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Metallarbeiterverband auf. Die andere fordert den Beschluß der Versammlung, in sämtlichen Gmünder Geschäftsbetrieben um eine Lohnaufbesserung einzukommen in solchen Fällen bezw. bei solchen Lohnsätzen, wo eine zufriedenstellende Regulierung ab 1. August d. I. nicht zu erreichen gewesen war. Ferner soll an die Firmen, die ganz oder teilweise ihre Arbeiter Akkord arbeiten lassen, das Ersuchen gestellt werden, mit einer Arbeiterkommissio» diese Akkordsätze einer Prüfung zu unterziehen. Die Eingabe an die Unternehmer führt statistische Zahlen an, nach welchen seit der letzten Lohnregulierung im Jahre 1906 die Lebensmittelpreise bedeutend in die Höhe gegangen sind und beruft sich auf die Berechnungen Dr. Franks-Stuttgart, nach denen eine Verteuerung der Lebenshaltung in ^ den letzten Jahren von über 75 ^ pro Jahr und Familie ein getreten ist. Ferner wird auf die Abwandelungen aus der Gmünder Industrie, die in der letzten Zeit einsetzte, hingewiesen und eine Stundenlohnerhöhung um mindestens 3 ^ gefordert. Man wartet mit großer Spannung auf die Antwort der Arbeitgeber.
Biber ach 3. Sept. Ein Käsergehilfr ließ auf einer GeschätSfahrt einen 11 Jahre alten Knaben hinten auf das Fahrrad aufstehen. Der Knabe, der barfuß war, brachte den reckten Huß so unglücklich in das Kettenrad, daß ihm die große Zehe vollständig vom Fuß abgetrennt wurde. Der Knabe schrie jämmerlich und wurde alsbald »ach Hause getragen, wo ihm sofort ärztliche Hilfe zu teil wurde.
Friedrichshafen 5. Sept. Die hiesige» Gemeindekollegien haben beschlossen, im Verein mit den übrigen oberschwäbischen Städten die würit. Staatsregierung zu ersuchen, im Hinblick auf die enorme Schädigung des allgemeinen Volkswohls durch die fortgesetzte immer noch nicht zum Stillstand gekommene Steigerung der Fleisch - preise bei der Reichsregierung ungesäumt Schritte zu unternehmen, damit von Reichs wegen diesem Uebelstand so rasch wie möglich ein Ende be reitet werde.
Friedrichshafen 5. Sept. Zur gestrigen Hoftafel im K. Schloß war Graf Zeppelin und seine Gemahlin geladen.
Pforzheim 5. Sept. Die Goldarbeiter Johann Britsch von Gmünd und Julius Mayer von Weil im Dorf, beide hier in Arbeit, wurden wegen Diebstahls von Goldwaren in hiesigen Bijouteriefabriken zu 4 Monaten bezw. 14 Tage» Gefängnis verurteilt.
München 5. Sept. Von der nördlichen Kuppel der Frauentürme stürzte sich gestern. 99 Meter hoch, der 20 Jahre alte Notariat! brrch-
halter Alfons Reiz auf den Frauenplatz hinunter; er blieb als formlose Maste liegen. Der junge Mann hat die Tat zweifellos in geistiger Störung begangen.
Straßburg 5. Sept. Nachdem bis vor kurzem das Luftschiff „1^ 6" von BadewOo» nach Straßburg Zielfahrten unternommen hatte, wurden dieselben nun bis auf weitere» von Berlin verboten, weil, wie die Mittagsblätter in der Lage sind zu melden, in letzter Zeit viele Ausländer, besonder» Franzosen, mit dem Luftschiff Fahrten unternommen haben und die Gefahr besteht, daß diese vom Luftschiff aus photographische Aufnahmen machen. Die „Delag" hat die bereits bezahlten Passagierfahripreise den Teilnehmer» wieder zur Verfügung gestellt.
Hannover 3. Sept. Ein liebliche» Kleiv- bahnidyll spielte sich, wie dem „Hann. Anz." au« Gffhorn gemeldet wird, auf der Heidebahn in Neudorf-Platendorf ab. Ei» Reisender aus Braunschweig war aus seinem Abteil gestiegen, um sein Rad weiter befördern zu lasten und ließ seine Reisetasche in dem Abteil, in dem noch 5 polnische Arbeiter saßen, zurück. Al» er zurückkam, waren die 5 Männer verschwunden und die Reisetasche mit ihnen. Die Zugbeamten sahen die Diebe auf dem Bahnkörper dahinlaufen. Rasch entschloss!» setzten sie den Zug in Bewegung und fuhren den Gaunern nach. Da diese wegen der breiten Moorgräben nicht autweichen konnten, waren sie bald eingeholt. Da» Zugpersonal sprang von dem haltenden Zuge ab, um die Polen feflzunehmen. In ihrer Angst stürzten sich diese in'S Wasser, mußten aber, da sie nicht schwimmen konnten, vom Bahnpersonal wieder herausgezogen werden. Der eigentliche Dieb wurde dem Gendarm übergeben.
Berlin 5. Sept. Lord Roberts ist heute nachmittag 4 30 Uhr vom Anhalter Bahnhof nach Dresden abgereist. Der Ehrendienst und die Herren der britischen Botschaft gaben ihm das Geleite zum Bahnhof.
Berlin 5. Sept. Dem „Lokalanz." wird aus München gedrahtet: Fast zur gleichen Zeit, als der Kaiser die bekannte Rede hielt, hat auch der bayerische Thronfolger Prinz Ludwig in Marienort-Altötting anläßlich der Grundsteinlegung der St, Annakirche ebenfalls seinen Glauben offen bekannt. Er begann die Rede mit den Worten: „Ich danke dem lieben Gott, daß ich von katholischen Eltern bin..., ich bin stet» für die katholische Religion eingetreten, weil ich überzeugt bin, daß sie die wahre, echte Religion ist." Ferner sagte der Prinz: „Die katholische Religion gestattet jedem Katholiken, Toleranz gegen Andersgläubige zu üben. Es ist falsch, anzunehmen, daß die Ueberzeugung Anders
gläubiger von uns Katholiken nicht hoch gehalten werden dürfe, ebenso verlangen auch wir, daß gegen unsere Ueberzeugung Toleranz geübt werde. Der Thronfolger schloß: „Wir wissen wohl, daß nicht die Mutter Gottes, sonder» Gott im Himmel allein unsere Bitten erfüllt oder abschlägt, weil er am besten weiß, ob die Eifüllung eines Wunsches für uns von Vorteil ist oder nicht. Trotzdem eilen wir zur seligen Jungfrau Maria hin und wenden uns an sie im Vertrauen auf ihre Macht bei Gott. Auch ich habe Sorgen und Kummer und habe sie niedergelegt am Altar der heiligen Kapelle. Wir alle sind ja Zeugen, was im Lauf der Jahrhunderte durch Fürbitte der hl. Jungfrau erreicht worden ist." Der Münchener Berichterstatter bezeichnet es als charakteristisch, daß die Zentrumspresse die Rede erst jetzt wiedergibt, obwohl sie schon am 28. vorigen Monat» gehalten worden ist.
Bern 2. Sept. Das Oberland leidet seit 36 Stunden unter einem Wettersturz. Am Furka- paß schneit e» seit 2 Tagen unaufhörlich; auch an der Grimlel schneit es seit letzter Nacht tüchtig. Die eidgenössische Post vom Wallis her erreichte infolge des Unwetter» heute morgen nur mit Verspätung da« Grimsel-Hospiz. Auf der Paßhöhe weht ein eisiger Nordwestfiurm mit heftigem Schneetreiben. Rothorn, Schynige-Platte und Große Scheidegg liegen in tieferem Schnee, der bis auf die Höhe von 1700 m hinabgeht.
Paris 5. Slpt. Nach einer Blättermeldung hat der Kriegsminister dreißig Aeroplane, unter ihnen zehn Eindecker und zwanzig Zweidecker, bestellt, die noch vor Ablauf dieses Jahres zu liefern sind. Diese Luftfahrzeuge müssen ein Mindestgewicht von 300 Kilogramm tragen, eine Mindestgeschwindigkeit von sechzig Kilometer in der Stunde besitzen und in einem Fluge mindestens 300 Kilometer zurücklegen. Für jeden Aeroplan, dessen Geschwindigkeit sechzig Kilometer in der Stunde übersteigt, werden die Erbauer mit der Kilometerzahl wachsende Prämien erhalten. Jeder der Zweiflächer soll so gestaltet sein, daß er a-ßer dem Lenker «och zwei Personen aufnehmen kann. Bis Ende dieses Jahre» wird die französische Armee im ganze» 60 Aeroplane besitzen. — Präsident Falliöre» hat für die Flugwoche von Bordeaux einen Preis gestiftet, der nur einem Aeroplan französischer Herkunft zugesprochen werden kann. Der Preis besteht in einer Bronze, die einen Geier mit ausge- breiteten Flügeln darstellt.
18 Mann auf hoher See vermißt. Nach einer in Boston eingetroffenen drahtlosen Meldung de» Dampfers „Devonian" ist im Atlantischen Ozean der englische Dampfer „West- point" gesunken, nachdem die Besatzung
Ja wohl, aber sie dürfen kein Schiff ansprechen und keinen Hafen anlaufen wollen. Da« würden wir nicht zulassen.
Denke auch gar nicht dran. Der Punkt ist ja schon zwischen un» abgemacht. Aber sagen Sie, ist es nicht unnütze Grausamkeit, die Dame um das Kap Horn in den Pazifik mitzuschleppen? Sie hat nichts anzuziehen, als was Sie an ihr sehen ; ihre Mutter ist krank, sie verzehrt sich danach, so schnell als möglich zu ihr zurückzukehren. Die Mannschaft daß wir ein Schiff ansprechen, nur um das Fräulein von diesem mitnehme» zu lassen.
Nein, schrie er auf, kommen Sie un» damit nicht! Da» ist ganz umsonst.
Aber ich würde ruhiger sein, Ihnen besser dienen können, wenn ich sie sicher aufgehoben auf der Heimreise wüßte.
Nein, wiederholte er, mit dem Fuße stampfend. Sie ist bei uns ganz sicher. Wir werden doch nicht so töricht sein, sie los zu lassen, wo sie doch alle» von dem Golde weiß. Sie wird ja auch gar nicht wünschen, <0- sich jetzt von ihnen zu trennen, fügte er grinsend hinzu.
Ich hätte den Kerl hinter die Ohren hauen könne», doch erwiderte ich ruhig: So hätten wir nun alles miteinander besprochen und wissen gl genseitig Bescheid. Ich werde jetzt meine Messungen machen. Damit begab ich mich nach einer anderen Seite de« Deck».
Während ich nach der Sonne äugte, flüsterte ich meiner Gefährtin zu: Sie haben nun selbst gesrhlN und gehört, wie e» steht. Ich bi« überzeugt, wenn ich nicht auf die Wünsche der Leute eingegangen wäre, würde ich vielleicht jetzt schon weitab treiben, ganz allein, in einem Boot. Verstehen Sie — allein?
Ja, er ist ein furchtbarer Mensch und gewiß zu allem fähig. Aber Sre sprachen so tapfer mit ihm.
Na, ich mußte ihm doch zeigen, daß ich ihn nicht fürchtete.
Während meiner weiteren Arbeit schwiegen wir beide. Al» ich
fertig war, gingen wir hinunter in die Kapitänskajüte, wo ich in ihrem Beisein meine Observationen ausarbeitete und den Kurs auf der Karte zeichnete. Mit letzterer kehrte ick allein zum Zimmerman» zurück, der mich anscheinend schon zu seiner Ablösung erwartet hatte, um nach vorn zum Mittagessen gehen zu können.
Dies ist unsere heutige Lage, sagte ick, auf die Karte deutend. Sehen Sie, hier ist Kap Horn. Den Kurs, den wir halten, ist also der richtige. Er starrte dumm auf die Karte, fuhr mit dem Finger darauf umher und meinte dann: Na ja, da» wird schon stimmen.
Während ich die Karte wieder zusammenrollte, bemerkte ich: E» wäre doch gut, wenn wir »och einen Dritten zur Wache hätte». Jetzt zum Bespiel möchten wir beide Mittag essen, und keiner kann uns vertreten. WaS meine» Sie zu Wetherüy, der scheint doch ein ruhiger, vernünftiger Mann zu sein.
I jo, zu 'ner kurzen Vertretung, da» ginge schon, aber so als Dritter regelmäßig mit uns die Wache teilen, dafür bin ich nicht. Zu viel Herren an Bord, da» taugt nichts. Wir beide genügen. Ich will also sagen, er kann immer die Wache übernehmen, wenn wir beide gleichzeitig au» irgend einem Grunde unten sein müsse«. Darüber will ich mit ihm und der Mannschaft sprechen.
Gut, gut, tun Sie das, sagte ich in der gebieterischen Art, in der zu dem Manne zu sprechen ich mir vorgenommen hatte. Sie habe» ja nun ihre Wache beendet und können gehen. Ich erwarte, daß Wetherley, sobald er fertig gegessen hat, kommt und für die Zeit meine» Mittagessen« mich vertritt.
Hiermit machte ich eine entlassende Handbewegung, er aber sagte:
Noch eine Frage. Wie hoch würden Sie sich wohl Ihren Anteil denken? — Ach, machen Sie sich darüber doch keine Sorgen, wehrte ich ab; ich werde zufrieden sein mit dem, wa» Ihr für recht haltet. Schicken Sie mir nur Wetherley. (Forts, folgt.)