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von Wasser umgeben war. Dessen Tod ist schließlich durch Ertrinken eingetreten, wogegen die beiden ledigen Arbeiter völlig mit Schutt bedeckt waren und ganz au» den Erdmassen herausgeschaufelt werden mußten, sodaß diese durch Ersticken und Erdrücken das Leben ein- gebüßt haben müssen. Eine in den Mittags­stunden eingetroffene Gerichtskommisfion mit verschiedenen Sachverständigen verfolgte auf­merksam die Bergungsarbeiten, die erst am späten Abend die Opfer freilegen konnten, und nahm genau den Tatbestand auf. Darnach sollten die letzten Mengen Schutt auf die Grube gefahren werden es war nur '/» m Ausfüllmaterial nötig als plötzlich die Eisenträger und die 25 ew dicke Betonschicht über dem Brunnenschacht in sich zusammenstürzten und die auf der Arbeits­stätte gerade vespernden drei Arbeiter mit in die Tiefe hinabzogen, ohne daß Hilfe möglich war.

Heilbronn 6. Juli. Der Fleisch­konsum in den Liederfesttagen in Heil­bronn war ganz enorm. Im Schlachthause sind in den Tagen vor und an dem Fest geschlachtet worden: 124 Stück Großvieh, 229 Kälber, 351 Schweine und 35 Hämmel, zusammen 739 Stück Vieh. Dazu kommen noch die unzählbaren Quantitäten an geräuchertem Fleisch, Wurstwaren und Geflügel. Man darf annehmen, daß an diesen wenigen Tagen etwa ein Drittel von dem konsumiert worden ist, wa« im ganzen Monat in Heilbronn an Fleisch und Fleischwaren ver­braucht wird. Der Straßenbahnverkehr an den Liederfesttagen belief sich auf rund 30000 Per­sonen, abgesehen von den Abonnenten und In­habern von Dutzendkarten. Und zwar wurden am Sonntag 15 787 und am Montag 14213 Fahrscheine abgegeben. Für diese kolossale Be­lastung erwiese» sich etliche der Wagen zu schwach, sodaß es hie und da zu unfreiwilligem Aufent­halt kam.

Welzheim 6. Juli. Da« Haus der Witwe Wahl im Birkenberghöfle in der Nähe von Klaffenbach war dem Einsturz nahe und mußte schleunigst geräumt werden. Da» Haus ist erst vor einigen Jahren mit bedeutenden Kosten renoviert worden. Die Ursache der Einsturzgefahr wird im Zusammenhang mit dem andauernden Regenwetter auf den Bahnbau zurückgeführt. Etwa 80 w unterhalb des be­drohten Hause», da» an einem steilen Abhang steht, führt die Bahn RudersbergWelzheim vorbei und macht dort einen großen Einschnitt in die Bergwand.

Friedrichshofen 6. Juli. Der am Montag von Berlin in Stuttgart und hier ein­getroffene Feriensonderzug ist zusammen von 535 Personen benützt worden.

Friedrichshafens. Juli. DerBoden- see behält beständig den seit 1890 höchsten Wafserstand von 5.54 in. Damals war der Höchstwafserstand nur eine vorübergehende Er­scheinung, Heuer dagegen hält da» Hochwasser nun schon über drei Wochen an. Es wäre die« an sich gerade nicht gefährlich, doch wühlen an­haltende Weststürme den übervollen See mächtig auf und werfen mit Macht die Wogen gegen die Uferbauten und richten allerorts vielen Schaden an. Dieser Tage rissen die Wogen einen Teil der Ufermauer an der Eriskirchener Straße bei Friedrichshafen ein und überfluten nun die angrenzenden Gärten und Häuser. Die Dampfschiffahrt hat ebenfalls sehr unter den gegenwärtigen Verhältnissen zu leiden. Mehrere kleinere Stationen können nicht mehr angefahre» werden, da die Landungsstege total überflutet sind. Dazu regnet es so häufig, daß ein Ab­nehmen de» See» noch gar nicht abzusehen ist.

Pforzheim 6. Juli. Gestern wurde hier in der Linkenstraße die 60 Jahre alte Frau des Goldarbeiters Heinrich Wiedmann von einem 19 Jahre alten Radfahrer totgefahren. Die Frau war gerade an einem Wagen vorüber­gegangen, als der Radfahrer aus der anderen Seite in voller Fahrt angesaust kam und die Frau umwarf. Sie erlitt einen Schädelbruch und starb nach einiger Zeit. Der Radfahrer wurde verhaftet. In der Wirtschaft zum Güterbahnhof wurde gestern abend ein unbekannter ca. 24 Jahre alter Mann plötzlich tobsüchtig. Die Polizei und die Sanitätsmannschaft wurden gerufen, denen es erst nach harter Arbeit gelang, dem Wahnsinnigen die Zwangsjacke anzulegen, um ihn in» Krankenhau« zu bringen.

Aachen 6. Juli. Der Personenzug 1114 von Bleiberg rutschte über da« Halt zeigende Einfahrtssignal 6 und stieß heute früh 6 Uhr 25 Min. mit dem nach AachenHauptbahnhof ausfahrenden holländischen Leerzug 5501 an dem Kreuzpunkt km 4,6 zusammen. So­weit sestgestellt ist, sind von den Reisenden 6 schwer und 6 leicht verletzt. Die Schwer­verletzten sind dem Krankenhaus zugeführt worden. Das Fahrgleir von und nach Bleiberg ist gesperrt, Züge von und nach Aachen verkehren. Der Materialschaden ist ziemlich bedeutend.

Berlins. Juli. Verschiedenen Meldungen zufolge erlitt der gestern früh bei Riesa wegen starken Gegenwindes gelandete Militärluft­ballonLl 3" abends gegen 6 Uhr durch den heftigen Sturm nicht unerhebliche Beschädigungen. Die Drahtseile, die die Gondel mit dem Ballon verbanden, rissen infolge der heftigen Windstöße und die stählernen Versteifungen zerbrachen. Der

Ballon konnte nur mit großer Mühe von zahl­reichen Soldaten festgehalten werden.

London 6. Juli. Anläßlich des bevor­stehenden Flottenbudgets wird von den Imperialisten wieder eine Panik, wenn auch in kleinerem Maßstabe als im Vorjahre, zu inszenieren versucht. Der Sozialdemokrat Hynd - man, der Führer der Marxistengruppe, liefert heute in einem wilden Hetzartikel in derMorning Post" dazu einen Beitrag. Er erklärt, daß die regierende Minorität Deutschland» fort­während den Krieg mit England vorbereite, und daß Bebel und andere sozialdemokratischen Führer die» bestätigt haben. Hyndman schließt sich dem Wunsche der JgnoS an, die eine Marine­anleihe von hundert Millionen Pfund verlangen, um die britische Seegewalt für alle Zeit unüber­windlich zu machen.

New-Uork 6. Juli. Infolge der Rassen­kämpfe zwischen Weißen und Negern, die eine Folge des Boxkampfes zwischen JeffrieS und Johnson sind, verboten die Bürgermeister vieler Städte kinematographische Vorführungen des Kampfes, da dies neue Kämpfe Hervorrufen könnte, insbesondere in den Südstaaten, wo der Raffenkampf sehr stark ist.

Eingesandt.

In den nächsten Tagen wird der Ver- schönerungSverein wieder um milde Gabe» anklopfen. Wenn die Beiträge recht reichlich fließe», wird es möglich sein, außer dem Laufen­den und Notwendigen manches zu leisten; auch der Wunsch des Einsenders im Montagsblatt, den stiefmütterlich behandelten oberen Marktbrunnen gleich seinem Zwillingsbruder mit Blumen zu schmücken, wird neben anderen Wünschen recht gern berücksichtigt werden. Wir bitten um offene Hände, damit der Verein seiner Aufgabe, zu verschönern, auch wirklich Nachkommen kann.

Vermischtes.

(Edison über die Aussichten der Flugmaschine.) In einem Interview mit dem technischen Mitarbeiter einer großen amerikanischen Zeitschrift hat sich Edison über den heutigen Flugmaschinentypu» sehr skeptisch ausgesprochen. Ich habe kein großes Vertrauen zu dieser Form", so äußerte sich der berühmte Erfinder,die Flug­maschinen haben sich zu rasch und zu leicht ent­wickelt. Ich bin überzeugt, daß sie bestimmt find, unsere Verkehrsmittel völlig umzuwandeln, und ich glaube auch, daß sie in 10 Jahren die Post und auch Passagiere befördern werden. Aber da» wird nicht jene Form von Flugmaschine« sein, die wir heute bewundern. Der Wroplan

wie können Sie den Buben ausspielen! Und gleich danach: Aber, mein Bester, was in aller Welt veranlaßt Sie, Pique zu stechen? War ganz richtig, werter Herr, kam die ziemlich gereizte Erwiderung. Ich denke, ich bin alt genug, um dergleichen Belehrungen entbehren zu können. Und so ging es fort. Beide hatten rote Köpfe und ich dachte jeden Augenblick, einer würde die Karlen auf den Tisch werfen.

Nach dem Glockenzeichen, da« verkündete, daß die vor dem Schlafen­gehen üblichen Getränke nebst leichtem Backwerk serviert seien, leerte sich da» Deck so ziemlich. Nur wenige blieben noch; darunter auch Colledge und ich. Er kam auf mich zu, sah mir bei der herrschenden Dunkelheit scharf in« Gesicht, wie wenn er sich vergissern wollte, daß ich es auch wäre und sagte:

Hören Sie mal, Dugdale, was meinten Sie hmte morgen eigentlich mit dem Löwenfell und dem Esel? Fräulein Temple schien es für eine« guten Witz zu halten. Ich muß Ihnen aber gestehen, ich habe vergeblich versucht, mir die Pointe davon klar zu machen.

Hatte auch gar keine. Das ist ja gerade der Witz bei der Sache.

Ach so! Wer kann aber auch gleich ahnen, daß die Pointe eine« Witze« darin liegt, daß er keine Pointe hat. Merkwürdig, daß da» junge Mädchen da» gleich weg hatte. Wissen Sie, ich kam mir ganz dumm vor, als sie sich an der Geschichte so belustigte, und ich nicht begriff, warum.

Na, deshalb gräme» Sie sich nicht; da« kann dem Gescheitesten passieren. Warum haben Sie sie denn jetzt nicht «ach unten begleitet?

Oh, lachte er, die soll mir für die ganze Reise Vorhalten und da muß man sich etwas rar machen.

Sehen Sie mal, Sie kleiner Schlaufuchs. Hätte Ihnen eine solche Enthaltsamkeit gar nicht zugetraut. Uebrigens können Sie sich auf die Freundlichkeit dieser Unnahbaren etwa» einbilden.

I ja, doch da» kommt wohl daher, wisse« Sie, daß sie Verwandte von mir kennt. Ihre Sprödigkeit wundert mich nicht und ist mir auch gar nicht unangenehm. Sie ist eben durch und durch Engländerin, ob­

wohl ich sie zuerst für eine Spanierin hielt. Aber, unter uns gesagt, da» hübscheste Ding auf dem Schiss ist doch die kleine Goldhaarige wie heißt sie denn gleich? Ah, richtig, Hudson. Hören Sie, sie ist wirklich zum Anbeißen. Man weiß wahrhaftig nicht, soll man ihr oder der Temple de« Vorzug geben. Wenn ich nur 'ne poetische Ader besäße, würde ich über beide meterlange Verse schmieden, über Finger wie Schneeflocken, Lippen wie Rosenknospen, Augen wie Sterne und was weiß ich sonst noch! Aber in der Schilderung eine« hübschen Mädchen» läßt sich ja nicht» Neue« sagen. Alle» schon dagewese«.

Na, na, lachte ich auf, nehmen Sie sich in acht, daß Sie nicht die Unrechte heiraten! . .

Ach Gott, ich bi« ja schon verlobt! stöhnte er ganz kleinlaut.

Was? Sie schon verlobt? stieß ich leise hervor, indem ich ihn bei den Schultern nahm und ihm dicht ins Gesicht sah.

Ja, gucken Sie mich nur an. Es ist so. Und nun sehe ich ei«, daß ich eine furchtbare Dummheit begangen habe. Ich begreife nicht, wie ich so kurz vor meiner Abreise ein Mädchen an mich binden konnte. Man verlobt sich doch, um möglichst bald zu heiraten. Wer zum Teufel verreist dann gleich auf zehn Monate! Was kann einem in der Zeit nicht alle» passieren! Ich kann elend ertrinken oder von den wilden Tieren, die ich schießen will, zerrissen und gefressen werden. Ist'« nicht so?

Freilich stimmte ich scherzend bei. Aber das hätten Sie sich vorher überlegen sollen. Warum hatten Sie e» denn so eilig?

Na, eilig ja nicht, verstehen Sie; wie sich manchmal so wa» macht. Kennen Sie das Parlamentsmitglied Sir John Crawley?

Nie etwa« von ihm gehört.

Tut nichts. Denken Sie sich also einen hitzigen Tory, aber munleren Gesellen und besonder« bewunderungswürdigen Billardspieler. Ich spielte öfter mit ihm und lernte dabei seine Tochter, meine Fanny kennen.

(Fortsetzung folgt.)