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kurz nach 6 Uhr glatt. Um 7 Uhr machte der Ballon einen Aufstieg zu einer Schleifenfahrt über den Heller, an welcher Prinz und Prinzessin Johann Georg sowie die beiden Prinzen von Caserta teilnahme». Die Fahrt ging über den Heller in der Richtung nach Dresden, wo das Luftschiff abermals eine Schleifenfahrt machte, und alsdann auf dem Landungsplatz niederging.
Berlin 12. Juli. Der Gutsbesitzer Otto Kraatz in Lichtenrade bei Berlin wurde heute das Opfer eines seltsamen Verbrechens. Kraatz hatte in der letzten Zeit wiederholt Drohbriefe erhalten, in denen er aufgefordert wurde, an einer bestimmten Stelle an der Kleinbeeren - straße 3000 ^ niederzulegen. In dem letzten Brief dieser Art hieß es, die Summe müsse bis zum Abend de« 10. Juli in einer an der betreffenden Stelle sich befindenden Konservebüchse niedergelegt werden, sonst würde das Gehöft des Kraatz in die Luft gesprengt und der Besitzer mit seinen Angehörigen getötet werden. Auf Rat der Kriminalpolizei legte Kraatz in diese Konservebüchse einen Brief, in dem er um einige Tage Aufschub bat. Die Kriminalbeamten warteten die ganze Nacht hindurch vergeblich auf den Erpresser. Die Konservebüchse lag anscheinend noch ebenso wie vor einigen Tagen, als der Brief eingesteckt wurde. Als jedoch Kraatz heute vormittag Nachsehen wollte, ob der Brief abgeholt sei und dabei die Konservebüchse berührte, erfolgte eine furchtbare Explosion, durch die Kraatz schwere Verletzungen, insbesondere auch der Augen, erlitt.
Bern 12. Juli. Der deutsche Kaiser hat als Ehrengabe für das am nächsten Sonntag in Bern beginnende Eidgenössische Schützenfest einen prächtigen, silbervergoldeten Pokal gestiftet.
Rom 6 Juli. Ein Witzbold könnte bald im Stil von Boccaccio eine Naturgeschichte der „Zölibats-Türen" schreiben, denn kürzlich wurde im Engelsburgviertel in Rom eine Türe gefunden, die die Verbindung zwischen einem Kloster und einem verrufenen Hause herstellte. Jetzt spielte eine Türe, die da» Pfarrhaus mit der Wohnung einer Hebamme verband, in Mozzanica bei Bergamo eine Rolle. Wegen dieser Türe war der Pfarrer Don Guiseppe Ferri mehrere Male von Bischof Bonomelli s. äivims suspendiert worden, aber jedesmal hatte der liebensfreudige Pfarrer im Vatikan mächtige Helfer gefunden, die ihn wieder in Amt und Würden einsetzten. Ende März 1909, als die Türe wahrscheinlich wieder zu oft geöffnet worden war, suspendierte der Bischof den Hebammenfreund wiederum. Wenige Tage darauf erhielt dieser aber einen Brief aus Rom, der ihm verkündete, daß die Suspension rückgängig gemacht worden sei, worauf er beschloß, am Morgen des 15. April wieder Messe zu lesen. Daraufhin empörten sich die Pfarrkinder; sie vernagelten die Kirche, stürmten den Kirchturm, zogen die Glocken und riefen so viel Volk zusammen. Die Menge warf zunächst Steine gegen da« Pfarrhaus und dann die Möbel aus demselben. Erst das Militär konnte die Ruhe wiederherstellen.
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in den hiesigen Waldungen ist für Auswärtige bei Strafe verboten.
Anwaltamt.
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verkaufe ich am Freitag, den 18. ds., mittags 1 Uhr, gegen Barzahlung im Zimmer Nr. 8 (Rathaus):
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Biedermann,
Gerichtsvollzieher.
Die Behörden faßte« fiebenundvierzig Ruhestörer, darunter dreizehn Frauen, die sich jetzt vor den Richtern von Bergamo verantworten müssen. Hundert Entlastungszeugen treten ein, von denen viele mit Behagen die Liebesstreiche erzählen, die ihr Seelenhirt verübte und auch Mitteilen, wie er von Haus zu Haus gehen liebte, um schöne Frauen dadurch zu gewinnen, daß er ihre Gatten als Ehebrecher hinstellte. Der Brave leugnete lange, bis ein Konfrater bezeugte, daß seine Lebensführung mehr als unregelmäßig gewesen sei. (Frkf. Ztg)
^ Vermischtes!
Vom Goldfieber. Die ersten Meldungen von überraschend großen neuen Goldfunden bei Stewart in Britisch-Kolumbien und in Alaska haben die gleiche Erscheinung hervorgerufen, die sich immer wiederholt, wenn auf der Erde neue Goldlager entdeckt werde«: au» allen Weltteilen strömen Tausende von Glücksjägern und Abenteuerlustigen, da» Herz von kühnen Hoffnungen erfüllt, zu dem neue» Eldorado. Ohne Ueberlegung, ohne genügende Vorbereitungen, ohne Kenntnis des Lande» und der drohenden Gefahren wird die wilde Hetzjagd nach dem Golde angetreten, die dann für die meisten mit bitterer Enttäuschung endet, wenn nicht gar mit Schlimmerem. Man vernimmt allerlei den Unternehmungsgeist aufreizende Geschichten von den märchenhaften Erfolgen einzelner, denen das Glück hold war, aber man hört wenig von den vielen Tausenden, die ihr letztes Hab und Gut dran setzten und dann elend und erbärmlich zu Grunde gingen. Die Geschichte von Klondyke ist bezeichnend für die tragischen Opfer an Menschenleben, mit denen die Entwicklung jedes neuen Goldlande» scheinbar unlöslich verknüpft ist. Der erste bedeutendere Goldfund in Klondyke wurde 1897 gemacht, nicht etwa von Goldsucher», sondern von einem Fischer. Mit Blitzesschnelle verbreitete sich die Kunde von dem Goldreichtum und sofort entstand die wilde, wahnsinnige Jagd. Nicht nur aus Amerika, sogar aus Europa strömten die Glückshungrigen herbei, man verkaufte, wa« man befaß, um nur da» Reisegeld aufzubringen. Ein Menschenstrom von mehr als 30000 ergoß sich in die eisigen Einöden; aber nur ganz wenigen Auserwählten war e» bestimmt, wenigstens einen Teil ihrer Träume zu verwirklichen, die Mehrzahl ging zu Grunde, und nur ganz wenige kehrten überhaupt wieder heim. Alle Warnungen blieben nutzlos, man wie» darauf hin, daß ohne ein sicheres, wenn auch kleines Betriebskapital jeder Versuch Wahnsinn sei, aber der Hunger nach Gold war mächtiger, und blind und taub rannten die Tausende in ihr sicheres Verderben. Welche faszinierende Anziehungskraft von allen Berichten über neue Goldfunde ausgeht, zeigt die Geschichte der goldhaltigen Nevada Hills, die erst zwei Jahre zurückliegt. Drei Goldsucher hatten den glücklichen Fund gemacht, sie erzählten Freunden davon, und im Nu ging die Botschaft von Mund zu Mund. 200 Eisenbahnarbeiter, die davon erfuhren, warfen augenblicklich Schaufel und Hacke beiseite, ließen ihre Arbeit stehen und liegen und zogen
sofort ins Gebirge, dem Golde entgegen. Nach wenigen Tagen war eine Menschenmenge von Zehntausende» zusammengeströmt, die alle gekommen waren, um zu erfahren, daß sie zu spät kamen. Von der Entdeckung des Goldreichtums Australiens erzählt eine englische Wochenschrift einige wenig bekannte interessante Einzelheiten. Es waren die kalifornischen Goldfunde, die 1847 in Australien zur Entdeckung von Goldlagern führten. Der Minenarbeiter Hargreaves, der in Kalifornien gearbeitet hatte, war der Entdecker des ersten australischen Goldes. Ihm fiel die Aehnlichkeit de» Gesteins und der Felsbildung mit den goldhaltigen Felsen Kaliforniens so sehr auf, daß er systematische Nachforschungen begann und am 12. Februar 1851 endlich seinen ersten Erfolg verzeichnete. Die Erregung, die dieser Fund entfachte, war beispiellos. Städte schossen wie durch ein Zauberwort aus der Erde. Selbst die Polizeibeamten verlüßen ihren Dienst, um sich als Goldsucher zu erproben, die Matrosen desertierten von den Schiffen, und aus allen Teilen der Welt eilten die Goldsucher herbei. Bald darauf fand man die größten Nuggets der Welt, nördlich von Bathurst, die drei große» Quarzblöcke, die nicht weniger als 112 Pfund reines Gold enthielten, und kurz darauf den berühmten Viktoria-Nugett, der 340 Unzen pure» Gold wog. Aber der größte Goldklumpen wurde erst einige Jahre später in Ballarat entdeckt, am 4. Juni 1858. Es war ein reiner Goldklumpen von 2516 Unze»; man schätzte seinen Wert auf nahezu 200000 Mark. In den ersten zehn Jahren ging aus den beiden australischen Gold- distrikten in Viktoria und Neu-Südwales ein Schatz von nicht weniger als 1920 Millionen Mark in Gold nach England. Die reichsten Minen sind aber immer noch die von Transvaal.
Letzte Nachrichten.
Crailsheim 13. Juli. Der Lokomotivführer des um 6 Uhr 25 Min. hier einfahrenden Schnellzuges Nürnberg-Stuttgart stieg beim Anhalten des Zuge» vor dem Einfahrtssignal auf den Tender und wollte Kohlen herunterschaffen. Der Zug bekam unterdessen freie Fahrt und der Führer setzte ihn in Bewegung. Der Heizer geriet mit dem Kopfe an die Uebergangsbrücke unterhalb der Jagst, so daß ihm die Hirnschale eingeschlagen wurde, was seinen sofortigen Tod zur Folge hatte. Der Lokomotivführer bemerkte den Vorfall erst beim Anhalten auf der hiesigen Station.
Herne i. Westfalen 13. Juli. Auf der Zeche Radbod wurden heute 8 Leichen der im November bei der großen Grubenkatastrophe verunglückten Bergleute geborgen.
Leichlingen (Rheinprovinz) 13. Juli. Der Ballon Ervslöh, der heute früh 9 Uhr aufgestiegen ist, ist nach halbstündiger Fahrt in der Nähe von Reukamp aus beträchtlicher Höhe ab gestürzt, sämtliche Insassen sind tot. Einzelheiten fehlen noch.
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Calw.
Calw.
Wir beehren uns, Freunde und Bekannte zu unserer am Samstag, den 16. Juli 1S10, stattfindenden
in das Gasthaus zum „Schis f" hier freundlichst einzuladen.
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Wir bitten dies statt besonderer Anzeige entgegenzunehmen.
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pr. Ztr. ^ 6.50, 10 Pfd. 70 A pr. Pfd. 8 A empfiehlt
V. Hvrtoi».