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Freitag, den 17. Zuni 1910.
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Bekanntmachung.
Als Vertrauensmann der landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaft für den württembergischen Schwarzwaldkreis ist für die Gemeinde Althengstett Herr Gottlieb Herzog, Bauer und Gemetnderat in Althengstett auf den Rest der Wahlperiode 1907/1910 bestellt.
Calw, 16. Juni 1910.
K. Oberamt.
Amtmann Rippmann.
Tagesuenigketten.
Höfen a. E. 15. Juni. Ein seltenes Fest wurde am Sonntag hier gefeiert. Es beging der ehemalige Oberflößer Jakob Fr. Großmann und seine Ehefrau Marie, geb. Kiefer, das Fest der goldenen Hochzeit. Der Jubilar ist noch einer der wenigen Flößer, welche für die alten Holzfirmen nach „Manem" flößten und es ist für die jetzige Generation immer interessant, wenn er von dem Leben und Treiben der Flößer erzählt. Der König bedachte das Jubelpaar mit einem schönen Geschenk. Der kirchlichen Einsegnung wohnte der größte Teil der Einwohnerschaft bei. 17 Kinder und Enkel brachten ihre Glückwünsche dar. Möge dem Jubelpaar noch ein schöner Lebensabend beschieden sei«. An dem Kirchgang beteiligten sich noch zehn andere Paare, welche die silberne Hochzeit feierten.
Stuttgart 16. Juni. Der „Staatsanzeiger" schreibt: Die K. Regierung ist sofort nach dem Bekanntwerden der Borromäus- Enzyklika angesichts ihres Wortlauts und der dadurch hervorgerufenen Erregung der evangelischen Bevölkerung in Erwägungen darüber eingetreten, wie der hieraus drohenden Gefährdung des konfessionellen Friedens zu begegnen
sei. Die Regierung hat lebhaft bedauert, daß die Enzyklika Urteile über die Reformation und die dabei beteiligten Personen und Völker enthält, die geeignet sind, die religiösen und sittlichen Gefühle des evangelischen Volksteils zu verletzen und den Frieden unter den Konfessionen zu stören. Da nach der württembergischen Landesgesetzgebung päpstliche Anordnungen nur durch den Landesbischof verkündet werden dürfen, hat sich die Regierung vor allem darüber vergewissert, daß eine amtliche Verkündigung der Enzyklika in Württemberg nicht stattfinden wird. Infolge der von anderer Seite unternommenen Schritte ist inzwischen eine allgemeine Anordnung ergangen, wonach eine Verkündigung oder Veröffentlichung der Enzyklika in Deutschland überhaupt unterbleiben wird. Im übrigen wird da» Absehen der Regierung nach wie vor darauf gerichtet sein, den konfessionellen Frieden des Landes mit allen ihr zu Gebot stehenden Mitteln zu wahren.
Stuttgart 16. Juni. Die Aussperrung im Baugewerbe wird, nachdem sie 2 Monate lang gedauert hat, mit dem heutigen Tage aufgehoben und die Arbeit morgen früh in allen Betrieben wieder ausgenommen.
Tübingen 16. Juni. Neckar und Steinlach erreichten ihren höchsten Wasser- stand gestern nachmittag, wo die Platanenallee zum Teil wieder überflutet wurde und der alte Exerzierplatz bis zum Bahndamm unter Wasser stand. Zunächst sank das Wasser um etwa 10 ow, hielt sich bis Mitternacht infolge der anhaltenden Regens auf dieser Höhe, sank dann aber sehr rasch bis zum Morgen um ziemlich einen Meter, um heute noch weiter zurückzugehen, sodaß jetzt jede Gefahr beseitigt ist. Außer den Arbeiten am Stauwehr, die nun dieses Jahr zum vierten Male unter Wasser
stehen, haben auch die Arbeiten am Flutkanal Schaden erlitten. Von der italienischen Nacht, die am gestrigen Mittwoch in der Platanenallee zu Ehren des 2000. Studenten statlfinden sollte, konnte natürlich nicht die Rede sein, sie soll nächste Woche stattfinden. Im allgemeinen dürfte der Schaden, den das Hochwasser anrichtete, nicht gerade beträchtlich sein. Auf Lustnauer Markung stehen Wiesen und Wege unter Wasser.
Welzheim 16. Juni. Der Leichnam der von einem Landjäger erschossenen Handwerksburschen ist am letzten Freitag seciert und Tags darauf auf dem hiesigen Kirchhof bestattet worden. Die Obduktion hat keine Bestätigung bezw. Erhärtung der Aussagen weder des Landjägers noch des Begleiters des Erschossenen ergeben. Bekanntlich hat der Landjäger ausgesagt, daß durch die Bewegung, die der Erschossene gemacht hat, um einen Stein nach ihm zu werfen, er in die Schußlinie gekommen sei; während der zweite Handwerksbursche nicht von seiner gleich anfangs gemachte» Aussage, daß nicht geworfen worden sei und daß auf das „Halt" des Landjägers sofort auch der Schuß folgte, nicht abwich. Heute ist nun ein Brief eines Polizeidieners, der in einem kleineren Orte im Elsaß angestellt ist, hier eingelaufen, worin dieser sich als Zeuge anbietet und weiter angibt, daß er früher einmal ein Rencontre mit dem Erschossenen gehabt habe, wobei dieser die wiederholt geäußerte Absicht, den Polizeidiener totzuschlagen, in die Tat habe umsetzen wollen, und daß der Polizeidiener nur seinem auf den Mann dressierten Hund seine Rettung verdanke. Der Erschossene soll auch wiederholt geäußert haben, daß er den ersten besten Landjäger, der ihm „ungeschickt komme", lotschlage. Der Brief klingt, was gewiß nicht
Der Bilwitzschneider.
Erzählung von Jos. Baierlein.
(Fortsetzung.)
Allein der Unteroffizier hatte sich getäuscht. Die junge Frau haßte ihn nicht, — sie verachtete ihn vielmehr so gründlich, so aus tiefster Seele, daß sie einen wahren Abscheu vor dem Menschen spürte, dem sie die Schuld an ihres Vaters Tod und dessen schmucklosem Leichenbegängnis zuschrieb. Verachtung und Abscheu ersticken aber jede warme Neigung, und aus erstorbener, ausgebrannter Asche läßt sich keine neue Flamme hervorlocken.
Ueber Babettes wahre Gesinnung gegen ihn im Irrtum befangen, versäumte Fritz keinen Augenblick, sein schmähliches Vorhaben ins Werk zu setzen. Dabei störte es ihn zwar, daß er das Zimmer mit dem Sohn des Hauses teilen mußte, da er diese Anordnung gleichsam wie eine Beschränkung seiner freien Bewegung empfand und namentlich nachts die Stube nicht unbeobachtet verlassen konnte, doch setzte er sich darüber hinweg.
Wen» er unter dem Schleier der Dunkelheit sich der jungen Frau nicht nähern und ihr seine Erklärungen zuflüstern konnte, so mußte das eben bei Tage geschehen. Im Felde, wo sie, sobald das Essen für die Leute fertig war, jetzt stets mitarbeitete, bot sich auch reichlich Gelegenheit dazu und überdies erregte es dort, wenn er sich recht vorsichtig benahm, kaum Aufsehen. Denn seit er die Uniform mit Franzens Kleider vertauscht hatte, glich er diesem in Figur und Aussehen so sehr, daß man genau schauen mußte, um beide auf eine gewisse Entfernung hin von einander zu unterscheiden. Und da die Schnitter täglich bis nach hereingebrochener Dämmerung auf den Aeckern herumhantierten, war um diese Zeit eine Verwechslung noch leichter möglich. Er durfte sich nur gewandt an die Bäuerin anschleichen, dann glaubte jedermann, der ihn mit ihr plaudern
sah, sie unterhalte sich mit ihrem Stiefsohne, und dabei wurde kein Verdacht rege.
So glatt, wie der Steinerfritz sich'S vorgestellt hatte, lief aber die Sache doch nicht ab. Alles, was er auch tat, die lohenden Blicke, welche von einer unheimlichen Leidenschaft erzählten, halblaute Worte und aus gepreßter Brust sich emporringende Seufzer — sie prallten wirkungslos ab an den starren Mienen Babette'S, deren Benehmen nichts erkennen ließ, als Verachtung des Aufdringlichen. Meisterhaft verstand sie e», ihm jede Gelegenheit zu einem Gespräch unter vier Augen zu vereiteln. So lange sie im Hause wirtschaftete und kochte, ließ sie die böhmische Magd nicht von ihrer Seite; trug sie den Schnittern das Essen auf» Feld, ging sie nur in Begleitung der Liesl oder eines Knechts, und wenn sie sich an den Erntearbeiten mit beteiligte, hielt sie sich stets in nächster Nähe ihre» Mannes oder mitten unter den Dienstboten auf, wo es Fritz nicht möglich war, eine Aussprache zu wagen.
Schon befand er sich vier Tage auf dem Hof und noch hatte er bei der jungen Frau nicht das Allergeringste bezweckt. Dieses Fehlschlagen seiner Erwartungen machte den leidenschaftlichen Menschen beinahe toll. Da» erhitzte Blut riß ihn über alle Schranken der Mäßigung hinaus, und er gebärdete sich so sonderbar, daß er bald dem Gesinde zur heimlichen Belustigung diente. Die Wahmehmungen, welche Michel zu Ostern gemacht und der Stallmagd mitgeteilt hatte, konnten jetzt alle Dienstboten mit eigenen Augen beobachten, und sie taten dies in ausgiebigstem Maße, sie späten nach jedem Liebesblick des Unteroffiziers und suchten in den Zügen der Bäuerin zu lesen, wie sie die Huldigungen desselben aufnähme.
Babette litt unsäglich. Nicht nur, daß ihr schon die Anwesenheit des Steinerfritz auf dem Rodershof lästig fiel, quälte sie überdies die Angst, ihr Mann könnte entdecken, mit welch unlauteren Bewerbungen sie jener verfolgte. Was half es ihr, daß diese ihr nur Ekel und Abscheu einflößten? Im Zusammenhalt mit dem Umstand, daß sie einmal de»