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Montag, den 26. September 1910.

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Die Redaktion.

Tagesnemgkeiten.

Altensteig 24. Sept. Eine vorgestern abend in der Bahnhofrestauration stattgefundene Versammlung von Milchkonsumenten be­schloß die Gründung einer Vereinigung, die den Zweck hat, die Milchversorgung der hiesigen Stadt zu einem billigeren Preis, als er von hiesige« Produzenten festgesetzt wurde, in die Wege zu leiten. Ein Versuch, sich mit den hiesigen Pro­duzenten über den Milchpreis zu verständigen, schlug fehl, da diese, wie in der vorgestrigen Versammlung festgestellt wurde, erklärten, daß sie auf dem 18 Pfennig-Preis per Liter beharren. Der Milchkonsumenten-Vereinigung sind schon vorgestern abend zahlreiche Mitglieder beigetreten. Zum Vorstand wurde ans ihrer Mitte Haupt­lehrer Kächele gewählt. Vom 1. Oktober an ist durch Vermittlung der Vereinigung das Liter Milch hier zum alte« Preise von 16 Pfennig zu haben.

Stuttgart 24. Sept. Der Württ. Städtstag hielt gestern in den Räumen des Rathauses unter dem Vorsitz von Gemeiuderat Dr. Mattes eine Beratung ab, um zu der Frage der Fleischteuerung Stellung zu nehmen. An der Sitzung nahmen außer dem Vorsitzenden teil: Oberbürgermeister v. Wagner- Ulm, Oberbürgermeister Dr. Göbel-Heilbronn, Oberbürgermeister Hepp Reutlingen, Oberbürger­

meister Dr. Hartenstein-Ludwigsburg, Oberbürger­meister Dr. Keck-Göppingen, Oberbürgermeister Möhler-Gmünd, Stadtschultheiß Scheerer Tutt- lingen, Oberbürgermeister Jäckle-Heidenheim, Stadtschultheiß Schwarz-Aalen, sowie Grmeinde- rat Klein und Dr. Ludwig-Stuttgart. Ent­schuldigt waren die Herren Oberbürgermeister Dr. Mülberger-Eßlingen, Oberbürgermeister Hauser-Tübingen, Oberbürgermeister Rcichle- Ravensburg und Gern.-Rat Oberbaurat Schimpf- Ulm. Bei den Verhandlungen ergab sich Ueber- einstimmung darüber, daß eine allgemeine Fleifchnot und Fleischteuerung vorhanden ist und daß auf Maßnahme» zur Milderung oder Behebung der Not hingewirkt werden müsse. Hiebei seien vor allem auch Mittel zu einer dauernden Erhöhung und Hebung der Viehproduktion ins Auge zu fasse». Nach eingehender Aussprache, in der mehrfach zum Ausdruck kam, daß die für eine wirksame Abhilfe in Betracht kommenden Maß­regeln außerhalb der Zuständigkeit der Gemeinde liege«, wurde einstimmig die Einreichung einer Eingabe an die königl. Staatsregierung gutge­heißen. In der Eingabe soll nachdrücklichem schleunige Einleitung der zur Beseitigung bezw. Minderung der Fleischnot und -Fleischteuerung erforderlichen Maßnahmen gebeten werden. Ferner wurde beschlossen, den Vorstand des deutschen Städtetags zu ersuchen, sich an maß­gebender Stelle für eine Behebung der Fleischnot und -Teuerung zu verwenden. Mit der Fest­stellung des Wortlautes der Eingabe an die K. Staatsregierung wurden Oberbürgermeister Dr. Göbel-Heilbronn, Oberbürgermeister Dr. Harten- stein-LudwigSburg und Gemeinderat Klein-Stutt­gart betraut.

Stuttgart 24. Sept. (Vom Volks­fest.) Der zweite Volksfesttag war wie der erste

vom Wetter begünstigt. Auf dem Festplatz drängte sich eine ungeheure Menschenmenge. In den Wirtschaftsbuden ging es bei Musik und Gesang hoch her, auch die Schaubuden- und Karussell­besitzer machten glänzende Geschäfte. Nachmittag» fanden im Kreis die von der Stadt veranstalteten Pferderennen statt. Die Zuschauertribünen waren dicht besetzt. Den Rennen wohnten an die Mi­nister v. Weizsäcker, v. Pischeck, o. Marchtaler, der frühere KriegSmimster v. Schnürten, General­leutnant v. Scharpf und zahlreiche Offiziere. Zum Austrag kamen vier Trabwagenrennen und ein Galopprennen für Gebrauchspferde. Im erste» Trabwagenrennen für Gebrauchkpferde siegte die 10jährige StuteDalia" des Fuhr- halters Max Kurtz in Stuttgart, im zweiten die 8jährige SchimmelstuteFlora" des Jakob Euchner in Göppingen, im dritten die 14jährige RappstuteMeta" des Ernst Sigle in Kornwest­heim. Im internationalen Trabwagenreune» siegte der 8jährige BraunwallachJuwel" des Karl Schad in München. Im Galopprennen siegte unter 8 Konkurrenten die 9jährige FuchSstute Fuchs" des Karl Luithardt in Stuttgart. Die Distanz betrug beim Galopprennen 1812 Mett», bei den Trabwagenrennen 2718 Meter. Die Preise bestanden au» Geld- und Ehrenpreisen?

Stuttgart 23. Sept. DieWürttem- berger Zeitung" schreibt: Ein neuer Fall von Mädchenhandel in Stuttgart? Seit einigen Tagen ist hier die 17jährige einzige Tochter einer angesehenen Familie verschwunden. Sie reiste dieser Tage nach Stuttgart, um ihre Elter« zu besuchen und machte unterwegs die Bekanntschaft eine« eleganten jungen Mannes, der anscheinend mit ihr ei« Rendezvous für de« Vormittag des nächstfolgenden Sonntags ver­einbarte. Unter dem Vorwand, zur Kirche zu

Beifall.

Eine Novelle von F- A. Geißler.

(Fortsetzung.)

Der Zug hielt und die Tür wurde aufgerifse». Höflich grüßend stieg der Justizrat au» und Hugo stand bald mitte» im Gewühl de» Bahn­steigs. Nach wenigen Minuten saß er in der Droschke, die ihn zu seiner im voraus gemieteten Wohnung brachte.

Die Spielzeit setzte am nächsten Tage ei», und zwar alter Gewohn­heit zufolge mit einer Oper. Denn wenn auch der regierende Herr dieser Kunstgattung nur wenig Interesse entgegenbrachte, so war da» Publikum der Residenzstadt umsomehr darauf erpicht», zumal die große Fremdenkolonie bevorzugte die Oper dermaßen, daß das Hoftheater zu Beginn jeder Saison erst eine Opernwoche brachte, bevor das Schauspiel seine Tätigkeit in dem prachtvolle» großen Bau eröffnete. Hugo hatte also reichlich Zeit sich in Geduld zu Üben, hatte doch der Dramaturg der Hofbühne, Dr. Schwaiger, ihn zwar sehr freundlich ausgenommen, aber ihm auch keinen Zweifel darüber gelassen, daß man ihm erst Zeit geben wolle, sich einzulebe« und das Ensemble kennen zu lernen, in dem er dann später mitzuwirke» habe. So saß er dmn an jedem Schauspielabend in der dunklen Parkettloge, die den Mitgliedern zur Verfügung stand, wohnte den Proben als Zu­hörer bei und war in seiner freundlichen Junggesellenwohnung eifrig damit beschäftigt war, die Rollen seines Repertoire» aufzufrischen. Zwar packte ihn mitunter die Sehnsucht »ach künstlerischer Betätigung so mächtig, daß er nahe daran war, zur Intendanz zu gehen und dringend um Beschäftigung zu bitte», aber er bezwang sich mannhaft und wiederholte sich an jedem Tage, daß nur die Kunst des ruhige« Warten» ihn dazu bringen könne, dem Ensemble eingereiht zu werden, das, wie er sich offen eingestand, turmhoch alle» überragte, was er bisher gesehen hatte.

Es lag nicht in Hugos Natur, rasch Bekanntschaften zu machen oder gar Freunde zu finden. Er speiste wohl mit einigen Kollegen in einem guten Gasthau», unternahm auch mit ihnen manchen Ausflug in die herrliche Umgebung der Hauptstadt, blieb aber doch im wesentlichen für sich allein und war stets darauf gefaßt, eine Benachrichtigung der Theaterleitung vorzufinden. Und so wartete er voll Sehnsucht, aber ohne Bitterkeit auf sei» erstes Auftreten und bestand schon dadurch eine ernste Prüfung, in der mancher andere, weniger innerlich veranlagte Künstler unter dem nagenden Einfluß de» Ehrgeizes und der Selbstüberschätzung unterlege» wäre.

So kam der erste Gagetag heran. War e» ihm kein angenehmer Gedanke, den ansehnlichen Halbmonatsbetrag ohne jede Gegenleistung zu erheben, so ist doch da» Geldnehmen für niemanden eine Unbequemlichkeit, und überdie» hatten ihm die Tischgenoffen oft genug erzählt, der Hof sei jetzt noch in der Sommerresidenz und bevor nicht da« Hoflager in da« Rrfidenzschloß verlegt sei, habe man noch immer reichlich Gelegenheit zum Spazierengehen" gehabt. In behaglicher Stimmung, von allerlei schönen Zukunftsgedanken erfüllt, begab sich Hugo also in da» Kanzleigebäude, um seine» ersten Mammon einzuheimsen.

Im Kaffenzimmer stand ein großer, wohlbeleibter, blonder Herr, dem man den Tenoristen auf den ersten Blick ansah, und steckte mit fast absichtlicher Nachlässigkeit eine Hand voll Banknoten in die Brusttasche seine» modischen Jacketts. Er warf Hugo einen kurzen Blick zu, grüßte kollegial, wartete gemächlich, bi» jener sein Geschäft erledigt hatte, und schritt dann mit ihm hinan». Auf dem Flur lüftete er flüchtig den Hut: Wildung Sie werden mich kennen."

Da» war auch der Fall. Hugo hatte da» Bildnis de« Kammer­sänger» in allen möglichen Kostümen und Posen in allen Schaukästen und Kunsthandlungen der Stadt bereit» gesehen und wußte au» der Lektüre der Tageszeitungen, daß Herr Wildung einer der erste«Sterne" der Hofoper sei. Er war daher teil» erfreut, teil» beklommen über die Freund-