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Amts- und Anzelgeblatt für den Oberamkbezlrl Calw.

85. Zlchrglm-.

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Mittwoch, den 20. Juli 1910.

Amtliche Vekanntmachungen

Au die Lchultheitzeuämter.

Ankauf von Znchtfarre« in -er Schweiz.

Der X. landwirtschaftliche Gauverband be­stehend aus den landwirtschaftlichen Bezirksvereinen Calw, Frendenstadt, Nagold und Neuenbürg, beab­sichtigt zur Förderung der Viebzucht in diesem Jahr wieder einen Aufkauf von Originalfimmentaker Farren in der Schweiz zu veranstalten.

Um nun zu wissen, wie viele Tiere aufgekauft werden sollen, wollen die Herren Ortsvorsteher »ach Befragen der Farreuhalter und der Gemeindekollegie« bis spätestens 25. Juli hieher anzeigen, ob und wieviel Farren in ihren Gemeinden zum Bezug aus der Schweiz bestellt werden.

Der Gauausschuß hat für die heurige Ver­steigerung der Farren probeweise folgende Beding­ungen festgelegt:

1. Jeder Besteller hat soviel Tiere als er bestellt, zu ersteigern oder abz -nehmen.

2. Der Gauverband leistet nur insoweit und so­lange Garantie, als er solche selbst erhält.

3. Es findet nur eine Versteigerung statt. Steigerungseinheit 5 über 1000 ^ 10

4. Die Tiere werden von der Ankausskommission in der Weise geschätzt, daß die Gesamtschätzungs­summe gleich der Gesamtankaufssumme zuzüg­lich Unkosten ist. Jeder Steigerer hat mindestens den so ermittelten Preis zu bieten und wird unter diesem Preis kein Tier abgegeben.

5. Tiere, welche bei der Versteigerung keinen Käufer finden, werden sofort nach Versteigerung unter die Besteller, die noch kein Tier ersteigert haben, verlost; für die verlosten Tiere ist der ermittelte Schätzungspreis za entrichten.

6. Ein etwaiger Mehrerlös wird unter sämtliche Abnehmer verteilt

7. Die Uebergabe an den Käufer erfolgt sofort; im Falle verspäteter Abnahme hat der Käufer dem Gauverband ein Futtergeld von 2 pro Tag und Kopf zu entrichten.

8. Der Kaufpreis ist nebst 2 Trinkgeld binnen vier Wochen an den X. Gauverband in Nagold zu entrichten.

9. Streitigkeiten werden unter Ausschluß des Rechts­weges von einem Schiedsgericht von 3 Mitglie­dern entschieden: jede Partei wählt ein Mitglied, während diese beiden dann den Obmann zu wählen haben.

Bestellungen werden nur unter Anerkennung dieser Bedingungen angenommen.

Der Ankauf wird bei genügender Bestellung 10 St. Ende August ds. Js. stattfinden.

Bemerkt wird, daß zur Erwerbung von Original-Simmentaler-Farren Prämien bis zu 1000 gereicht werden können.

Calw. 13. Juli 1910

K. Oberamt.

Amtmann Ripp mann, A-V.

TageK«e«igreiten.

Bad Tein ach 19. Juli. Das große Interesse, welches in den letzten Jahren, nament­lich von auswärtigen Besuchern dem Jacobifest (Hahnentanz) in Teinach entgegengebracht wurde, veranlaßte den Ausschuß, den festlichen Anlaß diese» Jahr auf Sonntag, den 24. Juli, zu verlegen. Es ist damit jedermann in die Lage versetzt, sich da» originelle Fest anzusehen. Da» Eselrwettrennen findet diesmal in erweiter­tem Umfang statt, auch find einige alte Sitten neu ausgenommen worden, so daß auch da» heurige Jacobifest allen Besuchern volle Be­friedigung bringen wird und hoffen die Ver­anstalter auf einen recht zahlreichen Besuch, -r.

Wildbad 19. Juli. Am Sonntag brachten schon die Vormittagszüge zahlreiche Gäste, viel mehr noch aber die Züge im Laufe de» Nach­mittags. Viele Gäste trafen auch mit den Auto» au» Herrenalb und dem unteren Enztal ein,

auch au» der ganzen Umgebung, au» den Be­zirksorten, au» Pforzheim, wie au» dem Nagold­tal strömte» sie herbei. Aber infolge eine» um die Mittagszeit eingetretenen Gewitterregens, der für den Abend weitere solche Niederschläge be­fürchten ließ, mußte die Beleuchtung der Anlagen abbestellt werden. Die viele« Anwesende« und sonderlich die noch mit dem 5*/« Uhr-Zug in etwa zwanzig vollbesetzten Eisenbahnwagen eingetroffenen Gäste waren sehr enttäuscht. Der Gewitterregen hätte in der Tat eine Beleuchtung unmöglich gemacht.

Wildbad 19. Juli. Mit einem Pforz- heimer Polizeihund wurden heute die Wald­ungen nach dem Seiler Bott, der fest einigen Tagen abgängig ist, durchstreift, doch hatte die Suche keinen Erfolg.

Stuttgart 19. Juli. In der Nähe der alten Cannstatter Eisenbahnbrücke find zur Fest­stellung der Tatsache, ob der Neckargrund in bestimmter Tiefe die genügende Tragfähig­keit für die neue Brücke besitzt, Belastungs­proben vorgenommen worden. Die Pfähle, die an beiden Ufern tief eingerammi wurden, find mit 60 Tonnen Gewicht belastet worden. Die Belastung hat zwar eine Senkung von 45 em ergeben, doch wird hierin kein ungünstiges Er­gebnis erblickt. Die neue Brücke soll den Neckar in einem 70 m langen Bogen überspannen und au» Beton hergestellt werden, da der neue Rosen­steintunnel und der neue Cannstatter Bahnhof eine höhere Lage erhalten, als sie jetzt ist, so wird auch die Brückenhöhe eine entsprechend größere werden. Tunnel und Brücke sollen für vier Gleise eingerichtet werde».

Stuttgart 19. Juli. Auf dem Haupt­bahnhof stießen, wie dieCannstatter Zeitung"

Die Goldinsel.

Seeroman von Clark Russell.

(Fortsetzung.)

Schmalridge, ergreift den Mann, befahl Prance, der seine momentane Starrheit bald abgeschüttelt hatte. Legt ihn in Eisen und sperrt ihn vorläufig in Eure Kammer. Dann sich an die Mannschaft wendend: Vorwärts an die Vorderpumpe! Schnell Schläuche und Eimer herbei!

Die gewaltige Hand des Bootsmann» legte sich wie ein Schraubstock an die Kehle Crabb». Doch war keine Gewalt nötig, da der vom Rauch fast Betäubte sich willenlos abiühren ließ.

Dies und die Befehle des ersten Maat» wirkten auf die Mannschaft wie ein Zauber. Jeder sprang eilfertig davon, die Befehle auszuführen. Bald waren die Schläuche gelegt und eine Eimerkette gebildet: die Pumpe raffelte.

Vorderhand schwebte der Rauch zwar immer noch träge aus der Luke empor, doch wer konnte wissen, ob er sich nicht plötzlich in dicke schwarze Wolken verwandeln würde? Feuer auf See! Barmherziger Himmel, das ist etwa», wobei selbst den Mutigsten kaltes Entsetzen erfaßt.

Doch Prance war nicht der Mann, zu zaudern, wo e» galt, schnell zu handeln. Rasch ließ er die obersten Lagen der Kisten auf Deck räumen, stieg dann, gefolgt von mehreren Leuten in die Tiefe und nahm denselben Weg, den Crabb sich gebahnt hatte.

Währenddem kam der Kapitän mit Cocker eiligen Schritte» heran; letzterer begab sich sofort ebenfalls in die Luke. Der alte Keeling war vollkommen ruhig, da er sich auf die beiden Maats unten ganz verlassen konnte. Ohne ein Wort zu sprechen, sah er dem fortgesetzten Aufholen der Ladung und den anderen Vorbereitungen so gelaffen zu, wie ein an der Sache ganz Unbeteiligter. Der kluge alte Mann wußte gar wohl,

daß er damit das beste tat, was er tun konnte, um auf die arbeitenden Leute beruhigend zu wirken.

ES war merkwürdig, wie ihnen seine bloße Anwesenheit jeden Ge­danken an eine Gefahr benommen zu haben schien. Das einzige, was er nach einer Weile anordnete, war, daß er eine Postenkette querschiffs ziehen ließ, um zu verhindern, daß sich einer der furchtsam und angstvoll auf dem Hinterdeck zusammengedrängten Paffagiere der Feuerstelle nähere. Mich sah er einen Augenblick an, wie wenn er mich fortschicken wollte, doch mochte er, da ich einmal da war, denken: Mag er bleiben und sagte deshalb nichts.

Das Ausräumen der Ladung ging jetzt so ruhig von statten, als ob es nur gälte, einige Kisten des Paffagiergepäcks herauf zu befördern. Inzwischen fuhr der Rauch fort, sich langsam empor zu kräuseln.

Auf einmal tönte ein dumpfer Ruf von unten : Hier ist e», und gleich darauf tauchte, wie eine Ratte au» ihrem Loch, mit rauchgeschwärztem Gesicht der Kopf CockerS aus der Luke auf und verlangte einen Schlauch.

Wo brennt es? fragte der Kapitän.

Ach, es ist gar kein Brand, entgegnete der Maat sorglos. Die Sache hat nicht viel zu bedeuten, e» glimmt nur da unten in der Nähe de» Hauptmastes etwa», gerade an der Stelle, wo das Zwischendeck durch eine Bretterwand nach vorn zu abgeschlagen ist. Ein wenig Wasser wird genügen.

Im nächsten Augenblick war er schon wieder mit dem Schlauch in die Tiefe verschwunden. Bald darauf entstieg der Luke ein schwarzer Qualm, der sich aber rasch verzog.

Etwa eine Viertelstunde später erschien Prance, schwarz wie ein SchornsteinfgM, und meldete dem Kapitän mit militärischem Gruß: Da« Feuer ist gelöscht!

Was war e» eigentlich, Prance? Wie in aller Welt kann da» Feuer entstanden sein?