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und auf den hohen künstlerischen Wert solcher Geräte 'hingewiesen und angeordnet, daß von jedem etwa auftauchenden derartigen Verkauft- vorhaben der Gemeinden nicht nur dem K. Lan­derkonservatorium sondern auch dem Konsistorium Anzeige zu erstatten ist.

Stuttgart 27. Juli. (Strafkammer.) Am 14. Dezember wurde in der LudwigSburger- straße eine Fra« beim Aussteigen au» einem Straßenbahnwagen von einem Pferd zu Boden geworfen und nicht unerheblich verletzt. Der Fuhrmann war mit seinem mit zwei Pferden be­spannten Wagen zu rasch und zu nahe an dem Straßenbahnwagen vorbeigefahren. Da» Schöffen­gericht erblickte darin eine Fahrlässigkeit und ver­urteilte den Fuhrmann August Eckert wegen fahrlässiger Körperverletzung zu acht Tagen Ge­fängnis und zur Bezahlung einer Buße an die Verletzte. Die von dem Angeklagten eingelegte Berufung wurde von der Strafkammer verworfen.

Stuttgart 27. Juli. Bei der Ziehung der Gesellschaftslotterie des Württ. Kriegerbunde» fielen 500^ auf Nr. 31894, je 250 ^ auf Nr. 4891, 101205, je 100 ^ auf Nr. 6954, 28596, 55406, 89342, 128 695. (Ohne Gewähr.)

Ludwigsburg 27. Juli. Der Wahl­kampf im Bezirk Ludwigsburg hat bis jetzt keine besonder» starken Wellen geworfen. ES sind namentlich die sich nunmehr rasch häufenden Wahlversammlungen der liberalen und der bauernbündlerischen Parteien fast stets sehr ruhig verlaufen. Vereinzelt griffen die Sozialdemo, krate» in die Erörterung ein und dann kam es da und dort zu erregten Auseinandersetzungen, so in Asperg in einer Versammlung für Oet - tinger und in Kornwestheim in einer solchen für Dr. Wolfs. An beiden Orten fanden aber die sozialdemokratischen Angriffe entschiedene Zurückweisung. Wa» den Besuch der Versamm­lungen anbelangt, so kann nicht verschwiegen werden, daß die sür den liberalen Kandidaten mehrfach bei einer an Zahl sehr bescheidenen Zuhörerschaft stattfinden mußten, woran auch der ungünstig gewählte Zeitpunkt der Versammlungen und die jetzige starke Inanspruchnahme der länd­lichen Bevölkerung schuld sein mögen. Fast noch schlimmer ist es um die Versammlungen für den Kandidaten de» Bauernbundes bestellt. Die Vor­träge wurden oft vor nur wenigen Personen ge­halten. Reges Leben herrschte dagegen zumeist in den Versammlungen der Sozialdemokratie, die neben Keil eine Reihe ihrer gewandtesten Redner hineinsendet. Es werden von den bürgerlichen Parteien alle Kräfte aufgewendet werden müssen, wenn der Sozialdemokrat aus dem Felde ge­schlagen werden soll.

Heilbronn 27. Juli. Zu der Nachricht, daß Kohlenhändler Mayer am 19. ds. infolge Explosion seines Motors ums Leben gekommen sei, wird mitgeteilt, daß die Untersuchung ergeben habe, daß der Motor nach Ausbruch des Brandes noch im Gang war und daß an ihm auch nach­träglich nichts gefunden werden konnte, was auf eine Explosion schließen ließe. Durch irgend einen Umstand müsse in dem stark mit Holz und Sägmehl angefüllten Raum Feuer ausgebrochen sein, das so rasch um sich griff, daß Mayer sich nicht mehr retten konnte.

Owen OA. Kirchheim 27. Juli. ES wird wohl zu den Seltenheiten zu rechnen sein, daß ein Geistlicher zweimal als Ständiger in einer Gemeinde aufzieht. Vor 33 Jahren begann Stadtpfarrer Lang als Helfer seine Tätigkeit in der hiesigen Gemeinde. Nachdem er seither zwei weitere Pfarrstellen bekleidet hatte und ihm die Arbeit am letzten Wirkungkort Obereßlingen allmählich zu schwer geworden war, hatte er sich entschlossen, eine Bewerbung um die Stadtpfarrstelle hier einzureichen. Die Liebe zur Gemeinde Owen war noch so stark, daß e» dem Seelsorger vergönnt war, zum zweitenmal seinen Einzug zu halten.

Geislingen a. St. 27. Juli. Von dem auf der Steigmühle ausgebrochenen Brande er­zählt man sich ein Kuriosum. Gerade als das Feuer auf der Polizeistation in einem Parterre­lokal des Rathauses gemeldet wurde, hatte der Gesamtverwaltungsrat der Freiw. Feuerwehr im ersten Stock de» Rathauses eine Aukschußsitzung. Die Weckerlinie hatte tadellos funktioniert und in kurzer Zeit war der Löschzug auf dem AntrittS- platz versammelt. Im TempoMarsch-Marsch" ging er mit seinen Geräten der Brandstätte zu. Das nichtsahnende Kommando war immer noch mit Beratungen beschäftigt. Durch das Glocken- fignal de» Gerätewagen» aufmerksam gemacht, schaute ein Führer zum Fenster hinaus und war sehr erstaunt, daß eben sein Zug am Rathaus vorbeifuhr. Nu» war zum Schließen der Sitzung keine Zeit mehr. Kommandant und Führer, alles sprang die Treppe hinunter und dem Lösch­zug nach. Einem Führer mußte man noch Helm und Rock nachtrage». Die wachthabende Polizei­mannschaft scheint von der Sitzung auf dem Rat­hau» keine Kenntnis gehabt zu haben. Jeden­falls unterließ sie es, die Feuermeldung eine Treppe weiter hinauf zu befördern.

Hohenstaufen 27. Juli. Auf dem Jackenhof spukt e», aber gerade nicht in den Köpfe» einzelner Leute, sondern es geht ein wirklicher Geist. Schon seit 3 Wochen kommt an verschiedenen Abenden in der zwölften Stunde ein weiß eingehüllte Gestalt vor die Häuser des

Weilers, markerschütternde, tiefschauerliche Töne ausstoßend, um plötzlich wieder zu verschwinden. Und e» ist ein wirklicher Geist, denn die sonst so scharfen Hofhunde bellen bei-seinem Erscheinen nicht, sondern sie ziehen sich schwanzeinklemmend in ihre Hütte zurück! Innerhalb der genannten Zeit ist da» überirdische Wesen den Jackenhof­bewohnern schon mindestens 15mal erschienen, und selbst als sie sich ein Herz faßten, um, unter­stützt von einer größeren Anzahl Ottenbacher, auf den Geisterfang zu gehen, erschien dieser doch noch, sobald die Wache» eingezogen waren. Uebrigens muß der Geist, wie derHohenstaufen" berichtet, doch ziemlich materieller Natur sein, denn er soll schon auf seine Verfolger geschossen haben. Es ist zu hoffen, daß er bald in Hände fällt, die ihn mit einer gehörigen Tracht Prügel in die nackte Wirklichkeit zurückrufen.

Schön OA. Mergentheim 27. Juli. Durch Wahrsagerei, die schon viel Unheil gestiftet, wurde ein Bauer hier durch Zigeuner um 2500 Mark gebracht. Die Zigeuner wollten die Frau des Bauern, die in einer Irrenanstalt unter­gebracht ist, wieder gesund machen und erschwin­delten dadurch von dem Bauern nach und nach den großen Betrag.

Dotternhausen OA. Rottweil 27. Juli. Noch find die Opferstockdiebstähle auf Palmbühl im vergangenen Winter nicht vergessen und noch ist der Einbruch in den Opferstock der St. Annakapelle vom Frühjahr in aller Erinnerung und bereits zum zweitenmal haben Einbrecher diese Opferbüchse gewaltsam ausgeraubt, indem sie die Mauer ausbrachen, und alle», was ihnen dabei hinderlich war, so auch einige Heiligen­figuren umherwarfen. Der Opferstock war aber wenige Woche» zuvor geleert worden, so daß die Beute ziemlich mager ausgefallen sei» wird.

Heiden st adt OA. Spaichingen 27. Juli. Gestern abend halb 7 Uhr brannte hier da» Haus de» Landwirts Johann Georg Ritter nieder. Der Brand wurde von seinem 34jähr. irrsinnigen Sohn gelegt. Der Sohn ist schon seit längerer Zeit geisteskrank und hat gedroht, seine Eltern zu erstechen und das Haus anzu­zünden. Da» Oberamt in Spaichingen wurde auf die Gemeingefährlichkeit de» Kranken auf­merksam gemacht und gebeten, ihn in eine Irren­anstalt unterzubringen.' Der Vater erklärte aber, daß er dies freiwillig tun werde, doch ist e» bis jetzt unterblieben und hat nun zu der Tat geführt.

Ulm 27. Juli. Gestern kamen hier die­jenigen katholischen Geistliche« Württem­bergs zusammen, die vor 40 Jahren unter Waffen standen, und teils in Frankreich, teils im Lande selbst, Kriegsdienste leisteten. Im

Sollte er wirklich tot sein? ES sieht gar nicht so aus, flüsterte Colledge scheu.

Wird nie toter werde», al» er ist, witzelte der Leutnant, indem er das Gesicht näher betrachtete. Hübsch finden Sie ihn? Nun ja, darin hat jeder seinen eigenen Geschmack. Mir sieht er aus wie ein verkleidete» Frauenzimmer.

Was mag er wohl gewesen sein? fragte von der Tür her Fräulein Temple mit merkbarem Schauder.

Schwer zu sagen, antwortete ich. Für den Kapiän ist er zu jung. Wahrscheinlich ein Maat.

Jedenfalls ein Pirat, fügte der Leutnant hinzu.

In diesem Augenblick schlug die Glocke wieder an. Da» junge Mädchen schrak zusammen. O Gott, rief sie, diese Töne! Ist es nicht wie Totengeläut?

Sie hatte recht. Die Sache hatte etwas Geisterhaftes, und der von alle» Eindrücken schnell erfaßte Colledge sagte: Mir scheint, wir haben nun genug von dem armen Kerl gesehen.

Sollten wir ihn nicht begraben? schlug ich vor.

I bewahre. Wozu denn? wandte der Leutnant ein. Die» Wrack ist sein Sarg. Er kann doch keinen besseren haben. Kommen Sie, noch einen Blick in die Kajüte.

Fräulein Temple trat widerstrebend ein und der Leutnant half ihr die kurze Treppe hinab. Colledge und ich folgten. E« war ein Raum von der Breite des Schiffes, erhellt durch das zerbrochene Oberlicht. Col­ledge, der nun alle Unbehaglichkeit abgeschüttelt hatte, lief gleich geschäftig umher, öffnete dreist Kabinentüre«, spielte den Erschreckten, als sähe er grausige Dinge, machte Witze wie im Boot und forderte Fräulein Temple auf, dies oder jene» zu betrachte«.

Hallo! ertönte auf einmal die Stimme de» Leutnants, der in eine der Kabinen guckte. Diesen Raum habe ich vorhin übersehen. Was haben wir hier? Ah, eine Speisekammer!

Ich sah über seine Schulter und erkannte mehrere Wandbretter mit Tellern, Speckseiten, Käse und andere Eßwaren. Auf dem untersten Brett lagen Flaschen in Strohtüten.

Die Korsaren find bekannt wegen der Vortrefflichkeit ihrer Getränke, sagte der Leutnant. Wa» mag die« sein?

Er nahm eine Flasche, schlug ihr den Hals ab, füllte einen kleine« Zinnbecher zur Hälfte, roch und kostete.

Donnerwetter! Ein ausgezeichneter Burgunder! Kosten Sie mal, Herr Dugdale!

ES war in der Tat ein auserlesener Wein. Der Leutnant füllte einen anderen Becher für Colledge, der große Augen machte und ihn schmunzelnd leerte. Potztausend, ja, das ist ein Weinchen. Was würde mein Vater für einen solchen Tropfen geben!

Davon müßten Sie auch einmal kosten, mein gnädiges Fräulein, rief der Leutnant heiter. Sehen Sie, da haben wir ja auch ei» Wein­glas ! Er spülte es mit dem Wein au», goß ein und sagte, indem er e» ihr reichte: Also, auf die Vernichtung aller Piraten!

Sie lachte, lehnte es aber ab, zu trinken.

Ah, da» geht nicht! Sie müssen trinken, schrie Colledge. Bedenken Sie doch, wen« Sie erzählen können, daß Sie den Piraten in ihrem eigenen Wein ein Pereat gebracht haben.

Sie wollte eben antworten, als plötzlich das Wrack derart schlingerte, daß der Leutnant ins Wanken kam und das Glas zu Boden fiel und zersprang; Colledge versuchte sich an mir zu halten, riß mich aber um. Laut lachend starch er wieder auf und sagte:

Da» Schiff ist entschieden betrunken.

Merken Sie, wie jetzt die Dünung zunimmt? mahnte ich, als ich wieder auf den Beinen war.

Ja, wir müssen fort, erwiderte der Offizier.

Fräulein Temple hat noch nicht auf die Vernichtung der Piraten getrunken, krähte Colledge mit der Hartnäckigkeit eines Angetrunkenen.