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Alb gleichfalls gut, wahrend, sie im Tal schneller als man glaubte, an Fäulnis zu Grunde gehen. Dafür find aber die ObstauSfichten im Bezirk günstig. ES gab ziemlich viel Pflaumen und auch die Apfelbäume sind zum größten Teil voll behängen, wogegen Birnen fast ganz autfallen. Futter gibt es zum Spätjahr in Menge, sodaß die Produktion an Schlachtvieh den Winter über nicht mangelhaft zu sein braucht.

Von der Alb 23. Aug. Die Bienen haben Heuer ein Hungerjahr auch auf der Alb. Schon längst muß man füttern. Die erste Tracht fiel wegen de« naßkalten Wetter« recht spärlich aus. Die Oehmdtracht scheint trotz der warmen Tage nicht viel zu versprechen. Nicht wenige Bienenvölker werden wohl dem Hungertod verfallen.

Nellingen OA. Eßlingen 23. Aug. Bei dem heutigen Verkaufe des Obstertrages von den Gem.indrgütern wurde im Durchschnitt für da« Simri 2 20 ^ erlöst.

NereSheim 23 Aug. Da« heurige Ernteergebnis an Getreide im Bezirk wird seiten« der Sachverständigen im Durchschnitt folgendermaßen geschätzt: Dinkel Quantität 9/10 Mittelernte, zeigt etwa« Brand und schwache Körner, Wimerweizen Quantität Mittelernte, Qualität Mittel, zeigt ebenfalls etwas Brand und hat schwache Körner, Roggen Quantität 8/10 Mittelernte, ist nicht vollkörnig, Qualität sehr gut, Gerste in Quantität Mittelernte, Qualität gut, Haber Quantität 9/10 Mittelernte, Qualität ziemlich gut. Die Strohernte bei jeder Frucht gattung ist sehr gut. Gegen das Vorjahr mußten die heurigen Ergebnisse fast bei allen Getreide­arten etwas geringer geschätzt werden. Die vorjährige Ernte war allerdings recht gut, nament­lich die Gerste war ausnahmsweise geraten. Aber auch Heuer hat man im allgemeinen keinen Grund zur Unzufriedenheit, namentlich wenn die Ernteerträge vollends gut unter Dach kommen, wa« anzunehmen ist. Die eigentliche Regen­periode scheint vorüber zu sei» und nur noch ver­einzelte kleinere Störungen zurückgelassen zu haben.

KünzelSau 23. Aug. Hier hat da« Unwetter bös gehaust. Große Verwüstungen wurden in den Gärten und an den Häusern angerichtet. Hunderte von Obstbäumea wurden geknickt und entwurzelt, auch Dächer und Kamine find beschädigt worden. Von Stunde zu Stunde mehren sich die Nachrichten über schwere Schäden. Starke alte Nußbäume wurde» geknickt wie Stroh­halme, Blechdächer sind abgehoben und vom Sturm mehrere Meter weit fort getragen worden, auch Kamine 'fielen dem Orkan zum Opfer. Der Schaden in den Baumgütern ist ganz beträchtlich, da oft 1012 Bäume der Reihe nach umgerissen, andere ihrer Neste und Früchte beraubt worden

sind. Auf dem Kirchhof und in der Allee mögen etwa 60 der schönsten abgeknickt oder ihrer schönen Krone beraubt worden sein. An der Ziegelhütte hat der Sturm großen Schaden angerichtet. Viele elektrische Leitungen wurden zerstört, ebenso wurden auch die Telephonleitungen schwer be­schädigt. Durch den heftigen Regen wurden die tiefgelegenen Läden rasch mit Wasser angefüllt. Beim Seminar wurden 50 tote Vögel aufge­funden, die dem Unwetter zum Opfer gefallen sind. In Gaisbach, Kemmten, Weckhof und Umgegend hat der Sturm entsetzlich gehaust. Auch dort wurden Bäume entwurzelt und Häuser abgedeckt. Die Katastrophe erinnert an den großen Hagelsturm im Sommer 1897.

Vom Kniebis 23. Aug. Eine wunder­bare Alpenaussicht bot sich am Sonntag den hier weilenden Kurgästen. Eine besondere Ueberroschung war die Fahrt des 1-2 6 nach Baden-Baden. Beinahe 2 Stunden lang konnte man von hier aus da« Luftschiff beobachten.

Tuttlingen 23. Aug. Auf derBrand- stätte in Talheim sind gestern verkohlte Ueber- reste de« zehnjährigen Ulmschneider gefunden worden. Das Unglück hätte keinen solchen Um­fang angenommen, wenn die reiche Gemeinde, die in der Lage ist, jährlich jedem Bürger eine Bürgergabe von etwa 50 zu bezahlen, eine Wafferleitung besäße. Viele der 15 vom Feuer heimgesuchten Familien sind nicht oder schlecht versichert. Der Gebäudeschaden wird auf an­nähernd 30000 ^ geschätzt.

Tuttlingen 22. Aug. Zur Lohnbe­wegung der Lederarbeiter verlautet, daß die Weißgerber die Lohnforderungen ihrer Arbeiter bewilligt haben, die Rotgerber dagegen einer Verlängerung der Mittagspause zugestimmt, aber die Forderung eines Mindestlohnes abgelehnt haben mit dem Bemerken, daß die Regelung de« Lohns jedem einzelnen Meister überlassen bleiben soll. Eine Versammlung der Lederarbeiter beschloß im gegenwärtigen Augenblick von weiteren Schrit­ten Abstand zu nehmen.

Ulm 23. Aug. Da« Programm für dar Jubiläums fest am Mittwoch ist nunmehr ausgegeben, ebenso das Festspiel von Chefredakteur Theodor EbnerAus alter und neuer Zeit". Der Festzug, geleitet von Stadtbaurat Romann, enthält nicht weniger al« 51 Gruppe».

Schussenried OA. Waldsee 23. Aug. Auf dem Toienbett hat dieser Tage in Urlau bei Kißlegg eine sterbende Frau gestanden, daß sie in Gemeinschaft mit ihrem Ehemann die eigene Tochter vor 10 Jahren getötet und in den Bach geworfen hat. Die Tochter hatte ein Verhältnis, dem die Eltern verneinend gegenüberstanden. Nun hat die sterbende Mutter

vom Gewissen gequält die ruchlose Tat ein­gestanden. Der Mann ist in Haft genommen.

Baden 23. Aug. Heute vormittag V-13 Uhr machte 1-2 6 die erste Passagierfahrt über die Stadt Baden. Er flog über den Merkur nach dem Murgtal, das Murgtal entlang bi« Rastatt und zurück nach der Luftschiffhalle Baden- Oo«; Oberingenieur Dürr führte das Kommando. Paffagiere waren 4 Damen und 8 Herren der hiesigen Fremdengesellschaft. Die Fahrgäste sind entzückt über die Fahrt, die ihnen die großartige Schönheit des Schwarzwalds und die prächtige Lage Badens in herrlichem Ausblick erschloß. Die Anmeldungen zu weiteren Fahrten sind so zahlreich, daß heute noch 2 Fahrten, um 4 Uhr und 6 Uhr, stattfinden.

Frankfurt 23. Aug. Heute vormittag fand die offizielle Preisverteilung für den Ueberlandflug Frankfurt-Mannheim statt. Den ersten Preis, 25 000 und Ehrenpreis des Prinzen Albert von Schleswig Holstein erhielt Jeannin, den zweiten Preis, 10000 und Ehrenpreis des Frankfurter Flugsportklubs erhielt Lochner, den 3. Preis, 5000°^, Lindpaint- ner. Den Ehrenpreis de« Großherzogs von Baden für besondere Leistungen unter schwierigen Witterungtverhältniffen erhielt Lindpaintner, den Ehrenpreis de« Großherzog» von Hesse» erhielt Thelen für die beste Leistung, Flug nach Mannheim mit einem Paffagier. Den Ehrenpreis des Frankfurter Flugsportklubs erhielt Winczier» für den beste« Flug nach Mainz ohne Paffagier. Ploch mann erhielt den Ehren­preis eines Ungenannten für die besten Schauflüge.

Emde« 22. Aug. Wie bereits bekannt geworden, ist von Borkum aus ein Engländer wegen Spionageverdacht» ins hiesige AmtSgerichts- gefängnir eingeliefert worden. Er hatte sich schon den ganzen Sonntag über verdächtig ge­macht. Abends machte er mit Blitzlicht eine Reihe von Aufnahmen nach den Festungswerken hin. Unter dem Schein des Leuchtturmschein­werfers gewahrte ihn ein Posten der ihn anrief und drohte, von der Schußwaffe Gebrauch zu machen, falls er Miene mache, zu fliehen. Da­rauf schritt er zur Verhaftung de« Verdächtige«. Der Apparat, mit dem er die Aufnahme» machte, und seine Aufnahmen selbst sind beschlagnahmt worden. Wie dieOstfriesische Ztg." weiter hierzu noch erfährt, hat der Verhaftete auch auf Wangeroogg, wo bekanntlich augenblicklich Festungswerke erstellt werden, sich in gleicher Weise verdächtig gemacht. . Wie dieFrkf. Ztg." noch weiter berichtet ist nun noch ein zweiter Engländer unter dem Verdacht, an der Spionage beteiligt gewesen zu sei», verhaftet worden.

Zürich 22. Aug. Die Leichen der am

mit seinem Taschentuch gegeben hatte. Keine Seele an Bord sprach auch nur eine Silbe englisch, und weder Ruddiman noch ich verstanden ein Wort spanisch. Wir verständigten uns mit der Mannschaft nur not­dürftig durch Zeichen, al« wären wir unter Wilde verschlagen, und erhielten selten eine andere Antwort al» Kopfschütteln, Grinsen und Achselzucken.

Nachdem wir etwa vierzehn Tage an Bord der Brigantine gewesen waren, wurde sie eine« Nachts unversehens von einer starken gefaßt. Die Bemannung war zahlreich, die erbärmlichen Kerle verloren aber so den Kopf, daß sie sich beim Bergen der Segel einander in den Weg kamen, infolgedessen der Großmast über Bord ging, den Topp de« Fock­maste« mitnahm und Bugspriet nebst Klüverbaum zertrümmerte Nun war sie ganz au» der Besinnung. Keiner dachte daran, das Schiff von den an ihm hängenden Spieren zu befreien. Sturzseen kamen über und erhöhten den Wirrwarr, und als der Bootsmann, die Sondierstange der Pumpe in der Hand, etwa« ausrief, rannte da« Volk wie rasend nach den Booten. Es war ein wahre« Wunder, daß diese in dem Tumult noch glücklich zu Wasser gebracht wurden. Ruddiman sagte zu mir: Ich bleibe im Schiff; wenn die Boote nicht kentern, so werde» sie verschlagen und die Mannschaft verhungert und verdurstet. Davon habe ich aber gerade genug gehabt und mag e« nicht noch einmal probieren! Ich dachte ebenso und so sahen wir, wie die Spanier zu zweien und dreien, gleich Raiten, in die Boote sprangen. Der Kapitän brüllte und winkte uns zu, müzukcmmen, wir aber schüttelte« die Köpfe, zeigte» auf die See und machten Zeichen, daß wir da» Kentern fürchteten. So stießen sie denn ab, und schon »ach einer halben Stunde sahen wir nicht» mehr von ihnen: Ruddiman und ich waren allein.

Eine echte Seegeschichte, bemerkte ich, als er in seiner starrenden Weise wieder einmal innehielt Wie wurden Sie denn nun gerettet? Ist das Schiff nicht untergegange»?

Nein. Wir sondierten die Pumpen und entdeckten bald, daß das im Schiff vorhandene Wasser von oben eingedrungen war, der Boden

und die Seiten also kein Leck hatten. So gingen wir denn gleich daran, die Taue zu kappen, und machte» da« Schiff frei. Der Sturm warf uns noch vierundzwavzig Stunden umher, dann aber verringerte er sich bis zu einer leichten Brise. Die« erlaubte uns, an dem noch zur Hälfte stehenden Fockmast ein Segel zu setzen, mittelst dessen wir uns nun auf gut Glück treiben ließen. Am Nachmittag stand ich am Steuer, und Ruddiman lag schlafend in meiner Nähe.

Au« Mangel an Ruhe und Schlaf vermochte ich kaum noch meine Augen offen zu halten, und immer wieder mußte ich sie mir reiben, um sehen zu können. Da, auf einmal riß ich sie weit auf. Ich gewahrte vor mir etwa« wie einen weißlichen Schatten, und während ich noch über- lege, ob das Nebel oder Brandung sei, nimmt e« Gestalt an und ich erkenne eine niedrige Koralleninsel mit einer kleinen Erhebung grünen Landes in der Mitte, hier und da mit kleinen Baumgruppen überstreut. Ich rufe Ruddiman, der aufspringt und hinschaut. Ein Legerwall, Braine, sagt er. Mit dem Fetzen Leinwand ist kein Abkommen mehr möglich; wir können ruhig abwarte», was wird.

In kaum zwanzig Minuten saßen wir fest auf dem Strand, da« Deck schräg und so nahe dem Ufer zugeneigt, daß e» mit einem Sprung von der Reling zu erreichen war.

Hier brach der Erzähler plötzlich ab und trat fieberhaft erregt an die Tischschublade, schloß sie auf, nahm etwas in die Hand, das er mich nicht sehen ließ, betrachtete und verschloß es gleich wieder.

Ich bildete mir fest ein, daß er sich nur überzeugt hatte, ob die in der Schublade verborgene Waffe noch auf ihrem Platze läge. Nun kommt'S dachte ich, zumal seine Augen einen erschreckend wilden Glanz angenommen hatten, ich war auf alle« vorbereitet, denn der Mann war ja unberechenbar. Nach einigem Sinnen schritt er zu einem der Wand­schränkchen, nahm von dort die Bibel und trat vor mich hin. i (Fortsetzung folgt.)