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antragt, daß entweder in der Eingabe selbst oder durch einen Zusatz zu dieser zum Ausdruck ge­bracht werde, daß die Revision de« Körperschasts- pensionsgesetzrS möglichst beschleunigt werde. Zu der Lehrlingsfrage nahm die Landesversamm­lung nach einrm Referat von Ratschreiber Göhner- Stuttgart gleichfalls eine Resolution an, in der sie dafür eintritt, daß bei der Fachüberfüllung die Neueinstellung von Lehrlingen in den nächsten Jahren soweit als möglich eingeschränkt werde.

Stuttgart 8. Aug. Wie die Blätter melden, hat der Landesausschuß der national­liberalen Partei in Württemberg in einer am Samstag abgehaltenen Sitzung Stellung zu den verflossene» und kommenden Reichs- und Landtagswahlen genommen. ES bestand Ein­mütigkeit, daß mit der fortschrittlichen Volkspartei ein freundnachbarliches Verhältnis erhalten werden solle, daß von einer Großblockpolitik in Würt­temberg aber keine Rede sein könne. Ferner wurde die Anstellung eines zweiten Geschäfts­führers der Partei beschlossen.

Stuttgart 8. Aug. (Luftschiffahrk und Aviütik.) Ueber die Wiederaufnahme der 2-Passagierfahrten schreibt da»Stuttgarter Neue Tagblatt": Mitte August werden die seiner­zeit durch die Havarie des Luftschiffe»Deutsch­land" unterbrochenen Luftschiff-Fahrten, deren Paffagierannahme bekanntlich von der Hamburg- Amerika-Linie besorgt wird, in Baden-Baden wieder ausgenommen werden. Bis Ende Sept. sollen hauptsächlich kleinere Fahrten von 1-2- stündiger Dauer veranstaltet werden, die über die nähere Umgebung de« schönen OoStaleS gehe» rmd 100 bis 200 Mk. pro Person kosten soll. Größere Reisen sind bei besonders geistiger Wetterlage zu erwarten. Al» Fahrzeug dient 1-2 6. Außer 910 Mann Besatzung kann die Paffagierkabine 1012 Paffagiere aufnehmen. Die Luftschiffhalle in Baden-Baden bezw. OoS ist bereits vollendet. Die Einsahrtsseite der 160 Meter langen Halle befindet sich aus der nördlichen Stirnseite. Die zwei ungeheuren Tor­flügel, 26 Meter hoch, 12'/- Meter breit und je 400 Zentner schwer, bewegen sich in einem nach außen laufenden Zahnkranz von je 12'/» Meter im Durchmesser. Sie werden von nur einem Manne bedient, später soll der übersetzende Torantrieb mit einer elektrischen Anlage ausge­rüstet werden, so daß Menschenkraft überflüssig wird. Zur Füllung des Raumes zwischen den einzelnen Eisenbändern, wie zur Bedachung der Halle wurde Eternit eine feuerfeste Legierung von Asbest und Zement verwendet, wozu etwa 3000 Stück Platten, '/- Zentimeter dick, 6080 Pfund schwer und 3 Quadratmeter groß, nötig waren. Zu beiden Seiten der LängSfronten

ziehen sich brsteigbare, leicht zu begehende Gale­rien hin. In der Höhe von 24'/- Meiern --- die Halle hat 160 Meter Länge, 30 Meter Breite und 28,40 Meter Höhe läuft ein be­quemer Mittelstes durch die ganze Halle. An den Längsseiten befinden sich je 20 und an der Hinteren Stirnseite vier hohe, in Kathrdralgla« ausgeführte Fenster. Die Eisenkonstruktion der Halle, aus 21 sog. Bindern auf jeder Front hergestellt, gibt der Halle den nötigen Halt, zumal bei der starken Fundamentierung in 12 Meter Tiefe in dem mit schweren Eisenschienen bewehrten Boden und eisernen Verkuppelung amh das elementarste Naturereignis dem Werk nichts anhaben kann. Im gesamten wurden etwa 70000V Kilogramm Eisen verwendet. Eine 24 Meter hohe, verschiebbare und fahrbare Leiter macht bet vorkommende« Reparaturen den Schiffs­rumpf zugänglich. Gegen Feuer dienen drei Oberflur- and drei Unterflur-Hydranten auf jeder Seite.

Zuffenhausen N Aug. Bei Gelegen­heit einer Hochzeitsfeier imalten Lamm" hatte sich die 48 Jahre alte Witwe Josephine Altvater, wohnhaft in Heslach, am Tanz beteiligt, wobei sie gegen 6 Uhr abends von einem Unwohlsein befallen wurde. Sie begab sich in den Hof, erlitt dort einen Schlaganfall und starb nach 10 Minuten. Die Fra«, die sehr korpulent war und bis zum April d. I. eine Wirtschaft in der Oberen Bachstraße in Stuttgart betrieben hatte, hinterläßt 4 Kinder. Der Vorfall möge allen korpulenten Personen zur Warnung dienen.

Waldenbuch OA. Stuttgart 8. Aug. Ein hüsiger Friseur savdte seine nicht verkauften Lose zwei Tage vor der Ziehung an de» General­agenten zurück, darunter auch die Nummer 40000. Nun ist die Nummer mit dem ersten Wertgewinn -(Wert 2000 gezogen worden.

Mettingen OA. Eßlingen 8. Aug. Die Getreide- und Gurkenernte sind bei uns in vollem Gange. Beim Getreide wird geklagt, daß die Frucht leicht und die Garben nicht rösch seien. Die Gurkenernte ist nicht so reichlich, wie in anderen Jahren, ober die Preise, die bezahlt werden, sind gut. Die Weinberge stehen schön, sie sind gut belaubt und zeigen schönen Behang. Wir haben Aussicht auf einen guten Herbst.

Heilbronn 8. Aug. Bei dem Kongreß der Radfahrer-Union erhielt im Blumen- korso der Radfahrverein Tübingen den ersten Preis, einen Pokal de» Königs, der Radfahr­verein Crailsheim den zweiten. Von den kleineren Vereinen bekam der Radfahrverein Aalen den ersten, das Konsulat Stroßburg den zweite» Preis. Von den nicht der Union angehörenden Vereinen erhielt Böckingen den erste», und Beloz-

klub Würzburg den zweiten Preis. Im Neige«- und Kunstfahrtournier erhielt Altensteig den ersten, Ulm den zweiten Preis. Beim Kunst­reigen der Velozklub Gmünd den ersten, der Radfahrverein Hagenau den zweiten Preis. Im Meisterschaftsreigen fiel der erste Preis an de» Velozklub Gmünd, der zweite an da» Konsulat Ulm. Im Radballspiel gewann Germania-Eß­lingen den ersten, Velozklub Gmünd den zweiten Preis.

Neckargartach OA. Heilbronn 8. Aug. Ein schweres Gewitter ging am Samstag mittag über unsere Gemarkung nieder, verbunden mit starkem Niederschlag. Der Blitz schlug in da« am Neckar gelegene MietSwohnhaus des Jakob Bolch ohne zu zünden; er zerschmetterte einen Kamw, suchte seinen Weg an den Wkffer- Ntungsröhre« entlang, überall Spuren an Decke« Md Wänden hinterlaffend. Vier auf der Treppe sich oufhaltende Kinder wurden über diese Hin- unttzrgervorfen, wo sie betäubt liegen blieben. Die- Haare der Mieterin, Frau Stapf, hatte» Feuer gefangen.

Lauffen a. N. 6. Aug. Die Nachricht, daß in Abtsgmünd durch das letzte Hoch­wasser 2 Häuser weggeschwemmt worden seien, bestätigt sich glücklicherweise nicht; es stehen viel­mehr »sch alle Häuser unversehrt. Die? Meldung von einer in Sulzbach aufgefischte» HuvdShZtte samt Hund ist rSensalls etwa« über­trieben, den» der Hund war zur Zeit de» Er­eignisses am jenseitigen Ufer des Kochers, also nicht in der Hütte und erfreut sich bis dato de» größte» Wohlseins.

Reutlingen Mber den tragische« Tod des Volkschulrektors Schäfer berichtet der Berk. Lok.-Anz." noch folgendes: Am Dampfer­steg der Sierngesellschast zu Potsdam ist am Freitag in spärer Abendstunde der 61jährige Rektor Schäfer an» Reutlingen ins Wasser gestürzt und ertrunken. Schäfer war vor einigen Tagen zur Hochzeit seine» Sohnes nach Rowawes gekommen und hatte dort bei dem Rektor Dohnat Wohnung genommen. Die Hochzeitsgesellschaft unternahM am Freitag nachm, eine» Auiflng »ach Ferch. Von dort zmückgekehrt, hielt sie sich während des Regev.S im Eisenbahnhotel auf. Der außerordentlich kurzsichtige Rektor geriet auf der Suche nach der Toilette aus das Boll­werk der DampfergesellschaftStern" und stürzte- plötzlich ab, ohne dich jemand den Unfall bemerkt hätte. Ans die Hilferufe de» in» Wasser Ge­fallenen eilten Leute herbei, doch konnte» sie keine Rettung bringen, weil keine Retlungiiwerk- zeuge vorhanden waren. Man alarmierte des­halb sofort die Fe verwehr. Inzwischen war der Verunglückte immer weiter nach der Eisenbahn-

Die Goldmsel.

Setroman von Clarl Rnjjell.

(Fortjetznng.)

Großer Gott, was hätte ich tu« sollen ohne Boot, ohne jedes Mittel, rin Floß herzustellen? Sicher hatte das Raubschiff einen reichen Vorrat Schießpulver in irgend einem der untere» Räume verstaut, und wir wäre« gezwungen gewesen, unser« Leiden durch einen Sprung über Bord ein Ende zu bereiten, oder hätten dem schrecklrchen Augenblick unserer Vernichtung durch eine Explosion entgegenharren müssen.

Ein Blick auf meine Gefährtin zeigte mir, daß auch sie dar Geschick, dem wir entgangen waren, in Gedanken durchlebte. Leichenblaß mit blutleeren Lippen saß sie regungslos wie ein Steinbild und blickte entsetzt mit weit weitgeöffneten Augen nach dem zurückweichenden Rumpf.

Bei dem Schiff angekommen, legten wir an einer kleinen Treppe an, die man über die Seite gehängt hatte. Sie war ziemlich steil und schmal und besonders für eine Dame schwer zu ersteigen, doch gelangten

wir glücklich an Bord. . , ^ ^

Am Aufgang stand der Mann, welcher uns angerufen hatte. Ich trat sofort mit ausgestreckter Hand auf ihn zu und sagte:

Mein Herr, Sie sind ohne Zweifel der Kapitan; ich danke Ihnen von Herzen, daß Sie uns gerettet und vor einem schrecklichen Schicksal

bewahrt haben. . . ^

Er nahm meine Hand und hielt sie fest, wahrend er Mich, ohne e,n Wort zu sprechen, eine Weile durchbohrend anstarrte. Ich wußte nicht, was ich hiervon denken sollte, und wurde schließlich ganz verlegen.

Endlich fragte er: Wie heißen Sie, mein Herr?

Laurenz Dugdale.

Maat auf einem Ostindienfahrer, wenn ich recht verstanden habe?

Nein. Ich fuhr nur zwei Jahre als Seekadett auf einem solchen.

Er ließ meine Hand fallen und sein e Miene veränderte sich, indem er einen Schritt zurücktrat und mich vom. Scheitel bis zur Fußsohle maß. Seekadett? rief er verächtlich. Pah das ist kein Seemann I Wie lange ist eS her, daß Sie die See verließen?:

Sechs Jahre, antwortete ich verdutzt, in solchem Augenblick derart verhört zu werden.

Was sechs Jahre? schrie er, und sein Gesicht wurde noch länger. Da werden Sie ja kaum wehr mehr wisse», wie man einen Quadranten anwendet!

Doch, damit weiß ich noch ganz gut Bescheid, entgegnete ich mit einem Seitenblick auf meine Begleiterin, die mit sichtbarer Angeduld, Verwunderung Md Spannung diesem Examen zuhörte.

Heißt das soviel, daß Sie mit der Navigation vertraut sind? forschte er weiter.

Genügend, um ei» Schiff nach jedem beliebigen Teil de» Erdball» zu. führen, antwortete ich, meinen aufsteigknden Zorn beherrschend, obgleich der Mann an meine« roten Kopf und meinen sprühenden Augen bemerken

mußte, wie e» in mir kochte.

Run, dann ist ja alle» in Ordnung! rief er plötzlich ansgeheitert. Sie sagen also, Sie vermögen mit einem Sextanten ihren Weg zu finden.

Ja. Das sage ich.

Na, beim Himmel, dann freue ich mich herzlich, Sie sowie Madam m Bord derLady Blanche" begrüßen zu könne«. Hierbei zog er unt einer verbindlichen Verbeugung seinen riesigen Strohhut.

Dann, sich auf einmal dem Ziwmermann zuwendend, der mit de« Bootsleuten den Pack an Bord beförderte, fragte er: Was habt ihr denn da?

Sine kleine Beute, lachte dieser. Wein!

Gut, gut. Legt ihn einstweilen beiseite. Da» Boot aufhiffen! Aber schnell. Und gleich wieder voll brassen! Aber schneL^-Wer hat denn das Wrack in Brand gesteckt?