Amk- und Anzeigeblatt für den Gberamkbezirl Lalw.

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Freitag, den 29. Juli 1910.

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Tagesrrerügkeite».

-r. Calw. DaS Künstler-Trio Fräulein Maria Weber, Opernsängenn aus Lübeck (ab 1911 am Hamburger Stadttheater), Herr C. Schmid-Bloß, Opernsänger aus Heidelberg und Frau Clara Roos, Pianistin aus Stuttgart beabsichtigen, am nächsten Dienstag im Dreiß- 'schen Saale einen Konzertabend zu geben. Wie bekannt, ließen sich die Künstler bereits voriges Jahr in einem Konzert hier hören und waren die zahlreich erschienenen Zuhörer von dem Gebotenen überrascht und hochbefriedigt. Das Programm enthält Arien, Duette und Solo­gesänge der bedeutendsten Komponisten, wie Ros­sini, Verdi, Reger, Brahms, Wolf u. a. und steht dem musikliebenden Publikum ein Kunstgenuß bevor, der sich nicht so bald wiederholen dürfte.

Se. König!. Majestät haben am 25. ds.Mts. allergnädigst geruht, auf die Finanzamtmannstelle bei dem Kameralamt Stuttgart den Finanzamtmann Dreiß bei dem Kameralamt Hirsau seinem Ansuchen gemäß zu versetzen.

Se. Maj. der König hat am 25 Juli den Bauwerkmeister Müller in Calw zum techn. Eisen- bahnsekretär bei der Eise- bahnbuuinspeklion Pforzheim ern annt.

Stuttgart 28.Juli. Die Esperanto- Bewegung hat eine Reihe neuer Fortschritte zu verzeichnen. An der technischen Hochschule in Dresden ist ein besonderes Kolleg für Esperanto errichtet worden. In sämtlichen Bürgerschulen von Hannover wird Esparanto erteilt. Die Londoner Handelskammer und verschiedene fran­zösische Schulverwaltungen haben Esperanto unter die Prüfungsfächer ausgenommen. In Deutsch­land bestehen rund 230 Ortsgruppen zur Pflege der Esperanto-Sprache.

Stuttgart 26. Juli. Ein eigentümlicher Mißgeschick ist dem Kassier eines hiesigen sehr

bekannten G-sarigvereins kürzlich widerfahren. Er benützte seine Ferien zu einem Ausflug in» Gebirge und zwar in die Eßlinger Berge. Da« Vereinsvermögen, bare 25 Mk. in Silber, suchte er als gewissenhafter Kassier feuer- und diebes­sicher zu verwahren. Der Bügelofen feiner Frau schien ihm der sicherste Aufbewahrungsort zu sein. Unglücklicherweise glaubte seine Frau die Ab­wesenheit ihre« Mannes ausnützen zu können, um endlich ungestört Bügelarbeiten vollenden zu könne». Sie heizte den Bügelofen kräftig an. Als abends der Herr Kassier heimkehrte, waren die schönen silbernen Fünfmarkstücke zu einem Häufchen zusammengeschmolzsn. Tiefbetrübt sandte der Kassier dieses Häufchen zur Münze nach Berlin, in der Hoffnung, daß ihm wenigsten» ein Teil des Vereinsvermögenr wieder zurück­gesandt wird.

Stutttgart 28. Juli. Auf dem heutigen Großmarkt kosteten Heidelbeeren 1314 A rote Johannisbeeren 1014 c), Stachelbeeren 89 A Pflaumen 1015 A Himbeeren 28 bi» 30 A Pfirsiche 3040 Aprikosen 2532 c), Birnen 1215 -Z, Aepfel 1525 -Z per Pfund. Neue Kartoffeln kosteten 5 und 6 ^ per Pfund, kleine Einmachgurken 4555 ^ per 100 Stück, Bohnen 1013 ^ per Pfund.

Tübingen 28. Juli. Nach Feierabend ist ein Maurer in raschem Tempo die Herren- bergerstraße herabgeradelt. Bei der Kreuzung mit der Rümelinstraße verlor er die Herrschaft über sein Fahrrad. Er ging mit ihm über den Straßenkandel und direkt in das große Schau- fenster des Bäckers Fischer. Das Fenster wurde total zertrümmert, das Rad beschädigt und nur der Radler kam anscheinend mit einer leichten Handverletzung und dem Schrecken davon.

Waiblingen 28. Juli. Auf der Mar­kung Kleinheppach wurde von der staatlichen Kommission für die Reblausuntersuchungen, die unter der Leitung des Weinbauinspektor» Mährlen die Weinberge besichtigte, ein Reblaurherd festgestellt.

Welzheim 28. Juli. Bei der heutigen Landtagsersatznachwahl im hiesigen Oberamt wurden von 4784 Wahlberechtigten 3727 giltige Stimmen -- 77.9 °/° abgegeben. Hiervon ent­fielen auf Gemeinderat W urst (Vp.) 1200, Land­wirt Mohring (Bk.) 1079 und Gemeinderat Kinkel (Soz.) 1448 Stimmen. Kinkel ist so­mit gewählt. Im ersten Wahlgang am 15. Juli betrug die Wahlbeteiligung nur 64°/«. Damal» sind für die Kandidaten der Deutschen Partei und der VolkSpartei zusammen 1367, für den Bauernbund 602, für da» Zentrum 94 und für die Sozialdemokratie 1000 Stimmen abgegeben worden. Da» Bemerkenswerte der Wahl ist so­mit der glänzende Sieg des Sozialdemokraten aus eigener Kraft über die vereinigte Deutsche und Volkspartei, die Nichtbefolgung der Wahl­parole durch die Deutschparteiler, sowie die Unter­stützung des Bauernbundes durch Zentrum und teilweise auch durch die Deutsche Partei.

Maulbronn 28. Juli. Ueber die Unter­schlagungen des Schultheißen Goll von Freuden­stein hiesigen Oberamts erfährt die Neckar-Ztg. noch folgendes: Landrichter Roth vom Land­gericht I Heilbronn war wieder zwei Tage in Freudenstein tätig; es sollen immer noch nicht alle Veruntreuungen GollS entdeckt sein. So soll Schultheiß Goll vor Weihnachten die Christ­bäume au» dem Gemeindewald gegen sofortige Barzahlung verkauft und da» Geld in seiner Tasche behalten haben. Auch soll er für gelte-

Die GolLmsel.

Seeroman von Clark Russell.

(Fortsetzung.)

Erschrecken Sie doch die Dame nicht, Herr! zürnte er. Gnädiges Fräulein, haben Sie keine Angst, es liegt kein Grund dazu vor. Wir werden Sie ohne Schwierigkeit ins Boot bringen, und der Nebel wird sich bald klären. Ich kenne diese Gewässer.

Colledge stand wie gelähmt. Das Boot wogte jetzt an der Leine längsseit der Lücke. In einem Augenblick schwebte e» über der Höhe de» Deckrandes, im nächsten sank e» schon wieder in ein Wellental, während das Wrack träge rollte.

Jetzt, Fräulein, rief der Leutnant, erlauben Sie mir und Herrn Dugdale, Ihnen in« Boot zu helfen. Zwei meiner Leute werden Sie auffangen.

In Angst und Entsetzen biß da» arme Mädchen die Lippen zusammen und ihre Augen glühten, als sie bebend hauchte: Ich bin nicht imstande, in das Boot zu kommen.

Die Erkenntnis, daß jede Verzögerung die Gefahr vergrößern mußte, und da« Bewußtsein der Gefährlichkeit, sie in da» Boot zu schaffen, ließen den Leutnant jede Rücksicht vergessen. Durch die Weigerung gereizt, sagte er barsch: Aber seien Sie doch verständig. Hier heißt e» entweder oder. Herr Dugdale, fassen Sie den Arm des Fräulein».

Sie werden mich töten, keuchte sie und klammerte sich fest an das Deckhaus.

Um» Himmel» willen! schrie nun der Leutnant, wie rasend, springen Herr Dugdale, damit Fräulein Temple sieht, wie leicht e» geht. Ich muß hier der letzte sein.

Lassen Sie Herrn Colledge zuerst springen, riet ich, ich könnte hier nützlicher sein als er.

Gut. Vorwärts, also Herr Colledge!

Der arme Kerl schwankte bleich vor Furcht bis zum Rand de» Deck». O, du lieber Gott, murmelte er, ich werde mir de« Hals brechen und in» Wasser fallen und werde ertrinken.

Nein, nein, tröstete einer der Seeleute, springen Sie nur dreist, sobald das Boot sich hebt. Wir fangen Sie auf.

Jetzt! schrie der Leutnant.

Colledge sprang. Da» Boot wurde wieder in die Tiefe gezogen, und als es von neuem emportauchte, sahen wir Colledge in der festen Umarmung eines kräftigen Matrosen.

Herrgott! Jetzt kommt e»! rief ich.

Das letzte Wort flog schon mit dem Winde davon. Sausend und heulend fegte er über da» Deck, und im nächsten Augenblick umfing un» wallend der Nebel. Im Nu war der Ozean verschwunden. Wir sahen nichts mehr als die weiße Leere und etwa dreißig oder vierzig Fuß Wasser. Der Leutnant war an die Lücke getreten, wohl um den Leuten Befehle zu geben da, plötzlich, bei einem tiefen Ueberholen de«

Rumpfes, verlor er da» Gleichgewicht und fiel über Bord.-Mir

stockte der Atem. Ich hoffte «och, da» Boot würde ihn ausgenommen habe», doch das Geschrei der Leute belehrte mich einer andern.

Ich warf einen verzweifelten Blick auf da» Mädchen, das immer noch krampfhaft eine» Pfeiler de» Deckhauses umklammert hielt. Sie schien von dem Vorgang nicht« gemerkt zu haben.

Ums Himmels willen halten Sie sich fest! rief ich, während ich halbtot vor Schreck nach einem noch stehenden Teil der Schanze taumelte und hinübersah.

Die Leute hatten in ihrer Aufregung die Bootsleine loSgelassen. Alle brüllten durcheinander; drei Mann hatten ihre Riemen in die Ruder-