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brücke zugeirieben worden, und hier verschwand er vor den Augen der Menge in den Fluten. Ein Absuchen de« Wasser« war am Freitag abend vollkommen ersolglo«; auch die am Sams­tag früh von Schiffern fortgesetzten Nachforschungen haben bisher zu keinem Ergebnis gesührt.

Tuttlingen 8. Aug. Kommerzienrat C. Scheerer ließ die im Betrieb der Aktien­gesellschaft für Feinmechanik, vormal» Jetter und Scheerer, beschäftigten Veteranen des Feld­zuges 1870/71 10 an der Zahl in seine Villa kommen und übergab jedem 100 ^ um es dem einzelnen zu ermöglichen, die vom Prä­sidium des Württembergischen KriegerbundeS ver­anstaltete Veteranenfahrt nach Paris zur Ein­weihung de« Champigny-Denkmals, die in der zweiten Oktoberwoche stattfindet, mitzumachen.

Waldhausen OA. Welzheim 8 Aug. Auch hier ließ das Hochwasser seine trostlosen Spuren zurück. Nicht allein Felder, Accker und Wiesen, om schlimmsten betroffen wurden die Besitzer der Mahl- und Sägmühle, Gebr. Zwßer. An dem Wehr, da« zur Einführung der Rems in den Mühlkanal gebaut worden war, wurde eine große Strecke ausgehöhlt und gewaltige Quaderstücke von der Schutzmauer herauSgeriffen. Zum drittenmal hat diese Mühle unter solchem Hochwasser enorm zu leiden, das letztemal vor zehn Jahren, wo sich der angerichtete Schaden auf 10000 -O belief. Auch eine Brücke, die die Gebrüder Zinßer aus eigenen Mitteln er­stellten, fiel dem Wasser' nun ebenfalls zum drittenmale zum Opfer.

Ulm 8. Aug. In der bayrischen Nachbar­schaft hat es in den letzten Tagen wieder so anhaltend und stark geregnet, daß die zur Donau eilenden Flüsse über die Ufer traten und die Gegend überschwemmen. Besonders die Günz und die Mindel sind infolge der niedergegangenen Wolkenbrüche bedeutend angeschwollen. In Dil­lingen lief da« Wasser zu den Haus- und Stall- türcn hinein und die Keller stehen hoch hinauf unter Wasser. In der Umgegend von Dillingen steht da« Wasser teilweise um 12 bis 15 am höher als bei der großen Ueberschwewmung im Juni. In AiSlingen stand das Vieh in den Ställen bis zu 50 om im Wasser. In Roß­haupten wurden von der Regenbeobachtungs­station 112 eem Regenmenge gemessen.

Maselheim OA. Biberach, 8. Aug. Wie gefährlich es ist, bei einem Gewitter auf freiem Felde zu sein, zeigt ein dieser Tage hier vorgekommener Fall. Der Polizeidiener Aubele in Heggach war mit Fruchtmähen be­schäftigt. Beim Herannahen des Gewitters begab er sich mit den Seinen nach Hause. Sie ließe« ihre Haberrechen mit dem Worb nach oben auf

dem Felde stehe». Kaum hatten sie da« Feld verlasse», durchfuhr ei« Blitzstrahl den Rechen der Länge nach und spaltete ihn. Wäre jemand dabei gestanden, hätte es seinen Tod finden können.

Pforzheim 8. Aug. Die Etuirarbeiter und -Arbeiterinnen sind in eine Lohnbeweg­ung eingetreten; sie verlangen entsprechend dem Abkommen in der Bijouteriebranche Lohnerhöhung und Verkürzung der Arbeitszeit.

Von der Badischen Grenze 8.Aug. Die japanische Regierung hat bei der Süd­deutschen Automobilfabrik in Gaggenau mehrere Motorlastwagen bestellt. Er ist die» der erste Auftrag, den Japan einer deutschen Automobilfabrik gegeben hat und zwar handelt es sich um Fahrzeuge, die für die japanische Heeresverwaltung bestimmt sind und die den eigenartigen japanischen Geländeverhältnissen voll­ständig angepaßt sein müssen.'

Von der badischen Grenze 6. Aug. Ein hübsches Geschichtchen weiß derEttlinger Volks freund" au« der Gemeinde Neuburgweiler zu erzählen. Dort hatte der hohe Rat der Dorfgemeinde einstimmig beschlossen, den Gemeinde­bock wegen Altersschwäche zu verkaufen, um einen jüngeren zu engagieren. Der Bock wurde um den Rawschpreis von 9 lorgeschlagen. Der betr. Käufer verkaufte ihn sofort weiter um den Preis von 12 nach Doxlanden. Der neue Besitzer in der Karlsruher Vorstadt-Gemeinde war aber ein ganz schlauer; er stutzte den Bock großartig her, wusch ihn gründlich, frisierte ihn tadellos und bot ihn dann in der Zeitung aus. Und da gerade die Gemeinde Neuburgweiler einen neuen Gemeindebock brauchte, traf sich das vor­züglich. Der Bock hatte ei» junges schneidiges Exterieur und war um den Preis von 45 Mk. halb geschenkt. Die Gemeinde schlug ein und hatte ihren alten Bock wieder und noch 36 Mk. daraufgezahlt.

Vom B odensee 7. Aug. Wie gemeldet haben die beiden Studierenden der Konstanzer Ingenieur-Akademie, Freiherr v. Maydell und Bernhard Ofse, einen Gleitflieger konstruiert. Auf dem Fürstenbrrg wurde» die ersten Flug- und Gleitversuche mit dem Apparat gemacht. Der Apparat erlitt zwar einige Beschädigungen, doch waren die ersten Versuche befriedigend.

Mainz 8. Aug. Gestern abend gegen 11 Uhr wurden in den Schießständen bei Gonsenheim zwei scharfe Schüsse auf einen Posten abgegeben. Als die Patrouille kontrollierte, fand sie den Posten, den Musketier Sabel aus Frankfurt a. M. von der 11. Kom­pagnie de« Infanterieregiments Nr. 117 weinend auf der Erde liegen. Er sprang auf und ge­

berdete sich wie rasend, wobei er fortwährend rief, er habe einen Kameraden erschaffen. Eine Revision seine» Gewehre« und seiner Patronen­tasche ergab, daß von seiner Seite au» nicht ge­schaffen worden war. Sabel, ein etwa« be­schränkter Mensch, der nur mit großer Mühe überwältigt werden konnte, wurde in« Lazarett gebracht. Dort wurde konstatiert, daß er infolge des Vorfalles irrsinnig geworden ist. Durch andere Posten, die in der Nähe standen, wurde festgkstellt, daß tatsächlich zwei scharfe Schüsse abgegeben worden sind. Ein sofort vorgenom­mener Streifzug nach dem Täter verlief resultatlo».

Berlin 8. Aug. In der Nähe von Hermannswerder bei Potsdam ist die Leiche de« verunglückten Rektors Schäfer au« Reutlingen gefunden worden. Im Besitz de« Toten wurde eine größere Geldsumme vorgesunden. Die Leiche wird nach Reutlingen übergeführt werden.

Bern 8. Aug. Bei einem Ausflug in das Gotthardgebiet ist gestern ein Herr Dein­hau ser au« Stuttgart abgestürzt. Der Verunglückte wurde von seinem Vater und drei Brüdern mit Hilfe von Soldaten nach der Fort­wache in Airolo gebracht. Deinhausrr, der 33 Jahre alt ist, ist heute seinen Verletzungen erlegen.

Vermischtes.

Warnung vor Schwindlern. Eine Exporifirma in Tegelin in Holland sucht Wieder­verkäufer für ein Fabrikat, da» sie Velodurin getauft hat. Diese« Mittel soll angeblich de« Gummireifen der Räder und Automobile un­begrenzte Haltbarkeit verleihen. Die Wieder­verkäufer müssen sich verpflichten, sofort 50 Kartons zum Preise von 18 abzunehmen und da» Geld bar einsenden. Andernfalls wird nur per Nachnahme versandt, aber auch dann sind 3 ^ mindestens vorautzubezahlen. Es handelt sich offenbar um einen Schwindel gröbster Art. Mit den Angeboten wird ganz Deutschland, die Schweiz und Oesterreich überschwemmt. Den Wiederverkäufern wird zur Pflicht gemacht, de« Karton, der ihnen auf 36 ^ zu stehen kommt, nicht unter 1 ^ abzugeben. Dieser in Aussicht gestellte Verdienst wird manchen verlocken, es mit sem famosen Fabrikat zu versuchen. Unfehlbar ist er BÄr» seine 18 ^ los. I» Holland scheint der Firma aber der Boden zu heiß geworden zu sein. Zurzeit wird der Schwindel von Nancy (Frankreich) au« probiert. Ter Name der Firma ist gleichfalls geändert worden, sie heißt jetzt Francois Pörisch, und das kostbare Fabrikat, da» früher Velodurin benannt wurde, ist zum Per- manit geworden. Sonst aber ist alle« beim alte» geblieben. E« ist Aufgabe der Presse, diesem Schwindel entgegenzutreten.

Da» Signalfeuer, entgegnete der Zimmermann mürrisch. I» ei» paar Minuten wird die alte Kiste wohl in die Luft fliegen, denke ich.

Mag sie; hat ja Platz genug dazu, spottete der Kapitän. Dann lud er uns ein, in die Kajüte zu treten.

Dies war ein kleiner Raum mit einigen ähnlich wie auf de Gräfin Jda abgesonderten Kabinen, einem viereckigen Tisch in de Mitte mit sestgeschraubten Bänken auf jeder Seite, einem flachen Oberlicht einigen altmodischen Lampen, einem kleinen Ofen und einem Gestell mi verschiedenen Gläsern.

Bitte, nehmen Sie Platz, sagte der Kapitän. Ich denke, Sie werde, nach dem Aufenthalt auf dem Wrack nicht verwöhnt sein und ein Stüc gekochtes Rintfleisch nebst einer Flasche Londoner Bier nicht verschmähen

Sie sind sehr gütig, erwiderte ich. Wir haben in den letzten dre Tagen nur von Cchiffszwieback, Marmelade und Käse gelebt.

Er ging zur Tür und bestellte bei einem jungen Burschen de, versprochenen Imbiß. Dann setzte er sich mit an den Tisch und sa! abwechselnd uns beide mehrere Minuten an, ohne auch nur mit den Wim per» zu zucken. Ich merkte, daß diese wiederholte sonderbar stumm« Musterung meine Gefährtin beängstigte.

Noch niemals hatte ich einen Menschen mit solchen Auge» gesehen schon durch ihre abnorme Größe waren sie eine Entstellung, sie wurde» aber noch unheimlicher durch ihre tintenschwarze Farbe, ihre leblose Starr- he,t ohne Feuer und Geist und die sonderbare Bewegung»lostgkeit ihre, Lrder. Sem bartlose» Gesicht war lang und gelb, nur die glatt rasierte« Stellen Wangen, Oberlippe und Kinn zeigten einen indigoblaue« Schimmer. Er hatte eine lange Nase, buschige Augenbrauen und raben- schwarze» glänzendes Haar, das glatt gekämmt über Ohre» und Nacken herabfiel. Seme lange, hagere Gestalt war mit einem weißen Drellanzug und gelbe» Lederschuhen bekleidet. Ich hätte ihn für einen Dankee ge- h alten, wäre nicht seiner Sprache der Londoner Akzent eigen gewesen.

Um da» unerträgliche stumme Anstarren zu unterbrechen, fragte ich,

aus welchem Hafen er käme, doch schien er mich kaum zu hören. Auf ein­mal aber schrak er wie aus dem Schlaf erwachend auf, fuhr mit seinem großen, roten, baumwollenen Taschentuch über die Stirn und rief: Bitte, sagten Sie etwas?

Ich wiederholte meine Frage.

Mein Schiff gehört nach Hüll, antwortete er, aber wir kommen von der Themse und segeln »ach Mauritius. Doch nun erzählen Sie ein­mal, wie Sie und diese schöne Dame auf da» Wrack kamen. Sie gehören offenbar den höheren Ständen an, da« erkenne ich an Ihren Händen. Lassen Sie mich alle« höre«.

Damit hackte er seine Daumen in die Westenärmel, lehnte seine» Rücken gegen den Tisch, streckte seine Beine lang aus und heftete wieder seine schrecklichen Augen auf mein Gesicht. In dieser Stellung verharrte ernährend meiner ganzen Erzählung regungslos, ohne eine Silbe zu äußern und noch eine geraume Weile, nachdem ich geendet hatte.

Erst als Fräulein Tcmple fragte: Mit welchem Namen darf ich Sie anreden? schrak er wie vorher zusammen und erwiderte: John Braine, Madam. Kapitän John Braine, oder sagen Sie kurz: Kapitän Braine; John ist doch nur eine unnötige Verlängerung.

Sie zwang sich, zu lächeln und sagte: Herr Kapitän, die Gräfin Jda kann nicht weit von hier sei», und ich möchte Sie recht dringend, bitten, öu suchen. Ich bin überzeugt, sie wird bald gefunden werde». Ich habe dort eine Verwandte an Bord, die der Kummer um mich ver­zehrt. Auch befindet sich all mein Gepäck auf jenem Schiff. Meine Mutter, Lady Temple, wird freudig jede Summe geben, welche Sie für Blühe und Zeitverlust berechnen werde».

Ich dachte, er würde wieder in seine infame Art de» Anstarren» verfallen, doch nach einer kurzen Pause schon erwiderte er: Der Ostindien­fahrer segelt nach Bombay war'« nicht so? Nun gut, wir haben den­selben Weg.

(Fortsetzung folgt.)