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Heilbronn 8. Juli. Ein eigenartige« Schauspiel bot sich gestern abend zahlreichen Paffanten am oberen Neckar. Auf dem hoch­gehenden Wasser fuhr ein Mann mit dem Fahrrad herum. Da« Rad war auf drei Lustkästen mon­tiert, die mit Steuervorrichtung versehen waren und vom Rad gesteuert wurde«. Diese« selbst war mit einem Wasserrad au«gestattet, da« dem Fahrzeug den Antrieb gab. Der Konstrukteur, Fabrikant Schlayer in Lausten, hat auf dem schwankenden Fahrzeug die Fahrt von Lausten nach Hrilbronn trotz de« Hochwasser« glücklich zurückgelegt und auch abends einige gelungene Fahrten ausgeführt.

Sternenfel« OA. Maulbronn 8. Juli. Infolge de« anhaltenden Regens löste sich ein Teil der verschütteten Mauern, die von der Burg der Herren v. Sternenfel« herrühren. Die sehr dicken Mauern stürzten in Blöcken von 2 Metern auf den Weg und rissen Bäume weg. In den angrenzenden Weinbergen hätte leicht bedeutender Schaden entstehen können.

Bad Mergentheim 8. Juli. Erz­herzog Eugen von Oesterreich ist dem neugegründeten Verein für Bad Mergentheim beigetrete« und hat den Betrag von 200 Mark gestiftet.

Trossin gen OA. Tuttlingen 7. Juli. Auf dem Marktplatz geriet da« 4jährige Kind de« Harmonikamachers Elia« Bilger unter einen beladenen Wagen Ein Vorderrad ging ihm über den Kopf. Da« Kind war augenblicklich tot. Trotzdem e« vom FuhrwerkSbcsitzer wieder­holt vom Wagen gewiesen worden war, hatte e« sich dem avgehängten Wagen wieder genähert und wollte auf die Deichsel klettern, wobei e« herunter und vor da« vordere Rad fiel.

Biber ach 8. Juli. In dem Hause de« Metzgers F. Xe Iler, wo am Mittwoch und Donnerstag ein Brand ausgebrochen war, gab e« heute früh 5'/- Uhr eine neue Aufregung. Der 14jährige Lehrling wurde mit Stricken ge­bunden an Händen und Füßen und mit dem Echurzzipfel geknebelt aufgefunden. E« wurde alsbald die Polizei gerufen. Als diese ankam, waren die Fesseln bereit« gelöst und als der Knebel au« dem Munde entfernt wurde, ver­mochte der Junge anscheinend vor Schrecken nur unzusammenhängende Laute hervorzubringen. Erst auf der Polizeiwache konnte er berichten, daß er plötzlich überfallen worden sei, daß ihm etwa« kaltes über da« Gesicht gezogen und er dann gefesselt und geknebelt wurde, ohne daß er von dem ganzen Vorgang etwa« habe sehen können. Die Stricke wurden vom Metzger Xeller al« sein Eigentum erkannt. Auch die Art de» dargestellten Ueberfall« und da« ganze Benehmen de« Burschen erschienen verdächtig. Nach Kreuz- und Quer­fragen verwickelte er sich in^Widersprüche und gestand endlich, er habe sich selbst gebunden, weil man ihm nachgesagt habe, er habe da« Hau» de» Meister» anzünden wollen. Er wurde dem Amtl- gericht übergeben, wo er aufs neue unter Zuck­ungen und Krämpfen seine Simulierungen fort­zusetzen begann. Da« weitere Verhör wird wohl in die Brände dn zwei letzten Tage Aufklärung

WMFrjedrichShäfen^?Juli. Die Bevoll- mächtigten in Angelegenheiten der Bodensee­fischerei hatten gestern auf dem hiesigen Rat­haus eine mehrstündige Besprechung. Einem Bericht de«Staatsanzeiger" ist zu entnehmen: Da« K. Finanzministerium war durch Oberfinanz­rat v. Jäger, der die Versammlung leitete, und da« K. Ministerium de« Innern durch Reg.-Rat Spindler vertreten. Außerdem wohnten den Verhandlungen die Fischereisachverständigen aller Bodenseeuferstaaten und Vertreter der Fischerei­vereine bei. Nach den Berichten über die Fisch­brutanstalten der beteiligten Staate« find im vorigen Jahr durch die künstliche Vermehrung der Seeforellen, sowie der Blau- und Weiß- felchen besonder» erfreuliche Ergebnisse erzielt worden. Auch die Fangergebniffe waren sehr befriedigend. Eine internationale Kommission hatte den Blaufelchenfang während der Laichzeit zu überwachen und hat bei dieser Gelegenheit eine Reihe wertvoller biologischer Untersuchungen vorgenommen. Dieselbe Kommission hatte auch

den Auftrag, Vorschläge wegen einheitlicher Be­nennung der im Bodensee erlaubten Fischerei­geräte und Fangarten auszuarbeiten, die von der Konferenz angenommen wurden. Sodann wurde e« für notwendig erachtet, das Schonmaß für einige Fischarten abzuändern und speziell dasjenige de» Hechte» zu erhöhen. Von dieser Maßregel wird eine wünschenswerte Vermehrung de« Hechtbestandes erwartet. Um eine zu starke Befischung de« See« zu verhindern, soll die Verwendung von Motorbooten zum Fischfang, sowie die gleichzeitige Benützung von Schweb - netzen und KluSgarnen verboten werden. Die Festsetzung der Maschenweite für das Klusgarn erschien noch nicht spruchreif; vielmehr sollen die bezüglichen Versuche noch fortgesetzt werden. Der wichtigste und schwierigste Punkt der Tagesordnung betraf die Schaffung einer internationalen Beauf­sichtigung des gesamten FischereiwesenS auf dem Bodensee. Die Notwendigkeit der Anstellung eine» solchen Oberaufsehers ist schon seit mehreren Jahren von allen Bodenseeuferstaaten anerkannt und von den beteiligten Fischereivereinen gewünscht worden, aber e» ist nun gelungen, eine Verständigung über die Durchführung dieses Planes zu erzielen.

Wiesbaden 7. Juli. Die Zahl der hier in der letzten Zeit infolge de« schlechten Geschäftsgang« verkrachten Hotel« ist aber­mals um eins vermehrt. Seit gestern ist das HotelBayerischer Hof" in der Museumstraße geschloffen. Das Konkursverfahren ist bereits eingeleitet.

Wehrheim (Taunus) 8. Juni. Ein schwerer Automobilunfall ereignete sich heute nachmittag 4 Uhr auf der Chaussee von Wehrheim nach Usingen. Der Chauffeur des in Bad Homburg zur Kur weilenden Lord» Harriman au« London machte mit 2 Kollegen eine Ver­gnügungsfahrt. An einer Kurve verlor er die Gewalt über den Wagen; der Chauffeur, ein Franzose, flog gegen einen Baum und war sofort tot. Einer der Mitfahrer erlitt einen Becken­bruch, der andere leichtere Verletzungen.

Metz 8. Juli. Gemäß den Mitteilungen derMetzer Zeitung" beginnen die Manöver der in der FreScaty-Halle stationierten drei Luft­kreuzer21",?I" undL1II" am kom­menden Montag. Die Uebungen dienen der Ausbildung der Stamm- und Ersatzmannschaften und bilden gleichsam eine Fortsetzung der Kölner Manöver. Die Führung der einzelnen Fahr­zeuge ist folgendermaßen verteilt:21" Major Sperling und Ingenieur Müller,?I" Hauptmann Lohmüller und Ingenieur Ebersbach,Ll II" Hauptmann George und Ingenieur Maar. Für die Zeit vom 12. bi« 25. Juli find nur Aufstiege de»21" vor­gesehen, vom 25. Juli bis zum 16. August, dem Endtermin, unternehmen alle drei Luftschiffe Auf­stiege. Die Motors der drei Schiffe sind in Stand gesetzt und die Luftkreuzer mit verschiedenen Neuerungen versehen worden. Infolge der letzten Unfälle bei Weilburg und im Teutoburger Walde, die in erster Linie auf eine nicht ge­nügende Beobachtung der Wetterlage zurückzu- führen find, scheint eine größere Vorsicht in dieser Hinsicht beoachtet zu werden. Der Direktor de» Aachener Observatoriums trifft zu den Uebungen hier ein und wird in der Ballonhalle eine meteorologische Station einrichten. Auch ist auf dem großen Exerzierplatz bei FreScaty vorsichts­halber ein Ankerplatz angelegt worden, um auch eine sichere Verankerung im Freien zu gewähr­leisten.

Christiania 2. Juli. Au« Hamm er - fest wird gemeldet, daß ein Deutscher, der sich als ehemaliger Bibliothekar Eker gemeldet und einen Monat dort geweilt hatte, am vorigen Donnerstag in einem angekauften kleinen Deck­boot, da« nur einigen Proviant barg, allein nach Spitzbergen segeln wollte. Da er de« Segeln» unkundig war, verhinderte ihn der dortige Polizei­wachtmeister an der Abfahrt ohne seekundige Be­gleitung. Eker antwortete dem Polizeiwachtmeister nur:Sie wissen nicht, wa» Sie tun, wenn Sie mich nicht allein reisen lassen", entfernte sich dann, wurde am Freitag noch auf den Bergen in der Umgebung von Hammerfest gesehen und ist seit dieser Zeit verschollen.

Budapest 6. Juli. Zu dem furchtbaren Hagelwetter, welches da« berühmte 5000Hektar große Tokayer Weingebiet betroffen hat, wird amtlich gemeldet: Vollständig vernichtet ist der Weinertrag auf einem Gebiet von 1150 Hektar; etwa 70 Prozent des erwarteten Weinertrage« wurden auf einem gleichgroßen Flächenraum ver­nichtet. Im übrigen Gebiet ist der Schaden verhältnismäßig geringer. In diesem Jahre war Aussicht auf eine besonder« gute Weinernte vor­handen. In einzelnen Gegenden ist aber nicht nur die diesjährige Weinlese, sondern vielfach sind auch die Rebstöcke vernichtet. Der Schaden dürfte etwa 10 Millionen Kronen betragen.

Letzte Nachrichten.

Stuttgart 9. Juli. Die Zweite Kammer stimmte heute in erster und zweiter Lesung einem Nachtragsetat zu, der zur Deckung des durch die AmtSpflichtverletzungen de» vor­maligen Schultheißen und Grundbuchbeamte« von Stockheim und Löchgau vom Staat zu über­nehmenden Schaden 335 000 ^,7 fordert.

Schwann OA. Neuenbürg 9. Juli. Gestern ging hier ein schweres Gewitter nieder. Ein Blitzstrahl schlug in da» Hau» des Holzhändlcrs Bürkle, zerstörte den Schorn­stein, zerschlug den Verputz in den Zimmern, zertrümmerte das Küchengeschirr und fuhr dann 300 m aus dem Haus heraus in eine Telefon­leitung bis zum Rathaus, wo er bei der Rat- hauistaffel in den Boden drang und ein großes Loch schlug. Menschen sind nicht verletzt.

Pforzheim 9. Juli. Der Oberbuchhalter einer hiesigen Bank, ein 30jähnger verheirateter Mann, hat sich gestern in Triberg vergiftet. Die Gründe sollen nicht geschäftlicher sonder« privater Natur sein.

Vermischtes.

Ein interessanter Käseprozeß wird in derFrankfurter Zeitung" mitgeteilt: Am 30. April wurde ein Kaufmann von der An­klage, wissentlich Rahmkäse, der verfälscht war, unter Verschweigung dieses Umstandes verkauft zu haben, vom Schöffengericht freigesprochen. Die Kosten der Verteidigung wurden auf die Staatskaffe übernommen. Trotzdem legte der Staatsanwalt Berufung ein, die nun die Straf­kammer beschäftigte. Der Angeklagte behauptete, daß man unter Rahmkäse allgemein einen fetten Käse verstehe, der weich sei. Wenn die Kund­schaft Rahmkäse verlange, gebe er Ramadoukäse, was vielfach in Süddeutschland üblich sei. Nach dem Gutachten des Sachverständigen versteht man unter Rahmkäse einen Käse, der aus nicht ent­rahmter Milch hergestellt ist. Der Ramadoukäse enthalte in der Trockenmasse 18,35 °/->, Rahmkäse jedoch 40 °/° Fettgehalt. Allerdings seien viel­fach Mißbräuche im Handel eingetreten, man bekomme, wenn man Rahmkäse fordere, oft Ramadoukäse, was entschieden unzulässig sei. Da» Gericht verwarf die Berufung der Staats­anwaltschaft auf Kosten der Staatskaffe. Objektiv liege eine Nachahmung vor, aus subjektiven Gründen sei jedoch der Angeklagte freizusprechen. Auf Grund der eingetretenen Mißstände habe die Verkäuferin glauben können, sie täusche nicht, wenn sie auf Verlangen nach Rahmkäse Ramadou­käse verabfolge. Nunmehr sei jedoch Klarheit geschaffen und das Gericht wolle nicht unter­lassen, Händler und Verkäufer ansdrücklich darauf aufmerksam zu machen, daß sie zwischen Mager- Ramadou- und Rahmkäse ganz genau zu unter­scheiden haben. Ramadoukäse ist, wie bei dieser Gelegenheit bemerkt sei, ein französischer Käse, der in den Pyrenäen au« Schafmilch bereitet wird. Fälschlich sagt man oftRama- dour", der Name kommt aber von ramade, wa« dialektisch soviel wie Schafherde heißt._

GtairveSamt «al».

G eborene.

27. Juni. Ottilie Christine, T. d. Christian Münz,

HWwagevwärterS hier.

2. Juli. Christian Wilhelm, S. d. Johann

' Christian Wirih, Fabrikarbeiters hier.

3. Juli. Maria Luise. T. d. Gustav Köhler,

TtefbauunternehmerS hier.

4. Juli. Frida Klara, T. d. Gottlieb Rappold,

Tuchscherers hier.