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verbreitet, da» Luftschiff werde in Pforzheim ein- treffen und in gespannter Erwartung begaben sich viele auch von hier und vom Nagoldtal nach Pforzheim, sahen aber auch kein Luftschiff. Nun hoffen wir aber, daß später doch einmal ein Luft­schiff über unsere Stadt dahin fliegen wird und daß wir dann für alle Enttäuschungen reichlich entschädigt werden.

Wildbad 10. Sept. Au» Anlaß der 40jährigen Gedenkfeier der Schlacht von Sedan hat sich der hiesige Kur- und Stadtarzt Dr. msä. Paul Lorenz, bayrischer Stabsarzt a. D-, be­reit erklärt, künftighin die Pfleglinge des bayrischen Landethilstvereins vom Roten Kreuz, die die Heilquellen besuchen, unentgeltlich zu behandeln und für ihre Versorgung in Wildbad die Summe von je 200 ^ zur Verfügung zu stellen.

Herrenberg 10.Sept. JnNebringen wurde eine Feldbäckerei errichtet, die 20000 Brote für die Truppen ins Manöver zu liefern hat. Die Bäckerei besteht aus 3 stationären und 2 fahrbaren Backöfen. Zwei Waggon» Mehl sind bereits eingetroffen. In den nächsten Tagen sollen auch große Ochsenschlachtungen stattfinden.

Stuttgart 10.Sept. (1-2 6 in Stutt­gart.) Endlich ist die so lange erwartete Lan­dung eines Zeppelin'sche« Luftschiffe« auf Stutt­garter Boden zur Tatsache geworden. Nachdem gestern Abend noch Meldungen von einem kleinen Defekt eingelaufen waren, schien die Fahrt schon wieder in Frage gestellt zu sein. In der Luft­schiffhalle in Baden-Oos hatte man aber fleißig gearbeitet und am frühen Morgen war das Luft­schiff flugbereit zur Fahrt ins Schwabenland, lieber dem Schwarzwald wallte noch dichter Nebel, als Dr. Eckener um 9 Uhr die Führung des 1-2 6 übernahm und fünf Minuten später mit 12 Passagieren aufstirg und die Richtung nach Pforzheim einschlug, da» bereit« um 10 Uhr überflogen wurde. Es war eine Nebelfahrt mit geringer Aussicht und starkem Niederschlag von Feuchtigkeit, welche die Hülle belastete. Um 10.30 Uhr war Vaihingen a. E., um 10.45 Uhr Ludwigsburg erreicht. Schnell und in überaus sicherer Fahrt ging e« dann nach Stuttgart. Die Bevölkerung war ebenso wie früher in große Aufregung versetzt. Scharen von Kindern und Erwachsenen zogen auf die Höhen, Zehntausende aber zum Carmstatter Wasen, wo frühzeitig die Stuttgarter Berufsfeuerwehr und die freiwillige Feuerwehr von Untertürkheim mit Branddirektor Jacoby und Kronenwirt Bubeck an der Spitze eingetroffen waren. In 40 Minuten hatten die Mannschaften der Stuttgarter BerufSfcuerwehr in einem Kreis um den Landungsplatz bei der einsamen Pappel 100 Pfähle eingerammt und mit Seilen die Absperrung durchgeführt. Auf der Landungsstelle waren zum Empfang de»

Luftschiffs unter Anderen erschienen: Die Her­zogin Wera mit Gefolge, der Gouverneur von Stuttgart Generalleutnant v. Scharpff, Stadt­direktor Oberreg.-Rat Nickel, Bürgerausschuß- obmann Dr. Erlanger und Gem.-Rat Metzger als offizielle Vertreter der Stadt. Neben mehrere« Offiziere» bemerkte man auch den Neffen de» Grafe» Zeppelin, Staatsrat Freiherrn v. Gem- minge« auf dem Platz. Da auf die Nachricht von der Abfahrt in Baden-OoS die Schulen und viele Geschäfte schloffen, begann eine wahre Völkerwanderung nach dem Cannstatter Wasen, der von einer riesigen Menschenmenge besetzt war. Als dann das Luftschiff kurz vor 11 Uhr im grauen Dunst über Münster sichtbar wurde, brausten unausgesetzt laute Jubelrufe über das weite Feld. Taschentücher und Hüte wurden geschwenkt und die inzwischen eingetroffenen Mannschaften de» Grenadisr-RegtS.Königin Olga" und des Jnf.-Regts. 125Kaiser Fried­rich" machten sich mit den Wehrleuten bereit zum Empfang des stolzen Luftseglers, der wahr­haft majestätisch über die Erde dahinfuhr. Ueber Cannstatt bog das Luftschiff in das Stuttgarter Tal ein und begann darauf seine Schleifenfahrt, die es bis in das Stadtinnere führte. Ueberall waren die Fenster und Dächer von Schaulustigen besetzt, welche die erprobte Mannschaft und die Fahrgäste mit lauten Zurufen begrüßten- Nach­dem über der Stadt gewendet wurde, ging rS nun in flotter Fahrt zum Landungsplatz, auf dem mit weißen Tüchern die Stelle bezeichnet war, wo die Landung erfolge» sollte. Nachdem die Fahrt bis Untertürkheim ausgedehnt worden war, näherte sich das Luftschiff dem abgesperrten Raum. Die Motors wurden abgestellt, aber durch einen seitlichen Gegenwind wurde der 1-2 6 zu­rückgetrieben und gegen die einsame Pappel gedrängt, deren Krone und Aeste zerbrachen und die Hülle des Luftschiffs an der linken Seite, dicht beim Laufsteg an der Hinteren Gondel leicht beschädigte. Die Seile wurden auSgkworfen, Wasserballast ausgegeben, und vor­sichtig zogen kräftige Arme da» Wunderwerk auf den Boden und an den Landungsplatz. War schon bei der Havarie an der Pappel die Ab­sperrung teilweise durchbrochen worden, so gab es jetzt kein Halten mehr. Der Kreis wurde immer enger und plötzlich drängten die Mafien bi» an die Gondeln heran. Einige Leute rissen an dem Stanzer.werk in einer Weise herum, daß nur die schärfsten Drohungen diese Elemente zurücktriebe». Die Polizei war völlig machtlos und die getroffenen Maßnahmen forderten eine scharfe Kritik heraus Es gab verschiedene Augenblicks, wo das Luftschiff in Gefahr war, vom Publikum beschädigt zu werden. Nur all­mählich konnte die unmittelbare Umgebung der Landungsstelle wieder einigermaßen freigemacht

werden. Inzwischen halten 8 Paffagiere die Gondel zur Rückfahrt bestiegen. Da« Luftschiff war abgewogen, Ballast war eingenommen und kurz vor 1 Uhr war alle« zum Aufstieg bereit. In diesem Augenblick drängte die Menge wieder so dicht an die Gondeln heran, daß Dr. Eckener immer wieder die Bitte an das Publikum richten mußte, sich doch etwas zurückzuziehen. Die ge­ringe Polizeimannschaft war ihrer Aufgabe nicht gewachsen. Kurz nach 1 Uhr erfolgte dann unter dem Jubel der Umstehende« der Aufstieg und in prachtvoller Fahrt war der 1-2 6 bald den Blicken entschwunden. Um 2.06 Uhr war Pforzheim erreicht und um 3.18 Uhr landete das Luftschiff glatt vor der Luftschiffhalle in OoS.

Stuttgart 10. Sept. Die nächste Fahrt des 1-2 6 nach Stuttgart findet nicht, wie ursprünglich geplant, am nächsten Montag, sondern voraussichtlich erst am nächsten Donnerstag statt und zwar nur dann, wenn schärfere Ab- fperrungsmaßregeln getroffen werden, als die« heute der Fall war.

Stuttgart 10. Sept. (Strafkammer.) Der 14 Jahre alte Bäckerlehrling Adolf Kopp von Böblingen war der Brandstiftung angeklagt. Der Junge kam, nachdem er einem hiesigen Bäckermeister nach 8 Tagen aus der Lehre ent­laufen war, zu einem Bäckermeister in Böblingen in dis Lehre. Auch dort gefiel es ihm nicht, er rückte mehrmals aus und mußte von seinen Verwandten und der Polizei zurückgebracht werden. Er wollte kein Handwerk lernen, er wollte lieber in die Fabrik. Um von seinem Lehrmeister wegzukommen, faßte er den Entschluß, das Hau» seines Meisters anzuzünden. Am 19. Juni führte er den Plan au», er zündete auf der Bühne ei« Bett an. Nach der Brand­stiftung legte er sich ins Bett. Da» Feuer griff rasch um sich und zerstörte das Hau» de« Meister« vollständig, zwei Nachbarhäuser wurden stark be­schädigt und es entstand ein Schaden von 24000 Der Junge äußerte sich gegen den Brand ganz gleichgültig. Wie die Verhandlung ergab, hat er eine mangelhafte Erziehung ge­noffen. ^Sein Vater ist schon frühzeitig gestorben. Die Strafkammer war der Ansicht, daß der An­geklagte bei Begehung der Tat die zur Straf­barkeit erforderliche Einsicht besessen hat und erkannte gegen ihn auf 1 Jahr 2 Monat Ge­fängnis, unter Anrechnung von 2 Monaten Untersuchungshaft.

Fellbach 10. Sept. Die Pflücke der Einmachgurken ist beendigt; wenn sie Heuer auch nur einer Dreiviertel-Ernte gleichkommt, so wurde» doch viele Millionen Stück abgeliefert; immerhin sind hier über 100000 ^ eingegange». Die Einnahmen für Kartoffeln erleiden freilich einen großen Ausfall.

Die Golömsel.

Terroman von Clark Russell.

(FortsLMUg.)

Die letzten Worte waren von einem nicht mißzuversteh enden Blick und der lebhaften Zustimmung der Leute begleitet; ich erkannte daraus, daß Whrterley mir die volle Wahrheit gesagt hatte. Die Menschen ver­trugen auch nicht die leiseste Hindeutung auf eine Ihnen bevorstehende Enttäuschurg. In dieser Erkenntni», und bei der vollkommen umgeschla­genen Stimmung hielt ich es für da» Beste, die Sache kurz abzubrechen. Ich fragte nur «och, ob irgend einer noch etwa« zu wissen wünsche, und als darauf keine Antwort erfolgte, sagte ich: So sind wir also fertig, nahm meine Karte und ging hinunter.

Einnnddreißigste« Kapitel.

Land.

Die bisher stetig schnelle Fahrt litt mit Eintritt in die milderen Breiten unter wechselnden, zum Teil widrigen Winden. Wir kamen nur langsam vorwärt«.

Endlich, am 18. Februar, zeigten meine Berechnungen, daß, fall« der Wiud anhielt, wie er war, wir die Insel innerhalb zwölf Stunden erreichen konnten, e» mußte also scharfer Ausguck gehalten werden.

Ich teilte die» Lush mit, dessen ewig mürrische» Holzgesicht sich bei der Nachricht in freudiger Erregung rötete.

Na, wir werden nicht schlecht aufpoffen, darauf können Sie sich verlassen, sagte er grinsend, und schritt eiligst davon, die Kunde nach vorn zu tragen. Dieselbe verursachte einen ungeheuren Jubel; kein Mann blieb unter Deck, alle» lief zusammen. Einige sprangen und tanzten wie Kinder, andere redeten eifrig mit lebhafte» Gesten durcheinander, ein Teil

stürzte sogleich zwischen die Backen und lugte aus, als ob dielangersehnte Insel jeden Augenblick auftauchen könnte.

Auch nachdem die erste Aufregung sich gelegt hatte, zeugte da« Wesen der Leute von der sie beherrschenden Unruhe und Ungeduld. Fortwährend rannten sie unstät umher, immer von neuem sich über die Seiten hängend und ihre Blicke in die Ferne bohrend. Dabei dampften die Pfeifen wie Schornsteine und spritzte der Priemchensaft in Fontänen. Alles krampfhaft, alles fieberhaft.

Und mir erging es nicht besser. Ich empfand den Druck der Spannung nicht minder als die Leute, wenn ich es mir auch nicht so merken ließ. Ich saß mit Fräulein Temple unter dem kleinen Sonnen­dach, suchte ebenfalls Beruhigung in meiner Pfeife, konnte mich aber auch nicht enthalten, von Zeit zu Zeit an die Reling zu treten und mit dem Teleskop die See voraus zu sichten. Allerdings hatte ich von zwölf Stunden gesprochen, indessen konnte ich mich auf eine solche Genauigkeit meiner Berechnungen nicht verlassen; es war recht wohl möglich, daß die Insel, falls sie sich wirklich da befand, wo der wahnsinnige Kapitän sie mir angegeben hatte, jeden Augenblick vorwärt» oder seitwärts de« Bug« erscheinen konnte.

Fräulein Temple bewahrte unter der allgemeinen Aufregung äußernch eine bewunderungswürdige Fassung, obwohl ich ihr wohl ansah, welche Angst und Sorge sie innerlich durchlebte. ES war in der letzten Woche eine seltsame Veränderung mit ihr vorgegavgen. Ihr Wese» war sanft und freundlich geworden; ihr Mund hatte den hochmütigen Zug verloren und der gebieterische Blick ihres lebhafte» Auge« war verschwunden. Abgesehen hiervon saß sie jetzt wen» auch mit schmalerem Gesicht ganz so vor mir, wie seinerzeit auf dem Ostindienfahrer, den» bei der wärmeren Temperatur hatte sie da« selbstgefertigte Jackett abgelegt und ihren Strohhut wieder aufgesetzt.

Al» ich nach einer wieder einmal abgehaltenen Umschau zu ihr zu-