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eintreten, um dort al« Instrukteure tätig zu sein. Irgendwelche Kosten erwachsen der deutschen Staatskasse aus dem Eintritt der fremdländischen Offiziere nicht. Sie empfange» ihre GebührMe von ihrem Heimatland, haben auch für ihre Be­dienung, ihr etwaiges Berittensein und de vgl. mehr zu sorge».

Berlin L8. Juli. Nach Unterschlagung von 50000 ^ ist heute früh ein bei dem Post­amt 17 am SSlesischen Bahnhof beschäftigter 33 Jahre alter Briefträger flüchtig geworden. Er sollte die 50000 cuL dem Packratstn hes Postamtes nach der Briefausgabe Überbringer», lieferte jedoch den Betrag nicht ab, sonder» er­griff mit dem Geld die Flucht und konnte briher nicht ermittelt werden.

Marienbad 27. Juli. Staatssekretär v. Kiderlen-Wächter machte gestern seine Auf­wartung bei der Herzogin Wera von Württem­berg und besuchte den Bezirkrhouptmanrt Prinz Liechtenstein. Nachmittags machte er eine Aus­fahrt mit dem Grafen Aehrenthal und nahm bei diesem das Esten ein. Da die beiden Staats­männer seit ihrer gemeinsamen Dienstzeit in Petersburg persönlich eng befreundet sind, hat der Besuch in Marienbad einen vorwiegend per­sönlichen Charakter. Der Staatssekretär witd auch heute in Marienbad verweilen und »zumeist mit dem Grafen Aehrenthal zusammen sehr.

Bern 25. Juli. Ueber einen Betrugs­versuch größeren Stils, den zwei Schützen bei dem Eidgenössischen Schützenfest hier am-letzten Freitag unternehmen wollten, werden folgende Einzelheiten berichtet: Letzten Dienstag tÄlte ein Zeiger, namens Röthlin, mit, er habe von einem Zeiger namens Amrhein in Kriens einen Brief erhalten, dahingehend, in Kriens sei ein Schütze, mit demetwas zu machen sei". Er (Amrh-kisr) sei leider als Zeiger in Bern nicht angenommen worden, sonst hätte er ein Abkommen mit diesem Schützen getroffen; er mache nun RöthM Auf­merksam auf diese Gelegenheit, etwas zu ver­dienen. Der Schütze, dessen Name nicht bekannt war, bat um ein Rendezvous, an deM' 'ölles weitere cukgemocht werden sollte. Von der Schießleitung aus wurde dem Zeiger Auftrag gegeben, scheinbar auf die Sache einMehen. Zugleich gab aber der Präsident des Schsiß- komiteeS der stadtbernischen Geheimpolizei Kem-t- nis von der Angelegenheit, und diese nahm sich ven da ab in sehr energischer Weise der^ Sache an. Am Freitag endlich erschien der betreffende Schütze und mit ihm ein zweiter aus Kriens. Beim Rendezvous mit dem Zeiger Röchli« wurde nun folgender vereinbart. Gegen eine Beloh­nung der letzteren sollte er auf Nr. 245 der ScheibeKurst" dem einen Schützen Johann

Heinrich Helfenstein von Kriens folgende Schüsse zeigen: 86, 75, 68, 91, 73, zusammen 393 Punkte; dem anderen Schützen, Bäumli von Kriens, sollten gezeigt werden: 94, 89, 92, 87, 88, zusammen 450 Punkte, ein Resultat, das bis­her noch von keinem Schützen erreicht wurde. In Wirklichkeit schoß dann der Helfenstein 288, Bäumli 250 Punkte. Gezeigt wurde da« ver­abredete Resultat. Auf der Scheibe Nummer 245 im Schikßstand waren indessen zwei Geheim­polizisten postiert zur lieber wachung und hinten im Scheibenstand befand sich der Zeigerkom­mandant. Der Betrug wurde ganz nach Vor­schrift unternommen; die beiden Schützen hatten mit dem Zeiger ausgemacht, den Warner läuten zu losten und dar» erst etwa fünf Minuten zu warten, bevor der erste Schuß abgegeben werde. Ihr Gebaren auf der Scheibe war außer - ordentlich interessant. Sie nahmen den Stutzen zur Hand, stellten ihn wieder ab, rieben sich scheinbar den Schweiß von der Stirn, hoben den Stutzen wieder ouf, nahmen die Patrone wieder heraus; kurz, sie versuchten, die Zeit bis zum ersten Schuß unauffällig verstreichen zu lasten. Als beide geschossen halten, wurden sie von den Geheimpolizisten sofort in Arrest genommen. Man hat er da offenbar mit zwei Menschen zu tun, die nicht zum erstenmal einen Betrug an einem Schützenfest in Szene gesetzt haben. Bei der vorzüglichen Organisation in Bern ist das Ge­lingen solcher betrügerischer Manipulationen so gut wie ausgeschlossen. Jedes Bild wird nach dem Schießen abgenommen und so eine genaue Kontrolle ermöglicht.

Ber«ifchtes. '

Fünf Wochen Schlaf. Im Hospital von Alerqon studieren die Aerzle zurzeit den Fall einer Schläfer in, die an die berühmte Schläferin von Grambke erinnert. Im Januar kam, wie demVerl. Tagebl." geschrieben wird, eine 32jährige Tienstmagd Josephine in dar Hospital, die an Krämpfen litt. Nach einem besonders heftigen Anfall schlief sie am 11. Juni ein und ist seither nicht wieder erwacht. Sie wird künstlich ernährt, indem man ihr Milch und Eigelb zerführt. Jedes Gefühl ist cbgestorben; nur der Geruch,sinn scheint roch auf einige Reizungen zu reagieren. Die Augenlider sind geschlossen, bewegen sich aber fortwährend. Von Zeit zu Zeit stößt die Kranke ein dumpfer Röcheln aus. Professor Paul Favrz, der die Schläferin überwacht, hat mit ihr ein interessantes Experi­ment vorgenommen. Er versuchte, den patholo­gischen Schlaf in einen hypnotischen zu verwandeln. Nach dem Bericht desMatin", beste» wissen­schaftliche Bestätigung freilich noch abgewartet

werden muß, soll ihm der Versuch gelungen sein. Josephine, die nicht sprechen konnte, bevor sie in den kataleptischrn Zustand geriet, soll jetzt mit lauter Stimme Worte bilden können. Bestimmte Bewegungen werden ihr suggeriert, sie kann sich ohne Hilfe im Bett aufrecht erhalten. Favez hofft, durch geduldige Anwendung seines Ver­fahrens die Vernunft in der Unglücklichen zu erwecken und sie allmählich wieder für das Lebe« zu kräftigen.

Der Trost des Wähler». Die Vossische Zeitung" entnimmt derDaily New»" folgende nette Schnurre: In einem englische« Wahlkreise begegnet einer der ausgestellten Kandidaten einem Handwerker, der sich gerade damit beschäftigt, einige an der Wand ange­schlagene Aufrufe zu lesen und die darauf an­gebrachten Bilder der beiden Mandattbewerber zu betrachten.Nun lieber Freund", fragt der Kandidat,wie denken Sie über die Bilder?" Der Mann zuckt die Achsel und schweigt.Für welchen der beiden Bewerber würden Sie stim­men?" fragt der andere noch einmal.Ich kenne alle beide gar nicht," erwidert jetzt der Wähler, aber nach dem, wa» ich hier sehe, danke ich Gott, dcß nur einer von ihnen gewählt werden kann."

«otte-dierrste.

1«. F»««1ag «ach DinUc-li«, 31. Juli. Vom Turm 198. Pikdigtlied 200- Geist derKiaftrc. 8Uhr: Früh- predigt, Dekan Roos. si,10 Uhr: Hauptpredigt, Stadtpfarrer Schmid. 1 Uhr: Christenlehre mit d«r Söhnen.

Eingesandt.

Im Schaufenster de» Hrn. Karl Kleinbub hier sind seit einigen Tagen eine Anzahl Oel- gemälde von Georg Schwarzmaier, Kunst­maler in München (einem geb. Calwer) ausge­stellt, die gewiß jeden Kunstkenner interessieren dürften, besonders die Bilder, zu denen da» Kloster Hirsau und das finstere Brünnle mit Nagoldtal die Motive lieferten. Da der schon mehrmals in größeren Tageszeitungen ehrenvoll erwähnte Künstler sich z. Z. hier aushält und auch auf spezielle Wünsche von Kunstliebhabern eingeht, so dürfte es gewiß manche» Naturfreund dazu ermuntern, die eine oder andere prächtige Baumgruppe oder sonst ein Lieblingsplätzchen, an denen uns« re schöne Gegend so reich ist, auf der Leinwand festgehalten sich noch zu sichern, bevor die Atxte unserer unbarmherzigen Holzhauer sie für manche» Jahrzehnt vom Erdboden ver­schwinden losten, wie man das in den letzte« Jahren so oft beobachten konnte.

Ein Kunst- und Naturfreund.

frei. Der Ostindienfahrer weiß, doß wtz'hier sind. Auch die Korvette fährt nickt fort, bevor sie nicht ihr Boot wieder hat. Der Kutter ist ein starkes, kleines Fahrzeug, und bis sitzt liegt i» diesem Wetter und dieser See nichts, was ihm schaden könnte. Für Sie, armes Fräulein, ist da» Erlebnis ja schwer, hoffentlich aber «u? kurz. Erlauben Sie mir jetzt, Sie ins Deckhaus zu führen. Ein längerer Aufenthalt hier draußen ist nicht allein ermüdend, sondern auch gefährlich.

Sie schauderte. Ich kann nicht hinein, so lange der tote Mann drin ist. O, hören Sie nur! schon wieder die Glocke! schrie sie hyste­risch. Jetzt läutet sie für uns! ^_

So muß der Tote hinaus, denn Sie wüsten auf alle Fälle Schutz finden. Setzen Sie sich auf das Deck; Sie werden so sicherer sein.

Sie ließ sich nieder, und um sie noch mehr zu sichern, kroch ich auf allen Vieren zur Seite, wo ich mit meinem Messer ein Stück von einem Strick al schnitt. Dies legte ich ihr um die Taille und knüpfte die Ende« um einen der eisernen Pfosten, die das Hau« stützten. Dann trat ich ein.

Es war ein schauriges Werk, das ich vollziehen wollte. Aber ich mußte dem Mädchen ein Obdach verschaffen und konnte ihm nicht zu­muten, e« mit einem solchen Gefährten zu teilen. Doch ich muß gestehen, ich stand lange in Betrachtung de« stummen Gesichts versunken, ehe ich den Mut fand, Hand an den Mann zu legen. Seine Haltung war so lebenswahr, seine Miene so träumerisch, daß wir Bedenken kamen. Wer konnte wissen, ob er nicht nur von einer Art Starrsucht befallen war und ich sein Mörder wurde, wenn ich ihn über Bord warf? Nach einer Weile schüttelte ich die quälenden Gedanken und alle Scheu ab, nahm den Körper und schleppte ihn nach der Schanzenlücke. Ich zitterte dabei so heftig, als ob ich im Begriffe wäre, einen Lebenden in« Master zu werfen. Kurz vor der Lücke legte ich ihn nieder, und bei der: nächsten starken Neigung des Tecks gab ich ihm einen Stoß.

Nachdem ich den sanften Aufschlag auf die Wogen gehört, kroch ich zurück und kauerte mich neben da» zitternde Mädchen, da» von meinem

Tun nichts gesehen und gehört hatte, da es von mir mit Vorbedacht-Mu dem Gesicht nach Steuerbord angebunden worden war.

Fünfzehnte» Kapitel.

Nacht.

Der Wind fegte de« Nebel horizontal über das Deck. Wir konnten kaum noch bis in die Mitte des Schiffe» sehen, doch kamen Augenblicke, wo der silberne Durst sich lichtete und uns einen Blick auf einige hundert Fuß der stahlfarbenen See gewährte.

Das Deckhaus ist jetzt leer, sagte ich. Erlauben Sie, daß ich Sie hineinbringe. Hier ist es zu feucht.

Noch nicht! Ich bin hier ebenso sicher. Der Ausblick auf die See gibt mir mehr Ruhe. ES wäre doch möglich, daß der Ostindienfahrer oder da« Kriegsschiff in unsere Nähe käme.

(Fortsetzung folgt.)

Jugendscherze. Wir lesen in der Münchener Jugend: Die Sexta hotte eiren Aussatz zu liefern über das Thema:Die fünf Sinne de» Menschen." Ein kleiner Sextaner bearbeitete da»Gehör" wie folgt: O wie schrecklich ist es, taub zu sein! Hört man doch nicht einmal die Stimme des Gewissens!" Vater und Sohn bewundern einen Obelisken. Plötzlich entsteht zwischen beiden da» folgende kleine Gespräch:Vater, ist das ein Basilisk?" Nein, mein Kind, ein Basilitk ist eine griechische Kirche. Die» hier ist ein Odalitke". Mein Bursche war au» der Gegend, wo man zu allen LeutenDu" sagt. Meine Frau betitelte er stet«:Du Gnädige". Ich verbot ihm da» und er nahm sich sichtlich zusammen. Bald darauf erzählte er unserem Dienstmädchen:Du There», mir hat derAlte" verboten, doß i zu der GnädigenDu" sag, und heunt hab'n i dawischt, wia er zu ihr selberDu" g'sagt hat."