155.

Amts- und Anzelgeblatt für den Oberamtsbezirk Calw.

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Donnerstag, de« 7. Inli 1910.

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Tagesnruigkeiteu.

In Unterreichenbach wird zur Zeit durch Oderamtsbaumeister Kohler-Calw für die Firma Geschwister Speidel-Pforzheim ein an­sehnliches Bauwesen erstellt. In demselben wird eine Dampfwaschanstalt mit Dampf- und elektrischer Kraft eingerichtet. Die Einrichtung der Anstalt, die im Oktober d. I. in Betrieb gestellt wird, ist neuester Art. Für Unterreichen­bach und Umgebung ist zugleich eine Badanlage in dem Anwesen vorgesehen.

Renningen 6. Juli. Der kürzlich ge­meldete Gelddiebstahl hat sich jetzt aufgeklärt. Die Täter sind drei 8jährige Buben. Einer davon kaufte sich drei Geldbeutel und ließ ein 20-Markstück wechseln, wodurch er sich auffällig machte. Er gestand schließlich, das Geld ent­wendet zu haben. Die Buben gaben an, die Geldbeutel mit dem Geldbetrag in einem Kartoffel­acker vergraben zu haben. Von dem Geld konnte bis jetzt nur ein kleiner Betrag beigebracht werden. Einer der Buben war dabei, wie die des Dieb­stahls verdächtigen Hausiererleute vernommen wurden, hat sich aber dabei nicht verraten.

Böblingen 6. Juli. Gestern vormittag wurde David Bachofer von Weidach bei Echter­dingen dem hiesigen Amtsgericht eingeliefert. Er wird der Wilddieberei beschuldigt, besonders, daß er an dem Vorfall, der sich am Sonntag, den 26. Juni, im WaldteilToter Mann" er­eignete, beteiligt gewesen sei. Die vorliegenden Beweise sprechen für seine Schuld.

Stuttgart 6. Juli. Die Kgl. General­direktion der Posten und Telegraphen hat in der Halle des Zahnradbahnhofs je einen Auto­maten für Freimarken zu 5 und einen solchen für Postkarten aufstellen lassen.

Stuttgart 6. Juli. Die Landes­versammlung des Evangelischen Bun­des wird am 2. und 3. Oktober in Schorn­dorf abgehalten. Am Sonntag, 2. Oktober, wird eine öffentliche Versammlung im Freien, ein Festgottesdienst und eine gesellige Unterhaltung, am Montag die Vertreterversammlung stattfinden. Stadtschultheiß Raible in Schorndorf hat den Vorsitz über da» Ortskomitee übernommen.

Vom Lande 6. Juli. Ein angeblicher Johann Walter von Dörzbach, der sich Klein nennt, begeht Haftgeldschwindeleien, er fordert geringen Lohn und spricht von seiner Rente als Chinakrieger. Die Amtsanwaltschaft Weinüberg fahndet nach ihm.

Vom Zabergäu 6. Juli. Die Wein­berge sehen infolge der schlechten regnerischen Wetters nicht gut aus. Das Laub ist allerdings sehr mast, allein die Blattfallkrankheit hat schon angesetzt und der Heuwurm räumt unter den verblühten und noch blühenden Traubensorten gewaltig auf. Am Stocksberg, in der Burg zwischen Brackenheim und Dürrenzimmcrn, am Michelsberg, in den Neipperger Lagen wo man ins Rebgelände tritt und beobachtet überall haust der schlimme Gesell. Erfahrene Weingärtner rechnen noch mit einem halben Herbst. Abmarschiert ist infolge der schlechten Blütezeit auch manches Träublein. Wenn nur endlich die Sonne käme, hört man talauf und talab Bauern und Weingärtner jammernd wünschen, denn Heu liegt noch gerade genug und was noch steht wird auf dem Grashalm zu Stroh.

Horb 6. Juli. Der Taglöhner Edel­mann hier war schon längere Zeit von seiner Fra« wegen fortgesetzter Mißhandlungen verlassen worden. In neuerer Zeit begann er die zur

gemeinschaftlichen Haushaltung gehörende» Gegen­stände zu versilbern. So hatte er wieder ein Bett aus der Wohnung entfernt. Auf diese Nachricht eilte die Frau von Münsingen hierher um noch zu retten, was zu retten war. Als sie direkt vom Zug kommend in die Stadt wollte, erblickte sie Edelmann von einer Wirtschaft aus und rief sie an. Da sie ihm keine Antwort gab, eilte ihr der Mensch wutentbrannt nach und stieß ihr ohne weiteres das Messer in die Brust. Die Verletzung soll ziemlich schwer sein. Nach der Tat ergriff Edelmann die Flucht. Kaum auf demNordstetter Feld" angelangt, versuchte er eine dort arbeitende Frau zu vergewaltigen. Er wurde aber an seinem Vorhaben durch einen auf die Rufe der Frau zu Hilfe eilende» Mann ver­hindert. Dem Landjägerstationskommandanten und den städtischen Polizeiorganeu gelang dann später seine Festnahme. Die Aufregung über diese Vorfälle ist hier um so größer, als Edel­mann erst vor zwei Tagen einen Auflauf ver­ursachte und kaum aus dem Gefängnis entlassen war. Die Menge versuchte ihn bei seiner Ein­lieferung zu lynchen.

Reutlingen 6. Juli. Der gemeldete Brunneneinsturz, der drei Menschen­opfer forderte, erscheint selbst Fachleuten etwas rätselhaft. Man kann nicht begreifen, wie da» Unglück überhaupt möglich war, wenn bei der Ausschachtung mit Eisenbeton 8 m im Quadrat und 3.50 m in der Höhe, und da» gut 3 m unter der Erdoberfläche vorschriftsmäßig verfahren wurde. Durch angestrengtes AuSpumpen de» über den versunkenen Schuttmaffen über 2 m hochstehenden Wassers stieß man gegen 3 Uhr nachmittags auf da» erste Opfer, den Wein­gärtner Martin Votteler, der bis an die Hüften im Schutt steckte, während der Oberkörper ganz

Die Goldinsel.

Seeroman von Clark Russell.

(Fortsetzung.)

Die Unterhaltung der zwei jungen Leute hat mir wieder einmal gezeigt, welch fades, blödsinniges Zeug zwei zu schwatzen vermögen, wenn sie sich zum erstenmal sprechen. ES gibt in der Welt nicht» Abge­schmacktere» und Einfältigeres. Ich kann Sie versichern, mir ist beinahe noch übel von all den banalen Redensarten, dummen Fragen und dem albernen Gewitzel. Wenn es weiter so fortginge wie bis jetzt, wäre es ja zum Auswachsen langweilig. Man muß bloß hoffen, daß sich der Verkehr mit dem näheren Bekanntwerden angenehmer gestaltet.

Ach, das wird er schon mit der Zeit. Mir ist gar nicht bange, daß sich die Rechten bald zusammenfinden werden. Sehen Sie zum Beispiel mal gleich dort Herrn Colledge und Fräulein Temple. Die beiden scheinen sich schon gefunden zu haben. Ich glaube aber, daß, wenn er nicht einen Baronet zu Vater hätte, es ihm verdammt schwer werden würde, sich bei dieser Cleopatra einzuheben. Es ist ja richtig, sie ist ein außergewöhnlich schöne» Mädchen, aber so ein:Von oben herab" Komm mir nicht zu nahe", ist nicht mein Fall.

Na, meiner auch nicht, stimmte ich bei.

Sehen Sie, fuhr er fort, da ist mir da« hübsche Ding, die kleine Hudson, lieber. Diese» Kind mit seinem freien, offenen, leichtlebigen Wesen, scheint mir für ein Männerherz weit gefährlicher.

Mag sei». Aber eine hübsche Larve, schmachtender Augenaufschlag und lustiges Getändel tun e» doch nicht immer. Der Geschmack ist eben verschieden. Der eine liebt leichte Musik, der andere ernste. Mancher erkennt Liebe in sanftem Gesäusel, mancher in Tönen ganz entgegengesetzter Art. Sie kennen doch die Geschichte, wie die Herzogin von Cleveland

Mycherley ihre Liebe verriet? Sie rief ihm im Vorüberfahren au» dem Wagenfenster zu:Sie sind ein elender Wicht ein Ungeheuer!" Und von diesem Moment ab, erzählt man, faßte Mycherley Hoffnung.

Na, dann haben die beiden sicher gut zu einander gepaßt, lachte Johnson. Doch jetzt will ich mir endlich meine Zigarre anzünden. Kommen Sie mit ins Rauchzimmer?

Nein. Vorderhand will ich mich noch etwas von der Brise anblasen lassen. Vielleicht leistet Ihnen Mynheer, den ja der Oberst auch immer auf dem Korn hat, tröstende Gesellschaft. Er kommt da gerade mit dem Advokaten Adams.

Damit schleuderte ich nach der Spitze des Schiffes und starrte dort noch eine gute halbe Stunde in Gedanken versunken in das rauschende Kielwasser.

Fünfte» Kapitel.

Colledge macht mir ein Geständnis.

Dem schönen Tag folgte ein schöner Abend. Alle» war wieder auf Deck. Der alte Keeling hatte wie der Seemann sagt Leesegel eingespannt, das heißt, er schritt mit einer Dame an jedem Arm auf und ab. Freund Colledge promenierte zwischen Fräulein Temple und der Tante. Frau Brooke» und ihre Tochter hatten die drei jungen Beamten in» Schlepptau genommen. Sylvanu» Johnson machte der hübschen Hudson die Kur und ich ging mit dem kleinen Saunder», der mir von Werken, die er herausgegeben, erzählte, besonder» von seinem letzten, da» den Aberglauben der verschiedenen Völker in Bezug auf Behandlung von Krankheiten betraf.

Als wir am Hinteren Kajütenoberlicht vorüberkamen und dort einen Augenblick stehen blieben, sahen wir den Oberst mit seiner Frau und Herrn Holder und Adams Whist spielen. Natürlich zankte er schon wieder mit seinem Partner, dem Advokaten. Mein Gott, hörten wir ihn schelten,