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Amts- und Anzrigeblatt für den VberamtrbeM Lalw
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Kreitag, den 8. Juli 1910.
r.i.b.Stadt'/^ihrl.m.LrLaerl.Mk. 1.33. Postbezugrpr ,d. Lrt«- u. Nachbarortkoerk. >/^iLhrI.Mk. 1.»«. im Firnverlitzr vtk. t.» 0 . Bestell», tn Württ. 30 Pf»., in Bayern u. Reich 1 » Pf,.
Tagessrrügkeiterr.
^ Liebenzell 7. Juli. Vom 5./6. ds. Mir. waren hier 7 Offiziere, 1 Fähnrich, 1 Zahlmeisteraspirant, 1 Gefreiter, 10 Burschen und Ordonanzen mit 13 Pferden vom Großh. Bad. Train-Batl. Nr. 14 in Durlach, die einen taktischen Uebungsritt unternommen hatten, einquartiert. Dar gemeinschaftliche Essen der Offiziere fand im Unteren Bad statt. Die Herren kamen von Maulbronn und waren trotz der schlechten Witterung und der zum Teil bodenlosen Wege in bester Verfassung.
Stuttgart 7. Juli. Die Zweite Kammer beschäftigte sich heute mit einer neuen Eingabe der Sägers Wendelin Kurz in Aalen, eines 70jährigen gebrochenen Mannes, dem durch einen Fehler bei der Landesvermessung Schaden zugefügt worden ist, an den sich eine wahre Leidensgeschichte mit verlorenen Prozessen und zehnjähriger Internierung in einer Irrenanstalt knüpfte. Im Jahre 1908 hat er eine Entschädigung von 2500 ^ erhalten, die ihm aber nicht genügend erscheint. In der Debatte vertrat Minister v. Pischek den Standpunkt, daß die Entschädigung reichlich genug sei und daß ein Beschluß, darüber hinauszugehen, zu unangenehmen Konsequenzen führen könne. Dagegen befürworteten die Abgg. Sp eth-Wangen (Z), Maier- Blaubeuren (D.P.), Rembold- Aalen (Z.) und Keil (Soz.) mit warmen Worten die Eingabe um eine Erhöhung der Entschädigung und den Antrag, sie der Regierung zur Berücksichtigung zu überweisen. Die Abgg. Kraut (B.K.) und Liesching (V.) erklärten sich nur für Uebergabe zur Erwägung. Nach längeren Erörterungen, in deren Verlauf mehrmals auch der Gedanke austauchte, daß das Geld, da», die
Sitzung kostet, bester Kurz zugutgekommen wäre, wurde der Antrag auf Berücksichtigung angenommen. Weiterhin wurde über einen Antrag des Zentrums, betreffend die Unterwerfung des Flaschenbierhandels unter die Konzessionspflicht, zur Tagesordnung übergegangen und ferner die Regierung ersucht, im Bundesrat für eine Verschärfung der Bestimmungen der Reichsgewerbeordnung in der Richtung einzutreten, daß unzuverlässigen Personen die Betreibung des Flaschenbierhandels untersagt werden muß, sowie die zuständigen Behörden. zur sorgfältigen und eingehenden Prüfung der Bedürfnisfrage bei Neukonzessionierung von Wirtschaften aufzufordern. Ein Antrag auf Uebergabe des Zen- trumiantrags zur Berücksichtigung wurde mit 38 gegen 35 Stimmen abgelehnt. Morgen Bauordnung.
Stuttgart 7. Juli. Das Stuttgarter Waisenhaus begeht bekanntlich am 25. Juli die Feier seines 200jährigen Bestehens. Im Hinblick auf diese Feier dürsten Mitteilungen über die Gründungen des Waisenhauses von Interesse sein. Die ersten Anregungen zur Errichtung eines Waisenhauses geschahen schon während der Jahre 1685 und 1686, allein der kurz nachher ausgebrochene Krieg trat hemmend dazwischen und erst im Jahre 1705 begann man sich beim Synodu» wieder ernstlicher mit dem Plan zu beschäftigen. Im März 1707 wurde ein Aufsatz verfaßt, um zu beweisen, daß eine solche Anstalt sehr nützlich und gar nicht so schwer auszuführe» sei. Die fortdauernden Kriegsunruhen aber bewirkten, daß erst im März 1709 dieser Aufsatz dem Oberrat zur Begutachtung übergeben wurde. Dieser billigte ihn und schlug vor, eine aus Mitgliedern der Kanzlei, der Landschaft'und de» Stuttgarter Rates bestehende
Deputation niederzusetzen. Die Deputation war einstimmig der Meinung, weil die Hauptsache gut und wesentlich sei, man alles trotz der Kriegsunruhen so vorbereiten solle, daß man mit einbrechender besserer ZeU sogleich vorwärts schreiten könne. Als Mittel zur Ausführung schlug sie neben den Beiträgen der Landschaft, des Kirchengutes, der Spitäler und anderer Wohltätigkeitsanstalten, Abgaben von Kartenspielen, von Tänzen, Hochzeiten, Zunft- und Frei- schießen,Meistermahlzeiten usw.vor. Ferner trug sie darauf an, alle inländischen und fremden Zeitungen zu verbieten und nur eine einzige wöchentliche Zeitschrift zu gestatten, welche im Waisenhaus gedruckt werden sollte. Am 8. Februar 1710 wurde in einem General-Reskript die Nützlichkeit einer solchen Stiftung auseinandergesetzt und die Absicht, diese trotz der bedrängten Zeitumstände zu gründen, kund getan. Die Geistlichen mußten dieses Reskript auf den Kanzeln verlesen und in einer Predigt ihre Zuhörer zu Beiträgen auffordern. Aehnliche Aufforderungen zu Beiträgen ergingen an die Hofstaaten und die Regierungsbehörden. Die Landschaft verwilligte 8000, der Kirchenrat 4000 fl. Die Sammlungen im Lande ertrugen 11652 fl. Herzog Eberhard Ludwig selbst schenkte den Platz und sicherte unentgeltliche Abgabe der nötigen Arzneimittel aus der Hofapotheke zu. Im August 1710 wurden drei Knaben und sieben Mädchen ausgenommen und einstweilen im Spital untergebracht. Am 22. August 1712 wurde dar Waisenhaus von 29 Kindern bezogen, deren Zahl 1716 schon auf 100 gestiegen war. Zu ihrer Kleidung wurde durch das Dekret vom 29. August 1710 „kapu- zienerbraune» Tuch" bestimmt. Im Jahr 1712 stellte man einen Waisenhauspfleger, einen Hausmeister und einen Torwart, 1713 einen Haus-
Me Goldinsel.
Seeroman von Clark Russell.
(Fortsetzung.)
Kurz vor meiner Abreise lud John Crawley mich noch einmal zum Frühstück ein und trank mir, da wir um» iWn lange Mt mehr sehe» sollten, fleißig in Champagner zu. Dann machte ich Mit feiner Tochter einen Spaziergang im Park; ich war in gerührter'Stimmung, und kurz und gut, da kam's über mich — ich machte ihr einen Antrag, und sie nahm ihn an. Sehen Sie, das ist sie, fuhr er wehmütig fort, indem er mir ein auf Elfenbein gemalte» kleines Bild reichte, das er aus seiner Brusttasche zog. Das Bildnis zeigte ein frisches, liebliche» Gesicht mit kleinen braunen Löckchen um die Stirn und einem schelmischen Blick in den Augen.
Das muß ja ein allerliebste» Geschöpfchen sein, sagte ich. Hören Sie, Colledge, ich verstehe nicht, wie Sie im Besitz eines solchen Schätzchen» noch Augen für andere haben können. Sie sollten doch wahrhaftig froh und glücklich sein.
Zerknirscht hing sein hübsche» Gesicht noch einen Augenblick an dem Bild, dann steckte er e« wieder weg. Ja, ja, Sie haben ganz recht, seufzte er. Ich sollte mich schämen, aber eine Torheit war es doch, mich vor der Abreise zu verloben; dazu war immer noch Zeit, wenn ich wiederkam. Wer weiß, ob ich überhaupt zurückkehre.
Nanu, werden Sie nur nicht sentimental, spottete ich.
Ach, davon bin ich weit entfernt, aber Tigerjagden sind keine Hasenjagden, wissen Sie?
Na, dann lasten Sie sie doch bleiben. Wer zwingt Sie denn, den Bestien in den Rachen zu laufen? Im übrigen danke ich Ihnen für
Ihr mir geschenktes Vertrauen. Seien Sie versichert, daß, wenn Sie sich nicht selbst verraten, Ihr Geheimnis bei mir wie im Grabe ruhen wird.
In diesem Augenblick kam der Kapitän in unsere Nähe. Colledge drückte mir freundlich die Hand und ging, um noch ein Glas Grog zu trinken. Ihm nachblickend dachte ich: Was für wunderbare Menschenkinder gibt e» doch!
Der alte Keeling folgte ihm bald, nachdem er soeben in der Ferne sichtbar gewordenes schwaches Wetterleuchten eine Weile beobachtet und dem zweiten Maat einige Befehle erteilt hatte.
Diesen zufolge entstand bald ein lebhafte« Treiben; die obersten Bramsegel wurden festgemacht, die Leesegel eingeholt und verschiedene größere Segel gerefft.
Wa» ist denn los, Herr Cocker? fragte ich. Ist ein Wetter im Anzuge, daß sie das Schiff derart entkleiden?
I wo, lachte er. Das ist nur so die Art de» Alten. Außerhalb der Tropen läßt er niemals die Leesegel und Oberbramsegel während der Nacht stehen, mag sie auch noch so schön fein. Wenn ich einmal ein Schiff habe, das weiß ich, packe ich ihm an Leinwand auf, wa» e» tragen kann. Länger als 75 Tage würde ich mit einem anständigen Segler nicht «ach Ostindien fahren. Der Alte liebt aber die Vorsicht.
Na, entgegnete ich, da» ist kein Fehler. Um so ruhiger kann man schlafen. Also gute Nacht und gute Fahrt.
Damit verließ ich ihn und ging hinunter.
Als ich den Salon betrat, sah ich Colledge wieder in munterster Unterhaltung mit Fräulein Temple. Mt seinem „Rarmachen" ihr gegenüber war es also nicht weit her. Im Grunde genommen konnte mir da» ja ganz gleichgültig sein; weiß der Himmel aber, ich ärgerte mich und schritt deshalb ohne mich aufzuhalten nach meiner Kabine, indem ich dachte: Ach, arme Fanny Crawley.