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Soviel steht aber schon jetzt fest, daß die Weinberge am meisten geschädigt sind. E» wird Jahre mühevoller Arbeit kosten, um den Weinbergen die wertvolle Erde zu ersetzen, die die Woster- mafsen mit sich gerissen haben.
Ulm 11. Juni. Die laut Vereinbarung zwischen der hiesigen Karnevalkgesellschaft und der Zeppelingesellschaft für Pfingsten vorgesehenen, aber wegen Nichtfertigstellung des neuen Pastagierlustschiffes 1.2 7 verschobenen Luftfahrten können infolge Ausfalls der Wiener und Dresdener Fahrt in nächster Zeit zur Ausführung kommen. Dir. ColSmann schreibt, daß das Luftschiff voraussichtlich anfang nächster Woche vollständig fahrbereit sein und daß, wenn irgend möglich, es so eingerichtet wird, daß die Fahrten am Sonntag, 19. Juni, unternommen werden können. Unter Umständen kann hiefür aber auch ein Werktag in Betracht kommen.
Biberach 11. Juni. Gestern mittag arbeiteten 2 Frauen auf einer Wiese als plötzlich eine Windhose einen grcßen Haufen Heu erfaßte und in die Lüste entführte. Vor Schrecken ließen die beiden Frauen Rechen und Gabel fallen und rannten davon. Als das Heu etwa 200 Meter hoch emporgewirbelt war, zerstob der Haufen nach allen Seiten und verteilte sich über die Riedlinger Vorstadt. Noch nach einer halben Stunde sah man einzelne Heubüschel in der Luft hemmfliegen.
Eberhardzell OA. Waldsee 11. Juni. In vergangener Nacht ging ein schweres Gewitter über unsere Gegend hin. In Dietcn- wangen schlug der Blitz in eine Pappel beim Hause des Anwalts Franz Sprell, sprang auf das Haus über, ohne zu zünden, tötete aber eine braune Preiskuh im Werte von 600
Mannheim 11. Juni. Die Handelskammer für den Kreis Mannheim, hat an Staatssekretär Dernburg folgendes Schreiben gerichtet: „Die Handelskammer für den Kreis Mannheim hat mit tiefstem Bedauern von E. Exz. Ausscheiden aus dem Reichskolonialamt Kenntnis genommen und entspricht dem in gestriger Sitzung zum Ausdruck gelangten Empfinden, indem sie E. Exz. unvergängliche Dankbarkeit dafür ausspricht, daß Sie das Interesse des deutschen Volkes für die deutschen Kolonien und den Sinn für die weltwirtschaftliche Entwicklung Deutschlands zu wecken gewußt und ihm neue große Ziele gezeigt haben. Zu besonderer Genugtuung gereicht e« mit uns dem ganzen deutschen Kauf- mannsstand, daß es ein deutscher Kaufmann ist, der an der Spitze der Reichskolonialverwaltung Hervorragendes zu leisten vermocht hat. Im Kampf um die Gleichberechtigung und Gleich- bewertung mit den übrigen Ständen haben Sie dem deutschen Kaufmannsstavd damit einen nicht hoch genug zu schätzenden Dienst geleistet und wir dürfen in seinem Namen den Wunsch aussprechen, daß E. Exz. zu hervorragender Stellung im Dienst des Reichs zurückkehren werde."
Gelsenkirchen 11. Juni. Wie die Zeche „Konsolidation" bekannt gibt, handelt es sich bei der gemeldeten Erderschütterung nicht um eine Explosion auf dieser Zeche, vielmehr ist im Schacht 3 auf der 5. Sole ein Zusammenbruch erfolgt, bei dem ein Arbeiter schwer und zwei leicht verletzt wurden. Zwei Personen werden noch vermißt. An ihrer Rettung wird gearbeitet. Die Erderschütterung war so heftig, daß im Stadtteile Hüllen zwei Schornsteine um fielen. Auch sonst machten sich die Folgen an Häusern bemerkbar, wo vielfach Decken zersprangen und Wände rissen.
Hannover 11.Juni. Ein sehr schwere» Gewitter mit wolkenbruchartigem Regen und Hagel entlud sich gestern abend über der Stadt und deren Umgebung. Straßen, Höfe und Keller wurden überschwemmt.
Berlin 10. Juni Der neuernannte Staatssekretär de» Reichskolonialamt» v. Lindequist, übernahm heute vormittag formell die Leitung der Geschäfte, indem er die Vortragenden Räte, die Hilfsarbeiter in den Zivilabteilungen, die Herren vom Komitee der
Schutztruppe und die Vorsteher der einzelnen Bureaus in dem großen Saal des Reichskolonial- amts um sich versammelte. Nachdem der Staatssekretär der großen unvergänglichen Verdienste seines Amtsvorgängers, der übrigens die Beamten noch zu einer besonderen Abschiedsfeier in seinem Heim begrüßen werde, mit warmen Worten gedacht hatte, behandelte er die nächsten Ziele der deutschen Kolonialpolitik und drückte die Hoffnung au», daß dieKolonial- beamtenschast, mit der er in teils bis in die neunziger Jahre zurückreichender gemeinsamer Tätigkeit verbunden sei, ihn bei der Lösung der schwierigen Aufgabe mit dem alten Pflichtgefühl und mit Einmütigkeit unterstützen werde.
Bern 10. Juni. Vom 6.-8. Juni fand in Bern die 1. internationale Konferenz der Bahnhofs Mission statt. Anwesend waren außer den Vertretern des internationalen Vereins der Freundinnen junger Mädchen, der die Konferenz zusammenberufen hatte, Abgesandte des internationalen kath. Vereins zum Schutz für junge Mädchen, der deutschen Bahnhofs Mission, der Travelers Aid-Society-London, der National- Vigilance-Society England, der Jewish Society (Dockwerk), der östreich. kath. BahnhofSmistion, des St. Rafaelvereins, der Travelers Aid So- ciety-Newyork u. a. Sämtliche Gesellschaften gaben interessante Berichte über ihre Arbeit, die beweisen, daß viel getan wird zum Schutz der reifenden Jugend. Europa weist z. B. auf 264 Posten der Bahnhofsmistion (worunter 93 ständige) im Jahr 1909 99 000 Hilfeleistungen auf. Man war jedoch der Ueberzeugung, daß zum weiteren Ans bau des Werkes ein Zusammenarbeiten aller Gesellschaften und ein gründliches Studium aller Fragen, besonders der AuSwan- derungsbewegung, unbedingte Notwendigkeit sei.
Wien 11. Juni. Wie von autoritativer Seite versichert wird, hat Oberleutnant Hofrichter, der zum Tode durch den Strang verurteilt wurde, vor Abschluß der gegen ihn gerichteten Verhandlung vor dem OberkriegSgericht sein Geständnis zurückgenommen. Hofrichter konnte also nach den in Oesterreich geltenden Gesetzen nicht zum Tode, sondern im Höchstfälle zu 20jähriger Zwangsarbeit verurteilt werden. Wie bestimmt verlautet, dürfte das militärische Obergericht dat Urteil in den nächsten Tagen bestätigen.
Calais 11. Juni. Das Unterseeboot „Pluviose" wurde soeben ins Trockendock an» Land gebracht. Gleichzeitig traf der Postdampfer „PaS de Calais" der den „Pluviose" in den Grund gebohrt hat, auf der Rückfahrt von Dover im Hafen von Calais ein und kreuzte dann das Wrack des Unterseebootes. Heute wird versucht werden, den Rücken des „Pluviose" aus- zvpuwpen und da» Leck zu verstopfen. Sodann wird das Wrack desinfiziert werden und mehrere Lazarettbedienstete werden unter Führung eines Arztes die Leichen aus dem Unterseeboot herauS- holen. — Später wird noch genauer gemeldet: Die Bergung de» „Pluviose" machte im Lauf de» Abends und der Nacht wesentliche Fortschritte. Da» Unterseeboot wurde von 2 mächtigen Schleppdampfern bi» zum Freihafen gebracht, wo es auf Strand gesetzt wurde. Die Leichter, die den „Pluviose" trugen, werden nach Entfernung der Ketten, die sich infolge der Ebbe schon gelockert haben, zurückgezogen. Zur Ebbezeit wird der „Pluviose" 3 Meter au» dem Master herausragen. Gegen 8 Uhr vormittags wird man mit der Oeffnung de» Unterseebootes beginnen, der man mit Spannung entgegenfieht.
Calais 13. Juni. Die Bergung der Leichen der „Pluviose" wurde im Laufe des heutigen Tages fortgesetzt, bi« die Flut zur Unterbrechung nötigte. Es gelang, zwei Tote zu bergen.
— Einen neuen Rekord in Wolkenkratzern wird New - Uork in der nächsten Zeit aufstellen. Die Pläne für ein neue» Hotel, da» 40 Millionen Mark kosten wird, find entworfen und genehmigt. E» wird 21 Stockwerke erhalten und „da» höchste Hotel der Welt" sein. Da» bisherige höchste Hotel New-AorkS ist da»
Plaza Hotel, da» 18 Stockwerke hat und eine Gesamthöhe von 251 Fuß 11 Zoll besitzt.
Samarang (Java) 10. Juni. 3000 Menschen starben an der Cholera. Seit Mitte Mai geht die Epidemie zurück. Auf der Insel Madura grassiert die Seuche schrecklich.
vermischtes.
Aus dem deutschen Diamantenlande. Der Betrieb der südwestafrikanischen Diamantgesellschaften wickelt sich nach einer Schilderung, die Paul Rettig im Juliheft von »Westermann» Monatsheften" entwirft, zur Zeit noch mit den denkbar einfachsten Mitteln ohne Anwendung komplizierter Maschinerien ab. Wenn ein Feld auf seine Abbauwürdigkeit untersucht wird und für wertvoll befunden ist, schüttelt man den Sand durch ganz einfache Schüttelsiebe und trennt so den Sand von den Steinchen Unter Zuhilfenahme von Master werden diese Steinchen nochmals in Handsieben gesiebt. Man erzielt dadurch eine Ablagerung der schweren Steine mit den Diamanten in der Mitte des Siebes. Dieser letzte an und für sich einfache Vorgang wird doch sehr kostspielig, da die Diamantfelder in der völlig wasterlosen Wüste liegen. Sodann wird der Inhalt des Siebes auf einen Tisch gestülpt, und mit einer Pinzette werden die Diamanten au» den letzten Rückständen herausgesucht. Die Gesellschaften oder einzelne Förderer liefern ihre Funde der Deutschen Afrika-Bank in Lüderitz- bucht ab, die alles sammelt und mit dem nächsten Dampfer nach Deutschland an die Diamantenregie in Berlin absendet. Hier werden die Diamanten nochmals gewaschen und dann nach den verschiedenen Größen und nach Klaffen sortiert. Die Steine besitzen durchschnittlich 85 Prozent Schleiffähigkeit, der Preisstand der südwestafrikanischen Diamanten hat sich um etwa 25 Prozent erhöht. Vom März bi» August 1909 waren z. B. sechs Diamantsendungen im Gesamtgewicht von 31 000 Gramm in Berlin eingetroffen. Der Fiskus erhält hiervon an Förderabgaben 150 000 Mark, an Ausfuhrzoll rund 1300 000 Mk., für selbstgewonnene Steine rund 400 000 Mk., da» heißt in weniger als einem halben Jahr 1850 000 Mark. Vom März 1909 bis Ende Februar 1910, dem ersten Geschäftsjahr der Diamanten Regiegesellschaft, sind von 18 Förderern insgesamt 590 998 Karat eingeliefert worden, für die im Verkauf 16'/- Millionen Mark erzielt worden find. Das Reich erhielt hiervon für Ausfuhrzoll 5'/i Millionen Mark, für Förderabgaben Millionen Mark.
(Tierschutz.) Vogelkäfige im Sonnenbrand sind ein trauriges Zeichen für die Gleichgültigkeit und Herzenshärte ihrer Besitzer. Man denke sich die armen Vögel, welche früher von Baum zu Baum flatterten, sich nach Belieben schattige Plätzchen autsuchen konnten, nunmehr dazu verurteilt, in unerträglicher Gluthitze schutzlos auszuharren, während der die» Elend gar nicht bedenkende Eigentümer des Vogel» seine werte Persönlichkeit jedenfalls sorgfältig in» Kühle setzt und durch einen kühlen Trunk noch weiter für seine Behaglichkeit sorgt. Die Polizeibeamten sollten das Heraushängen von Käfigvögeln in den Sonnenbrand al» Tierquälerei zur Anzeige bringen, denn e» ist eine öffentlich begangene, Aergernis erregende Quälerei, die als eine rohe Mißhandlung angesehen werden muß.
— Der Zerstörungswut junger Hunde suchen viele dadurch abzuhelfen, daß sie die armen Tiere durch Stockschläge mißhandeln, sobald Teppich, Läufer und andere Gegenstände im Zimmer angefresten sind. Junge Hunde, die von Jugend auf ein Spielzeug in Gestalt einer Kugel, einer festen Holzpuppe oder dergleichen zur Verfügung haben, um durch Kauen und Be- knabbern dieser Gegenstände ihren Zahnwechsel, der für sie schmerzhaft ist, erleichtern zu können, kommen fast niemals auf den Gedanken, Gegenstände in Wohnräumen anzunagen. Ein fester, ausgekochter und trockener Knochen als Hundespielzeug beim Lager verhindert auch die Zerstörungswut in der Jugend, die z. B. bei Teckeln später sehr schwer abzugewöhnen ist, sobald sie einmal schlecht erzogen und aufgewachsen sind.