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deponiere, mit seiner ganzen Familie und mit Hau» und Hof in die Luft gesprengt werde. Die bisherigen Feststellungen über die Art und den Mechanismus der Höllenmaschine ergaben, daß ähnlich wie vor Jahren bei dem Attentat auf den Berliner Polizeioberst Krause die Ent­zündung de» Sprengstoffe» durch einen zur Entladung gebrachten Revolver bewerkstelligt wurde.

Wien 13. Juli. In Reutte in Tirol ist heute vormittag 9.43 Uhr ein sehr starke» Erdbeben verspürt worden.

Innsbruck 13. Juli. Das heutige E r d - beben ist hauptsächlich in Nordtirol wahrge­nommen worden, während Südtirol verschont blieb. Ein erster Erdstoß war kurz und schwach und wurde um S.20 Uhr verspürt. Die zweite Erschütterung dauerte fünf Minuten und war von dumpfem Rollen begleitet. Sie erfolgte 14 Minuten später und war sehr stark fühlbar. Die Leute verließen vielfach fluchtartig ihre Häuser; Bilder fielen von den Wänden, Türen sprangen auf md Fensterscheiben gingen mehr­fach in Trümmer. Am stärksten war der Erd­stoß im oberen Jnntal. In Nassereith und Silz stürzten mehrere Zimmerdecken und Schornsteine ein. Mehrere Häuser zeigten klaffende Mauer­sprünge. Die Bevölkerung von Silz wurde von panikartigem Schrecken erfaßt.

Tromsö 13. Juli. Die Dampfer Mainz" undPhönix" mit dem Prinzen Hein­rich und den übrigen Teilnehmern an der Zeppelin'schen Vorexpedition an Bord sind heute morgen, begleitet von dem Torpedo­bootCarmen", nach Spitzbergen abgegangen.

Kttluchlusg des MotorlllMffs Mslöh.

Leichlingen 13. Juli. Die Namen der 5 Insassen, die bei der Ballonkata­strophe den Tod gefunden haben, sindErb»- l ö h - Elberfeld, Führer, Fabrikant Tülle- Barmen, Ingenieur Kranz aus Westfalen, Ingenieur Ho epp-Elberfeld und Monteur Spicks. Alle Leichen sind schrecklich ver­stümmelt. Die Gondel ist vollständig zer­trümmert. Der Motor hat sich tief in die Erde gebohrt. Auf welche Ursache da» Unglück zurück­zuführen ist, konnte bisher noch nicht festgestellt werden. Man sagt, daß der starke Nebel die Schuld daran trage. Die Leichen sind schon geborgen und nach Leichlingen überführt worden.

Opladen 13 Juli. Zu dem furchtbaren Ballonunglück wird noch weiter berichtet: Der heute morgen halb 9 Uhr zur Fernfahrt nach Elberfeld aufgestiegene Ballon Erbslöh befand sich in beträchtlicher Höhe in unmittelbarer Nähe von Opladen, als plötzlich ein furchtbarer Krach erfolgte. Der Ballon war geplatzt. Mit der Spitze nach unten stürzte er mit großer Schnelligkeit zur Erde nieder. Durch den überaus heftigen Anprall ging da» Luftschiff vollständig in Trümmer. Die 5 Insassen wurden gelötet. Die Leichen boten einen fürchterlichen Anblick. Sie wiesen Arm- und Beinbrüche auf, die Schädel waren zerschmettert, ebenso dürften schwere innere Verletzungen erfolgt sein. Man brachte die Leichen auf Tragbahren nach der Leichlinger Ballonhalle. Ueber die Ursache de» Unglücks können natürlich nur Vermutungen aus­gesprochen werden, da die Augenzeugen ja sämt­lich tot find. Man nimmt an, daß das schreck­

liche Unglück dadurch entstanden ist, daß der Ballon sich über dem Nebel befand und den heißen Sonnenstrahlen, die das Platzen herbei­führten, unmittelbar ausgesetzt war. Andererseits glaubt man auch, daß der Benzinbehälter explo­diert sei. Mit dem Wegschaffen der Trümmer de» Luftschiffs wurde begonnen. An Stelle de» Unglücks weilt eine technische Kommission, um die Ursache de» Unglücks festzustellen.

Leichlingen 13. Juli. Weiteren Meld­ungen zufolge wird von Augenzeugen des ent­setzlichen Vorganges erklärt, daß die Gondel augenscheinlich zu sehr belastet war, so daß eine Knickung derselben (?) eintrat. Der Ballon selbst führte bei dem Absturz noch viel Ga» bei sich. Einer der Abgestürzten seufzte noch, al» Leute an die Trümmer des Ballons herantraten, gab aber bald darauf gleichfalls seinen Geist auf. Wie die Luftschiffahrtsgesellschaft Mitteilt, ist das Unglück dadurch geschehen, daß ein großer Riß in der Ballonhülle entstand, wodurch der Ballon jählings au» ziemlicher Höhe auf die Erde ge­langte. Die Leichen wurden alsbald in die Leichlinger Ballonhalle geschafft, wo sich bei dem Eintreffen der Verwandte« der Getöteten herz­bewegende Szenen abspielten. Die Ueberführung der Leichen in ihre Heimatsorte dürfte teils heute abend, teils morgen früh erfolgen. Der Ort, an dem der Unfall sich ereignete, liegt süd­östlich in der Nachbarschaft der im Wuppertal bei Leichlingen errichteten Luftschiffhalle. Das große Unglück muß sich angesichts des heftigen Nordwestwiud» alsbald nach dem Aufstieg zuge­tragen haben. So ist es erklärlich, daß der Lenkballon sofort einen zu starken Auftrieb hatte, demgegenüber die Regulierungtarbeit der Ventile bei der notwendigen Autgleichung de» inneren Drucks versagten. Der ErbSlöhballon unterschied sich von dem Zeppelinschiff dadurch, daß er nur eine große Gaszelle darstellt. Das Platzen des Ballon» scheint wie das gleichartige tragische Schicksal de« französischen BallonsRepublique" zu beweisen, daß die Eigenart der Gestaltung dieser langen Ballon» eine verhältnismäßig viel größere Gefahr hinsichtlich des Platzens in sich schließt, wie die Kugelform.

Vermischtes.

Pisa. Ueber die Gefährdung des schiefen Turms in Pisa wird demBerl. Tagbl." be­richtet: Die Einsturzgefahr des schiefen Turmes ist noch weit ernster, als e» der Bericht der Architekten darstellt. Die Fundamente des Turme» sind nur 3*/- Meter tief und da» Innere des Turme» hat unglaublicherweise überhaupt keine Fundamente. Außerdem sind die Fundamente vom Grundwafser unterwaschen. Es handelt sich jetzt vor allem darum, dieses Grundwafser zu beseitigen. Ob es möglich sein wird, die oben hängenden drei alten Riesenglocke» von elf Tonnen Gewicht ohne Gefahr für den Campanile herabzunehmen, scheint fraglich. Tatsächlich sind die fachmännischen Kreise in Pisa sehr besorgt. Schlimmstenfalls hofft man, den Turm noch für eine Reihe von Jahren zu erhalten. Der ge­ringste Erdstoß freilich könnte genügen, eine Katastrophe schon bald herbeizuführen.

(Eine amerikanische Stadt durch Feuer zerstört.) Eine Meldung aus Hali­fax besagt: Die Stadt Campbellton in Neu- Braunschweig ist gestern durch eine Feuersbrunst, welche auch die Banken, Kirchen, das Hospital

und da» Theater vernichtete, völlig zerstört worden. 4000 Personen find ohne Obdach. Ein Kind ist in den Flammen umgekommen. Die Verluste werden auf 2 Mill. Dollar» geschätzt.

Marktbericht-.

Calw 13. Juli. (Viehmarkt.) Auf den heutigen Markt waren zugeführt 296 Stück Rindvieh. Verkauft wurden S Paar Ochsen und Stiere zu 1160760 ^ pro Paar, 33 Stück Kühe zu 360512 47 Stück Kalbeln und

Jungvieh zu 130446 6 Kälber zu 72

bi» 125 Pferde waren 8 Stück auf dem Markt. Auf den Schweinemarkt waren zugebracht 346 Stück Milchschweine und 118 Läufer. Erlö» für elftere 2040 für letztere 55120 ^

pro Paar.

Eingesandt.

In Nr. 59 ds. Blattes wird über die derzeitige» hohen Butter- und Eierpreise geklagt und die Hausfrauen aufgefordert, dm Calwer Wochenmarkt zu meiden, den Verbrauch von Eier und Butter einzuschränken und statt letzterem Margarine, Palmin rc. zu verwende«. ES sei hierauf kurz erwidert: Der Preis der Butter ist z. Zt. allerdings ein ziemlich hoher, es ist dies jedoch in der gegenwärtigen Ver­brauchs- und Badezeit jährlich der Fall, den» Angebot und Nachfrage bedingen den Preis. Das Angebot von Milch und Milchprodutte« (Butter, Käse) wird immer spärlicher und zwar weil durch den Mangel an Arbeitern, die sich zu Stallarbeiten hergeben, die Vieh­haltung ständig zurückgeht. Die Nachfrage wird hiedurch, wegen der besseren Lebenshaltung und weil eine gute Naturbutter eben doch einer Kunstbutter vorgezogen wird, eine regere und dadurch der Preis ein höherer. Hiebei sei be­merkt, daß von einem Luxuspreis noch nicht ge­sprochen werden kann, wenn man berücksichtigt, daß zu 1 Pfd. Butter 1113 Liter Milch be­nötigt werden. Den Preis der Milch und Butter durch sein projektiertes Marktboykott herabzudrücken wird dem HalbpfündleSkonsumenten nicht gelingen, denn die Nachfrage ist nicht nur in Calw sondern auch in großen Städten eine rege und der Transport per Bahn kommt nach Pforzheim und Stuttgart, namentlich wenn ge­meinsam vorgegangen wird, billiger und ist leichter zu bewerkstelligen als derjenige auf dem Kopf nach dem Calwer Wochenmarkt. Daß die Preise höhere sind als vor 10 Jahre» liegt in dem Zug der Zeit. Die Gehälter sind auch höher und werden noch sog. Teuerungszulagen gewährt. Jeder ehrlichen Arbeit seinen wohlverdienten Lohn.

Sollte am nächsten Samstag wider Er­warten ein Rückgang der Marktbesuches bemerk- lich werden, so rate ich jeder Verkäuferin ihre Butter einmal wieder nach Hause zu nehmm. Die Bauern, die bei der gegenwärtigen schlechten Witterung einen schweren Standpunkt haben und die nicht nur vor 10 Jahren sondern heute noch ihr Brot ««geschmiert essen, können auch einmal die Rolle des Städters wechseln und ihr Brot schmieren. I^rmiu-ius.

Reklameteil.

Amtliche und Privalanzeigen.

Calw.

Bekanntmachung, betr. den Wohnsteuer- Einzng für 1S10.

In den nächsten Tagen findet durch die mit gemeinderätl. Beschluß hiezu beauftragte Schutzmannschaft der Einzug der Wohnsteuer für das Steuerjahr 1910 statt. Solche beträgt für einen Mann 2 ^ und für eine selbständige Frauensperson 1 ^

Für die Eteuerpflicht auf das ganze Jahr ist der Wohnsitz in der Gemeinde Calw am 1. April 1910 maßgebend. Mt diesem Zeitpunkt war die Steuer in ihrem ganzen Betrag zur Zahlung verfallen.

Calw, den 14. Juli 1910.

Stadtpflege.

Dreher.

Rötenbach.

KkliMtMAhW.

Das Beerensammeln jeglicher Art in den Gemeinde- und Privatwaldungen ist für Auswärtige bei Strafe verboten.

Gemeinderat.

Oberweiler.

Das KknensaMela

aller Art in den Gemeinde- und Privat­waldungen der hiesigen Waldbesitzer ist bei Strafe verboten.

Hofstett.

Vas tzeidel- und Preitzelbeersammeln

in den hiesigen Waldungen ist für Auswärtige bei Strafe verboten.

Anwaltamt.

Eine Mchllllllg

von 5 Zimmern mit Zubehör im Centrum der Stadt zum 1. Oktober 1910 oder später gesucht. Offerten erbeten an

Kapellmeister,

Markt 53.

Gemeinde»!.