigen Polizeimannschaften an­gegriffen. Auch die Höfe wurden abgesucht, die vielfach mit halbwüchsigen Burschen und Gesindel besetzt waren. Mit Hilfe der berittenen Schutz­leute wurde die angesammelte Menge zerstreut, wobei e» wiederholt zu Verletzungen kam. Auch wurden verschiedene Personen fistiert. Dann wurde die ganze Straße bi» zur Ottostraße ge­säubert. Besondere Aufmerksamkeit wird jetzt auch den Straßenbahnhaltestellen zugewendet, wo vielfach Personen sich lange Zeit aufhielten. Seiten» der Polizei wird dafür Sorge getragen, daß dort keine Ansammlungen entstehen.

Berlin 29. Sept. Um Mitternacht lag da» Zentralgebiet der Unruhe» totenstill. Die Manifestanten waren weit zurückgedrängt worden. Es fehlte jedoch nicht an kleineren Zusammen­stößen, bei denen die Ruhestörer mit scharfen Hieben traktiert oder schonungslos zu Boden ge­ritten wurden. In das Krankenhaus in Moabit sind im Laufe des Abends 20 Verletzt« eingeliefert worden. Aus den Reihen der Unruhestifter sind wiederholt Schöffe gefallen, doch ist niemand ver­letzt worden. Die Nachricht von dem Ableben eines Schutzmannes und eine» Arbeiters bestätigt sich nicht. Kurz vor Mitternacht erschien der Polizeipräsident v. Jagow auf dem Schauplatz der Unruhen.

Berlin 29. Sept. Nach einer Meldung der Abendblätter wurden heute in Moabit zwei Milchwagen umgeworfen. Einem Kutscher wurde seine Geldtasche geraubt.

Berlin 29. Sept Eine Familien­tragödie hat sich in der vergangenen Nacht im Baumschulenweg abgespielt. Ein 7jähriger Knabe des Kaufmanns Kladow schrie um Hilfe und sagte den Leuten sein Vater wolle die Familie mit Ga» vergiften. Ein Nachbar nahm sich des Knaben an. Als man in die Wohnung de» Kaufmanns eindrang, fand man ihn und seine Fra« leblos im Bette liegen, zwischen ihnen

ein kleines Mädchen. Fra« und Kind waren tot, Kladow zeigte noch Lebensspure», starb dann aber bald darauf in den Händen de» herbei­gerufenen Arzte».

Marktberichte.

Stuttgart 29. Sept. Die Zufuhr auf den heutigen Mo st obstmarkt auf dem Wil- helmkplatz betrug 1200 Zentner. Preis 4,20 bis 4.60 ^ per Zentner. Verkauf lebhaft.

Rottenburg 29. Sept. Der Hopfen­handel kam diese Woche in Anwesenheit reichs- deutscher Brauer und Händler ziemlich in Fluß. Täglich fahren schwer mit Ballen bepackte Wagen zum Bahnhof. Die Preise haben etwas ange­zogen und stehe» auf 7080 ^ pro Zentner für Primaware, gegen 50 und 60 ^ in den Vorwochen. Das Landesgefängnis erlöste 95 Der Handel vollzog sich bisher hauptsächlich in den Bezirksorten. Von der Ernte mit ca. 3000 Zentnern ist erst ein Teil verkauft.

Gottrsdienste.

19. S»««ta- «ach Hrtuttatl«, 2. Okt. Vom Turm 414. Predigtlied 401, Herzog unsrer Seligkeiten rc. 9'/, Uhr: Vorm.-Predigt. Deka» Roos. 1 Uhr: Christenlehre mit den Töchtern. S Uhr: Bibel­stunde im V-reinShaus, Stadtpfarrer Schmitz. Das Opfer ist für die Kirckbauten in Unterrom­bach und in Mühlhausen a. E. bestimmt. Z»»««er»ta>, 6. Okt. 8 Uhr abends: Bibelstunde i« Vereinshau». Dekan RooS.

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kunstverständigsten, besten Fürsten. Daß diese Ehre, dieses Glück der Befreiung von der Dienstbarkeit des großen Haufens, täglich neu verdient werden muß, ist selbstverständlich. Und man verdient es nur durch das Opfer der persönlichen Eitelkeit, durch den lächelnden Verzicht auf jene Aeußerlichkeiten, die leider für so manchen da» Wesentliche an unserem Beruf find. Doch wozu darüber reden? Sind Sie, lieber Haffner, aus dem rechten Holz, so werden Sie da» alle» ja in nicht ferner Zeit an sich selbst erfahren."

Mit einer edlen Bewegung des Kopses richtete Wartver, der diese Worte mit Ernst, Nachdruck und Feuer gesprochen hatte, die Auge« auf da» Bild des GroßherzogS. Dann fiel er in eine» fast gezwungenen leichte» Ton:Aber nun zu Tisch, liebe Gerda, damit unser Gast sieht, daß wir hier nicht nur tiefgründige Gespräche, sondern auch eine leidliche Tafel führen!" Er reichte Gerda den Arm und ging, Hugo freundlich durch eine Gebärde einladend, in da» Eßzimmer, dessen Tür ein Haus­mädchen eben geöffnet hatte.

V.

Der Uebergang in veränderte äußere Verhältnisse bedingt oft einen Wechsel in den Anschauungen und Empfindungen de« Menschen. Jeder nimmt sich wohl vor, auch unter der Einwirkung ungewohnter Umstände der Alte zu bleiben, aber kaum einer unter tausend kann diese» guten Vorsatz durchführen. Eine neue Umgebung, ein Wirken in größere Weite, da» langsame Einlebe« in eine Sphäre, deren Einflüsse unwiderstehlich sind, verändern den Menschen unmerklich zwar, aber umso vollständiger, so daß er nach geraumer Zeit zu seinem Schrecken oder zu seiner Freude sich als einen ganz anderen wieder erkennt.

Bei Hugo Haffner begann die innere Umwandlung mit dem Tage, an dem er Fra« Gerda kennen gelernt hatte. Wartner nahm regste» Interesse an dem jungen Kuvstgenossen, dessen glänzende Begabung er neidlos anerkannte. Er studierte mit ihm Rollen und suchte als künstlerisch

feinfühliger Mann auf Hugo dadurch fördernd einzuwirken, daß er durch Bücher und anregendes Gespräch seinen Gesichtskreis erweiterte und ihn au« der Enge de» Komödiantentums zur Höhe allgemein künstlerischer Anschauung emporzuführe» sich bemühte. Hugo war ihm von Herzen dankbar und verbrachte bald jeden freien Nachmittag und Abend im Hause Wartner». Er war dabei fest überzeugt, daß er nur den fördernden Umgang des älteren Freundes suche, und doch war es im Grund Frau Gerda, die ihn anzog. Ungewohnt, sich über seine geheimsten Gefühle klar zu werden und die psychologischen Gründe seine« Handeln» zu suchen, überließ sich Hugo fast widerstandslos dem Einfluß der schönen jungen Frau, die ihrerseits sich ebenfalls kaum darüber Rechenschaft gab, wa» zwischen ihr und dem blühend schönen, einer strahlenden Zukunft entgegen­setzenden Jüngling sich leise zu spinnen begann. So gingen sie beide ihren Weg einander entgegen wie Schlafwandler, die ohne Bewußtsein auf gefährlichstem Pfade einem Ziel zustreben, das eine höhere Macht ihnen bestimmt hat und zu dem sie nur die dunkle Gewalt des Instinkt« hintreibt. Und gleichsam zwischen ihnen, so daß sie an ihm vorüber wandeln mußten, stand Wartner mit seinem großen, guten Herze», mit seinem felsenfesten, reinen Vertraue« zu Gattin und Freund.

Hugo» Laufbahn gestaltete sich sehr glücklich. Er schritt von Erfolg zu Erfolg, sein Name war in aller Munde und sein Bild in allen Kunst­läden. Die Presse spendete ihm dieselbe Anerkennung, wie das Publikum, die Theaterleitung verhieß ihm weitere schöne Aufgaben, ja der Groß­herzog war unläugst ganz gegen seine Gewohnheit in einer Abendvorstellung erschienen, um den neuen Schauspieler selbst zu hören und zu sehen. Kein Wunder, wenn Hugo sich fast ohne Unterbrechung in einem Zustand glücklichster Erregung befand. Der Erfolg ist ein berauschender Trank; er gibt uns Flügel, die uns weit über die Täler des Alltagsleben» er­heben, aber er blendet auch oft das Auge, so daß e» die Dinge der Wirklichkeit nicht mehr klar sieht.

(Fortsetzung folgt.)