Friedrichshafen 3. Juni. DasZep- pelin'sche Luftschiff, das als 2 III ehedem die Berliner Reise unternommen hat und seit­dem vollständig umgebaut wurde, hat durch den Umbau wesentliche Veränderungen erfahren, wenn auch die größere Form dieselbe geblieben ist. ES führt von jetzt ab die Bezeichnung1^ 2 IV". Sein Durchmesser ist um 1 m größer als bei 2 III; auch hat es eine weitere Gaskammer erhalten. In die vordere Gondel wurde an Stelle des Daimlermotors ein Motor aus der Grotz'schen Maschinenfabrik in Bissingen a. E. eingebaut und beide Daimlermotoren in der Hinteren Gondel montiert. Die 3 Motors haben insgesamt 350 ?8. Der Antrieb der Motore erfolgt wieder, wie früher, durch Schwungüber­tragung. Die zuletzt angewendeten Stahlbänder haben in ihrer Leistungsfähigkeit nicht voll be- befrndigt; die Gefahr des Zerreißens der straff gespannten Stahlbandtransmisfion ist beim Fahren von Kurven sehr groß, da die Propeller vom Motor weit entfernt und die Gondeln infolge der Zentrifugalkraft starken Schwankungen unter­worfen sind. Auch die Seitensteuerung des 1-3 IV erhält gegenüber dem 2 II und III wesentliche Veränderungen. Das mittlere große Hecksteuer, das diesen beiden Typen eigen war, ist jetzt weggeblieben. Die Seitensteuer befinden sich, wie seither, zwischen den StabilitätSflofsen am Hinteren Ende des Flugschiffs; unterstützt werden diese durch eine kleine Steuerung des sich zuspitzenden Hecks. 1,3 IV ist als Flugschiff für die Wiener Fahrt bestimmt. Gestern nachm, von 36 Uhr erhielt es eine Füllung, um heute nachmittag den ersten Probe­aufstieg zu unternehmen.

Friedrichshafen 3. Juni. Das Luft­schiff 1,3 IV ist heute abend 6 Uhr zu seiner ersten Probefahrt aufgestiegen. Das Luft­schiff nahm erst die Richtung Konstanz und wandte sich dann Bregenz zu. Um 7.45 Uhr landete es glatt vor der Halle, nachdem es vorher über dieser mehrere Schleifen ausgesührt hatte.

Berlin 3. Juni. (Erhöhung der preuß. Zivillisie.) Nach der Vossischen Zeitung soll die Erhöhung nicht schon in diesem Jahre, nicht mehr vor Schluß der LandtagSsesfion in den nächsten Tagen durchgeführt werden, sondern ver­mutlich erst im kommenden Jahre. Nach dem Vorwärts" hätten die Vertreter der bürgerlichen Parteien gestern beschlossen, der Einsetzung von 2'/- Mill. als Zuschuß zu den königlichen Theatern zuzustimme». Nach einer anderen Berliner Meldung find die bürgerlichen Parteien nicht abgeneigt, dem Verlangen der Regiemng zu entsprechen. Ueber die Einzelheiten der Ver­handlungen ist zur Zeit noch nicht« zu erfahren, da den Teilnehmern strengste Verschwiegenheit auferlegt wurde. Für die Erhöhung soll in erster Linie angeführt worden sein, daß die Lebenshaltung im ganzen Reiche in den letzten Jahrzehnten erheblich teurer geworden sei, wo­durch auch die königliche Haushaltung betroffen worden sei. Ferner erfordere die Verwaltung der königlichen Besitzungen, die aus stichhaltigen Gründen nicht veräußert werden dürften, sowie

die Hofhaltung der Prinzen de« königlichen Hauses stets wachsende Ausgaben. Wie der Lokalanzeiger erfährt, soll für die Erhöhung auch geltend gemacht worden sein, daß der im Anfang des vorigen Jahrhunderts für die Ablösung der Krondomänen und Forsten gewährte Betrag dem heutigen Geldwert und den gegenwärtigen Er­trägnissen der Domänen und Forsten in keiner Weise mehr entspreche, sodaß der Krone auch ein direkter materieller Verlust entstanden sei.

Berlin 3. Juni. Zur Aussperrung im Baugewerbe verlautet, daß die Einigung über einzelne Bestimmungen großen Schwierig­keiten begegnet. Vor dem vollen Abschluß aller Verträge sei an eine Aufhebung der Aussperrung nicht zu denken.

Detmold 3. Juni. Als der regierende Fürst zu Lippe sich mit seinem jüngeren Bruder dem Prinzen Julius im Automobil nach dem Bad Meinberg begab, wurde in der Nähe des Dorfes Cchönmark von italienischen Arbeitern Steine nach dem Gefährt geworfen. Der Fürst wurde nicht getroffen, Prinz Julius am Kopf unerhellich verletzt. Die Täter sind ermittelt.

Dortmund 2. Juni. In der letzten Zeit wurde im rheinisch-westfälischen Industrie­gebiete eine äußerst starke Abwanderung pol­nischer Bergarbeiter nach Frankreich konstatiert. Der polnische Fürst Ozartoryski hatte für seine in dem Departement PaS de Calais gelegene Kohlenmine mehrere hundert polnische Bergarbeiter anwerben lassen. Diese Anwerbung benutzten nun Schwindler, um anderen pol­nischen Bergleuten die Adresse des Werbe-Bureaus gegen Summen bis zu 25 ^ zu verkaufen. Hunderte von Bergleute zogen infolgedessen mit diesen von den Schwindlern erkauften Adressen mit ihren Familien nach Frankreich, sodaß eine große Anzahl von Wohnungen im Industrie­gebiet in der letzten Zeit leer standen. Die königliche Polizei läßt jetzt eine öffentliche Warnung verbreiten, daß es sich, abgesehen von der ur­sprünglichen Adresse des Grafen Ozartoryski, um ein freches Schwindlermanöver handelt. Die in der letzten Zeit nach Frankreich gereisten Berg­arbeiter sind dort, da Arbeit für sie nicht zu finden war, dem größten Elend verfallen und kehren gänzlich mittellos nach Deutschland zurück. Einen wie großen Umfang der Schwindel an­genommen hatte, geht daraus hervor, daß den Grubenarbeitern von den Schwindlern erzählt worden war, in Frankreich würden mehrere tausend Bergleute man sprach von 5000 gebraucht. In Bochum sollen vorgestern zwei Sonderzüge für den Transport von Bergarbeitern aus dem Industriegebiet mit ihren Familien nach Frank­reich bereit gestanden haben. Eine Untersuchung ist eingeleitet. Die Affäre erregt das größte Aufsehen.

Zürich 3. Juni. Im Alter von 70 Jahren starb gestern der Erbauer der Pilatusbahn, der auch am Bau des Simplontunnels hervorragend beteiligte Ingenieur Locher-Freuler.

Mostar 3.Juni. Kaiser Franz Josef

ist heute mittag hier eingetrrffen. Während der Fahrt von Serajewo nach Mostar wurde er auf allen Stationen von der Bevölkerung stürmisch begrübt. Nach dem Empfang auf dem Bahnhof fuhr der Kaiser inmitten spalicrbildender Truppe» unter dem begeisterten Jubel der Bevölkerung in sein Absteigequartier.

Vermischtes.

Die deutsche LandwirtschaftSgesell- schaft. In Hamburg wurde in Anwesenheit des Großherzogs von Mecklenburg-Schwerin, des Präsidenten des Senats, Predoehl, der Bürger­meister Schröder und O'Lwald, des gesamten Senats, des preußischen Landwirtschaftsministers v. Arnim und vieler Mitglieder der Bürgerschaft u. s. w. die 24. Wanderausstellung der Deutsche» Landwirtschaftsgesellschaft auf dem Heiligengeist- fcld eröffnet. Der Präsident des Senats, Predoehl, begrüßte die Anwesenden und brachte ein Hoch auf den Kaiser und den Ehrenpräsidenten Groß­herzog Friedrich Franz von Mecklenburg-Schwerin aus, der die Ausstellung eröffnete und seine An­sprache mit einem Hoch auf den Senat und Hamburg schloß. Kammerherr Graf Rantzau- Rastorf begrüßte die Versammlung im Namen der Landwirtschaft des Gaues und brachte ei» Hoch aus die Deutsche LandwirtschaftSgesellschast aus. Ritterschaftsrat v. Freier Hoppenrade, Vor­sitzender der LandwirtschaftSgesellschast, dankte de» Bürgern der Stadt Hamburg und den Mit­arbeitern. In seiner Ansprache führte der Präsident des Senats u. a. aus: Hamburg ver­folge mit warmherziger Anteilnahme jedes Be­mühen um das Wachsen und die Blüte der Land­wirtschaft unseres Vaterlandes, von deren Gedeihe» das Wohl des Reiches nicht minder abhänge als von dem Wachstum derjenigen Güter, deren Mehrung Hamburgs Sorge und Arbeit vornehm­lich sei.

Im Mehl erstickt. Einen schreck­lichen Tod fand der fünfzehnjährige Lehrling Kretschmer, der in der Rackwitz'schen Mühle in Petersdorf beschäftigt war. Einer der großen Mehltrichter war plötzlich verstopft und deshalb mußte der Lehrling hineinkriechen, um die Störung zu beseitigen. Der Mühlengehilfe band dem Lehrling einen Strick um den Leib und ließ ihn an diesem in den Trichter hinab. Als der Junge unten war, stürzte von oben Mehl nach, und als der Gehilfe den Lehrling wieder Hochziehen wollte, riß der Strick. Der unglückliche Knabe blieb unten stecken und mußte im Mehl ersticken. Der Gehilfe fiel infolge des ausgestandenen Schrecks in Krämpfe, so daß seine Ueberführung in das Haynauer Kranken­haus notwendig wurde.

Standesamt Cal».

Geborene.

3. Juni. Emma Frida, T. d. Johann Georg Schwarz, Schlachthausheizers hier.

Gestorbene.

29. Mai. Maria Katharina, T. d. Marco Zampese, Aufsehers, 4°/< Jahre alt.

1. Juni. Sofie Haußmann, ledige Privatiers, 86 Jahre 7 Monate alt.

Amtliche und Privatanzeigen.

Die Badezeiten

find vom Gemeinderat mit Wirkung vom 6. Juni ab wie folgt festgesetzt:

Badezeit: Werktags von vormittags 9 Uhr ab > ...

Sonntags 7 , / bis abends 8',. Uhr.

Für Herren: Schwimmbad und Badezellen: Die ganze Badezeit, ausge­nommen Montag und Freitag von 24 Uhr, und Dienstag, Mittwoch und Donnerstag von 46 Uhr nachmittags.

Für Frauen: Schwimmbad und Badezellen: Am Montag und Freitag von 24 Uhr, Dienstag, Mittwoch und Donnerstag von 46 Uhr nachmittags; Badezellen (Frauenabteilung) auch in der übrigen Badezeit.

Zu fleißigem Besuch der Badeanstalt wird eingeladen.

Calw, den 4. Juni 1910.

Ltadtschultheitzeuamt.

Co uz.

Für das Stadt. Krankenhaus suche ich zum Eintritt auf 1. Juli ds. Js. ein fleißiges, pünktliches Mädchen bei guter Bezahlung. Kenntnisse im Kochen erwünscht.

Calw, den 3. Juni 1910.

Krankenha«sverwatt«ng.

Frey.

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