859
bequemte sich endlich zu einem Geständnis, wonach sie ihrem Vater die tötlichen Stiche beigebracht habe. Sie wurde nach Lörrach in« Amtsgefängnis transportiert, während die beiden Söhne frei- gelassen wurden, da sie sich an de« Mißhandlungen nicht beteiligt haben. Gestern fand die Beerdigung des unglücklichen Opfers statt.
Frankfurt a. M. 21. Aug. Bei stillem Wetter stiegen heute Jeannin, Lindst aintn er und Lochner zum Ueberlandflug Frankfurt-Mannheim auf. Jeannin ist als erster um 7 °/i Uhr auf dem Flugplätze Mannheim gelandet. Er war um 6 Uhr in Frankfurt aufgestiegen und hatte eine halbe Stunde später in sehr ruhiger und sicherer Fahrt Mainz passiert. Lochner stieg 5.48 Uhr aus und landete nach 40 Minuten in Mainz. Um 6 25 Uhr setzte er die Fahrt nach Mannheim fort. Hinter Mainz wußte er jedoch nochmals landen und konnte erst nach einer Stunde wieder aufsteigen. Um 9 '/- Uhr landete er glatt in Mannheim. Lindpaintner startete kurz nach 6 Uhr und passierte Mainz etwa b/4 Stunden später. Er mußte jedoch, wie da« „Mainzer Tagblatt" meldet, um 7 Uhr wegen Motordefekts in Oppenheim landen.
Frankfurt a. M. 21 . Aug. DerFlieger Lindpaintner, der wegen eines Motordefekt» in Oppenheim hatte landen müssen, flog heute nachmittag nach dem Griesheimer Exerzierplatz zurück. Er führte in einer Höhe von 200 m einige wohlgelungene Schleifen über dem Platz au» und landete dann trotz heftigen Windes glatt unter dem Beifall de» zahlreichen Publikums, unter dem sich auch Prinz Albert von Schleswig- Holstein, der Vorsitzende de» Deutschen Fliegerbundes befand, der Lindpaintner beglückwünschte.
Berlin 20. Aug. Nach dem Muster de» Lichtenrader Bombenattentat» ist dem Eigentümer der Restaurants „Strauchwiese" in Pankow ein Erpresserbrief zugegangen, in dem er aufgefordert wird, 500 ^ an einer bestimmten Stelle niederzulegen. Al» letzter Termin war der gestrige Abend angegeben. In dem Briefe heißt er, in der Nähe der bezeichneten Stelle sei eine Blechbüchse vergraben, in die da» Geld gelegt werden solle. Falls Anzeige erfolge, werde die ganze Familie in die Luft gesprengt werden. Tatsächlich wurde die Blechbüchse gefunden. Die Nachforschungen bewege» sich nach einer ganz bestimmten Spur.
Civitavecchia 20 . Aug. Hier ist die Nachricht eingelaufen, daß ein Offizier, der in einem Aeroplan angekommen war und unter dem Jubel der Bevölkerung Bewegungen über der Stadt ausgeführt hatte, bei der Rückkehr zwischen Magliana und Pente Galera abge- stürzt sei und dabei den Tod gesunden habe. — Der verunglückte Offizier ist der 27 Jahre alte Kavallerieleutnant Vival di Pakqual, der
einen eigenen Farmanzweidecker steuerte. Da» Fahrzeugni» hatte er sich in Mourmelon le Grand erworben. Sein Antlitz ist bi» zur Unkenntlichkeit entstellt, da» Flugzeug ist zerstört.
Tromsö 20. Aug. Ein aus Spitzbergen hier eingetroffene» Schiff berichtet, daß alle vier Mitglieder der Siversen'schen Walfischfänger- Expedition während ihrer Winterung am Nordkap von Spitzbergen an Skorbut gestorben seien. Drei der Leichen, die von Füchsen avgefressrn gewesen seien, sind beerdigt worden. Die vierte Leiche sei nicht gefunden worden.
Die Fahrt des 1-2 6 nach Kaden-Kaderr.
Friedrichshafen 20. Aug. Die für heute, vormittag geplant gewesene weitere Probefahrt de» 1-2 6 mußte unterbleiben, da die Windstärke in höheren Regionen bis zu 19 Sekundenmeter betrug und die Absicht, die Geschwindigkeit de» neuen Luftschiffs zu messen, dadurch unmöglich gemacht war. Heute nachmittag fand dann die zweite Probefahrt statt, die, wie die erste außerordentlich befriedigte. Um Uhr stieg das Luftschiff auf und führte mehrere Rundfahrten über dem Bodensee au». An der Fahrt nahm ausschließlich da» Betriebspersonal unter Führung von Oberingenieur Dürr teil. Um 4 '/« Uhr erfolgte die Landung. Eine weitere Probefahrt wird nicht mehr stattfinden, vielmehr wird noch da» Eintreffen einiger Wetterberichte abgewartet werden, worauf, wenn diese günstig lauten, die Fahrt nach Baden-Baden entweder im Lauf der heutigen Nacht oder morgen in der Frühe angetrete» wird, vorausgesetzt, daß die Witterungsverhältniffe günstig sind. Für die Fahrt nach Baden-Baden haben sich bereit» Passagiere vormerken lassen.
Friedrichshafen 21. Aug. Die Fahrt de» Luftschiffs 1-2 6 nach Baden-Baden war vom denkbar schönsten Wetter begünstigt. In der Morgenfrühe des heutigen Sonntag», um 4 V- Uhr, wurde auf dem Gelände der Luftschiff- bau-Zeppelin-Gesellschaft mit den Vorbereitungen zur Fernfahrt begonnen. Nachdem das Luftschiff zuvor noch eine GaSnachfüllung erhalten hatte, wurde es kurz nach halb 6 Uhr aus der Halle gezogen. Die Besatzung bestand au» dem Betriebspersonal unter Führung von Ober- ingenicnr Dürr, ferner Dr. Hugo Ecken er und al» einzigem Passagier Fabrikant Scheuf- selen - Oberlenningen. 10 Minuten vor 6 Uhr stieg da« Luftschiff bei leichtem Ostwind empor und schlug die Richtung dem See zu gegen Konstanz ei». ES herrschte in der Frühe schöne» klare», wenn auch etwa» kühles Wetter. Die Fahrt de» Luftschiff» nach Baden-Baden ging auf dem direkten Wege Ueberlingen, Stockach, Tuttlingen, über die Höhen de» Schwarzwalds hinweg in der
Richtung Triberg, Hausach durch da» Rheintal. Um 10 Uhr 30 Min. traf da» Luftschiff über Baden-Baden ei», e» hatte also die etwa 200 km lange Strecke in 4 '/» Stunden zurückgelegt, das entspricht einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 45 km in der Stunde.
Baden-Baden 21. Aug. In unserer Bäderstadt zeigte sich heute ein außergewöhnliche» Lebe» und Treiben; nicht allein der Umstand, daß heute ein großer Renntag ist, auch die Tatsache, daß der längst erwartete 1-2 6 in der Luftschiffhalle in Baden-Oo» seinen Einzug hält, hat ungeheure Menschenmassen hierher geführt. Auf den Dächern, vor allem aber auf den Anhöhen und in der Nähe der Lustschiffhalle in Oo» hatten sich die Schaulustigen postiert, um da» ungewohnte Schauspiel zu bewundern. Die nach Oo» fahrenden Züge waren dicht besetzt. In Oos waren bei der Luftschiffhalle außer einer Unmenge von Zuschauem eine Anzahl besonder» geladener Gäste, Stadträte und Stadtverordnete mit Oberbürgermeister Fieser und Bürgermeister von Saint George und Aktionäre der Deutschen Luftschiffahrtr-A.-G. versammelt. VonderLuft- schiffbau-Zeppelin-Gesellschaft waren anwesend Direktor ColSman, Prokurist Peter und Ingenieur Bay. Etwa um 10 Uhr wurde von der Halle au» da» Luftschiff gesichtet. I» Nebel gehüllt zeigte e» sich in der Ferne; es zog rhein- abwärt» und man sah allmählich deutlich, wie da» Schiff immer näher den Schwarzwaldbergen zusteuerte. Zwischen der Iburg und dem Fremersberg machte es eine Schwenkung, um- zwischen dem Sattel hinüber zur Bäder stadt zu lenken. Majestätisch kam er über die Krupp'sche Villa und al» es sich Baden näherte, gab er seinen Gruß kund durch Verneigung. E» beschrieb einen Bogen um Baden herum gegen das alte Schloß zu; in sehr langsamer Fahrt steuerte e» dann dem OoStal entlang nach der Luftschiffhalle zu. Die weiße Hülle de» mächtigen Bau» hell von der Sonne beglänzt, kam das Luftschiff der Halle näher, wo die zahlreich versammelte Menschenmenge in Hurra- und Hochrufe ausbrach. Durch Hüte- und Tücherschwenken wurden die Gondel- insaffe« begrüßt, die diese spontane Kundgebung lebhaft erwiderten. Der Luftkreuzer machte dann noch eine Bewegung gegen de» Jffezheimer Wald, schwenkte wieder herum und ließ sich allmählich auf dem Fluggelände nieder. Als von der Gondel Stricke herabgeworfen wurden, stürzte alle» nach der Landungsstelle; Hunderte von Händen griffen zu und e» war wirklich eine impulsive Eingebung, die da» Publikum veranlaßte, mit Hand anzulegen. Nach der Landung fand eine kurze Begrüßung durch Oberbürgermeister Fieser statt. Nochmals ertönten laute Hochrufe, als da» Luftschiff um lt?/t Uhr in die Halle gezogen wurde. Mit den Passagierfahrten wird sofort begonnen werden.
Nach einer Weile jedoch schne er, mit der Favst auf den Tisch schlagend: Sie werden recht haben! Sie werden recht hoben! Ich erkenne, daß Sie mit den Kniffen der Rechnung völlig vertraut sind, ich lasse die Ihrige gelten. Nun aber noch eins: Wenn ich auch schreiben kann, so geht es mir doch ziemlich schwer von der Hand und nimmt mir immer viel Zeit. Würden Sie auch das Loggbuch führen?
Das bedeutet also, lachte ich belustigt, daß Sie mich tatsächlich zu Ihrem ersten Maat machen wollen. Er schwieg ohne mich anzusehen.
Nu», fuhr ich fort, ich bin einem Gentleman —
Bin kein Gentleman, unterbrach er mich.
Aendert nickt» in meiner Anschauung, sprach ich lächelnd weiter. Ich bin also, wollte ich sagen, immer gern gefällig, zumal wenn mich Dankbarkeit verpflichtet. Und um diese, wenigsten« zu einem kleinen Teil, abzutrogen, will ich tun, was in meinen Kräften steht, und Ihnen, soweit Sie mir vertrauen, in der Schiffsführung beistehen. Freilich muß ich aber daran die Bedingung knüpfen, daß dieses Verhältnis für die Dome und mich nicht zu einem Hindernis wird, Ihr gastliche» Schiff zu verlasse», scwie sich die erste Gelegenheit dazu bietet.
Er sah mich mindesten» eine Minute stumm an, nickte mehreremale nachdenklich vor sich hin und erwiderte endlich: Darüber, Herr Dugdale, werden wir später sprechen.
Aber, guter Gott, Herr Kapitän, wa» soll den» da« heißen? rief ich erregt. Ich verstehe Sie nicht. Sie können drch unmöglich die versteckte Absicht hegen, uns auf Ihrem Schiff festhallen zu wolle»?
Wieder starrte er mich eine Weile schweigend an, ehe er mit dumpfer Stimme wiederholte: Später, Herr Dugdale, später! Damit erhob er sich.
Dann wünsche ich zu wissen, entgegnete ich ebenfalls ausstehend, wa» Sie sich unter diesem „später" denken.
Er faßte sich an die Stirn. Das weiß ich selbst noch nicht, muß
erst klar sehen und dazu reiflich überlegen. Bitte, verlassen Sie mich jetzt. Ich habe das Bedürfnis, allein zu sein.
Er machte dabei ein so schmerzdurchgrabene» Gesicht, daß ich innige» Mitleid für ihn empfand und e» vorläufig aufgab, weiter in ihn zu dringen. Ich verließ ihn derhalb, ohne etwas zu sagen und begab mich zu meiner Gefährtin.
Sie war natürlich sehr neugierig. Ich erzählte ihr aber nur von dem ersten Teil meine» Zusammensein« mit dem Kapitän und der Art, wie ich mich erboten hatte, ihm gefällig zu sein. Alles übrige verschwieg ich einstweilen, da e« sie nur von neuem geängstigt und niedergedrückt haben würde, wenn ich ihr gesagt hätte, daß wir nicht mit dem Kopf durch die Wand könnten und kein Mittel besäßen, unsere Ueberführung auf ein anderes Schiff zu erzwingen, fall» der Kapitän nicht wollte. E» wäre mir das auch gerade gegenwärtig um so schwerer geworden, al» ich sie verhältnismäßig heiter antraf.
Wir gingen bald wieder auf Deck, wo der Kapitän inzwischen ein Sonnendach hatte ausspannen lassen, unter dem wir ziemlich den ganze« Nachmittag verbrachten. Sie war mitteilsamer al» je und weihte mich in ihre ganzen Familienverhältnisse, LebenSgewohnheiten und Passionen ein, deren größte da» Reiten war. Bei der Hetzjagd der Meute zu folge», war ihre höchste Wonne. In ihren Schilderungen immer lebhafter werdend, schien sie unsere Lage ganz zu vergessen. Äu» allem konnte ich entnehmen, daß sie als einziges Kind ihrer Eltern sehr verwöhnt und verzogen war. Im stillen wunderte ich mich, daß ein so schöne» und reiche» Mädchen nicht schon längst geheiratet hatte. Wartete sie auf einen Mann, dessen Liebe sie zu erwidern vermochte, oder trachtete sie nach Rang und Titel? Oder hatte sie vielleicht kein Herz? Das konnte ich mir bei ihre» Augen, die oft so viel Gefühl und Leidenschaft verriete», nicht denken. (Forts, folgt.)