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mit einer Bierflasche auf der Kellerstaffel so un­glücklich zu Fall gekommen, daß ihm die Splitter der Flasche durch die Kleider in den Unterleib drangen. Die sofort im Krankenhaus Cannstatt an dem Knaben vorgenommene Operation konnte aber nicht» mehr helfen. Da» Kind starb gestern abend.

Gmünd 4. Arg. Da» Hochwasser hat nun doch sei« Opfer gefordert. Ein 10lljähriger Knabe stürzte beim Fischen nach Holzstücken in die hochgehende Rem». Er wurde zwar noch lebend an Land gezogen, starb aber bald darauf.

Wasseralfingen 4. Aug. In der ver­gangenen Nacht um '/-lUhr wurde die Feuer­wehr alarmiert. Durch das plötzlich einge- tretene ungewöhnlich starke Hochwasser war da« untere Dorf stark gefährdet. Der Kocher dürste roch nie so stark über die Ufer getreten sein. Die Ft verwehr wußte sich darauf be­schränken, in einigen Häusern das Vieh zu retten. An die wkistbedrohten Häuser konnte rran gar nicht he ran können. Metertief wußte die Feuer­wehr im Wasser waten, um zu der Kocherbrücke zu gelangen. Auch im Hüttenwerk hat da» Hech- waster gehaust. Da» ganze 500 Meter breite Tal gegen Aalen zu gleicht einem See. Von lokal wärt» aus Lorch, Waldhausen und Plüder- hausen wird gleichfalls Hochwasser gemeldet.

Balingen 4. Aug. In Onstmettingen ist die Trikotwarenfabrik von Thoma infolge der Explosion eines BenzinkehälterS nieder­gebrannt.

Saulgau 4. Aug. Die an Schwermut leitende Frau des Beuern Kunz in Unterrveiler hnsigin Oberon IS hat ihrem 15 Jahre alten Sohn, den sie unter einem Vorwand aus den Tcchloden gelockt hatte, mit einem Beil 810 wuchtige Schläge auf denKopf versetzt. Ter Knabe wurde so schwer verletzt, daß e» kaum gelingen wird, ihn am Leben zu erhallen. Der jüngere Sohn der Frau ist rechtzeitig entkommen. Die Frau wurde in eine Irrenanstalt gebracht.

Leutkirch 4. Aug. Vom hies. Bahnhof wurden 230 Brieftauben der Lispetaler Reisevereinigunp, die aus ca. 30 Bricftauken- vereinen der Westfälischen Städte Hcrnm, Söst, Lixpstadt, Paderborn u. a. zusanmengesetzt ist, ausgelassen. Diese Reisevereinigungen stehen unter der Oberaufsicht des Preußischen Kriegk- niinistklivuiS, da« die Flugstrecken bestimmt und dem im Mobilmachungtfalle sämtliche Tauben zur strategischen Verwerdvng einzuliesern sind. Die Taube, die den eisten Preis errang, erreichte 5'/» Stunden nach dem Ausstiege Hamm in Westfalen, e» ist die« in der Lusilinie eine Strecke

von 450 lern. Die DurchschuittSflugleistung war hier 1360 nr in der Minute. Die Flüge sollen in den nächsten Jahren wieder von Leutkirch arsgehen. Am 21. d. MtS. steigt ein Schwarm derselben Vereinigung mit ca. 500 Stück in Oberstdorf im Allgäu auf.

Köln 31. Juli. (Eine Tragödie im Flohzirkus.) Ueber eine originelle Verhand­lung vor dim hiesigen Gewerbegericht berichten Kölner Blätter. Die Angestellte eine» Flohzirkus klagte gegen den Direktor auf Zahlung einer Entschädigung. Ter Zirkustirekior verfügt über ein zahlreiche»Artistenpersonal". Er hat etwa tausend Flöhe, von denen wohl fünfhundert dressiert sind, aller nur Menscherflöhe. Zu den Obliegenheiten der Klägerin gehört es, das Künstlervolk" zu füttern und dies den Besuchern vorzuführen. Zu jeder Mahlzeit, die auf dem Arm der Klägerin eingenommen wurde, wurden 60 Flöhe zugelassen, bi» da» ganze Heer abge­füttert war. Außer dieser reinkünstlerischen" Tätigkeit hatte die Klägerin auch den Haushalt de« Herrn Direktor» zu versehen, so daß sie täglich etwa 16 Stunden arbeitete. Dafür er­hielt sie nach ihrer Ar gäbe monatlich 30 Mk. Die vollblütige Klägerin wurde von dem hung­rigen Artistenvolk derart ausgesogen, daß sie ermattet das Krankenlager oufsuchen mußte. Nach zwei Tagen hatte sie jedoch ihre Kräfte wieder erlangt, und sie stellte sich dem ZirkuS- direktor wieder zur Verfügung, der sich jetzt aber weigerte, sie weiter.zu beschäftigen. Krankheit ist aber nur dann ein Grund zur sofortigen Entlastung, wenn sie während der Krankheit aus­gesprochen wird. Die Klägerin hatte sich aber wieder gesund gemeldet. E» hätte die gesetzliche Kündigungsfrist eingehalten werden müssen, wenn die Klägerin nicht wahrend der Krankheit ge­schrieben hätte:Wenn Sie mir 50 Mk. Monatß- lohn geben, komme ich wieder." Am Schluffe ihrer Darlegungen ror Gericht sagte die Klägerin: Meine Herren, ich mrß mein Blut für die Flöhe hingeben, ich kann da» für 30 Mark monatlich nicht machen." Der Zirkusdirektor mochte geltend, daß die Klägerin monatlich mindesten» 200 Mk. bei freier Kost verdiene. Sie bekomme täglich bi» zu 10 Mk. Trinkgeld. Die Klägerin be­merkte darauf, daß sie da» Trinkgeld mit dem Direktor habe teilen mästen, eine Behauptung, die nicht bestritten wurde. Grcße Heiterkeit er­regte et im Sitzungssaale, al» eine Nichte de» Direktors an den Richtertisch herantrat mit der Bemerkung, daß die kleinenArtisten" jeden Abend nach der Vorstellung in die Privatwohnung de» Beklagten gebracht würden, wo auch die Nichte eine Fütterung der Tiere vornehme. Al» die Nichte das beweisen wollte, indem sie den

Aermel aufstreiste, bemerkte der Vorsitzende: Bitte, bleiben Sie vor den Schranken, ich möchte mit Ihren Schützlingen nicht in Berührung kom­men." Nach längeren Verhandlungen endete die Klage mit einem Vergleich.

Borken i. W. 1. Aug. Das hiesige Rathaus ist in der Nacht gewaltsam um- geworfen worden. Die Stadtverordneten hatten vor längerer Zeit beschlossen, das sehr alte und baufällige Rathau» unter Erhaltung der Schauseite und der Lauben wieder Herstellen zu lasten. Dieser Beschluß war auf Grund des Gutachtens eine» Sachverständigen gefaßt worden. Ein anderer Sachverständiger gab darauf sein Urteil dahin ab, da» Rathaus könne jeden Tag zusammenstürzen. Daraufhin hatten die Stadtverordneten ihren ersten Beschluß auf­gehoben, und da auch der Provinzialkonservator gegen den Abbruch Einspruch erhob, beschlossen, die Frage der Regierung zur Entscheidung zu übergeben. Die Regierung ließ den Bau unter­suchen und entschloß sich für die Erhaltung des Rathauses in seiner alten Gestalt. Der weitaus größte Teil der Bürgerschaft aber wünschte den Abbruch wegen der notwendige» Erweiterung de» Markte» und der Freilegung der Pfarrkirche. Plötzlich stürzte nun das Rat­haus zuscMmen. Daß «ine Gewalttat vor- liegt, beweist der Uostand, daß die Täter Winden und Hebebaume auf der Trümmerstätte zurückgelassen haben.

Metz 4. Aug. Ter Parsevalballo» hat heute zwei Aufstiege unternommen und ma­növriert westlich von Metz. Tie Führung de» Schiffes ist Hauptmann George übertragen worden. Direkt nach Beendigung der Fahrt wird sich Houptmann George mit der Metzer Luft- schifferkcmpagnie ncch Königtberg begeben, um an den dortigen Kaisermanövern teilzunehmen.

Bern 3. Aug. In der Schweiz ist in­folge des Wetterstürze» im Hochgebirge wieder Schnee gefallen. Zahlreiche Bergsteiger- partieen werden wegen de» schlechten Wetter» in den Schutzhüllen zurückgehalten. In den Greizer Alpen ist ein junger Berner Kaufmann beim Edelwe'ßpflücken eine 150 Meter hohe Wand abgestürzt und war sofort tot. Vorgestern nach­mittag verirrte sich eine Karawane, bestehend aus fünf Personen, am Gotthard. Dabei stürzte der Bankier Blendinger-Hirzel aus Basel ab und war sofort tot. Ein Herr au» Bern wurde mit seiner Frau und zwei Kindern in die Tiefe gerissen. Die Frau und da» eine Kind sind schwer verletzt. Der Herr und da» andere Kind kamen mit leichteren Verletzungen davon.

Wien 4. Aug. DieNeue Freie Presse"

Nein, nein. Ich versichere Sie, daß ich mich nicht einsam fühlen werde, wenn Sie auch schlafen. Ich bin zufrieden, wenn Sie nur da sind. Sie haben den Schlaf so nötig, das verrät mir Ihre Stimme. Ich habe fünf Stunden geschlafen urd bin nun ganz frisch. Also, bitte, folgen Sie mir.

Hiermit ergriff sie mein Jackett, rollte e» von neuem ein und legte e» auf dieselbe Stelle, wo ihr eigener Kopf gelegen hatte.

Ihr zu Gefallen gab ich nach und lagerte mich. Sie setzte sich so dicht zu meinen Füßen, daß diese sie beinahe berührten. Doch obgleich meine Augenlider schwer wie Blei waren, fühlte ich, daß meine nervöse Unruhe mich keinen Schlaf würde finden lasten. Und so war e« auch. Nach einer halben Stunde vergeblichen Warten» wurde ich ungeduldig und sprang wieder auf.

Ich wußte e» schon, ich kann nicht schlafen, rief ich. Deshalb legen Sie sich wieder, bitte, und beenden Sie Ihren Schlummer.

Ta» aber wollte sie nicht; sie beteuerte, völlig auSgeruht zu sein. Ehrlich gesagt, war mir da» auch sehr recht, denn ich wünschte zu sehr ihre Gesellschaft, und so saßen wir nebeneinander, bis der Tag anbrach.

Ich erinnere mich, daß ich unter anderem äußerte: Ich bedaure, daß e» Ihnen ouferlegt ist, die Kerkerhaft auf diesem Wrack mit mir, anstatt mit einer Ihne« genehmeren Person teilen zu wüsten.

Wozu diese Redensart? erwiderte sie mit einem Blick, der mir Schweigen gebot. In unserer Lage würde ein Kompliment doch wirklich geschmacklo» sein.

Ich will ja kein Kompliment hören, ich drücke nur mein Bedauern au».

Sie bedauern, daß Sie hier sind? Nun, da» tue ich allerdings auch. Da e» aber mein Los ist, hier zu sein, wüßte ich niemand vom Bord derGräfin Jda", mit dem ich Sie vertauschen möchte.

Ich verbeugte mich verbindlich.

Sollten wir gerettet werden, fuhr sie, ihre dunklen Augen auf mich

richtend, fort, so werde ich tief in Ihrer Schuld stehen, und auch meine Mutter wird Ihnen nicht genug zu danken wissen.

Sehen Sie, entgegnete ich lächelnd, j« tzt könnte ich auch sagen, wozu diese Redensarten? Was habe ich denn Besonderes getan, was so viel Dank verdiente ? Bis jetzt konnte ich nur versuchen, Ihre Lage zu erleichtern.

Sie schüttelte mit einem schmerzlichen Zug um den Mund den Kopf und schwieg. Dann begann sie aber wieder: Wie klein und kläglich hat sich »ein Mut erwiesen, al» er auf die Probe gestellt wurde! Wiste» Sie noch, al« diese unheilvolle Brigg in unserer Nähe lag, wie ich da im Uebermut meinen Sonnenschirm drohend «ach ihr schwenkte und nichts mehr wünschte, al» ein Seegefecht zu erleben und einen Piraten zu er­schieße»? Wie tapfer war ich doch da, wo die Gefahr noch weit ablag, vnd wie feige habe ich mich jetzt gezeigt.

Ich hätte kaum geglaubt, erwiderte ich verwundert, daß Sie damal« meine Anwesenheit bemerkten.

Wieso?

Nun e« kam mir immer so vor, als ob meine Person für Sie an Bord nicht vorhanden war.

Ihre Lippen kräuselten sich trotzig, und ihre Auge» funkelten mich an. Misten Sie, Herr Dugdale, wenn Ihnen mein Benehmen nicht gefiel, so sind doch jetzt weder Ort roch Umstände geeignet, mir dieses

vorzuwerfen!

Mein Gott, ich derke ja nicht im entferntesten daran, Ihnen etwa» vorzuwerfen. Verzeihen Sie, wenn ich unbedachtsam einen Gedanken au» sprach, der mich immer bewegte. ^ . ,. .

In diesem Augenblick vernahm ich ein stärkeres Genesel de» Master» an den Schiffsseilen. Ich sprang auf und eilte zur Tür indem ich rief: Ich glaube, e» kommt Wind! . ^ .

Hinausiretend fand ich, daß ich mich nicht getäuscht hatte, er« an­genehme» Lüftchen zog über den Steven de» Rumpfe».

(Fortsetzung folgt.)