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Wurfgeschoß auf die Beamten fiel, richteten fich die Pistolen der Beamten. Wenn die Beamten anrückten, waren die Häuser geschloffen, sobald fie aber wieder aus dem Schußbereich waren, füllten sich die Straßen wieder von neuem mit Menschen, die Schmährufe auf die Beamten auS- stießen. Gegen 1 Uhr wurde die Rostocker- Straße plötzlich von einem Hellen Feuerschein beleuchtet. Das Gesindel hatte au« den Häusern Holz herausgetrage», dieses mit Petroleum begaffe» und dann angezündet, sodaß die Straße hell beleuchtet wurde. Während des Ablöschens wurde» in der Rostocker-Straße aus den verschiedensten Fenstern Wurfgeschosse auf die Beamten und die Feuerwehr geschleudert.
Berlin 28. Sept. Die Zahl der bei den gestrigen Straßenkämpfen in Moabit verletzten Personen ist auch nicht annähernd anzugebe«. Ihre Zahl dürfte jedoch mit 100 nicht zu hoch geschätzt sein. Im Krankenhaus Moabit sind bi» jetzt 17 Personen eingeliefert, deren Verletzungen nachweislich von dem Straßenkampf herrühren. Im Polizeipräsidium fand heute vormittag unter dem Vorsitz des Polizeipräsidenten v. Jagow eine Konferenz der Hauptleute und Brigadeführer statt, die sich mit der Besprechung der Sachlage und den weiteren Maßnahmen befaßte. Gegen die Verhafteten, die sämtlich der Staatsanwaltschaft überwiese« werden, wird Anklage wegen Landfriedensbruchs und Aufruhr erhoben werden. E» sollen heute noch schärfere Maßnahmen gegen die Exzedenten getroffen werdin. An eine Heranziehung von Militär wird auch heute noch nicht gedacht. Bei dem Feuergefrcht in der Rostockerstraßr hat die Polizei im ganzen 163 Schüsse au« dem Browning abgegeben. Die Anzahl der Schüsse, die von der Menge ans die Beamten abgefeuert wurden, dürfte dar fünffache erreichen. Man befürchtet, daß die Unruhen und Ausschreitungen sich abends in verstärktem Maße bei Eintritt der Dunkelheit wiederholen werden. Die Polizei hat infolgedessen noch erhebliche Verstärkungen herangezogen. Auch heute in früher Morgenstunde wurden Zusammenrottungen bemerkt, die aber bald von der Polizei zerstreut werden konnten. Dem Kaiser ist über die Moabiter Ausschreitungen ein ausführlicher Bericht erstattet worden.
Berlin 28. Sept. Fürst Radolin ist heute nachmittag nach Berlin abgereist. Auf dem Bahnhof hatten sich Minister Pichon und KabiuettSdirrk.'or Tiffier, sowie das Personal der deutschen Botschaft eingefunden.
Wie« 28. Sept. Graf Zeppelin hat an den Bürgermeister Neumayer ein Schreiben gesandt, in dem er mitteilt, daß ein Bruch an einer Maschine der das Aluminium liefernden
Fabrik den Ersatzbau der beiden letzten zerstörten Luftschiffe derart verzögert habe, daß er den Flug nach Wien in diesem Jahre nicht mehr werde aussühren können.
Mailand 28. Sept. Den heutigen Flugvorführuage« wohnten der König und der Graf von Turin bei. Nachdem die offiziellen Flüge vorüber waren und der König sich entfernt hatte, unternahm der Graf mit dem Aviatiker Ruggerome einen Flug, nach dessen Beendigung er fich mit mehreren Herren vor dem Fliegerschuppen unterhielt. Plötzlich kam der Aviatiker Simon, der die plaudernde Gruppe nicht bemerkt hatte, mit seinem Eindecker aus dem Schuppe» herausgefahren, wodurch die vor dem Schuppen Stehenden in größte Gefahr kamen. Von allen Seiten schrie man: Niederwerfen! Niederwerfe»! Der Graf und die anderen Herren warfen fich sofort zu Boden, sodaß der Flugapparat über sie Weggehen konnte, ohne ihnen Schaden zu tun.
Vermischtes.
Calw 28. Sept. In Nr. 204 de« Wochenblattes vom 2. September brachten wir eine Notiz au« Göttingen, wonach der in Haifa ermordete Deutsche — Fritz Unger — eine in Südhanvover und dem angrenzenden Eichtfelde nicht unbekannte Persönlichkeit gewesen sei und daß derselbe früher die Orte Göttingen, Münden und Heiligenstadt als Theaterdirektor besucht und seinen Unterhalt etweder im Umherziehe» mit einem Wanderlager in Emaillewaren oder in anderer Art verdient habe. — Der Urheber dieser Notiz, die einem größeren Blatte entnommen ist, hat sich wie uns heute ein Brief aus Haifa meldet, schwer geirrt: In drm Briefe wird «ns mitgeteilt: „Der ermordete Fritz Unger war 35 Jahre alt und in Haifa geboren; seine Mutter stammte aus Neuweiler Oberamt» Calw. Er war eine der angesehensten Persönlichkeiten in Haifa, Vertreter der Hamburg- Amerika Linie, Agent von Clark'« Reisebücher, zudem Besitzer großer Ländereien und einer großen Fuhrhalterei, Vorstandsmitglied der Haifaer Darlehenrkaffefür Kolonisation in Palästina." — Der Schreiber dieser Mitteilung macht un« den Vorwurf „schlecht informiert" zu sein. Allerdings besitzen wir in Haifa keinen eigenen Berichterstatter (wie so manche andere Blätter) und sind hinsichtlich Nachrichten von dort lediglich auf unser Nachrichtenbureau und große gut bediente Zeitungen angewiesen.
Marktberichte.
Herrenberg 27. Sept. Auf de» heutigen Vieh markt waren zugeführt: 67 Stück
Ochsen, 225 Stück Kühe und Kalbinnen, 145 Stück Jungvieh, was gegen letzten Markt ein Mehr bedeutet bei den Ochse» um 36 Stück, bei de» Kühe» um 61 Stück, bei dem Jungvieh um 50 Stück. Von Händlern waren zugesührt: 146 Stück, gegen letzten Markt 61 Stück mehr. E« waren ziemlich viele Käufer am Platze; der Verkauf ging flau. Begehrt waren besonder« fettes Vieh und Jungvieh, weniger trächtige« Vieh und Milchkühe. Die Preise waren gegen letzten Markt gleichbleibend. Erlöst wurde für 1 Paar Ochsen 805—1430 für eine trächtige Kuh 365—600 für eine Milchkuh 365 bis 500 für eine Schlachtkuh 261—350 für eine Schaffkuh 300—450 für eine Kalbin 261—600 für ein Jungrind oder Stier 120—295 <^. — Auf den Schweinemarkt waren zugeführt: 680 Stück Milchschweine, Erlös pro Paar 30—48 200 Stück Läufer
schweine 55—105 Verkauf gut. Die Preise gingen etwa« zurück.
Eßlingen 28. Sept. Die Zufuhr auf dem Ob st markt am Marktplatz war heute eine sehr schwache; sie betrug nur 80 bis 120 Zentner. Dis Preise gingen infolge dessen bei raschem Verkauf von anfänglich 4.90 ^ bis auf 5 20 ^ für de» Zentner in die Höhe. Am Güterbahnhof stehen 6 Wagen aus Hessen und 3 aus Württemberg zum Verkauf. Preis 3.80 bi« 4 ^ der Zentner.
Landwirtschaftl. Sezirkvereln.
Das Vertragsverhältnis des VIII. und X. landw. Ganverbands, betreffend die
Schweirrezrtchlftation in Sindlingen
hat sich wegen Verseuchung der Station gelöst und werden vom Verein Beitrage zum Ankauf von Zuchttieren i« Sindlingen nicht mehr gewährt.
Die Vereinsmitglieder, welche augekörte Zuchttiere aus der Schwrinezuchtstatiov des IX. Gau» Verbands in Kirchberg OA. Sulz beziehen, wo ebenfalls das veredelte Landschwein gezüchtet wird, erhalten die bisherigen Beiträge und zwar für Eber 25°/», für Mutterschweine 10°/» des Ankaufspreises.
Calw, 28. September 1910.
Vereiussekretär Fechter.
Rellameteil.
UlchMloke
Ist Ms einzig I-Isktlgs XIniIsi'nLlii'llN!,, «o tlluNvi'- mllsti tsklt. Ss »siMMst e-d^sclion unil vlifelilL» uml Iis« sioli bsl sngvsstisr Klsnlltioll »oi'rllgücli doxstii't.
Amtliche und Privatanzeigen.
Konkursverfuhren.
lieber den Nachlaß des ledigen Schuhmachers Robert Mandel in Althevgstett ist heute am 28. September 1910, nachmittags 5'/- Uhr, das Konkursverfahren eröffnet worden
Der Bezirksnotar Feucht in Calw ist zum Konkursverwalter ernannt worden.
Konkursforderungen sind bis zum 15. Oktober 1910 bet dem Gerichte anzumelden.
Es ist zur Beschlußfassung über die Beibehaltung des ernannten oder die Wahl eines anderen Verwalters, sowie über die Bestellung eines Gläubigerausschusses und eintretendenfalls über die in §8 132, 134 der Konkursordnung bezeichnten Gegenstände aus
Freitag, den 28. Oktober 1910, vormittags 11 Uhr, und zur Prüfung der angemeldeten Forderungen auf
Freitag, den 28. Oktober 1910, vormittags 11 Uhr, vor dem Unterzeichneten Gerichte Termin anberaumt worden.
Allen Personen, welche eine zur Konkursmasse gehörige Sache im Besitz haben oder zur Konkursmasse etwas schuldig sind, wird aufgegeben, nichts an den Gemeinschuldner zu verabfolgen oder zu leisten, auch die Verpflichtung auferlegt, von dem Besitze der Sache und von den Forderungen, für welche sie aus der Sache abgesonderte Befriedigung in Anspruch nehmen, dem Konkursverwalter bis zum 15. Oktober 1910 Anzeige zu machen.
Calw, den 28. September 1910.
Gerichtsschreiberei K. Amtsgericht- Calw.
S i b e r.
zu Kindern und Hausarbeiten gesucht; von wem, sagt die Red. dS. Bl.
Akllkll Pkchll la. SpkiskMbel
per Zentner 5 20, 10 Pfund 70 S empfiehlt V. Ltvrlo».
R»tonba«H.
Nttkauf von Waldungen Md Miese.
Georg Ada« Rentschler, Bauer in Rötenbach, bringt am Samstag, de« 1. Oktober 1910, vormittags 9 Uhr, in dem Rathaus zu Rötenbach nachstehende Waldungen und Wiese im öffentlichen Aufstreich aus freier Hand zum Verkauf.
Markung Röteubach.
Parz Nr. 196/1 4 Im 23 s 23 qm Wiese und Nadelwald, Distrikt Schorch, . 291/2 37 , 22 „ Nadelwald, Distrikt Hornwaid,
„ „ 351/2 90 „ 08 „ Nadelwald, Distrikt Hornwald,
„ . 374/2 1 „ 08 „ 87 „ Nadelwald, Schmiehermiß,
„ „ 38S/1 36 „ 15 „ Nadelwald, Alter Hau,
i Markung Agenbach.
Parz. Nr. 217/2 11 a 97 qm Nadelwald im Alten Hau.
Die Waldungen werden durch den Verkäufer vorgezeigt.
Den 27. September 1910. Im Auftrag:
Schultheiß Dengler.
Teinach.
Kinladung zum Aesuch.
Am nächsten Sonntag, den 2. Oktober, findet bei mir anläßlich des Schluffes der Wirtschaftsperiode und der
Rbschiedsfeier der Rekruten
musikalische Unterhaltung statt.
Hiezu lade ich alle Rekruten, sowie Jedermann von hier und Umgebung nochmals freundlichst ein
ULrlvI»
Wirtschaftsführer z. Alte« Post.