Amtr- und Anzeigeblatt sür den Gberamtsbezirk Calw.
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Neuenbürg 19. Aug. In Sprollenhaus wurde ein 4jährigeS Kind des Hirschwirts von einer Kuh, die zur Tränke geirieben worden war, niedergestoßen und so schwer innerlich verletzt, daß es im Krankenhaus starb.
Ebhausen OA. Nagold 19. Aug. In neuester Zeit wird unsere Gegend von Dieben heimgesucht, die ihr Handwerk recht ungeniert treiben. In Pfrondorf wurde am Hellen Tag, bei einem Bauern eingebrochen und ein kleiner Geldbetrag, 1 Brosche, Eheringe, Messer, Eier und Brot gestohlen. Am gleichen Tage brachen die Diebe im Hause des Gemeinderats Dengler hier ein. ES wurde alles durchwühlt und nach Geld gesucht, dieses aber nicht emtdeckt, dagegen eine Uhr mitgenommen. Man wurde auf die Diebe aufmerksam, auch kehrten die Bewohner des Hauses zurück, sodaß die Einbrecher in ihrer Arbeit gestört wurden, aber entwischten. Es handelt sich um zwei Barschen, dir in der Weise Vorgehen, daß der eine Posten steht, während der andere stiehlt.
Böblingen 19. Aug. Infolge einer Benzinexplosion in einer hiesigen Brauerei erlitt der Maschinist Hildenbrand so schwere Verletzungen, daß er im Krankenhaus, in da» er gebracht worden war, starb.
Stuttgart 19. Aug. (Strafkammer.) Ein 14jähriger Knabe stieg in eine Wohnung in der Böblingerstraße ein und entwendete aus einer Kommode einen Zehnmarkschein. Nachdem er da» Geld verputzt hatte, stieg er noch einmal ein und stahl au« einem Nachttischchen 6 Hundertmarkscheine. Der Junge hatte eines Tages durch da» Fenster gesehen, wie die Frau die Hundertmarkscheine in dem Nachttischchen aufbewahrte. Er ließ auf der Post einen Hundertmarkschein wechseln und verbrauchte von dem Geld 16 das übrige versteckte er in einem Neubau, wo e» gefunden wurde. Der Junge war erst einige Wochen zuvor wegen Diebstahl» mit einem Verweis bestraft worden. Er wurde zu 6 Wochen Gefängnis verurteilt.
Reutlingen 19. Aug. Schon seit einer Reihe von Jahren leitet Oberlehrer Weireter in Betzingen einen auf drei Wochen berechneten pädagogischen Ferienkurs, den dieses Jahr 50 seiner Berufskollegen au» ganz Württemberg genießen. Pädagogik, Psychologie, Erziehungsund Unterrichtslehre, Literaturkunde, Aufsatz und Grammatik, Welt- und Religionsgeschichte füllen den heurigen Sommerkur« au», der mit dem Schluß der nächsten Woche zu Ende gehen wird. Die Nachmittage sind privaten Exkursionen, sowie der Erholung und Geselligkeit gewidmet.
Reutlingen 19. Aug. Die Mitglieder der hiesigen Handwerkskammer erschienen gestern Vormittag im Sitzungssaale der Kammer vollzählig zur ordentlichen Vollversammlung, der als Staatskommissar Regierungsrat Kälber von der K. Zentralstelle für Gewerbe und Handel anwohnte. Nach Eröffnung der Versammlung durch den ersten Vorsitzenden, Schreinerobermeister Karl Vollmer-Rottenburg erstattete Sekretär Freytag den Bericht über die Tätigkeit der Kammer im abgelaufenen Geschäftsjahr, da» insbesondere wieder reiche Arbeit in Bezug auf da»
Samstag, Len 20. August 1910.
Lehrlingswesen brachte, indem neuerdings das Bestreben sich geltend macht, Lehrlinge als jugendliche Arbeiter einzustellen und zu führen, um sich der Pflicht zur Anhaltung zum Besuche der Tagesschule zu entziehen. Doch wird die Kammer in allen Fällen, wo offenbare Täuschungen vorliegen, energisch einschreiten und auf geordnete Zustände dringen. Die verschiedenen Punkte der Tagesordnung gaben teilweise Anlaß zu längeren Debatten, ohne daß dadurch die Anträge des Vorstande» wesentliche Abänderungen erfahren hätten. Beschlossen wurde u. a. die Festsetzung einer durchgängigen 4jährigen Lehrzeit im Buchdruckergewerbe, damit die der Tarifgemeinschaft noch fernstehenden 30 °/° der Druckereien im Kammerbezirk gehalten sind, ihre Lehrlinge ebenfalls 4 Jahre lernen zu lasse»; während die Frage der Festsetzung einer zulässigen Höchstzahl von Lehrlingen in den einzelne» Handwerkszweigen gemäß Z 130 der Gewerbeordnung der nächsten Vollversammlung zur Beschlußfassung Vorbehalten bleiben soll. Die Einführung de» zweiten Teils der Gesetze« über die Sicherung der Bauforderungen wird im Kammerbezirk nur von den Gewerbevereinen Reutlingen und Tuttlingen gewünscht. Bei Besprechung der Tagesordnung des 11. deutschen Handwerks- und Gewerbekammertags vom 5.—7. September 1910 in Stuttgart ergab sich Einmütigkeit in der Forderung der hälftigen Teilung der Beiträge zur Krankenversicherung, wie sie von der Regierung in dem neuen Entwurf zur Reichsver- sicherungSordnung vorgesehen ist. Die Proteste gegen die beabsichtigte Aenderung der Bestimmungen über die Beschäftigung jugendlicher Arbeiter in Handwerksbetrieben, die mit Motoren arbeiten, wurden in ihrem vollen Umfang aufrechterhalten. Bezüglich der Zulassung von Fabriklehrlingen zur Gesellenprüfung als Voraussetzung einer BeitragSleistung zu dem Prüfungsaufwand seitens der K. Zentralstelle für Gewerbe und Handel wird eine Aenderung in der seitherigen Uebung nicht gewünscht. Mit überwiegender Mehrheit wurde schließlich die Forderung der Aufhebung des Z 100 q der Gewerbeordnung, der den Zwangsinnungen die Festsetzung von Mindestpreisen im Handwerk nicht gestattet, unterstützt: 18 Mitglieder stimmten sür die Abschaffung dieses Paragraphen, während 5 Mitglieder einen anderen Standpunkt einnahmen. Die Vollversammlung nahm dann noch die Rechnungsergebnisse der Kammer pro 1909/10 entgegen und stellte in nichtöffentlicher Sitzung auch den Haushaltung,- plan für 1910/11 fest, um danach verschiedene Anträge und Wünsche zu behandeln, die für die weitere Oeffentlichkeit nicht von Interesse sind.
Pfullingen 19. Aug. Die bekannte Tatsache, daß dem „Echatzboten" der amtliche Charakter entzogen wurde, beschäftigt mit ihren Folgen immer noch den Gemeinderat. Eingangs der letzten Sitzung wurde die Anfrage gestellt, wie es komme, daß die Sitzungsanzeigen dem „Echatzboten" zugestellt werde», noch ehe sie die Gemeinderatsmitglieder erhalten, während der „Generalanzeiger", dem doch die amtlichen Anzeigen übertragen worden seien, sie nicht erhalten hah». Die Tagesordnung müsse doch vom Rathaus aus an den „Echatzboten" gelangt sein. Es habe den Anschein als ob hier eine Absicht
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vorliege. Der stellvertretende Vorsitzende, RatS- schreiber Schmälzte, verwahrte sich gegen die Unterstellung, al» ob eine Absicht vorliege; der Brief mit der Tagesordnung sei jedenfalls zu spät zur Post befördert worden. Wie der „Echatz- bote" zu der Tagesordnung komme, wisse er nicht. Gemeinderat Heyd beantragte eine Sitzung unter dem Vorsitz de» Oberamtmanns anzuberaumen, damit die Mängel endlich abgestellt werden. Verschiedene Angestellte auf dem Rathaus erklärten auf Befragen, daß sie dem „Echatzboten" die Tagesordnung nicht zugestellt hätten. In nichtöffentlicher Sitzung wurde hierauf zu der Angelegenheit Stellung genommen.
Tübingen 19. Aug. Zu dem Unglücksfall de» Heizers G. Jung erfahren wir noch, daß durch die Geistesgegenwart des Lokomotivführers Rieth ein größeres Unglück verhütet wurde. Jung war aus dem Wege zum Lokomotivschuppen und überschritt gerade da» Geleis, als eine Rangierabteilung heranfuhr und er von dem Tender erfaßt wurde. Auf den Schrei des Jung zog Rieth sofort die Luftbremse und brachte die Abteilung auf 4 Meter zum Stehen, sonst wäre Jung jedenfalls mitten durchschnitten worden. Es mußte ihm inzwischen in der Klinik das Bein bis zum Knie amputiert werden.
Freud enstadt 19. Aug. Die hiesige Metzgerinnung hat sich genötigt gesehen, infolge der gegenwärtig bedenklich hohen Viehpreise die Fleisch- und Wurstpreise zu erhöhen.
Tuttlingen 19. Aug. Um de«Wünschen der Bürgerschaft entgegenzukommen, hat das Generalkommando des 14. Armeekorps verfügt, daß den hier einquartierten Truppen, mit Ausnahme vom 2.-5. Sept., nur Magazinverpflegung verabreicht wird. Ein schöne» Entgegenkommen! Von Seiten der hiesigen Stadtverwaltung waren — leider ziemlich verspätet — Schritte getan worden, um wegen der späten Ernte womöglich die Abstellung oder Reduzierung der Manöver herbeizuführen, und zwar in erster Linie deshalb, um die großen Flurschäden zu verhindern und damit bedeutende Kosten zu sparen. Nun geht darauf da» Generalkommando nicht ein, sondern den Bürgern werden die gleichen Lasten aufgebürdet, nur mit dem Unterschied, daß sie nun fast nicht« dafür bekommen — statt 1 60 ^ bei voller Ver
pflegung nunmehr bare 34 ^ — denn das weiß man auch an den maßgebenden Stellen, daß der weitaus größte Teil der Einwohnerschaft den Soldaten trotzdem Speise und Trank verabreicht, wie bei der Einquartierung mit voller Verpflegung. Die Durchführung der Magazinverpflegung würde für unsere Stadt einen sehr großen Ausfall bedeuten. Ueber den Beschluß de« Generalkommandos herrscht hier allenthalben die größte Erregung, da man dieselbe als einen Schlag ins Gesicht empfindet. Wenn keine Aenderung in der Anordnung der Manöver vorgenommen werde« will, so überlaffe man den Bürgern ruhig die volle Verpflegung der Truppen, denn nicht dagegen richteten sich die Aeußerungen der Preffe und die Eingabe der Stadtverwaltung, sondern gegen die entstehenden großen Flurschäden. Diesen Unterschied sollte man doch auch an leitender Stelle in Baden herausfinden.