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vorgebeugt werden, von wo aus man da» Festungswerk im vollen Grundriß mit allen Einzelheiten der Anlagen übersehen und auf der photographischen Platte festhalten könne. Aber schon gegen ein Einsehen aus der Luft mit Ferngläsern müsse man sich schützen. Daher werde ein jeder Staat schon aus Selbsterhaltungstrieb ei» solches Verbot erlassen und durchsetzen müssen. Und wenn man erwägt, wie Rußland und Frankreich sich schon zu dem Ueberfliegen ihrer Landergrenzen durch fremdländische Luftfahrzeuge stellen, so werde man ein Verbot des UrbersliegenS von Festungswerken im Frieden durch Luftfahrzeuge jeglicher Art als durchaus berechtigt anerkernen wüsten Inwieweit in dieser Beziehung internationale Abmachungen durch Ausstellung einer Art von Luftrecht zu treffen seien, werde man der Erwägung und Entscheidung der Regierungen zu überlasten haben, zunächst werde sich jeder Staat gegen unerlaubte Uebergriffe in dieser Richtung schützen wüsten.
Vom Bodensee. Selten in einem Jahr war die Bodevseegegend so wenig von Fremden besucht wie Heuer, zumal wenn man Vergleiche zieht mit den letzten Jahren, wo Zeppelin seine Anziehungskraft auiübte und aus vielen Ländern die Neugierigen in Scharen , herbcistiömten. Von dem gewaltigen Fremden- strom, der sich nach München und Oberammergau bewegt, ist am See wenig zu verspüren. Aehn- lich liegen auch die Verhältnisse im Gebirge, wo in Sommerfrischen und in den Berggasthöfen allerwäris über geringen Besuch geklagt wird. Dem schlechten Weiter der Monate Juni und Juli wird natürlich alle Schuld beigemesten; der freundlichere und sonnigere August konnte die Scharte nicht mehr auSwetzen.
Trier 6. Sept. Ausländische Bahn- aibciter überfielen am Samstag nachmittag den Buchhalter Krüger und den Bauführer Mosegnari, welche die Löhne für die Bauarbeiter der Strecke Irrel-Bitburg mit sich führten, unterwegs bei Niederweiß und raubten 3000 Die Verfolgung wurde sofort von Gendarmen, Soldaten und Arbeitern ausgenommen. Einer der Räuber wurde durch einen Schuß verletzt; er entkam aber mit den andere» in den Wald. Gestern wurde ein Bahnarbeiter Nowinac bei Ralingen verhaftet, als er nach Luxemburg flüchten wollte.
Berlin 5. Sept. Der Expeditor bei der Munitionsfabrik in Spandau, Sarnow, besten Frau am 28. Juli an asiatischer Cholera verstorben ist, erlag gestern gleichfalls an Cholera. Der Vorsicht halber wurden gestern weiters Angestellte der Munitionsfabrik, die an Brechdurchfall erkrankten, unter Beobachtung ge
stellt. Sieben andere Arbeiter und Arbeiterinnen, die mit Sarnow zu tun hatten, wurden vom Dienst befreit.
München 7. Sept. Nach längerer Pause unternahm gestern nachmittag Parseval trotz ungünstiger Witterung vom Münchener Ausstellung,! platze aus eine Fahrt auf den Flugplatz bei Puchheim. Bei seinem Herannahen stieg der dort trainierende Aviatiker Lindpaintner empor, um 300 Meter hoch den Parseval in den Lüften zu begrüßen. Lindpaintner fuhr dann unter dem Luftschiff durch. Letztere« machte mehrere Schleifen und landete nach fast zweistündiger Fahrt, während deren es gegen Wind und Wetter schwer zu kämpfen hatte, glatt bei der Ballonhalle in München.
Zürich 7. Sept. In den Bergen schneit es. Gleichzeitig schwellen die Flüsse nördlich vom Gotthard unheimlich an. Von der Südseite de« Gotthard wird prächtiges Sommerwetter gemeldet.
Aus der Schweiz 6. Sept. Aus Luzern wird wieder Hochwasser gemeldet. See und Reuß, so schreibt so die „N. Z. Z.", sind über Nacht rapid gestiegen, und nur noch etwa 20 Zentimeter fehlen, bis das Master den ! höchsten Punkt der Brückenbogen erreicht. Un- ! mittelbar vor der Einfahrt beim Hauptbahnhof steht die Bahnlinie vollständig unter Master, ebenso die Straße neben der Bahn. Auch zwischen Rotkreuz und Luzern traten von gestern auf heute an verschiedenen Orte» lieber schwemmungen ein, die grrße Partien unter Wasser setzten. Die Fremden in Luzern reisen in Haufen ab. Auf dem Bahnhof herrscht ein Treiben, wie zur Zeit der Hochsaison.
Graz 7.Sept. Beim Abstieg vom Großglockner stürzten Doktor Schroedl und Gattin aus Wiener-Neustadt ab. Die Leichen sind noch nicht geborgen.
Wien 7. Sept. Im Bezirk Prerau find infolge Hochwasser« 4 Personen ertrunken, 3 2 Häuser eingestürzt und viele andere dem Einsturz nahe. Da« Master fällt. Au» Troppau wird gemeldet, daß in Oesterreichisch- Schlefien große Ueberschwemmungen ein- getreten sind. Das Master, da» viele Brücken weggerissen hat, geht seit gestern zurück.
Wien 7. Sept. Eine gestern abend hier tagende gemeinsame Versammlung von 25 Beamtenvereinen erklärte, die österreichische Beamtenschaft werde in die passive Resistenz ein- treten oder den Generalstreik proklamieren, wenn die Regierung nicht binnen Monatsfrist die Einfuhr von argentinischem Fleisch durchführe.
Fünfkirchen 7. Sept. Kaiser Wilhelm trifft mit größerer Begleitung am 16. September nachmittags über Wien und Großkanizsa in Fünfkirchen ein und wird von hier die Reise nach MohacS fortsetzen, wo er am Bahnhof vom Erzherzog Franz Ferdinand und Erzherzog Friedrich sowie von den Behörden empfangen wird. Offizieller Empfang findet nicht statt. Nach der Ankunft besteigt der deutsche Kaiser da« Schiff und begibt sich ins Karapäncsär Jagdschloß und abends sofort auf die erste Pirsch. Am 19. September abends reist Kaiser Wilhelm nach Wien ab.
Vermischtes.
Vom Bund für Heimatschutz in Württemberg und Hohenzollern wird uns geschrieben: Das Kgl. Oberamt Tübingen gibt unter Hinweis auf unsere Preßagitation gegen die Steinquadern und Holzschindeln aus Blech einen Erlaß aus, in dem e» heißt: „Das Oberamt sieht sich veranlaßt, die Bauunternehmer und Gebäudebesitzer auf diese Geschmacksverirrungen aufmerksam zu machen und möchte im Interesse einer natürliche« heimatlichen Bauweise raten, daß künftig derartige Verunzierungen der Gebäude im hiesigen Bezirk unterbleiben und daß überhaupt beim Bauen nach Möglichkeit von altersher heimische Baustoffe Verwendung finden. Dabei empfiehlt es sich, wenn möglich bei Fachwerksbauten da« Holz unverputzt zu lasten, Backsteinbauten aber mit Verputz zu versehen. Die Schultheißenämter werden ersucht, im Sinne dieser Ausführungen in ihren betr. Gemeinden zu wirken", v. Soden.
Caruso in Baden-Baden. Aus Baden-Baden wird dem„N Tagbl." geschrieben: Vor ausverkauften Sälen sang am 4. dr. Mts. Enrico Caruso im Kurhau». Der Andrang de» Publikum» zu dem Konzert war ein ungeheurer; viele suchten den Sänger von außen zu hören, und eine große Menge erwartete ihn bei seiner Ankunft vor dem Kurhause. E« war fast unmöglich, unter den Promenadebuden durchzukommen, und ebenso war die RestaurationSterraffe des Kurhauses dicht besetzt. Bajazzo» Lied war neben der Arie aus der Afrikanerin der Glanzpunkt de» Abend«; in diese beiden Vorträge legte der Künstler sein Ganze«. Den begnadeten Sänger, besten ganze» Auftreten und Vortragsweise frei von jedem Affekt war, umtobte ein stürmisches, hier kaum je gehörtes Beifallstosen. Diese» Caruso Conzert war wohl eines der glanzvollsten musikalische« Ereignisse, da» Baden-Baden je erlebt hat.
verzweifelte Hoffnung zu hängen, daß un» vielleicht sin schweres Wetter leck wachte und uns zwang, an der Küste Rettung zu suchen. Gern hätte ich einmal mit Weiher ley eingehender gesprochen und diesen über all die mich bewegenden Fragen gehört, aber da ich stet» beobachtet wurde, machte sich die Sache schwer.
Endlich, während einer finsteren Nacht, kam ich dazu. Lush war nicht wohl und ließ sich durch Wetherley von acht bi« zwölf Uhr vertreten. Diesen Umstand benutzte ich, stieg um halb neun auf Deck und schleuderte, gemächlich meine Pfeife rauchend, bald den Himmel bobachtend, bald da und dort da« Tauwerk «achsehend, umher. Dabei blieb ich wie zufällig bei Wetherley stehen, als er sich gerade in Deckung eines großen Segel» befand.
Hören Sie, Wetherley, redete ich ihn an, je mehr wir uns dem Horn nähern, desto mehr wächst meine Sorge, wie diese Sache noch enden soll. Sagen Sie mir bloß, wa» wird dann, wenn wir die Insel nicht finden?
Dann werden die Leute eben sagen, Se hätten se angeführt und absichtlich 'neu falschen Kur» gesteuert. Darüber iS oft genug hin und her gered't worden.
Mein Gott, was soll ich aber tun, wenn doch keine Insel da ist? Auf dem Fleck, den Brame angegeben hat, ist auch nicht ein Felsriff auf der Karte angedeutet.
Ganz egal, Se werden gezwungen werden, die Insel zu suchen, und wüsten se finden, sonst gibt'» 'n Unglück. Ich Hab' zwar noch keine bestimmten Drohungen gehört, aber se meinen: Find't er se nich, dann will er se nich finden.
Na, so eine dumme Verbortheit ist doch rein zum Verrücktwerde». Dagegen kann kein vernünftiger Mensch an. Ich kann mir doch keine Insel zaubern.
Da» «u allerdings nich, aber wissen Se, e» i» doch noch ne ganze Weile hin, bi» wir zum Pazifik kommen, und da kan« noch die» und jene»
passieren, wer kann misten, war alles, und da würd' ich mich an Ihrer Stelle jetzt noch nich so quälen. Am Ende i» dann auch noch 'ne Insel da. Ich tät's abwarten. Nur machen Se vorher keine Geschichten und halten Se sich weiter auch mit den Leute» gut. Ich mein immer, kommt Zeit, kommt Rat.
Ja, Sie haben recht, Wetherley, und ich werde mir merken, was Sie gesagt haben, aber meinen Gedanken kann ich doch nicht wehren, und da würde es mir eine Wohltat sein, Ihnen auch meine geheimsten Gedanken anvertrauen zu können. Da» kann ich aber nur, wenn Sie mir Ihr Manneswort geben würde», mich nicht zu verraten. Wollen Sie da»?
Er sah mich mit seinen treuen Auge« fast vorwurfsvoll an. Verraten i» 'n häßliches Wort. Ich denk da» werden Se nickt von mir glauben. Was Sie mir auch sagen werden, bei mir iS'« begraben. Aber seh'n Se — ehe ich Ihnen mein Wort gebe, muß ich erst wissen, wa» ich beschwör'» soll.
Nicht doch. Sie verstehen mich falsch. Einen Eid verlange ich nicht. Mir genügt vollkommen die Versicherung, die Sie mir eben gegeben habe«, und somit frage ich Sie, ob ich auf Sie al» Freund, ob ich auf Ihren tätigen Beistand rechnen kann, falls jemals die Zeit kommen sollte, wo sich mir ein Weg zur Flucht bietet?
Ja, haben Se denn 'nen Plan? Ich kann doch nich so ganz blind auf 'ne Sache eingehen, bei der'» sich um dev Hals handelt.
Nein, einen Plan habe ich vorläufig nicht. Augenblicklich läßt sich ja noch keiner fasten. Ich bin aber entschlossen, die erste günstige Gelegenheit zu ergreifen, und da wäre e» möglich, daß ich Ihres Beistände« bedürfte. Nicht nur ich würde mich dankbar erweisen, sondern ganz besonder» auch die Mutter der jungen Dame, die eine vornehme und reiche alte Dame ist, würde sich gewiß erkenntlich zeigen.
(Fortsetzung folgt.)