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Schützenfest eröffnet, an dem 676 Vereine mit 30000 Schützen, darunter viele Ausländer und Franzosen, teilnahmen. Die Ehrengaben, unter denen sich ein silbervergoldeter Pokal de» deutschen Kaiser» und eine SevreSvase de» Prä­sidenten Falliöre» befinden, stellen einen Wert von mehr al» 200000 Fr», dar. Die Züge brachten eine ungeheure Menschenmenge, auch viele Fremde, die dem Festzug und der Schnell­schießkonkurrenz beiwohnten, womit da» Fest er­öffnet wurde.

Neapel 16. Juli. Ein vermöglicher Weinhändler hielt seine Frau und seine elf Kinder seit Jahren in einem Landhause eingemauert, und zwar jedes Familienmit­glied in einer gesonderten Zelle. Durch ein Schiebefensterchen verabreichte er den Unglück­lichen täglich Nahrung. Bis an die Zähne be­waffnet und von Hunden umgeben, wachte er, daß niemand der Villa nahe komme. Der Mann war verrückt geworden, weil er glaubte, seine Frau und seine Söhne würden sein Vermögen verschleudern. Nur mit Aufbietung großer List gelang e», den gefährlichen Narren zu über­wältigen und die unglückliche Familie zu befreien.

Vermischtes.

Neues aus PearyS arktischem Tagebuch. Commander Peary, der uner­schrockene Eroberer des Nordpols, setzt im Cor- riere della Sera die Veröffentlichung seine« ReisetagebucheS fort und schildert dabei einen aufregenden Zwischenfall, der den kühnen Pio­nieren der Wissenschaft in den Gefilden des ewigen Eises um ein Haar ein tragischer Ende bereitet hätte. DieRoosevelt" liegt längst hinter den verwegenen Forschern; mit ihren niedrigen Schlitten bahne» sie sich mühsam über die zackigen Eitfelder ihren Weg, nordwärts: dem Pole zu. Marvin, der eine Zeitlang al» Schrittmacher Peary vorauSgeeilt war, hat von 86 Grad 34' nördlicher Breite bereits seine verhängnisvolle Rückreise angetreten, während Peary hinter Bartlett unermüdlich vorwärts strebte. Die Kälte nimmt immer mehr zu. Am 27. März genießen die Reisenden einen Anblick, wie nur jene men­schenfernen Polarzonev ihn bieten können: der Himmel strahlt in einem zarten, matten Blau, das Licht spiegelt sich auf der weiten Eit fläche, und überall ist ein Leuchten und Strahlen, da» den Augen wehlut. Hier begegnet auch Peary, fast 240 Seemeilen nördlich von Grantland, zwei Wölfen; e» ist der nördlichste Punkt, an dem je Landtiere gesehen wurden. Der 87. Grad ist überschritten.Das Bewußtsein, mit Menschen und Tieren in guter Verfassung und mit reich­lichem Proviant so weit gekommen zu sein, ließ mich an jenem Abend in gehobener Stimmung zur Ruhe gehen. Als Peary am Morgen er­wacht, ist Bartlett, der Schrittmacher, mit seinen Schlitten und den Etkimos, bereit» aufgebrochen. Peary folgt ihm, sech» Stunden laug geht der Weg über eine holprige Eisfläche; dann stößt man auf den Lagerplatz BartlettS. Er liegt neben einem großen, seeartigen Kanal, diesem meistgefürchteten Feinde der arktische« Wanderer. Der Himmel ist grau geworden, ein düsterer Nebel senkt sich hernieder und hüllt alle» in trost­lose Unbestimmbarkeit. Um Bartlett nicht in seiner kurzen Rast zu stören, schlägt Peary einige hundert Meter von dessen Ruheplatz sein Lager auf; rasch werden die Schneehütten aufgetürmt,

und das kärgliche Mahl von gedörrtem Fleisch, Biskuit und Tee verzehrt. Man hat in sechs Stunden 22 Kilometer zurückgelegt: mit diesem stolzen Bewußtsein kriecht man in die Schnee­löcher zur Ruhe.Ich lag bereit« im Halb­schlummer, al« ich in nächster Nähe meine»Jgloo" da» Ei» zittern und krachen höre. Aber die Un­ruhe war nur kurz; ich dachte, sie rührt von dem vor un» liegenden Kanal her, wickle mich in meine Decke und versuche zu schlafen. Aber plötzlich höre ich außerhalb der Hütte ein wilde» Schreien. Im Nun bin ich auf den Füßen, luge durch die kleine Oeffnung de» Jgloo hinan« und sehe . . ., ja, zwischen unserem Lager und Bartlett dehnt sich ein breiter offener Kanal." Die Eisfläche, auf der man rastete, ist geborsten, und drüben, aus einer mächtigen, losgelösten Scholle, brüllt einer von Bartlett» Leute» in jener ratlose« Ver­zweiflung, die für die Eskimo» charakteristisch ist. Peary weckt sofort seine Gefährte»; ein paar Sekunden später ist alles im Freien. Die eigenen Schneehütten liegen bereits hart an der Wasser­grenze, die Hunde, diese unentbehrlichen Gehilfen, sind in Gefahr, in die Fluten zu stürze». Da­neben schwankt ein hoher Eisblock und fällt krachend nieder, zum Glück, ohne die Hunde zu treffen. Und inzwischen sieht man in dem un­gewissen Nebel, wie die Scholle, auf der Bartlett mit seinen Gefährten gefangen sitzt, langsam aber stetig dahintreibt. Wird e» gelingen, den Ge­fährten vor dem Schicksal zu retten? Drüben trifft man bereits alle Maßnahmen, in atemloser Haft werden die Hunde angeschirrt und die Schlitten beladen, um für jede Gelegenheit ge­rüstet zu sein. Auch Peary macht seine Expedition mobil. Einige Minuten banger Befürchtungen und angstvoller Spannung folgen. Da, endlich kann man wahrnehmen, wie die mächtige Eis­scholle dem Ufer de» Kanal« entgegen treibt, der Stelle zu, wo Peary mit seinen Gefährten hält. Noch ist die Gefahr, daß der Anprall zu heftig wirkt und neue Brüche in die Eisfläche reißt. Der Zufall muß entscheiden. Am Rande de» unsicheren Spiegels steht Peary, bereit, dem Freunde beizuspringev. Auch drüben hat man die Situation erkannt und ist gerüstet. Da stößt knirschend die treibende Scholle an den Rand de» festen Eises, ein hastiger Zuruf, ein schnelle« Handeln; die Schiiten mit den unruhig bellenden Hunden setzen sich in Bewegung, und wenige Sekunden später steht Bartlett mit seinen Leuten gerettet neben den Genossen.Bis zu 87 Grad 12' sind wir gekommen, also erheblich weiter nord­wärt» als vor drei Jahren."

Eingesandt.

Wenn der Calwer Oivis in dem Be­antworter seines Eingesandt einen Bauernbündler glaubt, so hat er gar nicht unrecht, denn wer anders al» ein Agrarier soll denn die Interessen der Landwirtschaft zu wahren versuchen. Auch ich glaube mich sicher nicht getäuscht, wenn ich unter vivis einen Beamten*) vermut» 1e. Ein Geschäftsmann ist nicht so kleinlich, daß er gleich zum Wochenmarktboykott auffordert, wenn eine Ware einmal kurze Zeit im Preise steigt, er weiß, daß sie auch wieder finkt und er am Ende de» Jahre» doch einen Durchschnittspreis bezahlt hat, er weiß ferner, daß der größte Teil des Markt­

erlöse» der Bäuerin ja in der Stadt bleibt. Im zweiten Eingesandt, das mir erst am Samstag mittag zugestellt wurde, werden mirunwahre Behauptungen" unterschoben. Bezüglich der ersten verweise ich auf den Artikel in Nr. 162 de» Blatte» von Bad Teinach, außerdem bemerke ich, daß Rettig und Butter nahe Verwandte sind. Wen» ich von einem Rückgang der Viehhaltung sprach, so dachte ich selbstredend nur an Kühe, denn Ochsen rc. kommen beim Milchertrag nicht in Betracht, außerdem sind hier die lokalen, nicht die LandeSverhältnifse zu berücksichtigen. Daß die Haltung von Kühen nur dort noch möglich ist, wo die Bäuerin oder Tochter selbst milkt, wird mir jedermann, der mit den Verhältnissen bekannt ist, zugeben. Ein Magd, die melken muß, ist selbst um teure» Geld nicht zu bekommen.

Mit den Calwer Wochenmarktverhältnifsen bin ich sehr gut bekannt; wenn eine Verkäuferin einmal unartig ist und während dem Handel aufschlägt, so ist die» allerdings bedauerlich, im übrigen ist denselben nicht übel zu nehmen, wen» sie in der raren Zeit die höchsten Preise zu er­zielen suchen und nicht handeln lasten, denn ich habe auch schon gesehen und erfahren, daß in einer Zeit, wo der Markt überführt ist, die nobelsten Hausfrauen auch den sehr mäßigen Preis nicht geben wollten. Wie ich ferner weiß, hat ein großer Teil der Hausfrauen ein Abkommen getroffen, daß sie jeden Samstag ihren Bedarf an Butter zu einem geregelten Durchschnitt»- jahrespreis ins Hau» geliefert bekommt und das halte ich für beide Teile für da» beste, umsomehr al» dann auch der Gang zum Markt und die hiezu nötige Toilette erspart ist. Da» Fernhalten von Händlerinnen dürste in Calw, wo jede Händlerin bekannt ist, vielleicht (?) durchführbar sein. Der Handel ginge dann eben irgendwo anders vor sich (vielleicht in der Bahnhofstraße). Wenn die Bäuerinnen sich aber den Prei« vom Calwer Publikum diktieren laste« müßten, würden sie einfach den Markt meiden. Der deutlichste Beweis, daß auch in anderen Städten der Prei» zur Zeit ein hoher ist, ist der, daß Pforzheimer Händlerinnen in Calw Butter kaufen und trotz der Spesen rc. in Pforzheim wieder verkaufen können. (In Freiburg i. B. wäre da scheint» nichts zu machen)

Wenn Calwer 6ivis L Cons. die Milch-, Butter- und Eierproduktion für so rentabel halten, so könnten ja vielleicht im Consumverein fragliche Produkte (ähnlich wie Brot) im Großen erzeugt werde», durch Errichtung von Kuhställen und Geflügelhöfen wenn eine Rente hera«»gerech- net werden könnte, wäre dies sicher schon längst geschehen, aber man kann nicht den ganzen Tag melken.

Die Bedenken de» Agrarier» I-miarius sind in Erfüllung gegangen, dagegen wurde der Aufforderung Oivis' scheint» wenig oder gar keine Folge geleistet, auch durch Oivi8' Fasten wurde der Preis der Butter nicht herabgedrückt, vielmehr fand derselbe am Samstag zum alten Prei» von 1.30 bis 140 rasch Absatz. Es ist auch in nächster Zeit kaum an einen Abschlag zu denken, denn zu jde« bereit« erwähnten Gründen kommt noch, daß von dem naß ausgewachsenen und schlecht ein- gebrachten Futter wenig Milch und Rahm erzielt wird.

Die« mein Letztes in der Sache, ich habe noch Heu liegen und keine Zeit zum Artikel­schreiben. I^ung-rius.

Amtliche und Privatanzeigen.

Taglöhner-Gefuch.

Für unser Lokomotivheizhaus in Calw suchen wir mit sofortigem Eintritt 2 bis 3 tüchtige, solide Taglöhner zum Maschinenreinigen.

Anmeldungen nimmt Oberlokomotivführer Haug in Calw entgegen.

K. Maschiueuinspektion Tübingen.

Sommenhardt.

KkjlMtlnchuns.

Das Beerensammeln aller Art ist im hiesigen Gemeindewald für Auswärtige bei Strafe verboten.

Gemeinderat.

Weltenschwann.

Das KmensMUlkt»

in den Gemetndewaldungen ist für Auswärtige verboten.

Anwaltamt.

K. Forstamt Liebenzell.

Nadelholz-Stamm-

Holz-Verkauf

im schriftliche« Aufstreich

aus Staatswald Herrschaftsheck, Sturz­wald, Nonnenwag und Scheidholz vom ganzen Bezirk: 155 Fichten, 740 Tan­nen, 44 Forchen mit Fm. Stämme: 321., 116II., 170III., 133IV., 96 V., 29 VI. Kl., Abschnitte: 241., 12 Il.KI. Die Gebote auf die einzelnen Lose sind in ganren und Zehntelsprozenten der Taxpreise ausgedrückt, unterzeichnet, verschlossen, mit der AufschriftGebot/ auf Stammholz" spätestens bis Don­nerstag, de« 28. Jnli, 9 Uhr vorm?

beim Forstamt einzureichen. Zu dieser Zeit erfolgt die Eröffnung der Gebote imHirsch" zu Liebenzell. Schwarz­wälderliften gegen Bezahlung vom Forst- amt. _

K. Forstamt Hofstett.

Meercnsammeln

in den Staatswaldungen ist innerhalb von Umzäunungen und an Sonntagen verboten, an Werktagen nur in der Zeit von morgens 7 bis abends 6 Uhr er­laubt. Sammeln von Preißelbeeren ist nur vom 24. August bis 15. September erlaubt. Wiederholung von Zuwider- , Handlungen und Angabe falschen Namens ziehen neben der Strafe Ausschluß von ' der Erlaubnis nach sich.

*) Die Vermutung ist eine irrige: der Einsender unter dem Pseudonym Ovis ist kein Beamter. D. Red.