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Amts- md Ailzeigeblatt für den Gberamkbezirk Calw.
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Urtitrz s>l» Samltag. Ins»rtioiilp»»il ' ^ »?, »» S«U, stk Tt-»t u. außer »,,irl 1» Usg.
Freitag, den 5. August 1910.
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Stnrtlirtzs Vokanntnrnchnns»»».
Bekanntmachung der K Zentralstelle für die Landwirtschaft, betreffend die Ab- haltnng eines Rnndkäseretknrses in Dürre«, Ost. Lentktrch.
Mit Genehmigung des K. Ministeriums des Innern wird an der Leh; sennerei in Dürren e n vierwöchiger Unterrichtskurs über Rundkäserei abgehalten werden.
In diesem Kurs werden die Teilnehmer nicht allein in den praktischen Betrieb der Rundkäserei eingeleitet, sondern sie erhalten arch einen dem Zweck und der Dauer des Kurses entsprechend bemessenen theoretischen Unterricht.
Der Unterricht ist unentgeltlich, dagegen find die Teilnehmer an dem Kurs verpflichtet, die vor- kommenden Arbeiten nach Anweisung des Leiters des Kurses zu verrichten und an dem Unterrichte regelmäßig teilzunehmen. Auch haben sie für Wohnung und Kost selbst zu sorgen und die für den Unterricht etwa notwendigen Bücher und Schreibmaterialien selbst anzuschaffen. Unbemittelten Teilnehmern kann ein Staatsbettrag in Aussicht gestellt werden.
Bedingung der Zulassung zu dem Kurs sind: ein guter Leumund und genügende Schulbildung. Außerdem müssen die Teilnehmer das zwanzigste Lebensjahr zurückgelegt haben. Auch haben dieselben den Nachweis einer mindestens zweijährigen Tätigkeit in einem entsprechenden Käsereibetrieb zu erbringen.
Der Beginn des Kurses ist auf Montag, den 3 Oktober d. I. festgesetzt.
Gesuche um Zulassung zu dem Kurse sind bis längstens 17. September d. I. an den Vorstand des landw. Bezirksvereins Leutkirch, O konomierat Farny in Dürren, einzusenden.
Den Aufnahmegesuchen sind beizulegen:
1. ein Geburtsschein;
2. ein Schulzeugnis sowie der Nachweis einer mindestens zweijährigen Tätigkeit in einem Rundkäsereibetrieb;
3. wen» der Bewerber minderjährig ist, eine Ein> willigungserkiärung d-.s Vaters oder Vormunds, in welcher zugleich die Verbindlichkeit zur Tragung der durch den Besuch des Kurses erwachsenden Kosten, insoweit solche nicht auf andere Weise gedeckt werden, übernommen wird;
4. ein von der Gemeindebehörde des Wohnsitzes des Bewerbers ausgestelltes Leumundszeugnis, sowie eine Bescheinigung derselben darüber, daß der Bewerber, bezw. diejenige Persönlichkeit, welche die Verbindlichkeit zur Tragung der durch den Besuch des Kurses erwachsenden Kosten für den Bewerber übernommen hat, in der Lage ist, dieser Verpflichtung nachzukommen;
5. wenn ein Staatsbeitrag erbeten wird, was zutreffendenfalls immer gleichzeitig mit der Vorlage des Aufnahmegesuchs zu geschehen hat, ein gemeinderätliches Zeugnis über die Vermögens- und Familienverhältnisse des Bewerbers und seiner Eltern, sowie ein Nachweis darüber, ob die Gemeinde, der landwirtschaftliche Bezirks verein, eine Molkereigenossenschaft oder eine andere Korporation dessen Aufnahme befürwortet und ob d cfllben ihm zu diesem Zweck einen Beitrag und in welcher Höhe zugesagt oder in Aussicht gestellt haben.
Stuttgart, 30 Juli 1910.
I. V-:
Bai er.
Tages«e«igkeiteu.
— In das evang.-theologische Seminar in Tübingen wurde ausgenommen: Eidenbenz, Eberhard, Sohn des Pfarrers in Altburg: zum Studium außerhalb des Seminars ermächtigt: Dietrich, Ernst, Sohn des Stadtpfarrers in Mildberg, OA. Nagold.
Stuttgart 4. Aug. Bei den Stuttgarter Schauflügen wird der Wright-
Pilot Schauenburg, der bei der Jkaro»- Gesellschaft angestellt ist, starten. Schauenburg hat bei dem neuerding» von der Fluggesellschaft Ikaros veranstalteten Flugmeeting auf Norderney prächtige Flüge unternommen. Al» der Pilot landete, beglückwünschte ihn auch Fürst Bülow persönlich und sprach die Erwartung au», daß der Pilot auch einen Flug über da» Meer unternehme. Kaum war dieser Wunsch geäußert, al» Schauenburg sich erhob und in 100 Meter Höhe weit über da» Meer hinausfuhr. Nach 10 Minuten kehrte er wohlbehalten wieder zurück.
Freudenstadt 4. Aug. Als der Wagnermeister Schwenk hinter der Rose hier gestern vormittag in seiner Werkstatt damit beschäftigt war, an einem sogenannten Stechbeutel da« Holz- Heft zu erneuern, drang ihm plötzlich der scharf geschliffene Teil de» Stechbeutel» in den Mage». Die Verletzungen, die Schwenk erlitt, waren so schwer, daß seine sofortige Ueberführug nach Tübingen notwendig wurde.
Tübingen 4. Aug. Heute vormittag fand eine Sitzung de» Gemeinderat» statt, in der Oberbürgermeister Houßer bezügl. der Enthüllung des Neckarmüllereibrunnen» eine lange Ansprache hielt, in der er auch de» Schöpfer« der Nymphe, des Reallehrer» Merz, gedachte. Nach der Sitzung wurde der Brunnen um '/-13 Uhr enthüllt und von den Kollegien besichtigt. Der Sockel ist aus Tuffstein und die Nymphe, die 6000 Mk. gekostet hat, au» Marmor. An die Besichtigung schloß sich ein gemütliches Zusammensein der bürgerlichen Kollegien in der Neckarmüllerei an. Der Gesamtprei» beläuft sich auf 10 000 Mk.
Eßlingen 4 Aug. In Mettingen ist der lljähr. Sohn des Traubenwirts Hetzinger
Die Goldinsel.
Seeroman von Clark Russell.
(Fortsetzung.)
Von Zeit zu Zeit sprach das Mädchen, da» anfangs öfter» ihre Lage wechselte, noch einige Worte zu mir, endlich aber merkte ich an ihren tiefen Atemzügen, daß sie fest schlief.
ES war kurz nach zehn Uhr, und ohne sich weiter zu rühren, schlief sie volle fünf Stunden, nur ab und zu etwas im Traume murmelnd.
Eigentlich war es überflüssig, mich noch länger wach zu halten, denn e» gab bei dem Weiter nichts zu erhoffen und zu erwarten. Doch der Ratten wegen, von denen ich einen ständigen Besuch befürchtete, durfte ich um de» Mädchen« willen nicht schlafen.
^-^!tten einmal besonder» laut wurden — denn beider nächtlichen Stille drang der Lärm, den sie machten, sehr vernehmlich herauf siel mir plötzlich mit Schrecken ein, ob ich auch die Tür zur Vorratskammer gut verschlossen hätte. Gelangten die gefräßigen Tiere dort hinein, so nahmen sie un» alles, und wir hatten nicht» mehr, unser Leben zu fristen, fall» un» ein längerer Aufenthalt auf diesem Schiff beschicken war.
Trotz eine» gewissen Grauens, da» mich überkam, zündete ich ein zweite» Licht an, damit die Schlafende, wenn sie etwa plötzlich erwachte, sich nicht im Dunkeln finden sollte, und stieg hinunter. Zu meiner Beruhigung fand ich die Tür sicher geschloffen, und alle», wie ich e» verlassen hatte. Meine Nerven schienen jedoch furchtbar überreizt zu sein; niemals werde ich den eisigen Schauder vergesse», der mich plötzlich ergriff, glich, durch die Kajüte zurückschreitend, in die Nähe des Stumpfe» de« über Bord gegangenen Großmaste» kam, der wie ein Pfeiler emporragte, und der sich im Flackern de» Lichtes zu bewegen schien. Vor Schreck stand
ich wie zu Eis erstarrt, und kalter Schweiß trat mir auf die Stirn. Ueberall glaubte ich undeutliche Gestalten zu sehe», die an mir vorüber durch den Raum flatterten. Ring» um mich huschten Ratten, welche au» dem Boden zu kommen schienen, und die dumpfen Geräusche au» dem Kielraume klangen mir wie menschliche» Stöhnen und Aechzen. Ich weiß nicht mehr, wis ich herauf gekommen, das aber weiß ich noch, daß ich wie Espenlaub zitterte, und mein Herz wie im Fieber schlug, al« ich endlich wieder auf meinem Kasten saß.
Ich versuchte mich durch einen Becher Wein zu stärke» und meine Erregung war doch so groß, daß meine Lippen sich fortwährend mechanisch in Gebeten bewegten, während ich gespannt auf jede» Geräusch, den plätschernden Regen und da» unverständliche Gemurmel de» schlafenden Mädchens lauschte.
Zwischen drei und vier Uhr erwachte sie. Sie richtete sich mit einem Schreckensschrei auf und blickte verwirrt umher. Ich ließ ihr Zeit, sich zu sammeln. Nach einer Weile lispelte sie : Ich habe von zu Hause geträumt. Wie spät ist es?
Ich sagte es ihr.
Wie schwarz die Nacht noch immer ist; ach, und wie schaurig still!
Ja, es regt sich kein Lüftchen, und seit zwei Stunde» hat e» aufgehört zu regnen. Ich erwarte mit Ungeduld den Morgen, denn der Horizont könnte erträglich klar werden.
Haben Sie geschlafen?
Nein.
Dann werden Sie sich nun gleich legen. Ich bin jetzt an der Reihe zu wachen.
In kurzer Zeit bricht die Dämmerung an, wandte ich ein. Bi« dahin will ich warten, um Umschau zu halten. Sollte dann nicht« in Sicht sein, will ich versuchen zu ruhen. Bei Tageslicht werden Sie nicht so unter dem Gefühl der Einsamkett leiden, fall» ich schlafen sollte.